Therapy? / Troublegum / 1994 / CD

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Therapy? - Troublegum

troublegum.jpg


Erscheinungsjahr: 1994

Spielzeit: ca. 43 min.

Tracklist:

1. Knives
2. Screamager
3. Hellbelly
4. Stop It You're Killing Me
5. Nowhere
6. Die Laughing
7. Unbeliever
8. Trigger Inside
9. Lunacy Booth
10. Isolation
11. Turn
12. Femtex
13. Unrequited
14. Brainsaw



Als Kind der Neunziger wurde man mit allen möglichen musikalischen Missetaten konfrontiert, denn es gab quasi nichts, was es nicht gab.
Die Welt harter, gitarrenorientierter Musik erlebte damals einen kleinen Umbruch. Schranken wurden eingerissen, es wurde in anderen Genres gewildert, experimentiert und kooperiert, was das Zeug hielt.
Gangster-Rapper, die plötzlich verzerrte Gitarren für sich entdeckten waren ebenso keine Seltenheit, wie einst waschechte Rock'n'Roll Bands, die sich im Sprechgesang versuchten.

Das alles wurde damals auf den sehr erfolgreichen "Crossing All Over" Samplern zusammengepackt und unters Volk gebracht. Jeder, der etwas auf sich hielt, besaß mindestens die Ausgaben 1 bis 4 dieser Reihe und mit diesen Scheiben konnte man die musikalische Vielfalt der frühen Neunziger quasi zusammengepresst auf wenigen Silberscheiben im heimischen Jugendzimmer erforschen.

Plattenverkäufer standen damals vor einem recht ernstzunehmenden Problem, denn keiner wusste so genau in welche Kategorie man die neuen Alben einsortieren sollte. Metal war es eigentlich nicht, Punk aber auch nicht. Ebenso wenig klassischer Rock und HipHop irgendwie auch nicht.

So muss es den Herrschaften wohl auch bei Troublegum von Therapy? ergangen sein.
Einerseits werden einem beinharte Riffs um die Ohren geknallt, andererseits wartet man mit poppig süßlichen Ohrwurmmelodien auf oder lässt es einfach nur grooven, dass es eine wahre Freude ist.
Scheinbar gegensätzliche Stilmittel ergänzen sich auf diesem Album als sei es selbstverständlich harte Groovemonster wie "Screamager" auf die selbe Platte zu packen wie das herrlich leichte, beschwingte aber dennoch süß-melancholische "Die Laughing".
Ohrwurmpotential haben beinahe alle 14 Songs des Albums, allen voran vielleicht "Nowhere" das irgendwo zwischen U2 und Bad Religion seinen Platz großer Rockhymnen einnimmt und zurecht als Single ausgekoppelt wurde.

Man ist hin und her gerissen und dennoch fühlt man sich wohl, alles scheint in sich harmonisch zu sein obwohl es von Anleihen verschiedener Genres und Stilmittel nur so wimmelt.
Therapy? verbinden das alles so gekonnt zu einem großartigen eigenen Sound, dass man regelrecht süchtig nach diesem Album werden kann.
Dazu tragen natürlich auch die Fähigkeiten der einzelnen Musiker bei. Es ist kein hochtechnisches Gefrikel, was wir hier hören, sondern wirklich gutes Handwerk und vor allem Gefühl für den richtigen und wohl dosierten Einsatz der Instrumente.
Wenn Fyfe Ewing hinter seinen Kesseln richtig loslegt gibt es kein Halten mehr. Gerade bei den schnelleren Stücken des Albums zeigt sich die Klasse, die er an den Tag legt. Ähnlich verhält sich das mit der Bass- und Gitarrenarbeit. Wie man derbe rockt wissen die Jungs, ohne aber zu vergessen, wie man einem Song viel Gefühl und etwas Einzigartiges einhaucht.
Bleibt noch Andy Grains als Sänger übrig. Ein Opernstar ist er wahrlich nicht, unser Herr Grains, aber er kann definitiv so singen, dass es einem unter die Haut geht. Das Repertoire reicht von wütend aggressiv bis verbittert melancholisch; je nachdem was der Song erfordert, Andy Grains setzt ihm mit seiner Stimme noch endgültig die Krone auf.

Abseits aller Gernergrenzen und Klischees haben Therapy? mit Troublegum ein wirklich großartiges Album aufgenommen, das sich getrost in die Reihe unvergesslicher Klassiker einreihen kann und sich über die gesamte Spielzeit hinweg keinen einzigen Durchhänger leistet. Egal ob man nun Metal, Rock oder Punk bevorzugt, hier ist für jeden etwas dabei, auch wenn man auf den ersten Blick vielleicht etwas verdattert sein könnte, sollte man tatsächlich auf einen Plattendealer gestoßen sein, der das Album in die von den jeweiligen Personengruppen bevorzugte Rubrik einsortiert hat.

Das Album bietet auf 45 Minuten alles, was die Neunziger so interessant machte, es ist sozusagen die Quintessenz eines ganzen Jahrzehnts Gitarrenmusik und verdient das Prädikat Sonderklasse.
Auch wenn Therapy? zuvor und auch danach nie an dieses Meisterwerk anknüpfen konnten und auch sonst recht wenig Beachtung finden, dieses Album entschädigt für alles, was die Band jemals verbrochen hat oder noch verbrechen wird.

Wer wissen möchte, wie sich Rockmusik in den Neunzigern anhörte, der ist hier bestens aufgehoben. Auch wenn ich eine sehr breite Palette an verscheidenen Platten und Genres in meinem CD-Regal stehen habe und von Death-Metal bis HipHop so ziemlich alles gehört habe, was zur damaligen Zeit in den Läden stand, für mich ist und bleibt Troublegum der Sound meiner Jugend, vielleicht gerade deshalb, weil es einfach keine Schublade gibt, in die sich dieses Werk hineinpressen läßt.
 
Eigenschaft
 
Ich hab Therapy erst vor ein paar Wochen für mich entdeckt und bin ziemlich begeistert!:great: Trigger inside ist zur Zeit mein Liebling von dem Album!
Ein sehr gelungenes Review!:great:
 

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