Geigenbauliteratur historisch/soziologisch?

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N´Abend,

kann mir hier jemand Lektüre empfehlen die:

Zum Beispiel,

- verschiedene historische Stadien verschiedener Bauteile (Stimmstock, Bassbalken etc.) ausführlicher beschreibt. Wann war was weitestgehend abgeschlossen? Aber auch so, daß man sich ein relativ zuverlässiges Bild davon machen könnte, wie die Geige bzw. ihr(e) Vorläufer z. B. um 1580 aussahen.
-Näheres zur Soziologie des Berufsbildes des Geigenbauers in seiner Historie erzählt.
-über die üblichen Geigenbauzentren hinaus verschiedene Regionen in ihren Besonderheiten des Bauens aber auch Handelns erwähnt.
-von Geigenbau in Kriegszeiten, in Gefangenschaft,… berichtet.
-abseitige nebenberufliche “ Geigenbauer“ großräumig erwähnt. (Ein paar von denen wurden in einem Buch, das ich neulich las, kurz genannt. Lustiges Kapitelchen. Da will ich mehr von :D)

Und gerne vieles mehr……also, Lektüre mit „viel Fleisch dran“.

Grüße
Kylwalda

P.s. ... im Möckel wird da so einiges erwähnt, aber ich suche Umfangreicheres zu diesen Themen.
 
Eigenschaft
 
Wird schwierig..

..denn so ein Gesamtwerk (oder auf mehrere Bücher verteilt) gibt es meines Wissens nicht.

Was ich aus verschiedenen Quellen gelernt habe:

Der Geigenbau entwickelte sich fließend/zeitlich nicht genau zu datieren aus dem Beruf des Bardens - dem "Lautenspieler" -
dem: "Lutier" = französisch -> Geigenbauer. Also grob: die Laute

Musiker brauchten Instrumente, es gab keine Hersteller, also selber machen - recht simpel.

Als frühe Form der Streichinstrumente ist das persische "Rebec" zu nennen. Später entwickelte sich daraus die mitteleuropäische Fiedel,
später (Renaissance) dann daraus die Gamben-Familie. Erst um ca. 1600 (n paar hin, oder her) entstanden die Violinen.
Violino, Viola, Vioncello, Violone, Viola da braccio, Viola da gamba ect.

Die meisten bautechnischen Finessen werden, bis heute, mündlich weitergegeben. Dieses Handwerk ist auch nix, was man
einfach in ein Buch reinschreiben kann. Man muß es gezeigt bekommen, nachmachen, erfahren, fühlen - das macht auch den Reiz.
Eine CNC-Fräse kann viel präziser arbeiten, aber sie hat kein Gefühl und deshalb wird sie immer unterlegen sein.
Der Werkstoff Holz ist nicht homogen und man muß mit ihm arbeiten und nicht gegen ihn, also nicht zu sehr nach Tabellen.

Das Menschliche Gesicht ist langweilig, wenn es gespiegelt wird, da perfekt achsensymmetrisch.
Eine "Un-Perfektion" ist reizvoll. Ein Handwerker hat meistens eine bevorzugte Hand (z.B. Rechtshänder). Deshalb wird die Gegenseite
niemals gleich werden, wie die erste.
Ein Instrument kann rein äußerlich einen Charakter bekommen, wenn man einfach als Mensch daran arbeitet.
Das Gleiche kann auch klanglich funktionieren. Meistens ist das eine Idee, die konsequent verfolgt wird.

Für Außenstehende möglicherweise viel Hokuspokus, aber wenn man es macht, dann ist das so selbstverständlich.
Ich tue mich momentan selbst sehr schwer, dieses Gefühl in Buchstaben zu fixieren.
Von daher kann ich sehr gut verstehen, daß sich keiner die Mühe gemacht hat, das Handwerk als Lehrbuch zu verfassen.
(und es wäre ne gewaltige Aufgabe! ..)

Zu gesellschaftlichen Stellungen der Instrumentenmacher sollte man zeitgenössische Texte lesen.
Es gibt Kirchen-Aufzeichnungen, teilweise auch Korrespondenzen zwischen Auftraggeber und Macher. Das ist über
viele Quellen sehr breit gestreut. Schriftliche Zeugnisse sind dennoch selten. Auch in Zeiten Stradivaris,
war es nicht üblich, daß ein Handwerker lesen und schreiben konnte. Er (Stradivari) konnte es jedenfalls.


cheers, fiddle
 
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Hi fiddle,

Vielen Dank für Deine so ausführliche Antwort !!! Ja, sowas hatte ich befürchtet, daß all diese Fragen, die sich mir da stellen, wohl eher nicht in einem Werk beantwortet würden. Aber hätte ja sein können, daß doch. Also wieder weiter Stadtbüchereisitzungen... :rolleyes:.

Weiß man denn heutzutage, wann genau der Stimmstock seinen Platz in der Geige gefunden hat, falls sich sowas überhaupt zurückverfolgen läßt? Danach habe ich gesondert viel gesucht, et rien...

Grüße
Kylwalda
 
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nee, präzisiert: wann die vormalige Stegverlängerung zum Boden hin in eine getrennte Steg-Stimmstocklösung mündete?
Und dann bin ich auch erstmal wieder still. Versprochen:)

Kylwalda
 
Das kann ich dir auch nicht genau sagen.
Ich tippe auf das Spätmittelalter, nee, doch eher später.

Ein Tipp: Deutschen Museum in München, oder auch Nürnberg.
Dort dürfte es beschlagene Musikhistoriker geben, die dir mehr Auskunft erteilen können.

Der Bassbalken ist auch eine Evolution. Zuerst Mittelwulst (rein statische Verstärkung), später wanderte er zur Seite.


cheers, fiddle
 
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Bachhaus in Eisenach - dort gibt's auch evtl. Auskunft geben könnende Menschen
 
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Dankeschön Euch beiden!

Das sind doch schon mal gute Anhaltspunkte.

Grüße
Kylwalda
 
Söchen, hab´ jetzt doch noch was gefunden. Nämlich, "daß nicht bekannt ist, wann der Stimmstock die heutige Positionierung hinter dem Diskantfuß des Steges erhielt",…..:nix:
Dies hier mal für Akustikinteressierte,… leider lassen sich viele der Texte bei mir nicht öffnen, (da sitzt die Katze angeleint vor der Maus), aber vielleicht haben andere ja mehr Glück.
http://www.phys.unsw.edu.au/music/people/soundpost2.html
Anderes werden die Antworten auf meine Anfragen bei diversen Museen dann wohl auch nicht ergeben. Mal abwarten. Aber wenn ich mir die Abbildungen der Renaissancegeigen in dem Wiki-Artikel anschaue, dürften auch um 1580 Steg und Stimmstock getrennt gewesen sein.

Grüße
Kylwalda
 
Möglicherweise habe ich jetzt hier Unfug (den ich irgendwo im Internet gelesen hatte) erzählt. Ein Mitarbeiter aus der Musikinstrumentenrestaurierung vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg hat mir geantwortet, und mir u.a. mitgeteilt, daß die "zeitliche Abfolge verlängerter Stegfuß - Steg/ Stimme" ihm nicht belegt erscheint. Die Beispiele für solches seien "überaus rar und unklar."
Freundlicherweise hat er mir auch noch zum Thema Bassbalken das Kunsthistorische Museum Wien und das Technischen Museum Wien als Informationsquellen genannt, und einen Link

http://www.ianwatchorn.com.au/articles.htm.

zur Thematik mitgeschickt.

Kylwalda
 

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