Suche "Theorietext" zur Tonart Moll

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Chiatara
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Hey,

ich hoffe mal, hier den richitgen Thread erwischt zu haben. Ich habe eien Frage:

Wir müssen von der Schule aus eine kleine Hausarbeit (Als Vorbereitung auf die große Facharbeit) (5-6 Seiten) zu einem Thema unserer Wahl schreiben. Ich habe mir das Thema herausgesucht, weshalb wir Menschen, bestimme Musik als traurig empfinden. Insbesondere wollte ich dabei einen Blick auf die Tonart Moll werfen. Diese evtl. "kurz" erklären und dann im Weiteren darauf eingehen, wieso man sie als traurig empfindet, bzw. welche Möglichkeiten man alles mit Moll hat, um einen Song traurig klingen zu lassen. Das Problem liegt darin, dass ich die Hausarbeit so aufbauen soll, dass sie auch von einem Leser, der nicht all zu viel Ahnung von Musiktheorie hat, nach 1-2 Lesen halbwegs verstanden werden kann. Daher meine Frage, ob jemand einige gute Textquellen zu diesem Thema kennt. Einfach Wikipedia --> Moll war mir zu einfach und ist vlt auch nicht immer das beste.

Danke schonmal :)
 
Eigenschaft
 
Eine gute Quelle kann ich Dir leider nicht nennen (Ich denke da ist Google Dein Freund.), aber es gibt auch lustige, beschwingte Moll-Stücke. Genauso wie es traurige Dur-Lieder gibt. Das solltest Du in Deiner Arbeit nicht außer acht lassen.
 
ich hoffe mal, hier den richitgen Thread erwischt zu haben.

Der Thread beginnt mit dem von dir erstellten Beitrag, von daher kannst du höchstens das richtige/falsche Unterforum erwischt haben - und da würde ich sagen: passt doch ganz gut.

Insbesondere wollte ich dabei einen Blick auf die Tonart Moll werfen.

Moll (und Dur) werden als Tongeschlechter bezeichnet, nicht als Tonarten. Eine Tonart entsteht erst dann, wenn mehrere Akkorde in ein Spannungsverhältnis zueinander treten und damit eine Hierarchie zwischen Harmonien aufgebaut wird.

Diese evtl. "kurz" erklären und dann im Weiteren darauf eingehen, wieso man sie als traurig empfindet, bzw. welche Möglichkeiten man alles mit Moll hat, um einen Song traurig klingen zu lassen.

Da wäre natürlich die erste Frage, ob du denn so eine Schlußfolgerung auch selbst guten Gewissens und auf der Basis deiner eigenen musikalischen Erfahrung ziehen würdest: wirkt Moll generell traurig? Ich selbst würde das stark relativieren.

Daher meine Frage, ob jemand einige gute Textquellen zu diesem Thema kennt.

Zwei aufeinander aufbauende Themenfelder könnten Ausgangspunkt für weitere Recherche sein:

1. Akustik. Die Mollterz kommt in der Obertonreihe später vor als die Durterz. Die Natur und Physik der Töne legt uns Dur näher als Moll. Das gibt dem Tongeschlecht Moll eine bestimmte Qualität.

2. Musikgeschichte. Moll hat eine Geschichte, und die sollte man zumindest in Ansätzen kennen. Beethoven hatte eine besondere Beziehung zu c-Moll, Blues schwankt zwischen Moll und Dur, Powerchords vermeiden die Festlegung von Moll und Dur.

In diesem Umfeld lassen sich sicher ein paar Ansätze für eine Facharbeit finden.

Harald
 
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Hallo chiatara,

ich versuche mich kurz zu halten und die Entwicklung unserer Högewohnheiten mit Hilfe der heutigen Stimmung und Harmonie historisch näher zu bringen.

Aristoteles hat die einzelnen Modi mit männlichen Empfindungen erklärt. Mixolydisch als Ernst und Trauer, phrygisch als Begeisterung.
Die genaue Zuordnung ging aber verloren. Später gab es einen Mann namens Boethius der an einem Bildungssystem interessiert war, und dazu griechische Texte von Platon und Aristoteles übersetzte. Die vorhandenen Informationen über die Modi nahm er dazu um es mit einem Gottesdienst abzustimmen.

Später hat ein Papst namens Gregor diese Theorie für die Kirchenmusik klassifiziert.
Dort waren die Modi ein Nummernsystem und keine griechischen Bezeichnungen mehr.

Die Kirchentonleiter war geboren und somit der melodische Musikstandard durch gregorianischen Gesang.

Gefühle wurden aber immer wichtiger (Zeit der Romantik) und somit änderte sich auch die Art Musik zu transportieren.
Die Frequenzverhältnisse unserer heutigen Hörgewohnheiten lassen es daher nicht mehr zu alte Komponisten
zu verstehen. Und zum Teil wäre es für uns heute unerträglich einem Mozart zuzuhören. G-Moll als Todestonart sollte sich zum Beispiel absichtlich schmerzlich anhören. Um diese Entwicklung von Stimmungen zu veranschaulichen gehen wir aber besser in den Barock zurück.

Polytonal hatte man es damals nicht immer mit dem selben Tonmaterial zutun. Man hörte also Akkordschichten unterschiedlicher Tonarten alle gleichzeitig. Unter damaligen Bedingungen hatten Klauseln (vorallem Choral) eine andere und Oktavregeln eine höhere Bedeutung, mit dessen Hilfe man die tonale Denke damaliger Komponisten auch heute besser versteht. Rameau wurde da noch nicht verstanden und akzeptiert, und Funktionstheorie ist rein tonal unpräzise.

Melodik war also in Form der Kirchentonleitern sehr lange die gängige Praxis.
Als die Kirchentonarten und Quintverwandschaften immer verständlicher wurden (Andreas Werckmeister, der alle Möglichkeiten durchrechnete Quinten etc.) , haben sich Komponisten immer weiter von der Melodik entfernt.

Sie konnten aber nicht von heute auf morgen auf den gregorianischen Gesang verzichten und haben sich somit
parallel zur Melodik weiterentwickelt, bis sich Dur und Moll letztlich durchsetzen konnte. (2 Tonarten die modal zueinander stehen)

Aus tonalen und melodischen Gewohnheiten kam es also zur heutigen Stimmung und Harmonie.

Das Tongeschlecht alleine reicht aber nicht für eine traurige Wahrnehmung aus. Tempo und Instrumentation spielen ebenfalls eine große Rolle.
Das was als traurig wahrgenommen wird hängt aber auch von der Emotionalität und Gehör einzelner Menschen ab.
 
Hi

Mach doch einfach mal ein bisschen Brainstorming - es gibt ja genügend Anhaltspunkte, die ein unbefangener, unvoreingenommener Leser erwartet - wenn man das alles mal als "Grundgerüst" einbezieht hat man zumindest mal eine gute Basis:

Es ist also davon auszugehen, dass der Leser maximal ein oberflächliches Wissen hat.


Dann kommst du als erstes um einen Punkt "Allgemeines/Einführung" sowieso nicht herum - Empfehlung: Heb dir den Punkt trotzdem bis zum Schluss auf, da hast du dann den besten Einblick in das Thema und du musst hier kurz und bündig erklären, was ein Moll- Akkord ist und wie du an das Thema "warum klingt Moll traurig" (Anm. auch ich muss mich da den Vorpostern anschließen, dass ist eine ziemliche Verallgemeinerung) herangehen willst. Das geht nunmal am besten, wenn genau das alles schon fertig ist^^.

Die weitere Reihung ist natürlich z.T. Geschmackssache, da aber davon auszugehen ist, dass der Leser nicht wrklich eine Ahnung hat, würde ich den "abstraktenTeil" als nächstes machen - aber klar getrennt von der EInleitung, sonst schläft der Leser wärend dieser ein. Also was ist genau bezeichnet Tonart Moll? Da spielt sehr viel hinein, pass auf, dass du nicht zuviel Musiktheoriegrundlagen drinnen hast, aber denk auch daran, dass dem Leser genau diese größtenteils fehlen dürften - aber das ist nicht das Thema, also nur soviel, wie notwendig ist, dass der Leser die nächsten Themen verstehen kann.

Als nächstes bietet sich in meinen Augen - wie bereits auch mehrfach erwähnt - die Geschichte an. Stichworte wie erstes Auftreten, historisch wichtige Vertreter, eine "Chronologie der Moll-Tonart" (Wann wurde sie wie verwendet?),....... Aber auch hier gilt wiederum: Einen allgemeinen, verständlichen Überblick verschaffen und nicht in Fakten verlieren.

Und letzt wirds - für mein Empfinden - echt schwer. Weil was bedeutet traurig? Würde man einen Mediziner fragen, käme vermutlich eine Antwort wie "Aktivitäten im Hypothalamus, die.....", soweit ich mich da auskenne, sind sich die klügsten Köpfe auf dem Gebiet noch längst nicht einig, wie unser Denkappparat wirklich funktioniert. Rein logisch würde mMn als nächstes das irgendwie erklärt gehören, aber a) hab ich da zuwenig Hintergrundwissen und b) nehme ich trotzdem an, dass das schon alleine aus praktischen Gründen nichts bringt.
Deswegen wirds am besten sein, wenn du dir das von Harald gesagte zu Herzen nimmst:

Moll (und Dur) werden als Tongeschlechter bezeichnet, nicht als Tonarten. Eine Tonart entsteht erst dann, wenn mehrere Akkorde in ein Spannungsverhältnis zueinander treten und damit eine Hierarchie zwischen Harmonien aufgebaut wird.
Da steckt abgesehen von der Tatsache, dass das ziemlich exakt und knapp formuliert ist noch einiges zwischen den Zeilen: Es geht um den Gesamtkontext - wenn ich auf einen G-Dur Akkord ein Am spiele, entsteht ein gänzlich anderes Feeling, als wenn ich etwa auf einen F-Dur ein Am spiele - obwohl ich in beiden Fällen auf Am liege. Deswegen ist Moll auch nicht unbedingt traurig. Herzeigen kann man das leicht anhand von Beispielen, beschreiben, warum das so ist ..... (Kp vielleicht hab ich da ne Wissenslücke?).



Was ich mit der Wall of Text eigentlich sagen wollte:
Ich glaube nicht, dass es dir was bringt, nach einem "guten Text über Molltonarten" zu suchen - das ist einfach zu allgemein, wie du ja auch selbst schon gemerkt hast. Differnziers dir auf wie eben beschrieben (vielleicht kommst du ja auch zu einer gänzlich anderen Einteilung) und such dann nach spezifischeren Punkten.


Gruß
David
 
Zuletzt bearbeitet:
Grenze anhand der Beiträge mal genauer ein, was du haben möchtest.

Das Thema "Moll = Traurig" ist wahnsinnig komplex, du kannst höchstens einige Theorien in den Raum werfen und die Größe der Problematik andeuten.
Hier einige (tw. widersprüchliche) Stichworte:
- Moll ist an sich gar nicht traurig. Beispiele für nicht traurige Mollmusik finden. Sowohl bei uns (in versch. Genres, etwa Blues), als auch in anderen Kulturen. Traurige Durmusik finden (etwa in Hollywoodliebesschnulzen). In japanischer Videospielmusik etwa ist Dorisch die bedeutungslose "Grundtonart". Äolisch und Phrygisch sind stufenweise "trauriger", Mixolydisch und Ionisch stufenweise fröhlicher.
- Nicht richtig ableitbar aus der Obertonreihe. Versuche, das zu tun, sind durch damaligen Erfolg der Mathematik und Physik begründet. Man wollte auf den Siegeszug der Naturwissenschaften aufspringen (Dahlhaus hat dazu einen Text verfasst).
- Im Wohltemperierten Klavier von Bach findet man haufenweise Stellen, in denen zwischen Dur und Moll nicht klar getrennt wird, etwa in Schlussteilen der Fugen. Da gibt es meistens einen Abwärtszug, der die Skalentöne 3, 6 und 7 variabel verwendet. Dort gibt es also diese in heutigen Harmonielehren propagierte, spätere und schärfere Unterscheidung zw. Dur und Moll gar nicht.
- Historische Entwicklung. Ab wann und in welchem Kontext wurde Moll so eingesetzt? Beethoven, Romantik, Tonartencharakteristik, Robert Hatten: Musical Meaning in Beethoven, etc. Oder in eine allgemeine Musiklehre.
- Vorsicht vor den griechischen Modi! Deren Phrygisch ist nicht unser Phrygisch! Es gab Übersetzungsfehler.
- Vorsicht vor Wiki! Da steht viel falsches Zeug. Etwa "Ein akustischer Grund für die unterschiedliche Wirkung von Dur und Moll liegt zweifellos darin..." Was ein Bullshit! Ein Maj7 hat einen noch geringeren Konsonanzwert und ist trotzdem nicht traurig.
...

Wenn du eine gute Bibliothek in der Nähe hast, kannst du ja mal in ein Musiklexikon schauen, etwa MGG oder Riemann. Stichworte: Moll, Tongeschlecht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Außerdem war es nicht immer moll=traurig.

Dur kommt aus dem lateinischen und heißt so viel wie hart. moll dagegen weich.
Früher hat man dadurch auch gerne das Geschlecht in Musikstücken ausgedrückt, was damals ein genialer Einfall war. Dur war der "harte", starke Mann und moll die "weiche", sanfte Frau. Du musst immer bedenken, dass sich jemand erst überlegten musste, wie klingt denn fröhlich und traurig. Das musste sich erst noch entwickeln...
 
Blacksheep:
Von welcher zeit sprichst du? Soweit ich weiß, fuhr nur Wagner stark auf dieser schiene. Das war nach der traurig-Sache.
 
Mir fällt gerade kein Bsp. ein, aber ich rede hier von Musik aus dem 15/16 Jh.
Was ich damit eigtl. nur zeigen wollte ist, dass sich unser modernes Verständnis von Dur und moll erst entwickeln musste.
 
Demnach wäre die Grundaussage "Moll ist (normallerweise) traurig, weil wir darauf konditioniert sind"?

Ist natürlich eine fast fahrlässige Reduzierung, gefällt mir aber gut.
Sowas gibt's bei anderen Verhalten ja noch viel extremer - beim Essen etwa. Wir Mitteleuropäer würden Beispielsweise niemals auf die Idee kommen, mit Kuhblut gemischte Milch roh zu trinken, was aber für ein bestimmtes afrikanisches Volk das allernormalste der Welt und sogar DAS Grundnahrungsmittel ist.

Jetzt - schemenhaft beschrieben - daraus abzuleiten:
Irgendwann hat jemand, der anscheinend gut musizieren konnte, bzw. man hat allgemein begonnen, traurige Parts bevorzugt durch Moll zum Ausdruck zu bringen (und umgekehrt fröhliches in Dur). Dies wurde dann auch so an die nächste Musikergeneration weitergegeben (die Aussage Dur ist Fröhlich und Moll traurig kenn ich nämlich auch noch aus dem Musikunterricht in der Mittelschule).
Was natürlich dazu geführt hat, dass ein Werk, das einen traurigen Inhalt hat, höchstwahrscheinlich in Moll geschrieben ist.
Und deswegen Glauben wir das heute - weils sich eingebürgert hat. Die Laien sowieso, und auch ein "echter Musiker" weiß, dass die meisten bekannten Stücke zumindest großteils in dieses Schema passen.
(Anm.: Ich denke vorallem die Kommerzkultur der letzten Jahrzehnte würde so etwas zumindest begünstigen)


Das ist jetzt alles von mir jetzt eben abgeleitet, also unkommentiert davon auf jeden Fall nichts glauben ;)

Ist aber denke ich zumindest ein möglicher Erklärungsansatz für den TE, so ich da nicht korrigiert werde^^
Und ließe sich vor allem auch ohne einem Doktor in Musikwissenschaften hinbiegen - es geht ja um 5-6 Seiten.


Gruß
David
 
Ich spiele zwar noch nicht lange Klavier und kenne mich auch nicht so mit der Theorie aus. Allerdings übe ich gerade viel die Akkorde der einzelnen Tonarten, dabei ist es geradezu deprimierend längere Zeit die Mollakkorde durchzuklimpern (anders als bei Dur). Wenn ich dann z.B. eine Akkordfolge aus Tönen von C-Dur und A-Moll spiele wirkt etwa der G-Dur trauriger als der D-Moll (kann aber auch daran liegen, dass der G-Dur in der Umkehrung/Fingerstellung die ich nutze tiefer als der D-Moll ist). Also würde ich sagen einzeln als Tonleitern/Akkorde klingt Moll schon trauriger, das muss sich aber lange nicht in die "musikalische Praxis" auswirken.
 
Das Problem liegt darin, dass ich die Hausarbeit so aufbauen soll, dass sie auch von einem Leser, der nicht all zu viel Ahnung von Musiktheorie hat, nach 1-2 Lesen halbwegs verstanden werden kann. Daher meine Frage, ob jemand einige gute Textquellen zu diesem Thema kennt.

Das Thema wurde in Radiosendungen behandelt, also an Hörer gerichtet, die ebenfalls "nicht all zu viel Ahnung von Musiktheorie" haben:

WDR5 (Man beachte unten den Mitschnitt)
DRadio

Wenn oft gesagt wird: Dieses oder jenes Stück in Moll klingt aber gar nicht traurig
(z.B. Anfangssatz der g-Moll-Sinfonie von Mozart wie es Kopiez hier anführt), so hat das wenig Beweiskraft.

Warum? Weil die Empfindung traurig/fröhlich auch von anderen Paramentern abhängt, am wichtigsten das Tempo.
Möchte man die Abhängigkeit der Stimmung eines Musikstückes vom Tongeschlecht untersuchen, wäre es wissenschaftlich begründet nur den zu untersuchenden Parameter zu verändern und dann den Wechsel der Empfindung festzustellen.

Leider kenne ich eine solche Studie nicht, doch man kann ja selbst einmal den Versuch machen und bei einfachen Melodien das Tongeschlecht wechseln.
Man wird kaum beobachten, daß sich durch Vermollung eines Dur-Stückes die Stimmung hebt und umgekehrt, wird die Verdurung eines Mollstückes i.d.R. die Stimmung nicht senken sondern sie wird sich aufhellen.

Anhänger einer vermeintlich "reinen Konditionierungstheorie" lassen sich davon möglicherweise nicht beeindrucken und sagen: Ja, das ist nur so, weil wir vorher durch andere Faktoren gelernt haben, daß Moll traurig und Dur fröhlich ist.

Dem kann entgegengehalten werden, daß Dur objektiv der konsonantere, stabilere Klang ist, wie es Helmholtz schon durch Untersuchung der Kombinationstöne herausgearbeitet hat (Lehre von den Tonempfindungen, S.326, kostenloser Download).

Traurigkeit wird jedoch eher mit Begriffen wie dissonant und instabil assoziiert.

Die geringere Stabilität und geschwächte Eindeutigkeit, kommt in Moll auch darin zum Ausdruck, daß wir es mit einem erweiterten Tonvorrat von neun Tönen zu tun haben und drei Moll-Skalen (rein, harmonisch, melodisch) statt sieben Tönen und einer Dur-Skala.
(Vorteil: mehr Gestaltungsspielraum und eine farbigere Musik ist möglich, was insbesondere die Romantiker schätzten)

Noch ein weiterer musikalischer Faktor kommt hinzu:

Die Molltonleiter hat eher einen abwärtsgerichteten Charkater und die Dur-Tonleiter eher einen aufwärtsgerichteten.
Es dürfte wohl kaum bestritten werden, daß eine Abwärtsbewegung eher eine traurige Stimmung wiedergibt als eine Aufwärtsbewegung.
In zahlreichen traurigen Stücken mit Lamento-Bass wird diese Tatsache ausgenutzt. Abwärts läßt es sich besser lamentieren als aufwärts.

Es überrascht auch daß nicht, daß in der klassischen Musik abwärts eher die reine Molltonleiter verwendet wird, aufwärts hingegen der zweite Tetrachord von Dur "ausgeliehen" wird, weil er sich nun mal für eine Aufwärtsbewegung eben besser eignet (Leitton).

Der Leitton (die 7) in Dur weist nach oben. Er stärkt den Grundton. Dur ist eindeutiger als Moll.
In reinem Moll kommt die b6 vor, die eher abwärts gerichtet ist.

Der Charakter der Traurigkeit von Moll mag durch unsere Kultur und unser Lernen verstärkt worden sein. Doch es spricht einiges dafür, daß der Auslöser für diese Deutung von Moll natürliche Wurzeln hat und die Zuordnung nicht beliebig ist.
(Ähnlich, wie z.B. die körperliche Stärke eines Menschen viel mit Training zu tun hat, doch Männer haben gegenüber Frauen auf diesem Sektor natürliche Vorteile.)

Viele Grüße

Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe es in meinem Klavierunterricht ja häufig mit Kindern zu tun, die ohne (nennenswerte) musikalische Vorkenntnisse kommen und aus musikalisch "unbelasteten" Elternhäusern stammen. Auch Erwachsene "Spät"einsteiger sind dabei. Irgendwann kommt es regelmäßig zum Punkt Dur/Moll. Ohne vorher irgendwelche Begrifflichkeiten geklärt zu haben spiele ich den Schülern verschiedenes aus Dur und Moll vor (Dreiklänge, Tonleutern udgl.) und frage sie, wie sie ihr unterschiedliches Empfinden beschreiben würden. (Bei den Kindern habe ich dabei zunächst das Problem, daß sie - verdorben dirch die Schule - glauben, daß es jetzt eine richtige und viele falsche Antworen gibt. Dann muß ich sie erst überzeugen, daß sie jetzt keine falsche Antwort geben können, weil es ja um ihr eigenes Empfinden geht.) Auf jeden Fall hat bei den Beschreibungsversuchen seit Jahren noch nie (!) irgendjemand spontan die Worte fröhlich und traurig benutzt. Häufig kommen Worte wie: Tiefer, irgendwie anders halt, härter (bei Moll!), das andere klingt schöner. Ich halte mich dann immer zurück und drücke ihnen den fröhlich/traurig-Stempel nicht auf.

Viele Grüße,
McCoy
 
Hi Klaus,

interessant zum Weiterführen Deiner Gedanken wäre auch noch der Gebrauch der Picardschen Terz. Sie wurde ja meines Wissens wegen der "Unvollkommenheit" des Molldreiklangs eingesetzt.

Und nicht vergessen sollte man bei dieser Erörterung was vor unserem Dur/Moll geprägten Musikverständnis war.
Dorisch, Phrygisch, Lydisch und Mixolydisch sind ja auch Dur/Moll geprägt, und ein Kirchenlied in Phrygisch strahlt ja eher in Richtung Moll als z.B. eins in Lydisch.

McCoys pädagogische Erfahrungen sind auch sehr interessant.

Traurig/Fröhlich sind wohl nicht die richtigen Wörten.
 
Betrachtet man die Teilungsverhälntnisse bei gr. und kl. Terz, ist die große Terz das konsonantere Intervall. Konsonante(re) Intervalle dominieren die dissonanteren Intervalle. Gehen wir vom dissonanten in das konsonante Intervall, wird dies vom Ohr als "Auflösung" empfunden.

Kleines Experiment : Rahmenintervall Quinte, und dazwischen wird in absteigender Folge die Quarte, die gr. Terz, die kl. Terz und die gr. Sekunde gelegt; in chromatischen Schritten gelangt man somit vom sus4 zum sus2 Akkord. Das Ohr empfindet den Übergang vom sus4 zur gr. Terz als deutliche Tendenz zu größerer Harmonie, also Auflösung - den nächsten Schritt zur kl. Terz aber als deutlichen Rückschritt in die Dissonanz, welche durch den Übergang in den sus2 kaum noch gesteigert wird.

Hinzu kommt, dass nur ganzzahlige Frequenzvielfache in stabiler Phasenlage zu einem Grundton schwingen können, eine Abweichung vom ganzzahligen Vielfachen bewirkt zwangsläufig Schwebungen. Daher hat der Grundton die Deutungshoheit über die höheren Töne. Im Dreiklang definiert daher der Grundton sowohl die Terz als auch die Quinte, nicht aber die Terz die Quinte, weshalb die untere Terz die Wahrnehmung des gesamten Akkordes bestimmt.

Große Terz: Teilungsverhältnis 5:4
Kleine Terz: Teilungsverhältnis 6:5
 
/print und abgeben? ;)
Denke die 5-6 Seiten wärens damit^^

@ TE
KP, ob du gewusst hast, was du dir mit der Fragestellung "angetan" hast - das Thema ist grundinteressant und man sieht ja auch, wie die hiesige Gesprächskultur ihre Arbeit verrichtet :)
Problem ist nur, dass das Thema derart vielschichtig ist, dass es eigentlich den Rahmen deiner Arbeit nur sprengen kann.
Alle (relevanten) hier herausdiskutierten Faktoren zu berücksichtigen und soweit einzuarbeiten, dass der Arbeit auch ein Nichtmusiker folgen kann - wenn du das gut hinbringst zieh ich den Hut vor dir :hat:


Viel Erfolg und LG
David
 
Leider kenne ich eine solche Studie nicht, doch man kann ja selbst einmal den Versuch machen und bei einfachen Melodien das Tongeschlecht wechseln.
Man wird kaum beobachten, daß sich durch Vermollung eines Dur-Stückes die Stimmung hebt und umgekehrt, wird die Verdurung eines Mollstückes i.d.R. die Stimmung nicht senken sondern sie wird sich aufhellen.

Je mehr goße Intervalle ein Modus hat, desto "heller" erscheint er.

Hier mal eine Auflistung von dunkel nach hell:

DUNKEL Lokrisch -> Phrygisch -> Aeolisch -> Dorisch -> Mixolydisch -> Ionisch -> Lydisch HELL

Die Crux ist, je früher der Tritonus in der Quintreihe erscheint, desto dunkler erscheint der Modus.
 
Ich halte mich dann immer zurück und drücke ihnen den fröhlich/traurig-Stempel nicht auf.

Gut so! Deine Schüler sollen sich ja ihrer eigenen Empfindungen bewusst werden und nicht aufgeschnappten Klischées folgen.

Die Bezeichnungen fröhlich/traurig stammen nicht von mir. Das Begriffpaar hell/dunkel wäre neutraler, ändert aber nichts an der Tatsache, daß ein Geschlechtswechsel die Stimmung entsprechend verändert.

Klagelieder in Dur sind möglich, doch ich denke, wenn man die Klagelieder der Dur/Moll-tonalen Musik auf ihr Tongeschlecht hin untersuchen würde, wäre das Ergebnis eindeutig.

Hier ein frühes Beispiel mit Lamento-Bass:

Lamento della Ninfa (1638)

Auch nach fast 400 Jahren vermittelt sich die Traurigkeit für moderne Menschen, selbst wenn wir den Text der tragischen Liebe nicht kennen. (Ubersetzungen 1, 2)

Man würde sich dem Verdacht des Sarkasmus aussetzen, würde man nach Klageliedern in Dur mit aufsteigendem Lamentobass zu fragen oder nicht? :gruebel:

Ein mittelalterliches Beispiel: Lamento di Tristano (13. Jahrhundert)

Was wählten BBC-Hörer 2004 zum "traurigsten klassischen Stück"?
Samuel Barber - Adagio for Strings (1938)
Es wurde auch von den Verantwortlichen für die Beerdigungen von Franklin D. Roosevelt, John F. Kennedy, Grace Kelly, Rainier III. von Monaco und Albert Einstein gewählt.

Keines der Stücke ist in Dur. Zufall?

...der Gebrauch der Picardschen Terz

Richtig, alte Meister, wie Zarlino (1558) hielten den Mollakkord für weniger vollkommen und haben deshalb als Schlussakkord den vollkommenen Durakkord als Aufhellung eingesetzt.
Rameau war 1722 zunächst nicht der Meinung von Zarlino, änderte sie aber 1737. 1760 leitet er den Molldreiklang aus der Obertonreihe ab (10:12:15).

Auch Pink Floyd setzten die Picardische Terz ein: Tonika der Akkordfolge ist Bm (engl.), doch A Saucerful of Secrets endet mit B-major (engl.).

M.E. liegt es auf der Hand, daß der Dur-Akkord der stabilere, konsonantere Akkord ist. Er wird auch durch die Obertonreihe unterstützt, und zwar durch die ersten drei verschiedenen Töne die dort überhaupt auftreten und auch der Grundton stimmt, im Gegensatz zum Mollakkord, welcher in der Obertonreihe den Grundton e hätte. Der direkte Durdreiklang erscheint als 4., 5. und 6. Teilton - drei Töne direkt hintereinander, im Gegensatz zum viel weiter entfernten Molldreiklang in der Obertonreihe.

Ich halte den Molldreiklang, wie Hindemith und andere, für einen "getrübten" Akkord. Alle auftretenden Intervalle sind zwar konsonant: die Quint, die große und die kleine Terz. Doch die Reihenfolge der beiden Terzen sind gegenüber der (gelernten) Naturtonreihe vertauscht - die Terzen sind quasi auf den Kopf gestellt.

Wir lernen schon allein durch die menschliche Stimme (harmonisches Spektrum) unbewußt, aber vielleicht schon im Mutterleib, daß die Intervalle in der Obertonreihe nach oben immer kleiner werden.

Wir registrieren, daß bei dem ebenfalls sehr konsonanten Moll-Akkord etwas nicht mit den natürlichen Erfahrungen übereinstimmt, im Vergleich zu Dur.
(Die heutigen Kids vielleicht etwas weniger als früher, weil heute verschiedenartigere akustische Eindrücke verarbeitet werden.)

Noch etwas kommt hinzu: Der Übergang von Dur nach Moll ist auch noch mit einer "Erniedrigung" verbunden. Das passt besser zu einer "gedrückten" Stimmung als eine Erhöhung. Unser natürliches Streben geht i.a. nach oben, möglichst auf das Siegertreppchen und an das Licht. Moll hat es schwerer als Dur eine solche Stimmung wiederzugeben.

Doch in der Musikgeschichte hat die Erniedrigung zum Mollakkord nicht ausgereicht. In der neapolitanischen Opernmusik des 18. Jahrhunderts suchte man nach einer Steigerung, um Leid, Trauer und Schmerz auszudrücken. Man wurde fündig, indem man bei dem als Subdominante gebräuchlichen Sextakkord den Grundton erniedrigte (in c-Moll wird so aus den Akkord f-as-d ein f-as-des).
Der Ton Des strebt, wie schon das as, nach unten.

Als sog. "selbstständiger Neapolitaner" wird der Akkord als Des-Dur gedeutet und wir hätten eine Brücke geschlagen zu der noch dunkleren phrygischen Kirchentonart (siehe Reihe von Cudo).

Die Crux ist, je früher der Tritonus in der Quintreihe erscheint, desto dunkler erscheint der Modus.

Danke für den Hinweis! Das hatte ich noch nie so betrachtet, doch es stimmt. Auch die aufgestellte Reihe kann ich aus eigener Empfindung so nachvollziehen. (Nur in Lokrisch nicht, da keine von mir geschätzte Musik diesen Modus tonikal verwendet: Auf die reine Quint zum Grundton läßt sich kaum verzichten.)

Viele Grüße

Klaus

Edit: Auch Lokrisch gerade ausprobiert. Ich empfinde ein Gefühl der Sehnsucht, das schon bei Moll deutlich, aber in schwächerer Form auftreten kann. Wahrscheinlich Sehnsucht nach Harmonie, die in Lokrisch am meisten entbehrt wird.
Lydisch hingegen: vorwitzig, mutig, überstürzt.
 
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