Viel/Wenig Headroom = gut/schlecht?

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Hallo,

in den letzten beiden Tagen war ich mit meiner Band im Tonstudio. Wir hatten 2 Studiotage bei einem Contest gewonnen und haben diese nun genutzt um einen Song von uns aufzunehmen.

Während der Sessions habe ich oft etwas in einer 'Sound & Recording' rumgeblättert. Da ging es u.a. um einen "Lautstärkekrieg" oder so ähnlich. Sprich, in den letzten 20-30 Jahren sind Studioproduktionen immer lauter produziert worden. Das wurde an einer netten/gruseligen Grafik auch wunderbar gezeigt. Mittlerweile befinden sich sehr viele Produktionen nahe der 0dB Grenze und da ist ja irgendwann auch mal Schluss.
Dass da die Dynamik des Songs vollkommen flöten geht ist ja irgendwo auch klar. Jetzt aber mal zu meiner Frage:

Unser Techniker/Mischer hält nicht viel von dieser nahe 0 Aussteuerung. Er lies noch einige dB an Headroom beim Mastern (nagelt mich nicht fest, ich glaube es war etwas zwischen -10 und -12 dB). Ich finde das ja an sich gut. Dadurch ist unser Lied nicht zu Soundbrei geworden.

Wenn ich mir nun aber unseren Song an den verschiedensten Anlagen anhöre muss ich so weit aufdrehen, dass es bei "normalen" Produktionen brachial laut wäre. Ich höre schon wieder die Kritik unserer ersten Hörer:"Hey, das Lied ist viel zu leise! Ich muss da an meinem I-Pod sehr laut aufdrehen."

Ich habe das Gefühl mich in einer Zwickmühle zu befinden. Klar könnten wir das Lied nun lauter aussteuern lassen, um "mit dem Strom zu schwimmen". Das geht halt dann auf Kosten der Dynamik. :gruebel:

Was sagt ihr denn dazu?
 
Eigenschaft
 
Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Mischer generell einen Abstand von 10-12 db gelassen hat.
Es geht vermutlich eher um die Komprimierung; was aber auf gernau die gleiche Wirkung herauskommt.
Das Stichwort dazu ist Loudness War.

Die Entscheidung, was jetzt 'besser' ist - Dynamik oder Wettbewerbsvorteile durch Lautstärke-, kann euch keiner abnehmen.
Ich bervorzuge leisere Aufnahmen. So etwas, wie das letzte Metallica Album kann ich mir nicht anhören.

Insgesamt ist es sicherlich auch eine Frage der Msuikrichtung oder noch eher eurer Zielgruppe.
Jazz und Klassik z.B. erfordern meist mehr Dynamik als Metal und werden häufiger auf hochwertigen Anlagen gehört als Hip Hop oder Ballermann Musik.
 
Das Problem ist heute nicht, daß der Headroom zu gering geworden ist, sondern daß der Unterschied zwichen den lauten und den leisen Stellen zu gering geworden ist- DAS läßt einen Song laut, aber nervtötend klingen bzw. tötet die Dynamik.
Das Problem liegt im Brickwall Limiting, welches die Pegelspitzen abschneidet und es so ermöglicht, den Song insgesamt lauter zu machen als wenn man beispielsweise die Pegelspitzen der Drums stehen läßt, wodurch der Rest der Instrumente dann natürlich entsprechend leise bleibt.

Das mit den -12db Headroom kann auch nicht gut sein- -12db ist SEHR leise, das ist gefühlt weniger als die halbe Lautstärke gegenüber 0db, und das ist dann auch nicht mehr wünschenswert. Das hast du ja selber gehört.

Also- man kann schon nahe an die 0db herngehen, darf aber eben nicht so stark limitieren und komprimieren, daß man quasi überall fast 0db hat, der Song im WaveEditor also aussieht wie ein Ziegelstein...Beispiele: Metallica/ Death Magnetic, ChiliPeppers/ Californication oder Chartshits von Kesha.

Googel mal nach Bob Katz/ LoudnessWar, der hat einiges dazu zu sagen.
Auch auf YouTube findest du unter "loudness war" einige gute Demonstrationen des Problems.
 
Zuletzt bearbeitet:
Also wenn er -12 DB ungenutzten Headroom gelassen hat, is das schlecht.
Aber als RMS wert gehen die -12 db schon noch.
Der Hörer is heutzutage halt -5 db gewohnt und wenn ihr nicht wollt, dass das "Ipod-Problem" auftaucht, müsst ihr nen Kompromiss finden.
 
Also wenn er -12 DB ungenutzten Headroom gelassen hat, is das schlecht.

Ne, ich glaube nicht, dass er das hat. Ich muss zugeben, dass ich mich mit den Begriffen da nicht ganz so gut auskenne und deswegen nun einiges durcheinandergeworfen habe.
Aber wirklich sehr interessant, wie ihr das so seht.
 
Ja, das ist schon eine Zwickmühle. Ich gehöre aber ebenso zu den Gegnern des "Loudness War" wie auch der Tontechniker bei dem ihr aufgenommen habt, und kann soviel sagen, dass es, egal was man macht, immer Leute geben wird die was zu meckern haben. Und sehr oft sind das genau solche, die garnicht in der Lage sind das kompetent zu beurteilen. Ich seh das mit der Einstellung: "was interessiert es die Eiche wenn ein Schwein sich an ihr kratzt?"
Hier findet ihr alle nötigen Informationen zu dem Thema: Pleasurize Music Foundation, eine Initiative die ich voll und ganz unterstütze. Es ist schon richtig dass Musik, die sehr dynamisch belassen wurde, zunächst mal sehr leise wirkt. Das liegt aber daran, dass wir von dem ganzen Irrsinn des Lautheitskriegs schon völlig abgestumpft sind. Wenn du einen realistischen Vergleich haben willst, hör dir erstmal ein paar gute(!) Klassikaufnahmen an, und dann euer Material. Wenn es dann immernoch sehr leise wirkt, kann man sich ja noch überlegen, etwas nachzubessern.
Ein sehr wichtiger Punkt bei dem ganzen Thema ist allerdings auch die Abhängigkeit vom Material selbst: so ist es für sagen wir, HipHop mit "dicken Beats" schon gut wenn man sich irgendwo in der Gegend von -12 bis -10 RMS aufhält, weil die Impulsspitzen von sich aus mehr Dynamik generieren. Hat man nun einen Track mit extrem verzerrten Gitarrenbrettern, schnellen Drums und nahezu ohne Pause, dann kommt da womöglich auch ohne starke Kompression schon kaum noch 8-10db Dynamik zustande. Dann aber noch zusätzlichen Headroom zu belassen, um einen mit anderen, dynamischeren Aufnahmen verglichen einheitlichenren Lautheitseindruck zu erzielen, kann man sich auch schenken, finde ich.
Dass der dynamischere Mix und Masterprozess der tatsächlichen Klangqualität der Musik ausschließlich zugute kommt ist nicht zu bestreiten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Also wenn euer Mix am Ende nicht aussieht wie "eine Wurst mit 12dB headroom", sondern die Pegelspitzen doch an der 0dB Grenze kratzen, ist das prima so.
Es ist tatsächlich ein Dilemma, bei dem man meistens mit einem Kompromiss leben muss. Extrembeispiele wie Death Magnetic von Metallica kann ich auch nicht länger hören, ganz ohne komression ginge aber auch eine Menge Druck verloren.

Deinen Freunden die dich darauf hinweisen kannst du die Situation ja kurz erklären. Nicht in allen Einzelheiten sondern einfach sowas wie "Jo, unsere Songs sind extra dynamisch gemischt worden. Das heisst es klingt realistischer und angenehmer für die Ohren als "laute" produktionen, die nur kurz deine Aufmerksamkeit wollen. Dass das noch nicht alle haben und du desswegen lauter drehen musst tut mir leid, aber bei uns geht Qualität nunmal über Komerz. Ich hoffe damit bist du auch einverstanden."
Wenn du das so verkaufst hat keiner mehr Zweifel. :D
 
Nicht in allen Einzelheiten sondern einfach sowas wie(...)


Tjo, ich bin immer so ein Mensch, der dann mit allen Einzelheiten kommt.
Danke für den Hinweis :great:

Wer Interesse hat sich das ganze mal kurz anzusehen kann dies hier tun:
Heimlich, Still & Leise - Idle One

Leider hat die Aufnahme bei 0:33 noch einen ziemlich seltsamen Fehler durch ein Hall-Plugin, der noch nicht korrigiert wurde. Das wird noch korrigiert.
 
Das klingt doch ganz gut
ab 1:30 würde ich den headroom nutzen, um den Sänger etwas vorzuholen
die hiHat-16tel oder was das ist müßten beim Gesangseinsatz 2:33 zurück, sonst nervts
die backgounds bei 4:34 und 4:36 können wahrscheinlich ersatzlos gestrivchen werden, oder?
nach dem shout bei 5:21 klingen die Klampfen irgendwie zu brav

firsttake: angehört und mitgeschrieben :D
Hier finden sich bestimmt etliche Kollegen, die dir da genauere Tips geben können. Aber prinzipiell find ich die Nummer gut!:great:
 
firsttake: angehört und mitgeschrieben :D

Na also erst mal vielen, vielen Dank für's komplette anhören, für das Lob und die Kritik. Dafür gibt es Kekse :)

ab 1:30 würde ich den headroom nutzen, um den Sänger etwas vorzuholen
Stimmt, der geht da etwas unter.

die hiHat-16tel oder was das ist müßten beim Gesangseinsatz 2:33 zurück, sonst nervts
Hättest du es nicht gesagt, wäre es mir niemals aufgefallen. Ich hasse sowas :D

die backgounds bei 4:34 und 4:36 können wahrscheinlich ersatzlos gestrivchen werden, oder?
Die hat unser Sänger absichtlich gewünscht, als Anlehnung an den Song "H." von Tool an der Stelle ab 4:35
Ich mag es auch nicht so, aber mei... was soll's.

nach dem shout bei 5:21 klingen die Klampfen irgendwie zu brav
Eigentlich sind wir keine Metaller :D Ist schon schwierig mit einer Strat ein Brett rauszublasen.

Nochmal, danke für die Tipps!
 
Hihi, da gibt man mal seinen Senf dazu, und schon gibts Kese. Danke!

Bei den Klampfen vielleicht einfach die vorhandenen Spuren zusätzlich mit einer virtuellen Zerre anfetten, und dezent dazumischen.
Tja, bei den backgrounds, wenn er das so will, dann muß da noch mehr. Ich kenn den song vonn Tool nicht, aber diese zwei zusammenhanglosen Stöhner dort wirken irgendwie vergessen zu löschen.
Bei solchen Blechsachen ist es mitunter hilfreich, den song mal gaaaanz langsam immer leiser zu drehen, zum Schluß sollte nach Möglichkeit der eigentliche Grund des Liedes übrigbleiben: der Gesang.
 
Also ich find schon, dass dem Mix noch summenkompression fehlt... das fügt sich alles nich so zu einem ganzen zusammen.

Man merkt leider auch dass die härteren Passagen nicht so richtig konsequent umgesetzt sind.
Am Anfang passt der Drumsound noch super, aber am Ende isses einfach zu dünn.
Wenn die Strat nich die richtige Zerre liefert, warum habt ihr sie dann genommen..? :confused:
Temposteigerung bzw weniger am Anfang is auch nich... das hätte viel gebracht.
Am Ende hört man dann auch recht gut dass die Instrumente nicht tight genug zueinander sind um einen straffen Sound zu erzeugen.
Die Hallräume überzeugen mich auch nur am Anfang.
 
Also am Anfang find ich den Sound so eigentlich schon ziemlich gut...
Wie schon gesagt wurde, ändert sich das gegen Ende mehr und mehr... das "Brett" mit einer Strat zu machen ist da in meinen Augen nicht so sehr das Problem, sondern die Sache bei sowas liegt eher beim Bass und (in diesem Fall auch mehr) an den Drums. Wär die Drumaufnahme fetter oder besser gemischt, hätte man da weitaus mehr Power rausholen können. Für die ruhigeren Sachen ist der relativ rohe Drumsound sehr angenehm, aber grade bei den härteren Passagen fehlt so einfach die Transparenz und der Druck. Die Aufnahme klingt so einfach zu dünn und zu distanziert... bzw auch zu wenig kompakt.
Wenn du dir "H." von Tool dagegen anhörst, sind da die Drums auf jeden Fall größer und knackiger und Aenima ist wohlgemerkt nun auch schon ein "alter Schinken" und eine relativ lasche und leise Platte im Vergleich zu heutigen Maßstäben. Da würd ich zum Vergleich eher die Sachen von Lateralus als Referenz hernehmen, da die Platte eigentlich nen recht guten Gesamtsound hat..

Aber alles klagen auf hohem Niveau... ansich ist Song und Performance schon ne gute Sache :)
 
Aber alles klagen auf hohem Niveau... ansich ist Song und Performance schon ne gute Sache :)

Vielen Dank! :great:
Das stimmt schon. Die Frage ist immer, zeige ich den Song einem Musiker und lasse ihn urteilen oder zeige ich den Song "Ottonormal" und lasse ihn urteilen.
Vieles im Mix ist ja auch Geschmacksacke. Den objektiven guten Mix gibt es einfach nicht.

Dennoch, danke für das Feedback. Habe es meiner Band zum lesen gegeben!
 
Warum Brett???

Bei diesem sanften Gesang wäre Brett nicht die richtige Wahl und das wird sich der Mischer auch gedacht haben. Hier "Druck" machen wollen halte ich für falsch.
Den Drums hätte man sicherlich etwas mehr Raum spendieren können (gated Reverb) auf Snare und Toms um sie grösser zu machen.

Ansonsten kann man dem Gesang nicht ein Metal Riffsound a la Slayer oder Metallica verpassen.
 
Tät ich mal widersprechen tun, denn der Gesang ist gegen Ende eigentlich darauf ausgelegt, daß das musikalische Bett etwas härter wird.
 
Ansonsten kann man dem Gesang nicht ein Metal Riffsound a la Slayer oder Metallica verpassen.

Ich habe dabei auch nicht an einen klassischen "Metalsound" gedacht, sondern an einen härteren Rocksound...
 
Also, ich hab mir den Song auch mal angehört. Und ehrlich Jungs, ihr habt n geiles Stück geschrieben, gefällt mir sehr! =)
Als ichs zum ersten mal über die Kopfhörer gehört habe war ich extrem beeindruckt. Über die Monitorboxen hier klingts immernoch gut, aber ein paar Sachen fallen doch auf. ;)
Also erstens: Das Intro ist super, nur hasse ich solche "glitzer-pads". Aber das ist Geschmackssache!!! (3 Ausrufezeichen) Also lasst das so, wenn es für euch passt. ^^
Wie einige schon gesagt haben könnte das Drum gegen Ende hin etwas mehr Druck vertragen. Für den Anfang passt es so super, aber gegen schluss könnte man da bestimmt noch was machen.

Und nun zu deiner eigentlichen Frage: Die Dynamik!
Ich finds super so! Ich mag es extrem, wie der Song auch von der Lautstärke her kontinuierlich mehr gibt und immer mehr hervortritt.
Um ihn auf eine komerzielle CD zu bringen wäre etwas mehr Summenkompression warscheinlich vonnöten, eben um auch ein wenig mit der Lautstärke anderer Produkte mithalten zu können (nicht um diese zu erreichen, das wäre absurd!).
Aber wie schon gesagt: Ich mag es sehr, dass der Song auch am Ende noch ein wenig atmen kann.

Zum Ende: Jo, da ein wenig mehr verzerrung ganz am Schluss, einfach damits nochmal knallt! ;-)
(Achtung, das ist die Meinung eines Metalheads, also mit Vorsicht zu geniessen. :D)

Und noch ne Frage: Die 2. Gitarre die einsetzt und die Harmonics spielt, ist das ne Strat? Und falls nicht: Was für eine ist das, und über welches equip habt ihr da aufgenommen? Ich mag den Klang nämlich sehr. :)
 
Und noch ne Frage: Die 2. Gitarre die einsetzt und die Harmonics spielt, ist das ne Strat? Und falls nicht: Was für eine ist das, und über welches equip habt ihr da aufgenommen? Ich mag den Klang nämlich sehr. :)

Hi Ketru,

auch vielen Dank für dein Feedback.
Jo, das ist ne Strat (Eric Johnson Strat), die direkt in einen Fender Supersonic, im Bassman-Modus geschaltet, reingeht. Im FX-Loop hängt ein Danelectro Reel Echo und das ganze geht dann wieder in den Amp rein, mit dazugeschalteten Reverb des Amps. That's it. :)

Soundeinstellungen & Spielweise (in dem Moment) sind sehr stark beeinflusst von... na von wem wohl? :rolleyes: Eric Johnson!
 

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