Hohe Saitenlage bei einer Gitarrenlaute

@frankpaush: Ich halte dies für eine ziemlich unfreundliche Aussage, zumal du konstruktiv eigentlich bislang nichts zum Thema beigetragen hast. Was hat dich so erbost? Das mit der Oberfräse? Es gibt auch Leute, die mit so einem Ding umgehen können und nicht ins Holz hineinfahren, dass die Maschine aufheult und die Schneiden anlaufen. Oder die Schraube? Eine M6 Schraube gleitet an ihrem eigenen Gewinde ganz sanft durch ein
6er Loch, ohne nennenswerten Druck auf die Wände auszuüben oder nennenswerte Spuren zu hinterlassen. Und bei gleichzeitiger Dreh- und Längsbewegung könnte sie so ein Ding, wenn es nur ein wenig vorsteht, vielleicht doch lösen.
 
Naja, „schwindelig“ plus Smiley = unfreundlich? Bisschen empfindlich …

Aber was ist mit Fotos? Vorher wirst du wohl keine konstruktiven Antworten mehr erhalten.
 
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@Goosey

Es gibt auch Leute, die mit so einem Ding umgehen können und nicht ins Holz hineinfahren, dass die Maschine aufheult und die Schneiden anlaufen.

Ey nimms doch locker wenns geht, darum geht es doch wirklich nicht. Es ist doch nur so, dass eine alte Kiste dermassen empfindlich ist. Da kannst du deine Maschine noch so gut beherrschen, was ich dir auch einfach glaube. Ich kann mit groben Maschinen auch unter Umständen sehr feine Arbeiten machen, da hat sich schon mancheiner gewundert.
Aber die Laute ist vielleicht allein von den Vibrationen her einfach im Eimer (Leimfugen reissen auf, verdeckte Schäden kommen erst recht zum tragen) und das wäre echt schade.

Mach einfach mal und zeig uns doch deine Ergebnisse, dass überzeugt mehr als Worte und wenns klappt wärs ja prima, okäy. Verlierst ja nix dabei. Ich mache es doch genau so zur Zeit mit meiner ;)
 
Noch eine Beobachtung zur Saitenlage: Sowohl bei meiner Gitarrenlaute als auch bei meiner Renaissancelaute – einer ‚echten’ Laute, Kopie einer Laute aus dem Jahre 1602 - beobachte ich, dass Hals- und Deckenebene nicht zusammenfallen, sondern leicht zueinander geneigt sind. Das heißt, dass der Abstand der Saiten zu Hals bzw. Decke in der Mitte, also am 12. Bund, am größten ist und zu den Rändern - Sattel und Steg - hin abnimmt. Da ich nicht annehme, dass dies zumindest im Fall meiner Renaissancelaute das Resultat eines Pfusches ist - sie stammt von einem sehr guten Luthier mit damals, zum Zeitpunkt der Anschaffung, über 30 Jahren Berufserfahrung - muss es wohl eine gewisse bautechnische Begründung dafür geben. Der Luthier ist momentan nicht erreichbar, also muss ich selbst denken, und ich denke mir das so:

Die Tonschwingung wird, wie wir wissen, von der Saite auf die Decke übertragen: Von jedem Punkt der schwingenden Saite breitet sich die Schwingungsenergie kreisförmig aus, trifft auf die Decke und versetzt sie in Schwingung. Da die Amplitude einer Schwingung in einem Medium exponentiell abnimmt, wird die Stärke der übertragenen Energie vom Abstand des Punktes zur Decke bestimmt sein. Das alles aber ist hochgradig dynamisch: der Abstand des Punktes zur Decke verändert sich ständig wegen der Sinusnatur der Saitenschwingung, die Schwingung breitet sich quer zur Decke aus und trifft daher in verschiedenen Abständen zeitversetzt und in verschiedener Abschwächung auf die Decke - so erklärt sich übrigens das Anschwellen des Tons kurz nach dem Anschlag - alles in allem: ein halbwegs exaktes mathematisches Modell wäre eine gute Arbeit für einen theoretischen Physiker und führt wahrscheinlich auf eine partielle Differentialgleichung, die nur mit viel Rechnerunterstützung numerisch gelöst werden kann.

Die Alten, die nicht viel von Physik und überhaupt nichts von Infinitesimalrechnung wussten, müssen sich dieses Problem - so denke ich mir - mit ein wenig Hausverstand gelöst haben - was oft viel mehr wert ist. Der alte Luthier zur Zeit John Dowlands wird sich das so gedacht haben: Die Lautstärke wird umso größer sein, je näher die schwingende Saite an der Decke, je kleiner also die Fläche zwischen Saite und Decke ist.

Sind nun Hals und Decke exakt in einer Ebene, so ist diese Fläche zwischen Sattel, Saite Steg und Decke annähernd ein rechtwinkeliges Dreieck, die Fläche zwischen 12. Bund, Saite Steg und Decke also ein abgeschnittenes Dreieck - ein Trapez. Steht die Saite in Höhe h vom 12. Bund ab, so muss sie (Strahlensatz!) am Steg 2h über der Decke liegen - die Strecke vom 9. bis zum 12. Bund, bei Lauten schon auf der Decke, ist hier zu vernachlässigen, denn darunter liegt ja ein solider Holzklotz, und die Decke darüber schwingt daher eh kaum.

Ist nun l die Mensurlänge, so errechnet sich diese Fläche zu 3hl/4.

Wenn aber andrerseits Hals und Decke nicht in einem gestreckten Winkel zueinander stehen, sondern gegeneinander leicht geknickt sind, so ist diese Fläche annähernd ein rechtwinkeliges Dreieck mit Fläche hl/4, also nur ein Drittel der Trapezfläche!

Das heißt natürlich nicht, dass der Ton nun dreimal so laut sein wird, da ja bekanntlich die Empfindung der Lautstärke mit dem Logarithmus der Intensität wächst – das wusste der alte Luthier allerdings nicht - aber immerhin ein wenig lauter.

Der langen Rede kurzer Sinn: Ein leichter Knick zwischen Hals und Decke – und damit eine hohe Saitenlage an den höheren Bünden, die in der Lautenpraxis ohnehin so gut wie nie bespielt werden - ist an sich nicht schlimm und könnte durchaus beabsichtigt sein. Das würde ich zu bedenken geben, wenn jemand bei zu hoher Saitenlage vorschnell an eine – ziemlich aufwendige - Neueinrichtung des Halses denkt - es könnte auf Kosten der Lautstärke gehen. Dann schon lieber den Steg abtragen.

Es könnte natürlich sein, dass sich der Winkel zwischen Hals und Decke im Laufe der Zeit verkleinert, der Hals bei schlechter Verzapfung durch den Saitenzug also so stark zur Decke geneigt wird, dass auch ein Abtragen des Stegs keine befriedigende Verbesserung bringt. Das war bei meiner Gitarrenlaute so, weil der Leim nachgelassen hatte und der Halszapfen, der oben direkt an der Decke anlag – ein schwerer konstruktiver Mangel übrigens - dort im weichen Längsholz keinen Widerstand fand – der Hals wackelte und hatte die Decke schon beschädigt, eine Reparatur war unumgänglich. Ich habe nun den Halszapfen oben etwas abgetragen, einen dünnen Querriegel aus Esche im Halsklotz direkt unter der Decke verzapft und den Hals in ursprünglicher Position neu eingesetzt. Das sollte für die nächsten Jahrzehnte halten. Nur natürlich, die Saitenlage … Also wieder mein ursprüngliches Problem: Steg abtragen oder neuen Steg einsetzen.

Und noch ein Nachtrag: Bei meiner türkischen Oud, sehe ich gerade, liegen Hals und Decke exakt in einer Ebene. Warum das wiederum so ist, weiß ich nicht – die arabischen Lautenbauer dachten sicher nicht weniger über ihre Arbeit nach als die europäischen. Und rein gefühlsmäßig klingt die Oud auch nicht schwächer als die europäische Laute, etwas dunkler sicher, aber das hängt wohl damit zusammen, dass der vom Volumen her wohl doppelt so große Korpus die tiefen Komponenten einer Tonschwingung stärker unterstützt. Allerdings setzt bei der Oud der Korpus nicht wie bei der europäischen Laute am 9. Bund, sondern schon bei der Quintlage an, also am 7. Bund – wenn sie Bünde hätte. Das heißt: 2/3 der Saite liegen über der Decke! Die längere Strecke über der Decke kompensiert also möglicherweise den durch die lineare (und sicher einfacher zu realisierende) Ausrichtung von Hals und Decke bedingten Verlust an Lautstärke.
 
Deine Überlegungen mögen richtig sein, und ich gehe davon aus, dass deine Rrenaissancelaute ein vernünftiges Instrument ist. Die Wandervogellauten waren aber idR. Billiginstrumente für die "große Fahrt" und entsprechend stabil und grob gebaut. Ich vermute – da ich ja keine Bilder habe – dass die Saitenlage von Anfang an viel zu hoch war, wie bei sehr vielen dieser Instrumente. Bedenke, dass du, um im 12. Bund einen Millineter weniger zu erhalten, am Steg 2 mmm abnehmen musst. Für 2 mm dann eben 4 mm usw. Hast du dafür wirklich genügend Material am Steg? :nix:
 
Dass die hohen Bünde in der Lautenpraxis kaum gespielt werden ist Mythos - die alten Tabulaturen erfordern sie häufig.

Stahlsaiten waren (bei "Wanderlauten") durchaus in Gebrauch. Nils Sörnsen empfiehlt zwar 1924 in seinem Büchlein "Meine Laute" ausdrücklich Darmsaiten (entsprechen in der Spannung in etwa Nylon), räumt aber ein: "Wenn der Wandervogel mit der Laute auf Fahrt geht, wo sie Wind und Wetter ausgesetzt wird, sind Stahlsaiten allerdings am rechten Ort". Wenn man aber bei Ebay eine alte Laute erwirbt, die mit diesen alten "Drähten" bezogen ist, sind das die am meisten verzogenen Instrumente.

Das Herabschleifen des Steges ist wie hatschipu schon schrieb Grenzen unterworfen. Da würde sonst nur noch ein neck-reset helfen, was bei einer Wanderlaute nur aus echter Liebhaberei durchgeführt würde.

Habe es mal gemacht, allerdings mit Hilfe eines Lautenbauers. Es handelte sich aber nicht um eine Wander-, sondern um eine hochwertige Gitarrenlaute:

http://www.fingerpicker.de/forum/vi...tdays=0&postorder=asc&highlight=gitarrenlaute
 
Halswinkel und Steghoehe haengen voneinander ab.
Generell ist ei hoeherer Steg empfehlenswert, denn der erregt mit einer groesseren Amplitude die Decke.
Die Saitenlage sollte bei einem bundierten Instrument so tief wie moeglich sein, damit der zwangslaeufig entstehendenVersatz beim Griff minimiert wird.
Gleichzeitig brauche ich eine minimale Saitenlage fuer den Platz fuer die schwingende Saite.

Die Oud ist in der Regel nicht bundiert, hier kompensiert der Spieler den Versatz, was bei einem bundierten Instrument nicht geht....
 
ich denke mir das so:

Die Tonschwingung wird, wie wir wissen, von der Saite auf die Decke übertragen: Von jedem Punkt der schwingenden Saite breitet sich die Schwingungsenergie kreisförmig aus, trifft auf die Decke und versetzt sie in Schwingung. Da die Amplitude einer Schwingung in einem Medium exponentiell abnimmt, wird die Stärke der übertragenen Energie vom Abstand des Punktes zur Decke bestimmt sein.

Hi, Goosey,
Die Theorie ist mir aber neu!:weird:
Wenn sie stimmen würde, käme aus einer Harfe kein hörbarer Ton heraus, da sich die Saiten sehr rasch von der Schalldecke entfernen.
Nach meiner (rein praktischen) Erfahrung, die zufällig die gängigeren Theorien über Saiteninstrumente bestätigt, werden die Schwingungen der Saiten nicht über die Luft, sondern über eine feste, physische Koppelung auf die Schalldecke übertragen: bei den Lauteninstrumenten (Gitarre, Mandoline, Banjo, Cister etc.), den Zithern und den Leiern über einen Steg, bei den Harfen über eine feste Verankerung der Saiten in der Schalldecke. Die moderne Autoharp hat zwar keinen Steg als solche - aber jede Saite liegt seitlich an einen Pfosten (bridge-pin) an, der im Rahmen steckt. Der Pfosten überträgt die Saitenschwingungen an den Rahmen, der sie an die Schalldecke weitergibt. Also auch bei dieser innovativen Anordnung eine feste, mechanische Koppelung!

Wo der Abstand Saite/Resonanzbauteil eine rolle spielt ist bei den induktiven Tonabnehmern. Aber hier geht es um elektrische, nicht um akustische Wirkungsweisen.

Es ist daher unerheblich, ob die Saiten über eine lange Strecke (wie z.B bei der Laute) oder über eine kurze Strecke (wie z.B. beim Banjo) parallel zur Decke verlaufen - Hauptsache, der Steg sitzt am richtigen Punkt, um die Schwingungen optimal zu übertragen.

Für mich hat die Saitenlage - d.h. Höhe über Griffbrett bzw. Decke - praktisch nur mit der Bespielbarkeit zu tun.

Cheers,
Jed
 
Hatte selber mal festgestellt, dass meine Waldzither mit höherem Steg deutlich lauter ist. Ein Lautenbauer hat es mir dann plausibel erklärt: Es liegt einfach nur daran, dass bei gleicher Mensur durch den höheren Steg die Saitenspannung zunimmt - so wirt aus einer medium-, eine hard-tension, was kräftiger klingt...
 
Warum sollte die Spannung bei hoeherem Steg zunehmen?
Die Spannung bestimmt die Frequenz, das war's.
Wenn also die Spannung zunimmt, wird der Ton hoeher, Du musst herunterstimen, also Spannung rausnehmen.
Was sich aendert ist der Hebelarm des Steges, damit also die Kraft, die der Steg auf die Decke ausuebt.
 
Logisch...
Dann wird sie also wegen des stärkeren Druckes des Steges (bedingt durch die stärkere Hebelkraft) auf die Decke lauter.
Wahrscheinlich hat er mir das sogar auch so erklärt... Ist schon länger her.

Meine jedenfalls auch, dass es nicht daran liegt, wie nahe, bzw. weit die Decke von den Saiten entfernt ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Anpresskraft haengt inder Tat vom Saitenwinkel ab, nicht von der Steghoehe
aber meist bedingt das eine das andere.....
 
@Corkonian: Ja, das stimmt!
Allerdings sind Laute und Waldzither, was den Steg angeht, zwei Paar Stiefel. Das Prinzip lässt sich nicht 1:1 von der einen auf die andere übertragen.
Die Waldzither gehört zu den Instrumenten mit beweglichem Steg (wie Mandoline, Banjo und die Streichinstrumente). Die Saiten werden zwischen Stimmechanik und Saitenhalter gespannt, und der Steg wird darunter geklemmt. Es entsteht ein "Anpressdruck", der den Steg festhält und die Schwingungen der Saiten an ihn überträgt.
Bei der Laute und der Gitarre dient der Steg der Verankerung der Saiten in der Resonanzdecke (analog zur Harfe). Der Steg ist integraler Teil der Decke. Und da die Saiten am Steg befestigt werden, gibt es keinen Anpressdruck, den man durch Veränderung der Steghöhe beeinflussen könnte.

Im Übrigen entsteht bei den Instrumenten mit beweglichem Steg der meiste Anpressdruck im Saitenabschnit zwischen Steg und Saitenhalter, wo die Saiten relativ steil zum Deckenrand abfallen. Und dieser Abschnitt fehlt bei Laute und Gitarre.

Cheers,
Jed
 
Nicht notwendigerweise. Ich habe auch Gitarren und Irish Bouzoukis mit fliegendem Steg und Saitenhaltern am Korpusunde. Aber das ist schon richtig, die sind grundsaetzlich anders beleistet, die Krafteinleitung ist eine andere.
 
@Corkonian:
Ja, stimmt, es ist im Laufe der Zeit zu einigen Hybridisierungen gekommem.

Wie ich es sehe, hatten wir in der Barokzeit an Zupfinstrumenten einerseits die Laute und Gitarre, die mit Darm besaitet waren, und andererseits die Cister, die Drahtsaiten hatte. Die Darmsaiten wurden an einem aufgeleimten Steg verknotet; die Drahtsaiten der Cister hatten dafür zu viel Spannung, also musste der unterständische Saitenhalter her.
Als auch die neapolitanische Mandoline Stahlsaiten bekam, kam auch dort ein Saitenhalter zum Einsatz.

Das Banjo dagegen - obwohl in seiner frühzeit auch mit Darm besaitet - hat bekanntlich keine Schalldecke, worauf man einen Steg hätte aufleimen können. Also hatte es von vorn herein einen Saitenhalter. Als die unempfindlicheren Stahlsaiten aufkamen, konnte man ein Banjo ohne weiteres umrüsten. Eine Gitarre aber nicht - der Steg wäre weggebrochen. Also bekamen die frühen Stahlbesaiteten Gitarren auch Saitenhalter. Irgendwann kam die Idee auf, Gitarren und (deutsche) Lauten Stahltauglich zu machen, indem man die Saiten mit Stiften in der Decke verankerte. Das entlastet die Klebestelle des Stegs.

Das irische Bouzouki ist eine Variante der Cister (mit 2-chörigen Stahlsaiten) und hatte ursprünglich einen Saitenhalter. Allerdings bewegt sich das irische Bouzouki in den selben Kreisen wie die Dreadnaught-Gitarre, und manche Hersteller haben die Stegtechnologie der Dreadnaught übernommen. Die Nachteile eines nicht beweglichen Stegs werden wohl in Kauf genommen.

Wie gesagt: mein Blick auf die Entwicklung des Stegs. Kommt diese Ansicht geschichtlich hin?

Cheers,
Jed
 
Hi, das stimmt im Großen und Ganzen, bis auf
Irgendwann kam die Idee auf, Gitarren und (deutsche) Lauten Stahltauglich zu machen, indem man die Saiten mit Stiften in der Decke verankerte.
Barockgitarren hatten, wie die Laute, einen aufgeleimten Steg ohne Stegeinlage. Mit der Weiterentwicklung der Gitarre erhöhte sich auch die Lautstärke, die Saiten wurden dicker und somit erhöhte sich der Zug. Seit dem Biedermeier – also dem frühen 19. Jh. – haben praktisch alle mitteleuropäischen Gitarren den Steckersteg. Das ist sicher zum Teil auch dem nun höheren Zug der (Darm)-Saiten geschuldet. Metallsaiten waren aber nicht anzutreffen.

Die deutschen Lauten und Wandervogellauten der Jahrhundertwende sind nun eigentlich nur Gitarren in Lautenform und auf die Mode zurückzuführen – wir befinden uns in der ausgehenden Romantik. Man sang eben "Lieder zur Laute", "Songs zur Gitarre" kamen erst 60 Jahre später. :) Mit dem Ende des 19. Jhs. kam der Knüpfsteg wieder auf. Torres entwicklete die "moderne" Konzertgitarre und verwendete den dort üblichen Steg. Die ersten Instrumente hatten sogar noch keine Stegeinlage sondern hingen an der Schlaufe, genau wie Lauten. Das sollte sich allerdings schnell ändern, denn mit der Stegeinlage lassen sich höhere Lautsärken erreichen, man kann mit mehr Kraft spielen. Diese Gitarre setzte sich nun schnell auch im nördlicheren Europa durch und brachte den Knüpfsteg wieder mit zurück.

Aber zu den Sthlsaiten: Sor oder Giuliani haben sicher nur auf Darm gespielt. Die Wandervogelinstrumente hingegen sollten mit auf Fahrt, waren Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen ausgesetzt. Darmsaiten machen das nicht lange mit und reißen. Metallsaiten hingegen sind wesentlich robuster, und so wurden auf viele der Lauten und Gitarren eben Stahlsaiten aufgegzogen. Vom Zug her war das gerade noch möglich, sie hatten einen recht dünnen Kern und waren mir (versilbertem) Kupferdraht umsponnen. Manche hatten noch eine Seidenbeilage, um einen weicheren Ton zu erreichen. Diese Saiten gib es heute noch als "Silk & Steel", ohne Seidenbeilage werden sie im Gypsy-Jazz verwendet. Oder heißen "Optima Bergfee". Natürlich waren viele der Instrumente letztlich doch mit dem höheren Zug überfordert, im Laufe der Jahrzehnte verzogen sich die Hälse, weshalb viele der alten Wandervogellauten ziemlich unspielbar geworden sind.

Nebenbei: Agustin Barrios ((1885-1944) spielte auf der Konzertgitarre ebenfalls Stahlsaiten. Warum? Er lebte in Paraguay und in dem feuchten Klima sind die Darmsaiten verrottet. Bei seinem Besuch in Europa soll er angeblich Darmsaiten gespielt haben.
 
Danke, hatschipu!
Das mit dem "Knüpf dann Stift dann wieder Knüfp" bei der Gitarre war mir nicht so bewusst.
Ich habe "Irish bouzouki" gegoogelt und gemerkt, dass dort fliegende und Stiftstege ziemlich gleichmässig verteilt sind. Es handelt sich ja um ein neu entwickeltes Instrument, welches das "DNA" von verschiedenen älteren Instrumente in sich trägt - mal kommen die Cittern-Gene im fliegenden Steg, mal die Gitarren-Gene im Stiftsteg zum Vorschein!
Was uns wieder vor Augen führt, dass Musikinstrumente keine tote Materie sondern praktisch Lebewesen sind!:D

Cheers,
Jed
 
Also ich lebe auf der kleinen gruenen Insel am Rande der Zivilisation - vulgo: Eire - und ich habe hier bislang ausschliesslich Irish Bouzoukis mit Saitenhalter und fliegendem Steg gesehen....
 
Corkonian,
es freut mich, das zu hören!
Meine Bemerkung zur Verteilung der verschiedenen Stegarten bezog sich lediglich auf die Fotos, die erschienen, als ich "Irish bouzouki" googelte. Kann gut sein, dass diejenigen, die Stege wie Dreadnaught-Gitarren haben, aus einem Land jenseits des Randes der Zivilisation stammen ...

Cheers,
Jed
 

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