...er verzichte im 1.Jahr weitestgehend auf Theorie...
Das macht Sinn. Die Beschäftigung mit Harmonielehre wird dir umso leichter fallen, je mehr Stücke Du bereits gründlich kennst und auswendig spielen kannst.
Am besten sprichst Du daher geplante Anschaffungen mit deinem Lehrer ab, das kann dir einigen Frust ersparen und er wird dich beim Lernen besser unterstützen können.
Die folgenden Titel sind daher als Anregung gemeint, wenn ihr einmal überlegen solltet, was man zur Unterstützung des Unterrichts noch einbeziehen könnte.
Im Augenblick wäre es m.E. günstig, wenn Du mehr an der "Spielpraxis" arbeitest und dir z.B. bekannte "3-Chord-Songs" und Blues vornimmst, mit denen Du Repertoire aufbaust. Der Hinweis auf Quellen bei Youtube ist wahrscheinlich schon überflüssig.
Wenn Du nun den Bogen von der Spielpraxis zur Theorie schlagen willst:
Sobald Du so ein Stück singen und begleiten kannst, könntest Du mit deinem Lehrer herausfinden, wie sich die wichtigen Töne aus der Melodie zu den begleitenden Akkorden verhalten. Am besten machst Du dich bei dieser Gelegenheit auch damit vertraut, wie man Musik von Hand aufschreibt.
Wenn Du noch lernst, wie man die wichtigen Melodietöne "an - und umspielen" kann, hast Du bereits den ersten Schritt zur Improvisation über Akkorde getan.
Aha-Erlebnis: Du findest bei Stücken mit nur 3 Akkkorden auch sehr anschaulich heraus, wie eine Veränderung im Rhythmus und/oder der Melodie im Handumdrehen ein neues Lied macht. Das war ja deine erste Frage in diesem Thread.
Liest Du irgendwann einmal etwas über Tonika, Subdominante und Dominante, kannst Du entspannt feststellen, dass dir das alles längst bekannt ist.
Lernst Du Lieder, in denen neben den "3 Akkorden" auch diatonische Mollakkorde vorkommen, könnte dir dein Lehrer erklären, wie diese Mollakkorde mit deinen vertrauten 3 Hauptakkorden in Beziehung stehen.
Hast Du erst das CAGED-System begriffen und ist dir die Lage der Töne auf den Saiten komplett bekannt, bist Du einen Riesenschritt weiter.
Dann könntest Du auch direkter in die Theorie einsteigen, weil Du jetzt Akkorde umkehren und erweitern und damit die Beispiele aus der Harmonielehre auf dem Instrument verdeutlichen kannst.
Mit Lesen allein oder schlechter Gitarrentechnik wird das Verstehen des Stoffes schwierig bis unmöglich.
So aber baut sich ein fundiertes Wissen auf.
Man muss Jazz nicht mit komplizierten Sachen anfangen, es geht auch anders.
Falls Du (einfaches) gesprochenes American English verstehst, kann ich dir zwei DVDs und Hefte von Fred Sokolow empfehlen. Sokolow ist wohl kein "richtiger" Jazzer, aber er weiß, wie man mit einfachen Mitteln zurechtkommt.
Unter anderem sehr gut gefallen haben mir seine DVDs "Fretboard Roadmaps", das es auch als Heft/CD gibt und und "Playing & Understanding Jazz Guitar". Gerade mit Unterstützung durch deinen Lehrer könntest Du dir damit relativ schnell ein Grundwissen erarbeiten.
Auf deutsch gibt es auch einen konkreten und "sanften" Einstieg, der ist aber ganz anders aufgezogen als bei Sokolow.
Da wären als erster Schritt geeignet z.B. die beiden Hefte mit CD von Joachim Vogel, Jazz Guitar Basics & Jazz Guitar Secrets und dann die beiden Hefte zu "Jazzmethode für Gitarre", ein sehr empfehlenswertes von Rolf Tönnes zu Rhythmus (Akkorde...) und eines von Werner Neumann zum Solospiel (Skalen...).
Neumann lehrt den konventionellen Weg, bekannte Jazzgitarristen wie Jimmy Bruno "No Nonsense Jazz Guitar" (DVD) Herb Ellis "Swing Blues" (Heft/CD und DVD) oder Emiliy Remler "Bebop and Swing Guitar" und "Advanced Jazz & Latin Improvisation" wählen deutlich schlichtere Vorgehensweisen, die aber offenbar auch funktionieren. Dein Lehrer kann dir raten, wie Du am besten anfängst.
Nicht auf Jazz spezialisiert, aber auch dafür gut zu gebrauchen wäre von Markus Fritsch et al., Improvisieren - ein Arbeitsbuch.
Die Liste an interessanten Büchern, Heften und DVDs ließ sich noch ziemlich lang fortsetzen...
Es gibt zwei umfangreiche "Standardwerke" zur Jazz-Harmonielehre, deren Inhalt auch im "advanced" Pop und Rock eine Rolle spielt.
Das wären Frank Sikora, Neue Jazz-Harmonielehre und Mark Levine, Das Jazz Theorie Buch. Ich erwähne das nur der Vollständigkeit halber, es gibt noch mehrere andere lesenswerte Bücher zum Thema.
Ich glaube auch, dass diese beiden "Schwarten" im Augenblick schnell zu Verwirrung und Kopfschmerzen führen können, obwohl sie gut und an vielen Stellen geradezu faszinierend geschrieben sind.
Wie gesagt, Musik machen ist zunächst eine sehr praktische Angelegenheit, die dir viel Spaß machen soll.
Das sinnvolle Hintergrundwissen kann dir dein Lehrer wahrscheinlich am besten vermitteln.