... aber eigentlich hatte ich eher nach Ideen und Tipps gesucht, wie ich eine Vortragssituation besser überstehen kann.
Nebenwirkungsfreie Möglichkeiten:
1. begleitend und mittelfristig sinnvoller Baustein wäre ein bewährtes Entspannungstraining zu lernen, z.B. progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder Autogenes Training,
2. Performance-Routine entwickeln.
Sich selbst aufzunehmen ist dabei der erste Schritt von 2. und äußerst sinnvoll, weil Du die Anforderungen an dich vollständig kontrollieren kannst.
Wenn Du also derzeit Beeinträchtigungen der Performance "im stillen Kämmerlein" erlebst, sobald eine rote LED leuchtet, ist mein Vorschlag, beim "Performance-Level" zunächst einen oder mehr Gänge herunterzuschalten.
Anstatt Stücke aufzunehmen, die in der Anforderung deinem jetzigen Stand entsprechen, könntest Du Stücke einspielen, die ein oder mehrere Schwierigkeitsgrade leichter einzuschätzen sind.
Stress und "Unfallrisiken" steigen natürlich auch, je weniger Du deine Stücke "im Schlaf" bzw. (fast) auswendig spielen kannst.
Das angepeilte Ziel spielt auch eine Rolle, es geht z.B. nicht um "Blattspiel"-Routine, sondern um musikalische Performance gründlich geübter Stücke.
Konkret könnte zum Beispiel die selbstgestellte Aufgabe sein: "ich spiele eine Aufnahme von Beethovens Für Elise als fehlerfreie und wohlklingende Aufnahme ein", obwohl Du für den Unterricht schon wesentlich schwierigere Stücke vorbereitest bzw. sonst "spielen kannst".
Der Weg zu weniger "Lampenfieber" beginnt also mit ziemlich oder sogar sehr leichten Stücken, die richtig gut gelernt und vorbereitet sind.
Mit erst einem und schließlich einer ganzen Handvoll solcher Stücke kannst Du trainieren, dich aufzunehmen, bis es dir vollkommen gleichgültig ist, ob gerade die Aufnahme läuft oder nicht.
Gelingt es dir, bei diesen Aufnahmen cool zu bleiben, checkst Du mit dem zeitlichen Abstand von ein paar Tagen diese jüngsten Aufnahmen: technisch sind sie fehlerfrei sowieso, aber stimmt auch die musikalische Aussage?
Repertoire in Stückesammlungen gibt es für Klassik, Pop, Rock, Jazz in den diversen Schwierigkeitsgraden, sofern Du diese Noten für deine Lieblingsmusik nicht bereits hast.
Wenn du soweit vom Ergebnis deiner Arbeit richtig überzeugt bist, könntest Du dir einige Meinungen zu deinen 1-2 besten Aufnahmen einholen, z.B. von "grundsätzlich wohlgesonnenen" Menschen aus Familie und Freundeskreis.
Das geht dann solange, bis Du auf diesem Weg bei Stücken auf deinem aktuellen Leistungsstand angekommen bist.
Der erste Schritt für "Öffentlichkeit" wäre ähnlich schlicht. Obwohl Du inzwischen weiter bist, holst Du jemand aus der Familie oder dem Freundeskreis zum Vorspiel deiner leichteren Stücke, die absolut sicher sitzen, also "im Schlaf". Wenn das als zuviel an Stress statt Spaß vorausgesehen wird, dann bist Du noch nicht ganz soweit. Fühlst Du dich "fast fit" , könntest Du das "Vorspielen" zunächst nicht gleich als "Konzert", sondern pseudozufälliges Zusammentreffen arrangieren. Du verabredest dich bei dir, wenn Du noch "übst" und spielst gerade noch eines deiner leichteren Stücke, wenn dein Zuhörer dazukommt.
Wenn das alles klappt, würde es meines Erachtens nach Zeit, sich ein oder zwei Ensembles deiner bevorzugten musikalischen Richtung anzuschließen, um irgendwann öffentliche Auftritte zu erleben.
Die Anforderungen des ersten Ensembles sollten natürlich für dich gut beherrschbar sein.
Wächst Du darüber hinaus, findet sich sicher ein anderes.
Das Muster ist immer das Gleiche: voraussehbare Erfolgserlebnisse schaffen, erst privat und dann immer mehr öffentlich.
Was dein "Misserfolgs-Geheimnis" betrifft, da hast Du einen wichtigen Lernmechanismus gefunden.
Grundsätzlich kann man (üblicherweise unfreiwillig) die Steigerung von "Lampenfieber" und dessen Folgen genauso einüben wie man umgekehrt erlernen kann, damit so umzugehen, bis nur ein Kribbeln bleibt, das dann auf der Bühne zur positiven Energie für einen guten Auftritt wird.
Falls es für dich von Interesse ist, der folgende Link, dessen Thread und die Links in den Beiträgen führen zu einigen weiteren Aspekten der "Lampenfieber"-Diskussion:
https://www.musiker-board.de/plaude...eber-probleme-beim-schlucken.html#post6432497
Gruß Claus