Bastelgeige lehrt das Fürchten

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Kylwalda
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Hi,

ich habe inzwischen an einigen Geigen frisches Holz an den Rändern angesetzt, dort wo Macken waren. Diese Geigen sind auch vollständig vom Lack befreit. Wohl hatte ich der Maserung nach passendes Holz finden können, nicht aber von der Färbung her. Gibt es einen Trick wie/womit man die frischen Stellen dem "Grau" der übrigen Geige anpassen kann?

Gruß
Kylwalda
 
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Hi Kylwalda!

Die führenden Anbieter von Geigenlacken sind www.hammerl.com und www.kremer-pigmente.de . Um eine Farbe herzustellen, braucht man ein Bindemittel (Schelllack oder Leinöl bevorzugt für Streichinstrumente oder auch - ein Maler hat mal gesagt: "Malen kann man mit allem was beppt" - Ei, Leimwasser, Kasein u.s.w. und natürlich eine unüberschaubare Vielzahl von Kunstharzen in Lösemitteln, etwa Nitro- oder PU-Lack) und ein Pigment. Dem Bindemittel wird das Pigment mit dem gewünschten Farbton zugegeben und fertig ist die Farbe. Ganz einfach. Im Prinzip. Die Realität sieht anders aus, weil die Farbe meist viel dunkler als das Pigment aussieht, dann aber auch wieder heller auftrocknet. Nun ist Geigenlack transparent und das frische Holz darunter wird mit der Zeit unausweichlich nachdunkeln, also wird die ausgebesserte Stelle auch wieder dunkler. Und das sieht dann irgendwann scheckig/fleckig aus.

Ich würde zunächst einen Geigenbauer um einen Kostenvoranschlag bitten. Wenn du es dennoch selbst probieren möchtest, unbedingt Probeanstriche auf gleichartigem Holz machen mit dem selben Bindemittel wie die Farbe Deiner Geige(n) jetzt schon hat/haben, ein Fachmann sieht sofort den Unterschied zwischen Schell-, Öl-, Nitro- oder PU-Lack.

Grüße

Thomas

P.S. Man kann natürlich auch fertige Farben mischen, aber das Problem mit Farbveränderungen durchs Auftrocknen und Nachdunkeln des Holzes bleibt.
 
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Hi Thomas,

Danke für Deine Antwort.
Na, die Geigen sind ja komplett lackfrei, habe auch noch etwas nachgeschabt, es geht also nicht um eine Lackanpassung, sondern wirklich nur um die verschiedenen Holztönungen. Tipps wie Kaffee, Tee, "eingelegte Stahlwolle" ......hatte ich schon probiert, - wenig befriedigend. Eigentlich will ich nur diesen dezenten "Grauschleier" erreichen.
Die Lacke für später (von Hammerl) habe ich schon. Aber wenn das Holz, wie Du sagst unter dem Lack unausweichlich nachdunkelt, ist es ja vielleicht auch überflüssig, es anzupassen und man kann die Zeit arbeiten lassen.

Gruß
Kylwalda
 
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Hi Kylwalda!

Wichtig zum Schutz des Holzes ist, daß die Lackschicht zumindest so dick ist, daß das Holz keinen Schmutz von außen, z.B. durch fettige Fingerabdrücke oder Kolophonium, aufnehmen kann. Die Möglichkeit mit Lack den Klang eines Instruments zu verbessern ist dann schon die ganz hohe Kunst, es gibt von Martin Schleske einen Aufsatz dazu, den ich im Moment leider nicht parat habe.

Bei "Grauschleier" denke ich an das Aussehen von rohem Holz in der Innenseite des Korpus'. Dieses Holz ist dann sehr trocken, Lichteinflüsse spielen eine Rolle und dann auch noch Staub. In die Sonne würde ich kein Instrument legen wegen der Rißgefahr, aber einer UV-Lampe könnte man es aussetzen. Harter UV-Strahlung von einer Höhensonne etwa, eine Schwarzlichtlampe dürfte keinen Effekt haben. Aber wie immer: Vorversuche machen.

Übrigens: Farbstoffe aus Lebensmitteln sind i.a. sehr lichtunbeständig, selbst wenn man mit Kaffee, Tee etc. einen befriedigenden Erfolg erzielen würde, würde das Ergebnis doch recht bald wieder total verblassen.

Grüße

Thomas
 
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Hi Kylwalda,

wir haben solche Farbanpassungen (Holz an Holz) eigentlich immer mit
synthetischen Wasserbeizen gemacht.

Man braucht: rot, gelb, braun, schwarz und für Grünstiche entweder
grün, oder blau.
Das ganze muß man dann geduldig zusammenmischen/verdünnen bis man
mit dem Farbton hinkommt. (Urglas oder Untertasse)

Laß dir Zeit und teste immer an nem externen Stück Holz bevor du auf die
Geige gehst. Lieber zu dünn, als zu kräftig. Lieber einmal nachfärben, als
zu viel Farbe beim ersten Versuch.

Vorher: (Wässern, Trocknen, Schleifen) x 4, sonst stellen sich zu viele Fasern auf.


cheers, fiddle

p.s.
Meistens braucht man nur einen Hauch eines Grün-Grauschleiers.
Vorsicht mit Rot- und Gelbtönen.
 
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Hi fiddle,

vielen Dank für die Antwort. Super - war mir bisher auch noch unschlüssig, was ich denn nu´ mache. Scheint mir schlüssig.
So wird´ gemacht:)

Grüße
Kylwalda
 
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Hi fiddle,

hat so gut geklappt mit dem Angleichen. Ton in Ton. Schade nur, daß mir das mit dem Ansetzen noch nicht wirklich präzise gelungen ist. Man sieht noch etwas "Nähte". Aber na ja, nächstes Mal vielleicht.
Ich habe jetzt mal eine mit diesem "Vernice Bianca" grundiert. Spricht irgendwas dagegen, später Spirituslack aufzutragen? Oder muß ich da kurz-mittel-langfristig mit irgendwelchen Unverträglichkeiten rechnen?

Grüße
Kylwalda
 
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Hi Kylwalda!

Wenn Du mit echtem Vernice Bianca http://en.wikipedia.org/wiki/Vernice_bianca grundiert hast, dann sollte die Ei-Komponente einen alkoholunlöslichen Lack garantieren, auf den man unbedenklich Schelllack oder andere Spirituslacke auftragen kann.

Wie immer: Vorversuche machen, das Vernice Bianca schon eine Woche trocknen lassen. Wenn's kurzfristig (15 Minuten) hält, dann sollte es auch mittelfristig (100 Jahre ;)) oder langfristig (500 Jahre ;):):D ) keine Probleme geben. Verice Bianca ist eine Art Tempera und Bilder und Holzstatuen mit ähnlichen Farben sich uns schon von den Ägyptern überliefert.

Grüße

Thomas
 
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Hi Thomas,

Dankeschön für Deine Antwort. Ja, ich hatte ungefähr das in dem Link genannte Rezept, allerdings zusätzlich mit Kandis, was aber wohl vermutlich nicht viel Unterschied macht. Und auf der Suche nach DEM Klang bin ich da eh nicht. Soll ja nicht die "La Cathédrale" werden …;):gruebel::D
Gut, daß Du das mit der Trocknungszeit sagst, … ich wollte ursprünglich morgen schon loslegen.
Grüße
Kylwalda
 
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Hi Kylwalda!

Kandis und Honig tun sich nicht viel, das ist in Ordnung. "Trockenzeit" - da hatte ich noch gezögert ob ich nicht besser "Abbindezeit" schreiben sollte, aber ich wollte es nicht zu kompliziert machen. Trocken ist, wenn man mit dem Finger darauflangt und es nicht mehr naß ist - oder eben auch nicht. Gerade mit solchen "Eierfarben" finden, besonders wenn dann auch noch Eigelb dabei ist, chemische Prozesse statt, die erst nach einigen Tagen abgeschlossen sind. Die alten Rezepturen haben gegenüber synthetischen Produkten den Vorteil, daß sie oftmals preisgünstiger, modifizierbarer, ungiftiger und haltbarer sind als moderne Rezepturen, zumeist sind sie aber auch langsamer in der Verarbeitung. Manchmal sind sie aber auch exorbitant teuer und sehr giftig... :evil:

Und morgen, dem Sonntag angemessen, gibt's vielleicht noch mehr zu "La Cathédrale", aber nicht an dieser Stelle...;)

Grüße

Thomas
 
Hallo allerseits,

Ei-Tempera-Varianten sind keine unbekannten Holz-Grundierungen bei Streichinstrumenten,
wenn auch nur wenige GB sowas verwenden. (soweit ich das gehört habe..)

Also alles richtig gemacht ;)


cheers, fiddle
 
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Hi fiddle,

nee, sind der haptischen Literatur nach weiß Gott nicht unbekannt. Aber dort habe ich komischerweise nirgends finden können wie denn nun die Verbindung "Vernice Bianca" sich mit Spirituslack verträgt. Gut, wird vielleicht auch bei Hobbyisten als gewusst vorausgesetzt. Interessanterweise wird diese Grundierung in amerikanischen Foren bis zum Abwinken durchdiskutiert, (die scheinen dort ´ne wahre Lackbesessenheit zu haben) aber auch dort....zmindest habe ich dort keinen Thread finden können, der meine Frage beantworten konnte. Ich danke Euch beiden, - jetzt kann ich wieder ruhiger schlafen :)

Grüße
Kylwalda

- - - Aktualisiert - - -

Hi Thomas,
Dank auch für den Nachtrag. Lerne immer gerne dazu, weshalb ich auch öfter mal u. a. drüben bei Euch im Geba Bass Forum rumstöbere. Fällt ja auch immer mal was für Hochtöner ab, mal abgesehen vom Unterhaltungswert.
Also, auch meinen Glückwunsch zum neuen Begleiter und einen schönen Sonntag damit.

Grüße
Kylwalda
 
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Hoppla, ein Nachtrag zur Grundierung.
Ich habe, wie gesagt, auch Kandis verwendet. Den habe ich jetzt (vielleicht naiver Weise) im Verdacht für die zahllosen kleinen Sprünge in der Grundierung verantwortlich zu sein. Da ich auch eigentlich recht dünn aufgetragen habe, und die Sprünge nicht nur in den Kehlbereichen sind, muß es ja an der Konsitenz selbst liegen. Vielleicht habe ich ja übersehen, daß es sich bei dem Rezept um eines für künstliche Alterung handelte. Also sollte noch jemand über Beigabe von Kandis bei sowas nachdenken, vorher Probeholz…..
Thomas, Sorry!, `den´ konnte ich mir nicht verkneifen. An dieser Stelle möchte ich doch mal sagen, daß ich Deine überaus facettenreichen Beiträge bei gleichzeitiger Aufnahme von Neuem sehr, sehr schätze, wie auch die von fiddle. Habe inzwischen fast alle durch und finde, man kann verflixt viel von Euch lernen. Bin Euch sehr dankbar!!!
Grüße
Kylwalda
 
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Hi Kylwalda!

Und dafür kommen von Dir die besten Bewertungen und die treffendsten PNs :D:great:!

Aber immer Vorsicht mit allen Rezepten, auch von mir, im speziellen Fall kann immer mal etwas für einen bestimmten Einsatzzweck nicht geeignet sein, dashalb i m m e r Vorversuche machen. In dem Farbbereich wo ich vornehmlich mit Honig/Zucker pansche ist's egal, da besitzt das Hauptbindemittel (Gummiarabicum) selbst genügend Elastizität. Bei einem spröden Bindemittel wie Eiklar kann es dagegen schon sein, daß man den Honig unbedingt als Weichmacher benötigt.

Grüße

Thomas
 
Hi Kylwalda,

Kandis wäre jetzt nicht meine erste Wahl als Zutat gewesen, aber interessant, deine Erfahrung.
Habe jetzt auch wieder was gelernt. :D

Wenn der Kandis sich auf der Oberfläche absetzt, könntest du versuchen diese Schicht, die
ja offenbar krakelliert ist (kann heut früh kein Französisch..), mit Wasser abzuschrubben.

Vielleicht zuerst an nem Teststück. Möglicherweise löst sich der Kandis trotz Verbindung
mit Eiklar noch und du bekommst diese Schicht wieder runter. (?)


cheers, fiddle
 
Hi fiddle,

ah ja, hab´ ich heute morgen schon saaaanft mit Wasser wieder heruntergeholt, und zart ( Hand zu warm, der Geige zu warm:)) geföhnt. Kann jetzt nach drei Sekt auch kein Französisch mehr. :D. Irgendwas hat also krakeelt.
Sagt mal, ist das eigentlich normal, daß man hier, wenn man einen Fehler berichtigen
möchte, es ewig dauert, bis man wieder schreiben kann, oder liegt das wieder an meinem Rechnerl? Habe mir schon angewöhnt "vorzuschreiben".

ein schönes Wochenende,
Kylwalda
 
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Hi,
abschließend nochmal ein Nachtrag zur "Vernice Bianca" für diejenigen, die auch gern die Küche bei solchen Basteleien einbeziehen.
Habe also nochmal eine neue Mischung ohne Kandis bereitet und bin von dem jetzigen Ergebnis sehr überzeugt. KEINE KRAKELÜRE . Der erste Auftrag zieht ein (was im ersten Versuch mit Kandis nicht soo der Fall war), der zweite hinterlässt eine schöne gleichmäßig mattschimmernde Oberfläche ( … würde ich am liebsten so lassen, aber geht ja leider nicht).

Für Interessierte hier noch die Vorgehensweise:

Eiweiß steif schlagen, eine Nacht stehen lassen. Das Gummi Arabicum besser in einer Plastiktüte mit dem Hammer vorzerkleinern (braucht sonst zum Auflösen recht lange). Dieses also in ca. 100 ml warmem Wasser auflösen, dann,- wenn abgekühlt-, die Flüssigkeit, die sich vom Eiweiß abgesetzt hat und ½ Teelöffel Honig hinzugeben. Verrühren, filtern und fertig.

Habe jetzt noch einen "E-Gitten-Schnitzer" entdeckt, der diese Grundierung vornehmlich verwendet, allerdings MIT Kandis. Vielleicht war bei mir die Raumtemperatur (heiße sonnige Tage) auch zu hoch, und die Trocknung ging zu schnell vonstatten.
Interessant auch, wo Gummi Arabicum sonst noch zum Einsatz kommt, abgesehen von Gummibärchen &Co

http://www.zeit.de/lebensart/essen-trinken/2011-03/weinkolumne-gummi-arabicum

Grüße
Kylwalda
 
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Liest sich super interessant. Ich würde gerne Fotos sehen! :)
 
Hi JuSt,

Danke für Dein Interesse. Freu´ ich mich drüber. Leider mußte ich mich letzten Monat zwischen einer neuen Kamera und einer neuen Baustelle (Löwenkopfgeige mit bösem Stimmriss und eingesunkener Decke :gruebel::cool::D entscheiden) … klar habe ich die Baustelle genommen. Aber wenn mein Mitimhauswohnbastelfreund mit seiner genialen neuen Kamera wieder aus dem Urlaub da ist, (vermutlich erst zum Ende der Sommerferien) macht er mir bestimmt ein paar schöne erbarmungslose Fotos. Allerdings, falls es Dir um das Aussehen der Grundierung geht, da ist inzwischen schon Lack drüber,… könnte es aber bei der nächsten Geige erstmal bei der Grundierung belassen, bis die Kamera wieder da ist.

Grüße
Kylwalda
 
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