Neue Stilrichtungen (Jazz, Funk) lernen

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Moin Leute,

ich bin nun seit 8 Jahren E-Gitarrist und war dabei eigentlich ausschließlich in der Richtung Rock & Metal tätig. Entsprechendes Riffing und Solospiel funktioniert schon gut, auch wenn ich nicht 100% zufrieden bin, halte ich mich doch schon für gut fortgeschritten. Ich spiele auch in einer Metalband und bin da ebenfalls zufrieden.

Allerdings würde ich nun gern mal meinen Horizont erweitern. Vor allem würde ich dabei gern mal in die Stilrichtungen Funk und Jazz reinschauen.
Warum?

1.) Jazz
Ich mag am Jazz die Tatsache, dass extrem viele ungewöhnliche Akkorde verwendet werden. Außerdem scheint es mir so, dass gute Jazzer musiktheoretisch sehr fortgeschritten sind und Jazzsongs dementsprechend wesentlich aufwändiger und komplexer arrangiert sind.

2.) Funk
Da habe ich eigentlich kaum eine Ahnung, was wirklich typischer "Funk" ist. Allerdings fand ich einige Riffs oder Akkordspuren, die sich selbst dem Funk zuordneten, ziemlich cool. Allgemein ist Funk in meinem Kopf die Musik, die ein E-Gitarrist alleine mit einer Gitarre und einem leicht angezerrten Amp alleine losklampfen kann, die einfach mainstreamtauglich und "groovy" klingt.

Was will ich nun also?
Ich würde gern einerseits von jedem, der das hier liest und der sich in diesen Stilrichtungen etwas auskennt, ein paar Beispielsongs hören. Was ist klassischer Jazz oder Funk? Also Songs, die in diesem Bereich einfach jeder kennt und/oder mag, bzw. die einfach Klassiker sind (z.B. Maiden oder Hammerfall im Metal). Ich habe am Anfang sehr viel über das Nachspielen von existierenden Songs gelernt und würde das gern genauso wiederholen.

Abschließend: Falls noch jemand Lehrbücher, Tutorials o.ä. kennt, würde ich mich auch darüber freuen :)
 
Eigenschaft
 
fangen wir mit einem einfachen Bluesschema an

funk


jazz


jetzt ein Jazzstandard, diesmal Gitarre


an sich gehört das aber in die Genre-Diskussionen, hast du in das Unterforum schon mal reingeschaut?
 
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Jazz:

Ich finde du solltest dich von der Vorstellung lösen, dass im Jazz "ungewöhnliche" Akkorde verwendet werden. :) Du kannst den Stil zwar leicht "faken" indem du einfach ein paar erweiterte Akkorde aneinanderhängst aber es ist besser wenn du die ganze Entwicklung des Jazz quasi mitmachst, denn dann verstehst du auch was du eigentlich machst. :D Besonders wichtig ist dass Jazz insgesamt eher was mit Rhythmus zu tun hat als mit schiefen Akkorden. Einfache und bekannte Jazz Standards sind Autumn Leaves, Blue Bossa, Summertime, Alice in Wonderland, All The Things You Are u.V.m. die kannst du mal harmonisch mal analysieren (ii-V-I Verbindungen!)
Ernsthaft, das ist alles nicht so kompliziert wie du vlt. denkst. Man sieht am Anfang eine Seite voll mit 20 verschiedenen Akkorden wobei jeder Akkord auch noch mystische Zeichen hinter sich stehen hat. Aber im Grunde genommen bestehen die meisten richtig beliebten Jazz Standards zum größten Teil aus ähnlichen harmonischen Wendungen in unterschiedlichen Tonarten.

aber meiner Meinung nach ist es als Gitarrist am einfachsten die Spielweise des Jazz mit Zigeuner Jazz (Django Reinhardt) zu lernen. Also Minor Swing, Dark Eyes... Es ist ja so, dass man als Rock Gitarrist oft ein wenig verwöhnt ist da man in der Regel eine Tonleiter über das ganze Solo verwenden kann. Im alten Jazz geht das aber eher nicht gut, da solltest du lernen gezielt Akkordtöne zu umspielen weil sich die Tonart oft ändert. Das Ziel ist dass du ein Solo ohne Begleitung spielen kannst und die Zuhörer wissen welche Akkorde zu umspielst. Der Vorteil an Zigeuner Jazz ist das es die meiste Zeit doch in einer Tonart bleibt und dass du halt nicht diese endlosen ii-V-I Ketten hast wo du dich völlig drin verlieren kannst. :)

Aber das ist nur meine Meinung. Wenn dir der Stil nicht gefällt kannst du auch einfach die Standards spielen. Autumn Leaves ist immer ein guter Anfang, grade jetzt. Dabei ist es wichtig möglichst tief in die Stücke die man kennt einzusteigen und 100 Stücke oberflächlich zu lernen. Also die Geschichte des Songs, wo er herkommt, was der Text ist (möglichst viele Sänger hören!), wie die Akkorde funktionieren, wie die Form ist, das Lied auch in einer anderen Tonart lernen, berühmte Solos raushören... Natürlich musst du das nicht immer so krass machen, aber besonders Gitarristen tendieren dazu die Stücke als Akkordfolgen zu sehen und dann spulen sie irgendwelche gelernten Licks darüber ab anstatt sich wirklich mit den Liedern und den Melodien auseinanderzusetzen.

Funk:

Da würde ich dir als Rocker empfehlen bei RHCP anzufangen. :) Und sonst halt die poppigen Sachen wie Get Lucky von Daft Punk oder so.
 
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Funk ist ein weites Feld. Ich empfehle aber eben NICHT die Chili Peppers, sondern einen "richtigen" Funk Master wie Nile Rodgers. YouTube ist hier dein Freund, der kann schon was. Siehe z.B.:

Es gibt gute Funk Lessons im Netz, man muss halt ein Gefühl für die Voicings entwickeln... und für den Rhythmus.
 
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Jazz und Funk lebt klanglich u.a. auch von den Akkorderweiterungen.

Als erstes zu lernen sind Akkorde mit 1 Erweiterung:

Dur- und Moll-Akkorde mit großer Septime (X7)
Dur-Akkorde mit kleiner Septime (Xmaj7)

Und zwar in möglichst vielen Variationen auf dem Griffbrett.

Als zweites folgen die 2. Erweiterungen:

Dur- und Moll Akkorde mit 7 plus 9 (X9)
Dur-Akkorde mit 7 plus oben kleiner Terz (7#9)
Dur-Akkorde mit 7 plus übermäßiger Quinte (7/#5)

Dabei musst Du unbedingt beachten, dass mit zunehmenden Tönen die Griffe ausgedünnt werden müssen. Kennt man ja aus dem Rock, wo oft auf Powerchords (Grundton und Quinte) reduziert wird. Im Jazz und auch im Funk ist es aber exakt umgekehrt! Hier fällt schon mal die Quinte weg; in der Band auch der GRundton, da der meist vom Bass schon geliefert wird. Es bleiben also tendenziell die Erweiterungen stehen, um die harmonischen Färbungen besser hervorzuheben.

Beispiel:

Der E9 Vollakkord

7-
7--
7-
6-
7-
0-

wird im Funk meist verkürzt auf die erste drei Saiten:

7
7
7
-
-
-
und z.B. abwechselnd mit E13 gespielt (eine Sext dazu):

9
7
7
-
-
-

Jazz lebt harmonisch gesehen vom Prinzip der ständigen Spannung und Entspannung. Spiel z.B. mal G7/#5 und hernach Cmaj7:

----------------3-------------------------
------------4------4----------5-----
--------4---------------------4----------
-----3------------------------5----------
------------------------------3-----------
3-------------------------------------


Die genaueren Zusammenhänge bekommst Du in der Tat nur durch theoretisches Lernen, was aber immer sofort in die Praxis umzusetzen ist und mit der Zeit in Fleisch und Blut automatisch übergeht. Das haben selbst schon die Beatles gekonnt und damit Milliarden verdient. Im Grunde ist das lebenslanges Lernen. Man entscheidet selbst, wie viel man dafür investiert und wie weit man kommen will. Dazu gehören der Reihe nach:

Stufenakkorde in Dur verstehen und in allen Tonarten beherrschen
Stufenakkorde in Moll ...
Vielfältige Erweiterungen dazu (siehe erste Beispiele oben)
Kirchentonarten
Austausch von Akkorden - total wichtig im Jazz. (Und in allen Popsongs! Auch Udo Jürgens hat vielfach aus dem Jazz stammende Abläufe mit "milderen" Färbungen benutzt). Hierzu noch ein winziges Austauschbeispielv von 1000 möglichen:

Spiele Cmaj7 abwechselnd mit Gm9 (enthält Septime und None). Das G-moll ist in C-Dur eigentlich nicht vorhanden. Es wird aus Verwandtschaftsgründen aus C-Moll "geklaut":

3---5-------------
5---3------------
4---3-----------
5---3----------------
3---5---------------
----3--------------


Bleiben wir bei diesem einfachen Beispiel: Nun das Ganze funkmäßig auf die oberen drei Saiten reduzieren (und die Grundtöne C und G im Kopf behalten, da zu Hause keine Band vorhanden ist):

3--5--wdh.-----
5--3--wdh.----
4--3--wdh.------

Beim Funk sind natürlich noch spezielle ryhthmische Aspekte entscheidend.


Soweit als Einsteigsdroge und winziger Leitfaden für das weitere gezielte und geduldige Vorgehen. Den Weg wahllos über Youtube etc. würde ich nicht gehen ohne PLan. Da wirst Du als Durstiger lediglich nassgespritzt und verhungerst umso qualvoller. Vor allem, wenn man alles auf einmal will.
 
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Jazz und Funk lebt klanglich u.a. auch von den Akkorderweiterungen.


Beim Funk sind natürlich noch spezielle ryhthmische Aspekte entscheidend.

Klar muss man ganz andere Akkorde lernen als z.B. Powerchords,
aber Rhythmus ist einer der Schlüssel um funky/jazzy usw zu klingen.

Synkopieren bis der Artzt kommt ist hier das Motto. Wie Nile Rodgers oben
erklärt spielt man z.B. als Gitarrist nicht fette Akkorde sondern Ausschnitte,
16tel Rhythmen, eben funky Chords. Sowas ist eher den Einwürfen ein
Bläsersection ähnlich. Mein Rat wäre auch wenn du nicht übst ,jetzt möglichst
viel Funk und Jazz zu hören, um das Feeling auch unbewusst aufzunehmen.


Cissy Strut (hier nicht von den Meters)


the Meters


shaft


Average White Band - pick up the pieces


Maceo Parker


Gibt noch vieles James Brown, Sly and the Family Stone, EW&F,
Prince, Johnny Guitar Watson (aus den 70ern), .....


Viel Spaß dabei
 
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Wow, danke erstmal für die vielen guten Antworten :)
Bei den Songbeispielen waren einige dabei, die schon genau in die Richtung gehen, was ich mir so vorgestellt hab (v.a. Sissy Strut und Pick up the Pieces).
Aber auch ein bisschen erste Musiktheorie zum Thema Akkorderweiterung und tonale Funktionen, sehr hilfreich, dann kann ich auch selbst schonmal ein wenig herumkonstruieren ;)

Danke euch allen :)
 
Moin Leute,

i

1.) Jazz
Ich mag am Jazz die Tatsache, dass extrem viele ungewöhnliche Akkorde verwendet werden. Außerdem scheint es mir so, dass gute Jazzer musiktheoretisch sehr fortgeschritten sind und Jazzsongs dementsprechend wesentlich aufwändiger und komplexer arrangiert sind.


Magst du denn Jazz auch einfach so . Also würdest du dir ein Jazzalbum anhören ? . Mann sollte nämlich , finde ich , nicht den Fehler machen Jazz zu mögen weil es Anspruchsvoll ist. Die komplexen Harmonien bekommst du auch anderswo her. Und es ist vor allem auch eine Timing Sache , die das ganze ausmacht ( Swing Feel , Triolisch spielen ) .

Wenn du Jazz magst empfehle ich dir viel Jazz zu hören .Dann wächst man leichter rein.

Wenns dir um die Zusammenhänge geht. Hör Musik die dir gefällt und die ebenso Komplexität bieten. Da muss es nicht zwangsläufig Jazz sein.


Was Funk betrifft:

Für mich ist Funk hauptsächlich eine Sechzentel Geschichte. Irgendwie ist das ganze für mich aber auch eng verwandt mit Soul und Blues


Normal bin ich eher gegen Youtube Lehr-Videos aber das hier find ich ist nicht schlecht :




Bei Tower of Power findest du z.b. viel solches Zeug.

Der "alte" Soul/Funk Style ist oft nicht ganz so perkussiv , oft auch auf Archtops/Sems gespielt und etwas , ja , "souliger" eben. Mag ich sehr gern .



Oder so:




grüße b.b.
 
Jäzz Jäzz Jäzz:

Die Basis von Jazz ( aber auch von Funk, sowie von Rock und Pop Musik ) ist der Blues. Viele gute Metal Gitarristen haben mit Blues angefangen, wenn Du bis dato mit Blues noch nix am Hut gehabt hast wäre das meine Empfehlung für den Einstieg in die Welt des Jazz ( und Funk ).

Da Fonk:

Von der Spieltechnik ist eigentlich gar kein so grosser Unterschied, Grundtechniken wie alternate Picking oder Dämpftechniken sind im Metal genauso essentiell wie im Funk. Der Unterschied ist eher der Kontext in dem sie eingesetzt werden. Harmonisch gesehen ist das im Funk meist recht überschaubar, entscheidend ist vor allem der groove. "Synkopieren bis der Arzt kommt" geht schon in die richtige Richtung, präziser noch wäre der Wechsel zwischen Synkopen und betonten Schlägen. In dem Zuge ist auch die Länge der gespielten Töne im Funk sehr wichtig, hier findet auch ein ständiger Wechsel zwischen sehr kurz gespielten Noten und länger klingenden Noten/Akkorden statt. Diese Wechsel zwischen betonten und unbetonten Zählzeiten sowie zwischen lang und kurz gespielten Noten sind mmn das charakteristischste Merkmal und sorgen eben für den typischen funk groove.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zum Metal wäre die Rolle der einzelnen Instrumente: Im Metal sind die Toms+Becken+Bassdrum sowie stark verzerrte Gitarren das Grundgerüst, wohingegen der Bass meist nur zum Andicken des Gesamtsounds da ist. Im Funk hat der Bass eine weit tragenderer Rolle, er ist Bindeglied zwischen Rhytmus und Harmonie. Auch die Drums funktionieren völlig anders, hier sind vor allem Hihat und Snare essentiell. Unser alter Schlagzeuger war oft nur mit einem Minimalset unterwegs, bestehend aus Bassdrum, Snare und Hihat, das war fonky as hell. Hör Dir mal den James Brown Drummer Clyde Stubblefield an, z.B. auf "funky drummer" oder "cold sweat", das geht schon richtung break beat und wurde unzählige Male gesampelt.
Die Rolle der Gitarre ähnelt eher einem Perkussionisten, man versucht die Lücken in den Drum und Bassgroves zu ergänzen. Dadurch entsteht zusammen mit Keyboards und Horns ein recht komplexes Rythmusgeflecht, welches sich oft verführerisch "einfach" anhört. Wie schwer das ist merkt man erst, wenn man selber mal versucht sowas mit Band zum grooven zu bringen xD

Ein paar Hörtipps ( Alben ):

James Brown: Hell
James Brown: Slaughters big ripoff ( soundtrack )
James Brown: The Payback

Herbie Hancock: Secrets

Spice: Freds Bowling Center

Nils Landgren & Funk Unit: Funk for life


Zu guter letzt noch ein Stück von ex-JB Posaunist Fred Wesley: vielleicht nicht als Anfangsstück zum üben nehmen, aber zur Veranschaulichung von interessanten funk grooves ganz nett

 
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Hi Sebastian,

Ich würde dir wärmstens die große DVD Staffel Jazz von Ken Burns ans Herz legen. Sie ist unglaublich patriotisch und erfasst moderne Stilrichtungen wenig und behandelt den europäischen Jazz sehr stiefmütterlich. Nichts desto trotz gibt sie die Geschichte und die Entwicklung des Jazz in Amerika besser wieder als jedes andere Videomaterial. Kauf dir die ganze Kollektion sind 4 DVDs mit über 12 Stunden Videomaterial. Wenn du das dir immer Abends schön bei nem Bierchen reinziehst, hast du nicht nur einen netten Bierbauch dir angetrunken wie ich, sondern auch einen super Einstieg in den Jazz.
 
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