Rojaflor - Die Geschichte (m)einer spanischen Señora

D
DelayAndReverb
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
04.09.23
Registriert
17.02.08
Beiträge
978
Kekse
19.805
Hallo zusammen,

ich möchte hier meine geliebte Lady und Diva vorstellen.

Die Vorgeschichte
Meine erste Gitarre (diese Epiphone Les Paul) war jahrelang in der Tasche eingelagert, da sie mir im Laufe der Entwicklung immer zu dumpf und zu undefiniert klang. Damals hatten meine Tele und Strat Hochkonjunktur, ebenso wie John Mayer, Mark Knopfler, Markus Deml, Henrik Freischlader & Co, die ich damals inhaliert habe. Irgendwann wurde ich auf Bonamassa aufmerksam, studierte seine Rigs und stolperte zwangsläufig über den Gibson Custom Shop und dessen Collectors Choice Series und da wars eigentlich passiert: Ich wollte wissen, was da wirklich dahintersteckt. Also rein ins Auto und auf nach Frankfurt zu Oli Lohmann, der sich richtig viel Zeit um mir neben den Fender Custom Shop Gitarren besonders die Gibson Custom Shop Gitarren zu erklären und spielen zu lassen. Angefangen hat alles bei Epiphone und ging über die Collectors Choice hinaus. Ebenso erklärte er die Unterscheide bei den Gibsons von P90 zu Humbucker, Traditional Wight Relief, Chamberd, Modern Weight Relief, Hals Profile, Hochglanz Gitarren und Relic Gitarren (Auch A (relic)/B (gloss) Vergleiche von baugleichen Gitarren), Klangeigenschaften von Alu zu Glockenmessing, Klangeigenschaften von Reitern, unterschiedliche Griffbrettern und deren Radien und vielen anderen Parametern. Und irgendwann hat es dann klick gemacht: Die Les Paul hat mich massiv gepackt. Also, ab nach Hause. Paula rausgekramt, angespielt und direkt wieder in die Tasche - Was zur Hölle war denn das? Ein gut gepflegter aber dumpfer Klumpen Holz, ohne Seele, ohne Charakter, ohne Persönlichkeit. Irgendwo in diesem Forum habe ich den Satz gelesen: "Wenn man mal einen Weg geht, dann muss man sich entscheiden, geht man weiter oder bleibt man dort und lässt sich nieder. Ich habe mich für das Weitergehen entschieden." Ich auch.

Der Beginn
Total gefixt von diesen wunderbaren Instrumenten und deren Möglichkeiten, führte der Weg mich zum Gitarrenbauer meines Vertrauens um zu klären, ob ich ein totaler Umbau überhaupt Sinn macht. Früher ist mir schon aufgefallen, dass diese Gitarre sich im Laden deutlich von anderen Epiphones unterschied, aber so wirklich benennen konnte ich es nicht. Der Blick auf die Wage versprach eine spannende Wendung: 4,5kg. Die ganze Gitarre wurde zerlegt und genau inspiziert. Ergebnis: Go for it.

Das Konzept
Aus einer Epiphone eine Gibson Custom Shop zu machen... das war nicht das Ziel, aber die Richtung. Wichtig war mir, dass die Gitarre kein großes Aging oder gar neue Dellen bekommt, weil ich prinzipiell meine Instrumente sehr pflege und das nicht zu dieser Gitarre passen würde. Allerdings wollte ich ein bisschen Feeling einer älteren Gitarre haben, da ich glänzende Chrom Kappen aktuell nicht so sehr mag.

Phase 1 (September 2012)
Im ersten Schritt wurden Stoptail und Bridge durch hochwertige Alu-Bausteile von ABM ersetzt, um die Gitarre zwar dampfend, aber immer noch nicht zu dick werden zu lassen. Im Anschluss folgte der komplette Austausch der Elektronik durch ein Montreux Set. Verbaut wurden 300k Potis (inkl. Gibson PPKP-059 Knob Pointers) mit 2 Orange Drop 715P 0.022mf mit 50th Wiring. Mit dem Ergebnis war ich wirklich sehr zufrieden. Sowohl das Team, die Band und ich waren vom Ergebnis wirklich überrascht. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber das setzte die Messlatte ein ganzen Stück nach oben. Aber noch nicht hoch genug.

10364389677541hij7mcxzvp.jpg


Phase 2 (April 2013)
Über die Jahre hinweg verschlissen die Groover Mechaniken nicht nennenswert, aber ich wollte das Feeling der Tulip Tuner haben. Die Entscheidung fiel auf Gibson PMMH-010 Standard Tuner. Die Stimmstabilität verbesserte sich schlagartig und auch der Sound: Die ganze Gitarre schwang viel intensiver und wurde akustisch deutlich lauter.

10385117677541ykwruf6nxq.jpg

Dieses Gibson-Trussrod-Cover war schon drauf. Das find ich immer wieder interessant.

Zwischenfazit
Nach zwei Modifikationen hatte ich insgesamt den Eindruck, dass diese Gitarre viel differenzierter und feiner klang als vorher. Ebenso waren plötzlich feine Höhen zu hören, die Saitentrennung/-übertragung deutlich sauberer und das ganze klang irgendwie aufgeräumter. Als kleines Zuckerl spendierte ich dieser Gitarre einen Gibson Koffer.

10370585677541q5mp6fzjtn.jpg


Phase 3 (Mai 2014)
Viel konnte ich ja nichtmehr austauschen. Allerdings waren mir die PUs noch ein Dorn im Auge. Mit etwas Glück konnte ich zwei Gibson Custom Shop Tonabnehmer ergattern: Für die Bridge wurde es ein 57 Plus (8,8 kOhm) und für den Neck in 57 (7,8 kOhm). Diese Tonabnehmer wurden damals für eine Spezial Order von Gibson Custom Shop Gitarren des Guitar Centers in einem Limited Run gewickelt. Nachträglich habe ich noch leicht Neusilber-Kappen (aged) unter Anleitung eines Threads des Forums montiert.


10379384679512m5v8ogar7u.jpg
10409854678810wk8chrd0le.jpg


Ergebnis
Ich bin wahnsinnig zufrieden. Selbst das Gitarrenbauerteam und eingefleischte Gibson Customshop Gitarristen konnten es kaum glauben, welche Wendung diese Gitarre genommen hat und vor allem wie sie jetzt klingt. So offen, so ehrlich, sehr dynamisch und dennoch nicht zu dünn. Die Elektronik zusammen mit dem Tonabnehmern funktionieren in dieser Gitarre hervorragend. Ich kann sie kaum noch aus der Hand legen! Ich freue mich auf die nächsten Jahre und Gigs. Für den einen ist es "nur eine Epiphone", für mich aber der Himmel auf Erden, mit dem ich Menschen musikalische Geschichten erzählen kann. Trotzdem kommt sicherlich noch die ein oder andere Customshop Paula..

10425645683641q1tyvuh0db.jpg
10574739706671mi793y528z.jpg
 
Eigenschaft
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 8 Benutzer
Sehr coole Story und toller Bericht. Das Lesen hat richtig Spaß gemacht. Ich wünsche dir viel Freude mit der Guten.
 
Vielen Dank! Den Spaß werde ich sicher haben.

Interessant zu beobachten war auch, dass sich meine Art der Verwendung von Equipment ziemlich verändert hat. Damals hatte ich versucht die Schwächen der Gitarre(n) mit Simulationen, Effekten und EQ weitestgehend auszubügeln. Heute ist mir wichtig, dass die Gitarre so klingt, wie sie klingt und vieles aus der Gitarre, dem Amp und den Fingern kommt. Overdrive- und Fuzz Pedale sind für mich Soundoptionen, die der Amp alleine prinzipiell nicht erzielen kann. Dazu gibts noch einen Clean Boost, um das Ganze etwas mehr zu füttern und fertig ist die Laube - mal abgesehen von Delay und Reverb. Ich verwende keinen Zusatz-EQ, Kompressor oder ähnliches. Kein Verbiegen oder Modellieren, sondern viel mehr möchte ich den Charakter der Gitarre(n) herausarbeiten.

Ebenso war der Umbau meiner Paula der Weg für das Umbauen fast aller Gitarren und Bässe, die sich im Laufe der Jahre so angesammelt haben. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich einmal abends mit einem Lötkolben loslege und Kondensatoren wechsle. Das hat meinen Horizont massiv erweitert. Nun macht man sich schon einmal Gedanken, was der Wechsel der Brücke für Auswirkungen in der Klangkette hat. Sehr sehr spannend!

Zur Paula bleibt mir noch zu sagen, dass ich in den nächsten Jahren eine Neubundierung samt PLEK nicht ausschließe. Das ist es mir wirklich wert.
 
Glückwunsch!

Ich hatte das auch mit meiner Epi Paula gemacht. Es ist unglaublich wie die Gitarre dann "zum leben" erwacht. Epi baut schon eine ganz ordentliche Basis. Wenn man hochwertige Hardware rein zimmert hat man ein echte Top Klampfe. Viel Spaß damit weiterhin! :D
 
Ha geile Story :)
Gut gemacht!
Ich habe sowas mit meiner PRS SE durchlebt. Das Ergebnis war auch viel besser als gedacht. Bin mit ihr noch nicht am Ende, aber es hat sich schon echt gelohnt. Hab me direkt den Vergleich mit einer USA PRS. Das sind schon guuuute Unterschiede! Aber die SE macht jetzt viel Spaß und die Arbeit hat sich gelohnt!

Viel Spaß mit deiner neuen Flamme
 
Vielen Dank und Dir ebenfalls viel Freunde mit Deiner SE, @Ivan-777. Ich bin auch noch nicht ganz fertig, aber es sind nur noch Kleinigkeiten, die ich wirklich selber machen kann. So möchte ich noch ein Knochensattel haben und ich möchte drei Kunststoffreiter auf den hohen Saiten ausprobieren. Auf jeden Fall sollen aber beim Gitarrenbauer die Bolzen des Stoptails eingelassen werden, sodass selbiges eben auf der Decke aufliegen kann. In ein paar Jahren wird dann eine Neubundierung nötig sein, aber das hat noch wirklich Zeit.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben