Fragen zur Bratsche

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Fiddlesticks
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Hallo zusammen!
Erstmal entschuldige ich mich für den Titel, den konnte ich mir nicht verkneifen. Ich schreibe, weil ich derzeit ein wenig Information und Meinung brauche und vielleicht auch, weil ich ein bisschen Senf in die Welt kippen möchte. Also zuerst: Den Linksgeiger-Thread habe ich bisher grob verfolgt, im Detail aber geflissentlich ignoriert, daher bitte nicht einfach so drauf verweisen, ja? ;)

Meine Geschichte skizziere ich nur ganz kurz: Mit neun Jahren habe ich angefangen Geigenunterricht zu nehmen und habe das sechs Jahre lang durchgehalten. Ergebnis: Katastrophe, Geigenphobie, null Verständnis und Selbstbewusstsein beim Thema Musik, nicht den Ansatz der Technik, die man nach dieser Zeit durchschnittlich erreichen kann (basalstes Spiel in der dritten Lage, kein Gefühl für Intonation, Geige musste vom Lehrer gestimmt werden, keinerlei Gefühl für Mitspieler, keine Chance auch nur 25. Pult bei den zweiten Geigen im Orchester des Schützenvereins zu spielen) Gut, das ist natürlich etwas übertrieben, aber trotzdem realistisch. Ich möchte ein bisschen andeuten, dass das ein wirklich emotionales Thema ist (deshalb konnte ich auch noch nicht richtig in den Linkshänder-Thread reinlesen). Es ist extrem unangenehm, wenn man spielen möchte, es aber partout nicht klappt.

Mit Anfang zwanzig habe ich mir gesagt: Letzte Chance. Sobald du deinen neuen Job hast, leistest du dir noch einmal Unterricht. Hab ich gemacht, das ist jetzt ein Jahr her. Alte Geige rausgeholt, geübtgeübtgeübtgeübt. Kleine Fortschritte waren drin, aber es fühlte sich nicht nach Musik an. Erstaunlicherweise wusste ich wenn ich nachdachte gar nicht, wie sich Musik überhaupt anfühlen soll. Nach einem halben Jahr und vielen schlaflosen Nächten habe ich mir eine Linkshändergeige gemietet und einfach angefangen.
...und ich bin begeistert. Leider kann ich es niemandem erklären, der das nicht erlebt hat, aber es ist wunderbar, ich kann jetzt Musik machen, Technik aufbauen, einfach lernen. Ich kann die Geige nicht mehr aus der Hand legen und fühle mich nach dem Üben wie auf Speed :) Das Musikhören verändert sich von Grund auf. Wenn ich ein Konzert höre ist das eine direkt körperliche Erfahrung und für mich ungeheuer eindrucksvoll. Vielleicht hören andere Leute so immer Musik, aber ich kannte diese Empfindung bisher nicht.

So, aber genug Nähkästchen. Mein aktuelles Problem ist handgreiflicher: Meine Mietgeige möchte ich langsam zurückgeben und mich nach einer eigenen umsehen. Und wo ich sowieso schon einmal dabei bin Blasphemie walten zu lassen, kann ich auch einen sehr diffusen Kindheitstraum in Angriff nehmen: Bratsche. Zuerst die dumme Frage: Ist es üblich, dass ein normaler Geigenlehrer auch Bratsche unterrichtet? Und die kompliziertere Frage: Kennt jemand von euch einen Geigenbauer, der mich mal eine Linkshänderbratsche ausprobieren lassen würde? Es war schon relativ kompliziert eine Geige zu bekommen, obwohl das, so weit ich sehe, langsam im Kommen ist. Aber Bratsche ist wahrscheinlich noch eine andere Hausnummer...(?)
Ich habe leider noch nie eine Bratsche angefasst. Aber ich würde unheimlich gerne mal eine streicheln :) Nur kann ich leider wegen chronischer Exzentrik nicht einfach zum Geigenbauer gehen und eine kennenlernen... ;)

Vielleicht ist das mit der Bratsche auch Fehlalarm und ich mag sie beim Selbstspielen gar nicht. Dann wäre es egal. Aber ich möchte auch nicht viel Geld in eine Geige investieren und dann hinterher sagen "Ist natürlich schön, ABER... :( "

Ich wäre total dankbar über einen Tipp in dieser Sache, denn wenn die Bratsche tatsächlich so schön ist, wie ich sie mir vom Klang her vorstelle und das alles klappt, dann bin ich wirklich in meinem kleinen Streicherhimmel angekommen, indem zwar keine großen Konzerte gespielt werden, sondern (bisher) nur Kinderlieder und Intonationsübungen. Aber mehr brauche ich gar nicht :)
 
Eigenschaft
 
Es gibt viele Geigenlehrer, die auch die Bratsche beherrschen. Aber das musst du die jeweilige Person schon selbst fragen ;) Es gibt auch Bratscher, die davon abraten, die Bratsche zu spielen, als sei sie eine Geige und damit auch nicht unbedingt empfehlen würden, von jemandem Unterricht zu nehmen, der eigentlich Geiger ist und nicht Bratscher.
Musst du selbst wissen :) Die Bratschisten hier können sicher versierte Antwort geben.

Allerdings verstehe ich deine Leidensgeschichte nicht so ganz. Du bist also eigentlich Linkshänder, hast aber all die Zeit wie ein Rechtshänder gespielt? Und das hat nicht funktioniert? Oder was genau war die Problematik?

Ein Geigenbauer baut im Normalfall nicht ausschließlich Geigen, sondern Streichinstrumente allgemein. Daher solltest du da auch an eine rankommen. Desweiteren gibt es auch Online-Instrument-Verleihe. So kannst du dich einige Zeit lang an der Bratsche versuchen und dann entscheiden, ob sie dir taugt.
 
Hi Fiddlesticks,

willkommen hier im Musikerboard, erst Recht bei uns Streichern!
Eine Bitte schon jetzt: Wenn du Threads startest, gib ihnen aussagekräftige Titel. Nur so kann man diese wiederfinden und überlegen, ob man reingucken will oder nicht. Den Titel hier hab ich mal geändert.

Gruß vom

Streichermod
 
Ja, genau. Ich bin Linkshänder, musste auf Rechts spielen und das hat überhaupt nicht funktioniert. Ist eigentlich auch logisch, unser Gehirn ist ja nun einmal kompliziert und je nachdem wie anfällig du für Störfaktoren bist, kann dir das Probleme bereiten. Das muss nicht auf jeden immer zutreffen und ist wahrscheinlich sogar höchst individuell. Bei mir jedenfalls war eine große Befreiung mir das Geigen andersherum anzutrainieren und ich möchte mit der Geschichte da oben einfach für ein bisschen Verständnis werben. Denn so ohne Frage selbstverständlich ist es nicht, dass du entgegen deiner Hemisphären-Dominanz komplizierte Tätigkeiten ausführst. Und dass Geigen/Bratschen/Cellisieren und alles in dieser Richtung komplex ist, ist ja nicht zu bestreiten, oder? ;)

Dass ein Geigenbauer alles baut, ist schon klar. Nur leider findest du kaum einen der in der Werkstatt eine Bratsche da hat, die geeignet ist, linkshändig gespielt zu werden. Natürlich kann ich zum Streichinstrumente-Verleih gehen, aber das wäre nur die zweite Alternative, denn schön wäre es natürlich das direkt mit Beratung ausprobieren zu können. Ein oder zwei Adressen habe ich, bei denen ich derzeit rumtelefoniere. Meine Frage war, ob hier jemand zufällig einen Geigenbauer kennt/ von einem gehört hat, der Linkshänderinstrumente führt. Ich wäre sehr dankbar für Tipps :)

Ich habe deswegen auch mit einem pragmatischen Hintergrund geschrieben: Wenn sich die Linkshänder dieser Welt anfangen Gedanken zu machen, ob sie so oder so herum spielen, haben Menschen, die damit Probleme haben (und ich bin wirklich nicht allein, fürchte ich) irgendwann vielleicht die Möglichkeit auf einfacherem Weg ein Instrument zu bekommen. Denn wenn du rechts spielst, kannst du einfach zum Geigenbauer gehen, eine Bratsche antesten oder ein Kontrabass und wenn es dir gefällt, kannst du dir sogar etwas aussuchen. Das ist andersherum schwierig. Deswegen möchte ich mich für ein Bewusstsein dieses Problems einsetzen.
 
Hi Fiddlesticks,

kein Geigenbauer der Welt möchte Linkshänder unterdrücken.
Es ist lediglich eine Frage der Nachfrage. Ein Geigenbauer kann keine Ladenhüter bauen.
Das ist wirtschaftlicher Unsinn.

Ich kann dir nur soweit helfen: wenn dich die Bratsche interessiert, dann teste doch zunächst ein
Rechtshänder-Instrument. Bei vielen Firmen ist es möglich, ein Linkshänder-Instrument in Auftrag zu geben.
(zum gleichen Preis!)
Das muß dann aber auch genommen werden - ein Zurück gibt es dann oft nicht mehr.
Das bedeutet: keine online-Bestellung und keine 30 Tage moneback.
Unter Umständen wird ein modifizierter Kaufvertrag vorgelegt, der zur Abnahme verpflichtet.

Ein Schuhmacher fertigt dir auch orthopädisch angepasste Maß-Schuhe auf den noch so absonderlichen Fuß - kein Problem.
Aber wem soll er sie verkaufen, wenn du dich anders entscheidest?
Ich möchte Linkshänder keinesfalls als Menschen mit Behinderung darstellen! - das Angebot spiegelt die Nachfrage.
Und: es gibt Wege zum Glück! - die müssen noch nicht mal teurer sein.


cheers, fiddle

cheers, fiddle
 
Ja, ich wollte auch nicht groß über Politik reden. Nur manchmal muss man sich komische Sachen anhören. Ich habe mal irgendwo im Feuilletonteil einer größeren Zeitung (keine Ahnung, welche es war) einen schönen Kommentar gelesen, der etwa so ging: Wenn du überlegst, ob dein kleiner linkshändiger Sohn auf einer Linkshändergeige lernen soll, dann überleg dir, dass er falls er ein großes Talent ist und irgendwann Karriere macht, niemals ein altes teures Instrument spielen kann, denn die gibt's ja nicht auf Links. Darüber kann man sich ärgern.

Aber hey, eigentlich bin ich gerade glücklich: Möglicherweise habe ich gefunden, was ich suche :D :D :D Mal sehen, mal sehen. Ich bin gespannt.

Ich gehe dann einfach dazu über, bald konkrete Bratschenfragen zu stellen :D

Fröhlichen Abend!
Fiddlesticks
 
Ich habe zu dem Thema eine kurze Frage: Ich weiß, dass es nicht möglich oder üblich ist, die Saiten einer Geige (oder sonstiges Streichinstrument) einfach umzuspannen (und den Kinnhalter zu versetzen), um daraus ein Linkshänderinstrument zu machen.
Aber ich weiß nicht *warum* das nicht geht. Kann mir das jemand erklären? Die Instruente sind doch symmetrisch, daher hatte ich das intuitiv für unproblematisch gehalten.
 
Das lingt am Inneren der Instrumente Iinsbes. Bassbalken und Stimmstock) such mal den Linkshänder-Geigen-Thread
 
Hallo Silverstring, leider geht der Umbau einer klassischen Geige auf links nur mit größerem Aufwand. Der Bassbalken muss auf die andere Seite und die Stimme ebenfalls. Das Griffbrett ist auch nicht komplett symetrisch. Bei ihm muss zumindest die Brücke neu gemacht werden. Auch die Wirbel müssen gedreht werden, damit Du in der halben Lage mit Deinem Zeigefinger genug Platz hast. Auch der Steg muss neu gemacht werden.
Bei einer E-Geige wäre es etwas einfacher, da sie meist keinen Bassbalken und keine Stimme haben. Vielleich findest du eine, die oben keine Wirbel hat. Ansonsten wäre ein Neubau sicherlich eine Alternative.
 
Hi Fiddlesticks,

gute Beiträge. Ich könnte mir auch vorstellen, wenn die Linkshänder, für die es sich einfach richtiger anfühlt, mit links zu spielen, sich dieses diffusen Hemmnisses bewusst werden, und dadurch nicht auf´s Geigen verzichten, sondern vermehrt ein Linkshänder-Instrument nachfragen, der Markt für solche Instrumente wächst. Es zukünftig leichter würde, ein Linkshänder-Instrument testen zu können. Es könnte dann nämlich aufgrund der erhöhten Nachfrage ne Chance für sowohl linksbetonte Linkshänder aber auch für Geigenbauer werden. Wirklich denkbar, daß eine zwar vorhandene, aber eine aufgrund von virulenten Umlern-Artefakten im gesellschaftlichen Bewusstsein nicht "geäußerte" Nachfrage besteht. Schon was dran….

Aber vor allem schön zu lesen, wie unbeirrbar Du Dir die Türe zum Geigen nochmal aufgestoßen hast, auch wenn mit Anfang 20 m.E. gewiss nicht die letzte Chance ist. Bin auch gespannt, wie´s bei Dir weitergeht. Erzähle uns von Deinem Glück. :)

Grüsse
Kylwalda
 
GeiGit: Ich bin rechtshändig und frage nur aus Neugier. Vielen Dank für die Antwort. Das mit den Wirbeln war mir gerade so noch klar, aber vom Bassbalken etc wusste ich allerdings nichts.
 
Ich würde gerne mal ein reines Linkshänder-Ensemble (Orchestergröße) erleben.
Interessant finde ich Deine Erfahrung auf jeden Fall, da ich selbst so eine Art Beidhänder bin (aber Linksfüßler wie die Rechtshänder).

Meine Meinung dazu ist, daß es für Linkshänder eigtl. einfacher sein müsste, die "Rechts" Geige/Bratsche zu spielen, da man mit der linken Hand häufig mehr zu arbeiten hat als mit der rechten Hand, zumal das Hauptgewicht auf dem linken Arm ist. Trotzdem hat seltsamerweise mein linker Arm (v.a. im Winter) etwas weniger Kondition als der rechte Arm (mit bestimmten Gymnastikübungen verbessert sich das im Laufe der Zeit).

Ich kam wie Du, allerdings wesentlich später, von der Geige zur Bratsche. Ich hätte das nicht nötig gehabt, aber irgendwie hat mich das Instrument angezogen. Der Klang, die verschiedenen Instrumententypen, neuer Schlüssel, neue Techniken sind da nur Teilaspekte. Primär hat mich wohl ein Bratschenlehrer viele Jahre früher und einige gute Bratschenbekannte dorthin gebracht und ich bin immer noch begeistert.

Linkshänderinstrumenten bin ich bis heute gar keinen begegnet. Bratschen sind noch individuellere Instrumente als Geigen, daher würde ich mich mal vorab klanglich genau kundig machen, was für ein Typ Instrument Dir liegt (bspw. Guarneri- oder Stradivari-Viola-Klang, mehr Tenor oder mehr Alt oder eine gute Mischung davon). Ich würde wahrscheinlich die Rechtshänder-Bratschen beim Geigenbauer oder Händler vorspielen lassen (und ausprobieren soweit möglich) und dann umbauen lassen, aber das ist natürlich ein teurerer Spaß.

Viel Erfolg!
 
Danke für die vielen Antworten! Also, suamor, das mit dem "Linksfuß und Rechtshand" kenne ich ganz gut: War mir meine ganze Kindheit lang ein Rätsel. Vor einiger Zeit habe ich dann rausgefunden: Nicht Rechtshand, sondern Linkshand. Das war erst ein Schock, dann, nach ein bisschen Üben (vor allem Schreiben!) war es eine wunderbare Befreiung. Normalerweise denkt man da ja nicht ständig drüber nach, aber über Umwege bin ich dann auf Frau Sattler gestoßen: http://www.lefthander-consulting.org/ Natürlich hatte ich von so etwas ab und zu schon gehört, aber ich wäre nie darauf gekommen, selbst betroffen zu sein. Naja, und auf einmal verstehst du dich selbst. Ist eine sehr irre Erfahrung... Deshalb versuche ich meine Geschichte ein bisschen zu verbreiten, denn ich habe Leute kennen gelernt, die da sehr darunter leiden. Und wenn ein Bewusstsein für das Thema entsteht, dann ist das vor allem ja für Betroffene gut, weil die dann überhaupt erst einen Anhaltspunkt bekommen, wohin sie sich bei Problemen wenden können. Und vor allem in der Musik ist das auch ein wissenschaftlich interessantes Thema. Soweit ich weiß gibt es in der Ecke der Neurowissenschaften, die musikpsychologische Themen bearbeitet auch schon so etwas wie Lateraliserungsforschung. Allerdings kenne ich mich da auch nicht wirklich aus, wie der aktuelle Stand ist. Im Moment habe ich weitgehend nur meine eigenen Erfahrungen. Aber das ist auch schon interessant, nur eben natürlich nicht verallgemeinerbar. Beispielsweise entwickelt sich bei mir im Moment ein deutlich besseres Gehör. Mit ein bisschen Konzentration brauche ich keinen Referenzton mehr zum Stimmen und Intonieren.
Aber dass man als Linkshänder besser Rechtsspielen kann, wegen der Greifhand, halte ich für ein sehr weit verbreitetes Gerücht. Allen (Rechtshändern) die das glauben, empfehle ich mal ihre Geige/Bratsche provisorisch auf die rechte Schulter zu nehmen und mit der linken Hand zu streichen. Man wird wahrscheinlich schnell merken, dass die Greifhand tendenziell überbewertet ist ;)

Und Danke, Tahra, für den Link. Aber aktuell wäre das der letzte Ausweg. Ich habe jetzt auch einen Anhaltspunkt und hoffe, bald einfach mal ausprobieren zu können. Denn eine Bratsche ist schon etwas sehr feines :)

Grüße,
Fiddlesticks
 

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