Theorie lernen, aber wie..?

Reelo
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Hallo,

mal kurz zu meiner Person und meinem Problem:

Ich spiele seit meinem 13. Lebensjahr (da ich dieses Jahr 30 werde sind das dann 17 Jahre) Gitarre, vorwiegend elektrisch, aber auch akustisch.

Zwar spiele ich meistens Metal, mein Musikgeschmack ist aber durchaus weit gefächert, von 70s über Progrock, Blues, Jazz, Klassik usw.
Gitarre spielen kann ich eigentlich gut, mal abgesehen davon dass ich nicht besonders schnell solieren kann. Ich glaube aber von mir behaupten zu können, dass ich kein schlechtes Rhytmusgefühl besitze.

Nun zu meinem Problem: Seit längerem fasziniert mich die Welt der Jazz-Musik, und obwohl ich jetzt weit davon entfernt bin, mich darin gut aus zu kennen, ist Jazz etwas, das ich gerne für mich persönlich auf der Gitarre lernen will.
Jetzt kommt's: Ich kann keine Noten lesen und habe auch nie Harmonielehre gelernt.
Durch meine Erfahrung als Gitarrist (nicht zulezt auch weil ich gerne über theoretische Sachen lese, auch wenn ich's nicht gleich begreife) würde ich mal wagen zu behaupten dass ich, zumindest von klassischer (oder nicht-jazz) Harmonie etwas Ahnung habe (zumindest mehr als man von einem Autodidakten erwarten könnte), sprich, ich weiss wie Akkorde gebildet werden, wie die einzelnen Tonleiter zueinander stehen, weiss was vermindert, übermässig usw ist.

Jazz jedoch ist für mich ein Buch mit 7 Siegeln. Ich habe mir mal ein Buch (speziell auch für Gitarre) gekauft (Michael Sagmeister) aber ich hab's irgendwie doch nicht geblickt. Ich hatte das Gefühl dass meine "Ungebildet-heit" mir irgendwie im Wege steht.

Um's mal anders zu umschreiben: Ich kann z.B. Arabische Schrift fliessend lesen und schreiben, aber ich verstehe die Sprache nicht, also das was ich lese.

Es ist irgendwie zum Verzweifeln. Natürlich könnte ich jetzt am hiesigen Konservatorium Unterricht nehemen, aber bis ich mal zu dem käme was ich eigentlich lernen will, müsste ich mich durch Jahre von Zeug quälen, à la "Do Re Mi Fa..."

Kann mir dazu irgend jemand nen Rat geben? Ich wäre überglücklich irgendwann mal so richtig schön jazzen zu können, aber wenn das bedeutet dass ich mit Vorschulkindern Noten pauken muss törnt mich das echt ab...
 
Eigenschaft
 
Das Sagmeister-Buch kenne ich ... das habe ich auch mal wochenlang verzweifelt mit mir herumgetragen und hatte "schlechtes Gewissen", weil ich absolut nix von dem verstanden habe, wovon da die Rede war ... schien mir sehr praxisfern damals ...

Wenn Dich die Musik wirklich begeistert und wenn Du, wie du schreibst, recht fit auf der Gitarre bist, dann such´ Dir doch einen (Jazz-)Gitarristen, und versuch mal eine Zeit lang, dessen Sachen nachzuspielen.

Dabei lernt man unheimlich viel: Gefühl für (Jazz-)Formen, für Timing, für Phrasensetzen, für rhythmische Motivik, für die Welt der Jazz-Harmonik ... wobei es (für den Lernerfolg) ziemlich gleichgültig ist, ob man es letzten Endes wirklich gut zusammenbringt, die Vorlage tatsächlich 1:1 nachzuspielen ...

LG, Thomas
 
Finde den Vorschlag von turko sehr gut, weil es (bei mir bisher) Funktioniert :) Such dir einige Dinge die dir wirklich wert sind sie mal spielen zu können und imitiere es. Dann mach dir über die Struktur Gedanken (Formverlauf, harmonischer Rhythmus, Spanugsbogen, die Art der Melodik, Abstände der Töne und eben alles was turko schrieb). Dadurch lernt man eine Mengen sofern man sich darüber auch strukturelle Gedanke macht. Wenn man sich keine Gedanken darüber macht sonder es nur mechanisch eintreniert um es spielen zu können, lernt man nur insofern was, als das man halt etwas mechanisch eintreneirt hat und es spielen, aber daher nicht im vollem Umfang damit Arbeiten kann, weil man eventuelle nicht weiß wo man es einsetzen kann usw. ;)

Ansonsten kann das eine oder andere Jazz-Buch in Sachen Harmonielhere nicht schaden, wobei mir bisher nicht wirklich etwas mit Stringenz und Eindeutigkeit begegnet ist, und es eher der Begrifflichkeit zwecks verbalisierung dienlich war, weil nichts wirklich untriviales (mal von Modulationen und der gleichen abgesehen) gelehrt wird und sich alles auch so als "Musiker" ohne diese Bücher erschließt (halt bis auf die Begriffe um sich mit andere darüber zu unterhalten). Sikora wäre wohl gut für dich und ist durchaus im deutschen Sprachraum, nach dem ich letzte Woche alle restlichen Bücher zum Thema in diversen Geschäften überschlagen habe, DAS Buch schlechthin, weil es einfach nichts bessere gibt außer einem richtigen Studium :)

Betrachte die Bücher als etwas um
1. eventuell neue Harmonische Dinge zu lernen (anm.: wobei man da mit turoks Vorschlag imho viel mehr lernt als in den beschenkten Büchern),
2. als grobes Mittel zwecks Kommunikation. Es ist nicht schlecht wenn man mit bandkolegen übe Klangereignisse verbal diskutieren kann wie z.B. "hey, Mark und Steve lass mal was ausprobieren. Mark tief-alteriere mal die Quinte der primär Domiante (dominante auf Stufe 5) im 4. Takt von der bridge und lass den Basston weg. Steve in jeden zweiten durchgangn deute mal mit dem Bass auf der eins die Dominante in ein tritonus substituierte domiante um. Glaube das könnte ein wenig mehr Farbe rein bringen falls mich mein Ohr nicht wieder täuscht ^^." Sollte klar sein dass das schneller geht (wenn man eingespielt ist) als jedes mal erstmal vor zuspielen oder ggf. an deren Instrumenten zu zeigen was man meint.
3. Analyse- und Tranksriptionswekzeug.
4. Eventuelle neue Sicht auf Harmonische Begebenheiten die eventuelle neue Möglichkeiten aufzeigen (siehe anm. in Punkt 1).
5. Irgendwas war da noch, und hab es gerade vergessen :gruebel:

Auf jeden Fall solltest du die Basics lernen: Intervalle, grobe Notationskentnisse damit man mal eine Melodie aufschreiben und lesen kann (enharmonik ist dabei aber wurscht imho kann aber nciht schaden wenn man wert darauf legt wie ich), alle gängigen Bezeichnungen der Akkordsymbolik und wie sie aufgebaut und zu verstehen sind (dazu gehören auch "bitonale" Schreibweisen, upper-chords, etc), spanungszustände (tonisch, subdominatisch, dominantisch) sprachlich mit dem Ohr in Verbindung bringen. Mehr braucht man nicht, der Rest ist Abstrakter und erschließt sich einem auch so ohne irgendwelche komplizierten Begriffe wie sie die echte(!) klassische Harmonielhere in der Funktionstheorie benutzt.

Ansonsten, Ohren aufmachen, analysieren usw. Die Werkzeuge zur Analyse liefern dir wie gesagt diverse Bücher oder du entwickelst ein eigenes oder ein misch-System aus bestehenden mit eigenen Erweiterungen (würde aber dennoch empfehlen erstmal paar Bücher gelesen und soweit grob verstanden zu haben um zu wissen was geht und wo man ansetzen kann um es für sich selbst anzupassen). Letztendlich geht es nur darum Harmonisch-Melodische Gegebenheiten soweit wie möglich zu begreifen um es für eigene Zwecke einsetzen zu können und sogar ad hoc zu re-harmonisieren, modulieren etc. ohne aufs "auswendig lernen" angewiesen zu sein. Das funktioniert, unteranderem(!), am besten imho über eine "mathematische" bzw. strukturelle Sichtweise in den man sich alles anhand der Abstände und Beziehungen der Töne zu einander vergegenwärtigt.

my 2 cents and hth
offminor
 

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