[Erfahrungsbericht] Sennheiser e965

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Gestern Abend hatte ich im Steinwayhaus München eine Show zu mischen, bei der eine Künstlerin am Piano ein Sennheiser e965 benutzt hat. Hier möchte ich kurz meine Eindrücke von diesem Mikro schildern.

Wie vielleicht bekannt, ist das e965 ein Vertreter der Klasse "Großmembran-Kondensator-Mikrofon für den Livebetrieb," die Shure vor ein paar Jahren mit dem KSM9 begründet hat. Wider Erwarten verkaufen sich diese Gesangmikros im Bereich um die 500 EURO ganz gut, denn so ziemlich jeder Hersteller hatte oder hat ein paar zugkräftige Endorser für diese Mikros, so kann Shure mit Christina Aguilera und Beyerdynamic z.B. mit Tarja Turnen punkten - man mag die Musik dieser Damen mögen oder auch nicht, aber singen können sie! Ausserdem ist es ganz interessant, wenn die Entwickler mal nahezu ohne finanzielle Einschränkungen ein Produkt entwickeln können, einfach nur der Devise folgend "was ist technisch machbar?" Was das e965 von den anderen Vertretern der 500-EUR-Klasse unterscheidet, ist die umschaltbare Richtcharakteristik - Niere oder Superniere, beide haben in verschiedenen Abnahmesituationen ihre Stärken. Prima, dass man hier wählen kann.

Die meiste Zeit des Abends über wurde das Mikro am Stativ benutzt, bei den kurzen Ausflügen über die Bühne kann man schonmal eine exzellente Handgeräuschunterdrückung attestieren. Auch soundmäßig kam ohne weitere Bearbeitung mit dem EQ (Ausnahme: Ein LoCut bei rund 100 Hz) nur Gutes aus diesem Mikro. Und das sowohl für die Künstlerin des Hauptacts, die das Mikro die ganze Zeit über im extremen Close-Miking-Verfahren nutzte, also wirklich fast mit den Lippen daran klebte, als auch für einen Sänger aus dem Rahmenprogramm, der dagegen fast 20 cm Abstand zum Mikro ließ. Interessanterweise hat sich der Klang der Stimme mit wechselndem Abstand zwischen Mund und Mikro kaum verändert, anscheinend ist also kein besonders ausgeprägter Nahbesprechungseffekt vorhanden. Auch der Lautstärkeverlust hält sich beim Weggehen vom Mikro in Grenzen. Dynamische Mikros reagieren da sehr viel deutlicher drauf.

Was mir schon Anfang des Jahres bei einem ersten Kontakt mit dem e965 aufgefallen ist, was sich aber nur recht schwer beschreiben oder begründen lässt, ist der Umstand, dass die Stimme mit diesem Mikro einfach mühelos "vorne dran" steht - keinerlei Probleme, die Stimme durch ein dichtes Bandarrangement zu bekommen, denn später am Abend wurde noch gejammt, und da standen insgesamt zehn Musiker auf der Bühne, und ich hatte nach wie vor keinerlei Probleme, die Stimme der Sängerin da durch zu bringen. Ähnliches ist mir ein paar Jahren beim Neumann KMS 105 aufgefallen, welches ebenfalls in diese Klasse gehört.

Feedbacks waren den Abend über ebenfalls kein Problem, ich musste nur eine Resonanz des Monitors auf der Holzbühne einebnen (Überhöhung bei ca. 120 Hz), das war's auch schon. Auch Störsignale auf diesem Kanal waren zwar vorhanden (immerhin hing das Teil ja auch über dem Flügel, der den ganzen Abend über versiert, aber ziemlich kräftig malträtiert wurde), störten aber zu keiner Zeit. Veränderungen auf diesem Kanal waren immer ganz klar auf die Stimme bezogen, ohne dass dies Auswirkungen auf den Klang anderer Signale gehabt hätte.

Das einzig Negative, was sich über dieses Mikro vielleicht sagen ließe, sind die Plosivlaute bei gleichzeitigem Lippenkontakt mit dem Mikro, aber das ist eher was, das die Künstlerin im Umgang mit dem Mikro noch zu lernen hat, denn das Mikro war flammneu, wurde quasi noch im bekannten T-Versandkarton zum Aufbau auf die Bühne getragen :) Aber das ist natürlich prinzipbedingt, Großmembran, kräftige Wellenfront aus kürzestem Abstand, was soll da anderes passieren? Hier noch ein Bildchen - sieht aus wie die anderen Gesangmikros aus Sennheiser 900er-Serie, mMn einfach schick.


Wer es sich leisten kann, sollte dieses Mikro (und andere Vertreter dieser Klasse) ruhig mal antesten, es ist überraschend, was da rauskommt. In dieser Klasse gibt es keine schlechten Mikros mehr, nur noch solche, die mehr oder weniger gut zu einer bestimmten Stimme passen.

Gruß,
Jo
 
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Hallo Jo,

vielen Dank für Deinen Bericht.
Mit dem e965 habe ich noch nicht gearbeitet, wohl aber mit dem e865.
Zum Klanglichen Unterschied kann ich also nichts sagen.
Die Unterschiede zu den dynamischen Vertretern e945 ,beta usw. sind auch beim e865 genau wie Du sie fürs 965 beschreibst.
Gute Richtwirkung, sehr starke Präsenz und vor allem der geringere Abfall der Lautstärke bei größerem Abstand.
Das hilft oft bei Sprechern oder Sängern die mit dem Abstand Probleme haben. Das Signal fällt dann nicht gleich ins Bodenlose.
Ich hab da so ein, zwei Kandidaten, die Berührungsängste vor dem Mikro haben. Denen stelle ich gerne das e865 hin. Das macht es einfacher.
Dafür kommt bei offenem Mikro dann aber auch sehr viel vom "Bühnengequatsche" rüber.

Jürgen
 

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