Kirchentonleitern für Akkordfolge bestimmen

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Hi,

Wenn ich eine beliebige Akkrodfolge habe, wie kann ich dann herrausfinden welche Kirchentonleitern zu welchem Akkord passt.
Zum Beispiel wenn ich diese Akkordfolge (in Stufen) habe:

I | I V | I | I
IV | I V | I | VI alt
IIm | V | I | V,

dann hab ich mir jetzt von jedemandem der Musik studiert sagen lassen, welche Kirchentonleitern zu welcher Stufe passen, allerdings hat er mir nicht gesagt wie er drauf gekommen ist.
Gibts da ne Theorie zu oder ist das einfach Erfahrung bzw. ausprobieren und hinhören?

Gruß Nighel
 
Eigenschaft
 
Es gibt keinen diatonischen "Alt-Chord". Abgesehen davon passt deine Struktur auf I Dur (standard-ionisch). Dann sind zu den Stufen die passenden Modi:

I: ionisch; IIm: dorisch; IIIm: phrygisch; IV: lydisch; V: mixolydisch; VIm: äolisch (natürlich-moll); VII(dim): lokrisch.

Alle nutzen den Tonvorrat der I-Dur Tonleiter. Dazu braucht es keine Theorie, es ist Definition: Eine auf der II. Stufe beginnende Tonleiter, die den Tonvorrat der I. Stufe ionisch verwendet, ist als dorische Tonleiter definiert .

Es können aber auch andere Tonleitern zu den Stufen verwendet werden. z.B. ionisch auf der V. Auf die Ausgangstonart bezogen wäre das lydisch (erhöhte 4). Letzlich mischt man dann die Tonarten - was eine spezifische Spannung ergibt. Im klassischen Modell würde "ionisch auf der V" schlicht als Ausweichung auf die Dominant-Tonart aufgefasst werden, und die dann in Dur erklingende II wäre die Doppeldominante. Das geht im Quintenzirkel natürlich auch nach unten. Eine bVII wäre der Tonart entlehnt, die im Quintenzirkel eine Stufe tiefer steht ( hier: die IV der IV, zB. als Doppelsubdominante).

Grundsätzlich lässt sich jede Tonleiter mit jeder Tonleiter kombinieren, es kommt ganz auf den gewünschten Dissonanzgrad an. Je näher die Tonleitern im Quintenzirkel beieinander liegen ( hierzu auf ionisch umgerechnet) - umso geringer ist die zu erwartende Dissonanz. Bei 5 Quinten Abstand ist das Maximum erreicht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Was Du da aufschreibst, ist augenscheinlich ein Blues ... und damit ein bisschen ein Sonderfall ...

Im Normalfall würde ich als generelle Richtlinien folgendes empfehlen:

Nimm die 3-5 Töne des jeweiligen Akkordes, und fülle die Lücken mit Tönen der ursprünglichen Basistonleiter auf. So kriegst Du für jeden Akkord eine passende Tonleiter. Wenn´s Dir Spaß macht, und Du unbedingt wissen willst, wie sie heißt, dann vergleiche die so entstandenen Tonleitern anhand ihrer Invertvallstruktur mit den üblicherweise verwendeten (da gibt´s Unmengen von Zusammenstellungen im Netz), und identifiziere sie auf diese Weise.

LG - Thomas
 
I | I V | I | I
IV | I V | I | VI alt
IIm | V | I | V
Die Form ist Blues, aber die Akkorde sollten sind dann üblicher notiert z.B. I7, IIm7, IV7, V7, VI7alt.
Bei allen Freiheiten des Blues klingt es für mich etwas erstaunlich, dass der spannungsreichste Akkord unvermittelt in Takt 8 platziert wird, während der harmonische Höhepunkt Dominante ganz normal daherkommt.
Nach Jazzregeln folgt dem VI7alt mit dem IIm7 in Takt 9 als Grundtonbewegung ein Quintfall (in C: A7alt | Dm7...), was als Auflösung durchgeht.

Die einfachste home scale im Blues ist die Moll-Pentatonik der I, in C also C moll pentatonisch: C Eb F G Bb C. Damit kannst Du über die gesamte Progression spielen. Die naheliegendste Erweiterung wäre die Blues Scale der Moll Pentatonik: C Eb F Gb G Bb C.

Kirchentonarten gehören nicht unbedingt zum Konzept der Bluesmelodik, aber mit offenen Ohren geht schon etwas, z.B. I dorisch als "home scale", also über alle Akkorde, z.B. in C also C dorisch: C D Eb F G A Bb C.
Fast genauso gut geht Mixolydisch als home scale, in C mit C mixolydisch: C D E F G A Bb C.

Man kann aber auch die Dominanten allesamt Mixolydisch ausspielen, eine Besonderheit wäre dabei die VI7alt, die entweder mit der verminderten Scala (MM7) gespielt würde, für A7alt: A Bb C C# Eb F G A oder als Akkord entschärft zu einem VI7 und mixolydisch gespielt: A B C# D E F# G A.
In C: I7 C mixolydisch, IV7 F mixolydisch, der IIm7 bzw. die Akkordverbindung mit der V7 kann zusammen G mixolydisch gespielt werden.

Gruß Claus
 
Auf die Frage hin für was VIalt steht:

Ich hab die Akkrodfolge von hier geklaut:
http://www.justchords.de/bass/bwfiles/jazzblues.html

http://s1.***.net/images/140425/xzphjkfp.png

Ich hab das jetzt einfach als #5 und b9 oder #9 Akkrod gespielt.

Ich hab noch eine Frage an RMACD. Du hast geschrieben:

Grundsätzlich lässt sich jede Tonleiter mit jeder Tonleiter kombinieren, es kommt ganz auf den gewünschten Dissonanzgrad an. Je näher die Tonleitern im Quintenzirkel beieinander liegen ( hierzu auf ionisch umgerechnet) - umso geringer ist die zu erwartende Dissonanz. Bei 5 Quinten Abstand ist das Maximum erreicht.

Ich fasse das noch mal in eigenen Worten zusammen:
Spiele ich einen Akkord, so muss ich beim nächsten Akkrod und Tonleiter die ich spiele auf drei Dinge achten:
(1) der nachfolgende Akkord: Je näher der Akkord im Quintenzirkel beim vorhergehenden Akkord liegt, destoweniger schief klingt er.
(2) bei der Tonleiter die ich spiele muss ich darauf achten, dass sie nicht zu weit von der Tonart des Grundtons des gewählten Akkords weg liegt (außer ich will das die schief klingt), und dass sie nicht zu weit von der letzen Tonleiter (ionisch betrachtet (der ton mit der sie anfängt steht für den ton im Quitenzirkel) weg liegt.
(3) es sollte insgesamt erkennbar sein (also zumindest wenn man ein Lied schreiben will, was für das Ohr des heutigen Musikhörers bestimmt ist) was die Grundtonart des Songs ist, d.h. ich kann nicht einfach immer die Quinten mit Tonleiter und Akkord (wahl) immer weiter hochgehen, denn dann gibt es keinen Bezug mehr zur Grudtonart, und das durch die Musik unserer Zeit geschulte Ohr ist verwirrt.

Ist das so eine vertretbare Ansicht?

Fürs spielen reicht es doch dann eigentlich die ionische Tonleiter zu kennen oder?
 
Zuletzt bearbeitet:
Die angeführte Tabelle Bb7 - Eb7 etc... ist nichts andres als der Beginn eines Blues-Schemas mit I7 IV7 I7 etc. Im Beitrag N. 1 war aber I V I geschrieben, und da war etwas Rätselraten angebracht.
Den Akkord "G7alt" konnte ich inzwischen als "Akkord mit verminderter Quinte" identifizieren, wobei noch nicht klar ist, ob der Akkord auch noch einen Ton #5 enthält / enthalten soll. Egal, es kommt besonders auf den Ton b5 an. Damit wäre klar, nachdem der VIalt hier eine IIm folgt, VIalt Zwischendominante ist.

Wie schon zu lesen war: Grundsätzlich passt durchgängig eine Pentatonik, die die Töne b3 und b7 enthält. Die wird nicht variiert. Es käme auch die dorische Tonleiter in Frage, die hat b3 und b7 drin. Spielt man diese Pentatonik durch, kann man die dominantische Funktion der Akkorde nicht unterstützen - muss man aber auch nicht.
Will man diese unterstützen, kann man das mit der Wahl der jeweiligen mixolydischen Tonleiter zum Akkord machen. Bei V7 ist "zufällig" der Tonvorrat von G - Mixo mit dem von C - Dur identisch. Bei VIalt wäre das nicht der Fall. A - mixo würde aber auch nicht helfen - dafür ist der VIalt zu schräg. Und deshalb muss man zu einem schönen alten Kirchenlied greifen, das in melodisch-moll auf der 7. Stufe angestimmt wird. Ein solches Kirchenlied gibt es natürlich nicht. Aber Melodisch Moll, passend verschoben, eignet sich sogar dazu, VI7alt zu begleiten. Den Vorschlag, den VI7alt zum VI7 zu vereinfachen, hat zonquer schon gemacht. Dann könnte man hier A - mixo verwenden.

Zu den Akkorden im Quintenzirkel: Es klingt nichts schief, wenn die Grundtöne der Akkorde aus den Stufen der Tonleiter gebildet werden. Ein A-Dur Akkord ist im Quintenzirkel immerhin 3 Schritte über C - Dur -trotzdem kann er in C-Dur ohne weiteres verwendet werden. Man muss nur mit dem c aufpassen, da der A-Dur ein cis enthält - Halbtöne bilden starke Dissonanzen. Spielt man also eine A-Dur Tonleiter über einem Stück in C-Dur, muss man drei im Halbtonschritt nach oben verschobene Töne (also fis, cis und gis) mit der Ausgangsmelodie bzw. Akkordprogression geschickt integrieren. Im Quintenzirkel nach unten ist es etwas einfacher: Ein Zusammenfall b3 3 klingt einfach "bluesig". Womit wir wieder bei der Moll-Pentatonik ( oder dorisch) wären.

Zum letzten Absatz: Es sollte zumindest dir klar sein, in welcher Tonart du dich bewegen willst bzw. wie du anfangen willst. Denn die Akkorde entfalten ihre Wirkung weniger in Bezug auf den Folgeakkord als in Bezug auf die Ausgangstonart. IV7 klingt eben wie IV7 nur dann, wenn die I klar ist. Ein Akkord, der als Zwischendominante für einen Folgeakkord gedacht war, hat seinen spezifischen Sound auch dann, wenn der Folgeakkord weggelassen wird (Ellipse).
 
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...Den Akkord "G7alt" konnte ich inzwischen als "Akkord mit verminderter Quinte" identifizieren
Da kann auch mein Beitrag unten aushelfen, dort habe ich die Töne der alterierten Skala samt der üblichen "technischen" Herleitung als 7. Modus von melodisch Moll aufgeschrieben. X7alt ist definiert. zunächst natürlich als Dominantseptakkord und enthält deshalb Grundton, große Terz und kleine Septim, außerdem wird als Besonderheit jeder weitere Ton alteriert, enharmonisch enthält er damit 1, b9, #9, 3, #4/b5, #5/b6 und b7. Nachlesen kann man das in Jazz Harmonielehren wie u.a. bei Sikora, Levine, Kissenbeck...

Nighel schrieb:
(1) der nachfolgende Akkord: Je näher der Akkord im Quintenzirkel beim vorhergehenden Akkord liegt, destoweniger schief klingt er.
Was meinst Du mit "schief"? Eine Dominante wie X7#9 (der "Hendrix-Chord") oder X7alt klingt für viele Hörer reichlich schief, ist aber als Dominante Teil der Hauptkadenz einer Tonart und steht wie die Subdominante als einer der beiden Nachbarakkorde der Tonika im Quintenzirkel. Im Jazz funktioniert die Auflösung einer "spannungsreichen" Dominante immer dann, wenn der Grundton des folgenden Akkords im Quintfall folgt. Der folgende Akkord muss also nicht die Tonika sein (siehe auch IIm7 - V7 Ketten). Früher wurde bei Dominanten ohne Auflösung auf Alteration oft verzichtet und man blieb bei diatonischen Optionstönen (9, 13).

Nighel schrieb:
(2) bei der Tonleiter die ich spiele muss ich darauf achten, dass sie nicht zu weit von der Tonart des Grundtons des gewählten Akkords weg liegt (außer ich will das die schief klingt), und dass sie nicht zu weit von der letzten Tonleiter (ionisch betrachtet (der ton mit der sie anfängt steht für den ton im Quitenzirkel) weg liegt.
Spielst Du auf das Konzept "inside-outside" an? Die Grundregel wäre ansonsten, die "home scale" oder die passende Akkordskala zu spielen. Der Blues hat einige harmonische Eigenheiten, die in der Jazz-Harmonielehre daher gesondert betrachtet werden. Bezieht man sich auf Standards vor, kann man die Akkordskalen-Theorie besser erläutern. Allein nach den Regeln der klassischen Harmonielehre lässt sich Jazz nicht sinnvoll aufdröseln.

Nighel schrieb:
(3) es sollte insgesamt erkennbar sein (also zumindest wenn man ein Lied schreiben will, was für das Ohr des heutigen Musikhörers bestimmt ist) was die Grundtonart des Songs ist, d.h. ich kann nicht einfach immer die Quinten mit Tonleiter und Akkord (wahl) immer weiter hochgehen, denn dann gibt es keinen Bezug mehr zur Grundtonart, und das durch die Musik unserer Zeit geschulte Ohr ist verwirrt.
Dazu würde ich gerne ein konkretes Beispiel lesen, damit deutlicher wird, wie Du das meinst.
Zumindest in Jazz und Pop ändert sich die Tonart eines Songs gerne (mehrfach) in diversen Tonabständen, recht konventionell sind in Pop-Songs z.B. im Halb- oder Ganztonabstand aufeinanderfolgende Formteile.

Gruß Claus
 
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