Holz für Geigenbau

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Hallo,

mal wieder ´ne Frage an die Geigenbaufraktion.
In 2-3 Jahren, wenn ich mich ausreichend an den sich fröhlich vermehrenden "Streunern" erprobt habe, möchte ich gerne selbst eine "richtige" Geige bauen. Um nicht falsch verstanden zu werden: Mir ist durchaus klar, daß der Geigenbau ein Kunsthandwerk ist und mit gutem Grund eine dementsprechende Ausbildungsdauer hat. Also, ich habe an mich keinen Kunstanspruch und kalkuliere ein Mißlingen selbstredend mit ein.:D Mir geht´s um den Spaß und das weitere Lernen dabei.

Nun möchte ich aber jetzt schonmal die Augen nach "dem Holz" für "die Geige" offenhalten. Habe inzwischen auch so einiges über die zu verwendenden Hölzer gelesen, was aber u. a. durch Projekte wie die "steinzeitliche" Geige von von Bredow ins Schleudern gerät. Sehr sympathisch aber auch irritierend.

"Der Stamm hatte ca. 400 Jahresringe und lagerte schon seit Ende des zweiten WK hinter dem Bienenhäuschen meines Vaters ohne dabei jemals ganz durchzutrocknen, da etwas feucht gelegen. So konnten alle feuchten Bauteile leichter mit Steinen bearbeitet werden und dann nach dem Verkleben resonant zusammentrocknen."
http://www.mammutheum.de/seminare-a-kurse/musik-der-steinzeit-instrumente.html?showall=1

Muß ich also garnicht unbedingt nach abgelagertem Holz Ausschau halten?
Sie muß nix Dolles werden, soll nur halt auch nicht vor der Zeit aus dem Leim reißen.

Kylwalda
 
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Moin,

der Geigenbau-Spezi fiddle wird sicher auch noch antworten und ich hab mit Geigen nix zu tun, nur mit bau, aber folgender Tipp ist vielleicht hilfreich: bei der Firma DICTUM (ehemals DICK) gibts Geigenbauhölzer in verschiedenen Qualitäten zu kaufen, die auch schon getrocknet und sofort verarbeitbar sind. Ich selber habe nur mit Drechselholz von der Firma Erfahrung, das war aber immer prima.

Beste Grüße,
shib
 
Hi,

Bei DICTUM gibts außerdem auch n paar unentbehrliche Werkzeuge.
Der Laden ist schon etwas teurer als im Tonholzhandel, aber für kleine
Mengen ist das noch ok.

Du mußt mal überlegen, welche Arbeiten du machen kannst.
Für manche Sachen braucht man unbedingt Spezialwerkzeug.

Es gibt Bausätze, wo schon viel vorgefertigt ist.
Wenn du alles selber von Hand machen willst, ist das schon ein
größeres Projekt.
Also am Küchentisch mit Hammer und Zange ist, von der Ausstattung her,
etwas zu wenig.

Ich helfe gerne ;)


cheers, fiddle
 
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Hi und Dank Euch beiden schonmal für die schnelle Reaktion!

Ach, ich dachte, ich komme mit meinem Nageletui hin ;-). Nee, ernsthaft, ein paar Geigenbauspezialwerkzeuge habe ich schon, und rechne bei meiner ausufernden Leidenschaft, daß ich in 2-3 Jahren u. U. sowieso das meiste haben werde, was man benötigt. Auch stöbere ich regelmäßig im Netz nach brauchbaren Alternativlösungen für so manches. Und manches Werkzeug gedenke ich mir halt selbst zu bauen Ist ja noch Zeit bis dahin.
Was das Holz betrifft, jo, - Dictum ist auf meiner Favoritenleiste-, aber da bin ich eigen. Möchte halt gucken, was mir so über den Weg läuft, ob es mir gefällt, ob es brauchbar ist (daher meine obige Frage, um´s schonmal zu berücksichtigen), ist vielleicht ein bischen schrullig, aber wer hat keinen "Hau". Irgendwo hatte ich auch mal was gelesen von jemandem, der alte Dachbalken von einem 800 Jahre alten Gehöft verwendet hat. Sowas gefällt mir. Jetzt nicht religiös oder so, sondern... dann hat sie halt auch eine Geschichte.
 
Hi Kylwalda!

Ich gehe mal davon aus, daß die Aussage des Herrn von Bredow zu dem vom ihm verwendeten Holz stimmt. Aber natürlich hat es in über 60 Jahren viele Zyklen von Feuchtigkeitsauf- und -abnahme durchgemacht und ist deswegen schon gut abgelagert, auch wenn es im Durchschnitt dabei keine optimale Restfeuchte gehabt haben mag. Wäre es wirklich dauerhaft feucht gewesen, wäre es durch Pilzbefall verrottet. Wenn man wirklich frisches Holz verwendet, dann wird es sich bei der allerersten größeren Feuchtigkeitsabnahme verwerfen und reißen. Also, altes Holz mit einer gewissen Restfeuchte mag eventuell zum Bau durchaus geeignet sein, frisches Holz wird unweigerlich kollabieren. Neben Dictum gibt es ja auch noch die Firma Götz und einige andere spezialisierte Tonholzhändler, einfach mal googeln, solches Holz solltest Du schon verwenden, mit dem vom Förster oder aus dem Baumarkt geht es nur, wenn Du dann noch ein paar weitere Jährchen wartest.

Da ein identisches Projekt - auch von der Wortwahl - kürzlich im Geigenforum bezüglich Werkzeugen angesprochen wurde, hast Du (?) Dir (?) vielleicht dort schon einige Infos geholt, b.z.w. kannst da mal nachlesen, was dort zu Werkzeugen - auch von mir - geschrieben wurde.

Grüße

Thomas
 
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... ach so, um für voll genommen zu werden, sollte ich vielleicht auch erwähnen, daß ich den recht gut ausgerüsteten Werkraumes eines Freundes und Mitbewohners mitnutzen kann. Also Bandsäge etc. sind vorhanden.
 
Also man kann ja auch mal andere Hölzer nehmen, so streng ist das ja auch wieder nicht..

In jedem Fall Fichte für die Decke. Die muß feinjährig sein.
Traditionell wurde udn wird für Zargen, Boden, Hals Ahorn verwendet.
Da gehen aber auch andere mittelharte Hölzer wie z.B. Pappel. (schon recht weich)

Aber man könnte auch schöne Obsthölzer nehmen, wie Kirsche, Apfel, Nußbaum..
Die bekommt man logischerweise nicht im Holzhandel. Schreiner, oder i-net.
Bei der Ausarbeitung sollte man halt dann etwas stärker bleiben, sonst hält das nicht
den Zug und die Geige verformt sich und bekommt Risse.

Ablagern: nach bereits 3 Monaten hat Holz 95% seiner Feuchte verloren.
Harthölzer brauchen etwas länger.


cheers, fiddle

p.s. die ganz alten, knochentrockenen Hölzer können auch anstrengen!
Ich hatte so n Teil fürs Gesellenstück und ich wurde fast verrückt - einmal
Leim drauf, das Holz saugt wie der Teufel und "Zack" verwirft sich / nichts
passt mehr.. Hat mich 2 Tage gekostet, alleine das Fugen.
 
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Hallo Thomas,

hatte abgeschickt, bevor ich Deinen Beitrag gelesen habe. Ja, das nicht identische aber doch ähnliche Vorhaben in einem anderen Forum hatte ich bereits gelesen. Das bin ich aber nicht;). Ich habe vor, die Zeit bis dahin auch an meinen "Streunern" zu genießen.

Ah, was Du von der Holzablagerung schreibst, klärt endlich mal so einige Fragen, die ich mir seit einiger Zeit schon gestellt hatte.Es gibt ja manchmal auch so Berichte von Geigenbauern, die ihre weißen Geigen in irgendwelche `Laugen?´oder so gegeben haben..... da habe ich mich schon gefragt: Wieso dann vorher so auf so und so lange Ablagerung achten.

---------- Post hinzugefügt um 12:54:46 ---------- Letzter Beitrag war um 12:48:56 ----------

@fiddle: Danke, das werde ich dann bei meiner Ausschau mit im Blick haben. Wenn ich was gefunden habe, frage ich wieder nach, ob´s o.k. ist. :)
 
Hi!

Zitat fiddle: "Ablagern: nach bereits 3 Monaten hat Holz 95% seiner Feuchte verloren.
Harthölzer brauchen etwas länger."

Soweit richtig. Aber es ist doch wohl so, daß die Amplituden des Schrumpfens und Ausdehens des Holzes bei Feuchtigkeitsschwankugen mit den Jahren immer mehr abnehmen, und daß die Zellwände und Baumharze mit der Zeit immer härter werden. Von daher mag Holz bereits nach wenigen Monaten zum Verbrennen bestens geeignet sein, aber wohl noch nicht für den Instrumentenbau. Sichwort: Verzogene Hälse bei China-Instrumenten - wobei ich jetzt nichts gegen solche Instrumente generell sagen möchte, die bauen lediglich die Qualität, für die wir zu zahlen bereit sind.

Grüße

Thomas

P.S. Gerade noch eingefallen: Für Zargen und Boden eignet sich auch Platane recht gut - und ich warte noch immer auf ein Streichinstrument mit Fichtenhals, Fichte ist biegesteifer (!) als Ahorn!
 
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Ich rede gerade vom Unterschied: 1 Jahr abgelagert zu 30 Jahren alt.
Und hier kann ich aus eigener Erfahrung berichten, daß die alten Dinger
extrem rumzicken können.

2-3 Jahre sollte das Holz schon liegen und zwar draußen, nur überdacht.
Dann hat man auch keinen Streß.

Also eine gewisse Feuchte braucht das Holz schon, damit man keine
Überraschungen erleben muß.


cheers, fiddle
 
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Dass das Holz nicht unbedingt Jahrzehnte abgelagert sein muss, kann man auch bei Stradivari sehen. Wie hier ein Geigenbauer berichtet, hat man mit Hilfe der Dendrochronologie festgestellt, dass dieser auch mal Holz verwendet hat, das höchstens vier Jahre gelagert worden war. Ich könnte mir auch nicht vorstellen, wo er zu seiner Zeit sonst das Holz für über 1000 von ihm gebaute Instrumente jahrzehntelang hätte lagern sollen. ;)
 
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Hi gidarr!

"Ich könnte mir auch nicht vorstellen, wo er zu seiner Zeit sonst das Holz für über 1000 von ihm gebaute Instrumente jahrzehntelang hätte lagern sollen."

Also, ich glaube da unterschätzt Du etwas die Holzvorräte die manche Instrumentenbauer parat halten. Ich habe mal das Lager von Pöllmann (Kontrabaßbau) gesehen, da staunt man wirklich weil es - nach Aussage von Herrn Krahmer - noch gut und gerne für die nächsten 3 - 4 Generationen von Baßbauern reicht. Und für einen Baß braucht man 20x mehr Holz als für eine Geige...

Ich habe mal einen Vortrag von Martin Schleske gehört, in dem er u.a. über Normabweichungen der Dicken von Stradivari-Decken referierte. Noch heute soll es GB geben denen dazu nichts besseres einfällt als "schlampig gearbeitet". Schleske - der Mann ist Physiker und GB - hat aber sehr genau mit umfangreichen Messungen nachgewiesen, welche Effekte Stradivari damit bewirkte. Und ebenso glaube ich, daß es kein Zufall ist wenn Antonio mal frischeres Holz verwendet hat, er konnte damit etwas bewirken, was dem durchschnittlichen GB nicht gelingen mag.

N.B. Ich gehöre nicht zu den "Stradivari-Gläubigen" die seine Instrumente für das non-plus-ultra halten, dafür sind mir zu viele Blindversuche bekannt, in denen seinen Instrumente nicht ganz gegenüber zeitgenössischen Instrumenten bestehen konnten, aber wir haben es dabei mit Nuancen auf allerhöchstem Niveau zu tun.

Grüße

Thomas
 
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A propos Geigenhals - ich habe eine Geige (Halsmensur 12,5), die hat allem Anschein nach einen Buchenhals. Meinte ein holzkundigerer Mensch als ich es bin, auch. Gibt es das häufiger? Könnte man aufgrund dessen schließen, wo sie eventuell und wann gemacht wurde?
 
Hi,

da weiß ich leider nicht bescheid. Ich hab bisher nie eine mit Buchenhals gesehen.
Das geht schon, nur ist Buche kein besonders attraktives Holz von der Maserung her.


cheers, fiddle
 
Hi,

und ich hab´trotz fleißiger Suche auch noch keine weitere mit Buchenhals entdeckt. Und stimmt, sieht ziemlich gräßlich aus, - aber das alte Biest klingt phantastisch :)
 
Hi Kylwalda!

Zunächst mal Dank für Bewertungen und PN :D !

Also, technisch gesehen müßte Buche hervorragend für Hälse geeignet sein, wobei in dieser interessanten Liste, http://www.kraushaar-gitarren.de/cms/biegefestigkeit.html , nicht zwischen Rot- und Weißbuche differenziert wurde. Gefühlsmäßig meine ich, daß Weißbuche wegen der Härte etwas besser geeignet sein dürfte. Und wenn's fade aussehen mag? Hauptsache es klingt! Bei meinem 5-Saiter Baß sieht der Hals aus wenig gemaßertem Ahorn mit liegenden Jahresringen auch etwas langweilig aus, zumal Boden und Zargen ganz ungewöhnlich stark geflammt sind. Aber was soll's - er klingt!

Grüße

Thomas
 
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Hi Thomas,
Na, hat ja super geklappt mit dem "Bestechen":D, hatte doch gehofft, daß was Interessantes kommt. Werde den link mal in Ruhe durchlesen. Danke dafür !

---------- Post hinzugefügt um 17:42:49 ---------- Letzter Beitrag war um 17:16:39 ----------

Hi nochmal,

finde ich hochinteressant die Experimentreihe. Lohnt sich ja immer mal wieder Tradition auch nochmal zu überprüfen.

(p.s. ... mal auf die Stegposition bei der Heifetzgeige geachtet? :gruebel:)
 

Ich wußte, daß Fichte sehr gut ist, aber dann gleich soo gut.. hossa!

Hälse werden immer mit liegenden Jahren gemacht.
- die Priorität liegt auf der Standfestigkeit zur Mittelachse
Wenn sich der Hals nur vor- und zurück bewegt, kann man das jeder Zeit
einstellen, beheben. Ein schräger Hals (rechts/links) macht richtig Arbeit.

- nur mit liegenden Jahren bekommt man die Maserung wie Vogelaugen
und Flammung auf die Wirbelkastenwände. 90° gedreht wären die fast
unsichtbar und man hätte eine Schwarten-Maserung.


cheers, fiddle
 
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Hi fiddle!

Auch Dir mal wieder Dank für Deine Bewertungen :D ! - Und Deine Ausführungen zu den liegenden Jahresringen war mir so nicht bewußt, ich dachte, daß auch stehende Jahresringe üblich sind, zumal diese Bauweise eine geringfügig höhere Steifheit garantieren würde. Also, dann ist der Hals meines 5-Saiters halt "nur" langweilig ohne jegliche Flammung.

Grüße

Thomas
 
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