Drums "übermikrofonieren" für mehr Optionen ?

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Gast236322
Guest
Ich habe mal bei einem Tontechniker gesehen, das er die Drums mit etlichen zusätzlichen Mikrofonen bestückt hat. Wie er erklärte, kommen die nicht alle in den Mix, sondern sind eine Option. Er hat somit mehr Möglichkeiten, wenn der Kunde schon längst das Studio verlassen hat.

Seht ihr soetwas auch fürs privates Homerecording (mit etwas gehobenen Qualitätsansprüchen) als sinnvoll an? Oder lenkt zuviel ehr vom wesentlichen ab? Sicher schwer zu entscheiden (erfordert professionelle Erfahrung), welche Mikes denn nun entgültig am Mix teilhaben sollen.:gruebel:

Wie haltet ihr das bei euch? Eine Einzelkanal-Beschränkung habe ich durch Verwendung eines 16 Kanal FireWire Mischpultes nicht.

Oder erhöht sich die Audioqualität gar bei Verwendung eines 4-Kanal-Interface mit nur 4 (wesentlichen) Mikros (BD, SN, 2xOH)?

Grüsse Jörg
 
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Hi Jörg,

das ist immer ne Frage mit wem du sprichst. Manche fangen ab 16 Kanälen grade mal erst an... hängt natürlich auch von der Bestückung des Drumsets ab. Aber mit 'ner vollen Mikrofonierung im Studio kann man locker 16 Kanäle und mehr füllen, ohne mehrere Optionen bereit zu halten (je 2 Mikros an Kick und Snare nehme ich hier mal als Standard an - das ist ja später auch keine entweder-oder-Frage, sondern die werden alle im Mix verwendet).

Gehen wir mal vom Standard-Drumset aus:
- Kick 1 und 2
- Tom lo, mid, hi
- Snare 1 und 2
- HiHat
- Becken
- 2x Overheads

Sind schon 11 Kanäle. In der Annahme, das Set steht in einem gut klingenden Raum, nimmt man den auch noch mit:
- 2x Raum, mittlere Entfernung (stereo)
- 1x Raum, weiter weg (mono)

Sind wir bei 14. Kommen noch ein paar andere Elemente dazu - ein bisschen China, ne Glocke, ein Schellenkranz,... - die auch je ein Mikro verpasst bekommen. Dann noch eine Art von Übermikrofonierung, die durchaus nicht ungewöhnlich ist: Ein Kleinmembraner von oben auf die Snare, ein weiteres Mikro für die HiHat... damit haben wir dann schon bei "normaler" voller Mikrofonierung die 20 Kanäle geknackt.


Also was tun? Zuerst will ich noch unbedingt erwähnen, das jedes weitere Mikro auch noch mal deutlich mehr Aufwand bedeutet, v.a. beim "säubern" der Spuren vor dem eigentlichen mischen. Übersprechen und zeitliche Verschiebung der Spuren sind zwei Punkte, die auf jeden Fall bearbeitet werden wollen.

Meine Herangehensweise wäre die:

1. Egal ob wenige oder viele Mikros - ganz wichtig ist die Positionierung!

2. Qualität vor Quantität
Auch ganz wichtig. Mikrofone, Vorverstärker, Wandler und Interface-Kanäle (bei dir sind die letzten 3 alle im Pult vereint) kosten pro weiterem Kanal nicht unerheblich Geld. (Kabel, Stative und Klemmen lass ich mal unter den Tisch fallen und ne relevante Kanalbeschränkung gibt's bei ner ordentlichen DAW nicht.) Okay, die 16 Kanäle hast du und hast wahrscheinlich auch erst mal nicht vor, hier auszubauen. Wie sieht's mit Mikros aus? Ich würde lieber bei weniger Mikros bleiben, bevor ich solche hinstelle, die qualitativ nicht zum restlichen Level passen oder von der Art her (Frequenzgang oder Richtcharakteristik für jeweilige Anwendung) ungeeignet sind.

3. Normale Vollabnahme
...denn die hat sich bewährt. Lieber erst mal die volle Kontrolle (gleichbedeutend mit viel Aufwand!) über alle Elemente, bevor ich anfange, an einzelnen Dingen ewig herumzudoktorn und dabei andere vernachlässige. Aber es braucht halt auch schon Übung, eine große Anzahl Kanäle vom mehr oder weniger selben Instrument zu mischen.

4. Dann erst würd ich über Übermikrofonierung nachdenken...
...bei der ich mehrere Mikros an ein Element stelle, in der Absicht, nachher entweder/oder zu wählen. Wenn ich dann noch genügend Ressourcen hab (qualitativ gute Mikros und Signalwege, siehe #2).

Aber hier kommt noch ein nicht-technischer Faktor hinzu: Zeit. Die investiere ich eigentlich lieber in weniger Material und achte da lieber auf eine gute Positionierung. Es ist ja auch nicht so, dass man die Mikros hinstellt, der Drummer lostrommelt, danach wieder einpackt und geht. Es gibt ja vor der Aufnahme einen Soundcheck, mit Korrektur der Mikros usw... dafür kann schon mal ein halber oder gar ganzer Tag draufgehen. Im Prinzip sollte da auch schon alles abgecheckt werden, wofür eine Übermikrofonierung gut sein könnte. Und deshalb seh ich das Thema im Studio als nicht wirklich relevant an. Es sei denn es sind wirklich alle vorherigen Punkte erfüllt und die beteiligten können sich am Aufbau-Tag wirklich noch nicht zwischen verschiedenen Mikros oder Positionen entscheiden und wollen mal noch abwarten. Was mal vorkommt, wenn alle noch nicht so recht wissen, in welche Richtung das Projekt klanglich gehen wird.

Live-Recording ist wieder ne andere Sache, da ist der Soundcheck nicht aufs Recording abgestimmt sondern auf den live-Mix. Aber da sind oft auch weniger Ressourcen da - allen voran die Zeit, an zweiter Stelle oft der Platz auf der Bühne.

MfG, livebox
 
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Seht ihr soetwas auch fürs privates Homerecording (mit etwas gehobenen Qualitätsansprüchen) als sinnvoll an?

Auf gar keinen Fall!
Ich würd mich drauf fokussieren mit dem simpelst möglichen Setup einen hervorragenden Sound zu kriegen. Drums tunen, alles einpegeln, beste Mikropositionen finden, einen guten Raum finden und dann auch noch einen guten Platz in jenem Raum etc etc etc. is schon anspruchsvoll genug. Wenn man da mit Kick, Snare top, Snare bottom, Toms, Hihat und 2 overheads arbeitet, hat man da schon mehr als genug zu tun das gut hinzubekommen. Ein Raummikro zu positionieren ist vll auch noch relativ "einfach" dazu...
Das sind dann aber auch schon (je nach Tom-Anzahl) 8-10 Mikros. Überhaupt erstmal 8-10 sehr gute Mikrophone an den Start zu kriegen ist ja sonne Sache... es ist entweder sehr teuer oder aufwendig sich alles zusammenzuleihen oder anzusammeln.

Soviele akkustische Signale gleichzeitig aufzunehmen und zu managen dass jedes einzelne davon sehr gut klingt, ist schon ne anspruchsvolle Herausforderung. Soundchecks für die Drums kosten ja im Studio meistens auch sehr viel Zeit.. und das is nicht umsonst so.

Auf meine Meinung musst du aber auch nich soviel geben. Ich bin grundsätzlich ein Freund davon sich VORHER Gedanken zu machen und das bestmögliche Setup auszuwählen, statt 1000000 Komponenten gleichzeitig zu benutzen um hinterher die Wahl zu haben. Es macht den Produktionsprozess einfach viel aufwendiger und hinterher darf man sich auch noch den Kopf zerbrechen was man nun benutzt. Ist das alles im Vorfeld schon klar, kann man sich viel mehr auf die musikalische Seite konzentrieren und arbeitet dann hinterher eben mit dem was man hat.

Nebenbei kommt das ganze auch noch auf das Einsatzgebiet an....

PS: ich hätte mir vll mal den Beitrag meines Vorredners durchlesen sollen.... wir sind da wohl grundsätzlich einer Meinung :D
 
Die Sache mit den Studios und dem Homerecording lässt sich schon durch folgende Überlegung gut erklären. Das Studio will auf alle Geschmäcker vorbereitet sein und hat auch einfach die Kapazitäten dies umzusetzen. Ein gutes Studio kann viele verschiedene Genres bedienen. Beim Homerecording muss man für genau einen Soundgeschmack gerüstet sein, nämlich dem eigenen. Aus diesem Grund kann man sich getrost nur auf die wesentlichen Mikros beschränken, da man diese bestimmt mit Bedacht auswählt und ausreichend testet. Worüber man aber noch nachdenken kann ist ein drittes BD-Mikro. Direkt am Fell, in der Mitte des Kessels, und noch eins am Schallloch. Damit kann man sehr individuell Mixen. Aber wiklich vorher darüber nachdenken ob man das überhaupt braucht.
 
Worüber man aber noch nachdenken kann ist ein drittes BD-Mikro. Direkt am Fell, in der Mitte des Kessels, und noch eins am Schallloch. Damit kann man sehr individuell Mixen. Aber wiklich vorher darüber nachdenken ob man das überhaupt braucht.

Na ja, Snare bottom würde ich schon auch immer machen, ansonsten bei Homerecording schon so einfach wie möglich.
 
"We'll fix it in the mix", "Viele Optionen offen halten"... all das täuscht oft darüber hinweg, dass man's nicht gleich beim ersten mal richtig macht. Man vermeidet mit den vielen "ach so tollen" Optionen doch nur, gleich von vornherein sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Also lieber das Drumset anders tunen, eine andere Snare oder ein anderes Becken für den Song wählen (und sich gegebenenfalls bei einer befreundeten Band ausleihen) und dann den Sound für den Song festlegen und bei dieser Entscheidung bleiben. Dann klappt auch der Mix später viel leichter! 3 Mikrofone geschickt positioniert können ein Set völlig ausreichend abnehmen!

Dennoch gibt's je nach Stil evtl. auch andere Überlegungen. Wenn ich Singer/Songwriter-Songs aufnehme, dann werde ich einen homogenen und offenen Sound anstreben - anders als in mancher härteren Gangart. Bei letzterer frage ich mich dann allerdings sowieso, warum man nicht gleich die Drums mit elektronischen Mitteln produziert (Superior Drummer, Steven Slate...). Wenn ich höre, wie oft dann hinterher doch noch getriggert wird, das Timing gleichmäßiger editiert wird... dann kann ich ja auch gleich programmieren. Das Betrift aber wohl auch nicht nur die härteren Gangarten. Letztens gab's bei Gearslutz im High-End-Forum ein paar Backing-Tracks für einen Monitor-Mix-Test. War eigentlich ein netter Pop-Song und die Drums kamen unglaublich differenziert und klangen sehr natürlich. Komisch nur, dass auf dem Snare-Mic wirklich NULL HiHat zu hören war und sich auch auf anderen Kanälen der Drums kein Übersprechen fand...
 

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