Trugschluss als Zwischendominante

Porkel
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Servus Zusammen,

normal bin ich eher im Bassteil als Schreiberling tätig, aber eine Frage beschäftigt mich jetzt schon seit ca. 5 tagen und ich hab erst wieder in 2 wochen bass-unterricht.

also es geht um den Trugschluss, speziell um diesen Wikipedia Artikel
Dort wird geschrieben, dass als Trugschluss auch eine Zwischendominante hergenommen werden kann mit diesem Beispiel:

Eine in ihrer Wirkung überraschende Zwischendominante
In C-Dur: C - G - Cis

meine Frage: Inwiefern ist Cis in C-dur eine zwischendominante bzw. wie leite ich diese her? (hab mir da in letzter zeit gedanken drüber gemacht, aber da ich musiktheorie noch nicht so lange behandle bin ich einfach auf keine lösung gekommen.)

danke schonmal für eure antworten
 
Eigenschaft
 
Zunächst zum Wiki-Artikel.
Dem Artikel würde ich schon auf den ersten Blick wenig Vertrauen entgegen bringen, da schon im dort zu sehenden Notenbeispiel in der Stimmführung zwischen Subdominante und Dominante Quint- und Oktavparallelen stehen. Der Artikel muss dringend bearbeitet werden!
Außerdem ist der dort zu sehende Trugschluss meiner Auffassung nach stimmführungstechnisch falsch ausgeführt.
Ich kenne folgende Regel:
Ein Trugschluss ist eine Schlussbildung, bei der alle Stimmen regelrecht einen Schluss ausführen und nur der Bass eine Stufe steigt, statt vom Dominant- zum Tonikagrundton fortzuschreiten.
In Dur ergibt sich dabei nur ein Mollakkord und in Moll ein Durakkord.
z.B.
F - Bb - C7 - dm (in F-Dur)

fm - bbm - C7 - Db (in f-Moll)

Darüberhinaus sind Trugschlüsse auch sehr häufig, die aus der Varianttonart entlehnt sind.
D.h. es gibt auch einen Dur Trugschluss in Dur
zb.
F - Bb - C7 - Db (in F-Dur)

oder einen Moll-Trugschluss in Moll
zb.
fm - bbm - C7 - dm (in f-Moll)

Einen anderen Fall kenne ich nicht. D.h. dann kann es sich auch nicht um einen echten Trugschluss handeln. Ich meine jedenfalls, dass die Definition, die ich oben angeführt habe, dringend beachtet werden sollte.
1. die Stimmen lösen sich alle regelrecht auf.
2. lediglich der Bass vollzieht schrittweise die Bewegung in eine Trugschlussharmonie, die aber auch aus der Varianttonart entlehnt sein kann.

Eine Zwischendominante würde ja nur sinnvol sein, wenn diese z.b. über Umwege auf die S (in Moll s) gerichtet ist. (Sinnvoll, da die übliche Fortscheitung nach einem Trugschluss auch oft subdominantisch ist...)
z.b. kann ich mir folgendes vorstellen:
F - Bb - C - A7/C# ... und dann weiter z.b: Bb/D - C7 - F
Es hat jedenfalls so ein bisschen die Wirkung eines Trugschluss' und lässt sich auch noch über die Regel herstellen - alle lösen sich quasi regelrecht auf und der Bass geht schrittweise aufwärts.

Das C#-Dur [als Klammerdominante zu f#m / F# ???] in dem C-Dur-Beispiel auf der Wiki-Seite lässt sich aus meiner Regel-Sicht jedenfalls nicht erreichen und ist daher auch kein Trugschluss!

Jemand anderer Meinung?
 
Das o.g. Wikipedia-Beispiel kann man mit der klassischen Harmonielehre wohl nicht erklären.

Wie wäre folgende Erklärung:

Der Trugschluss ist eine allgemeine Bezeichnung für jede Akkordverbindung welche eine Erwartungshaltung auf die Tonika zwingend aufbaut diese dann aber nicht einlöst.

Statt C erschein Cis. Dies wird aber vom Ohr noch akzeptiert, da der Akkord als chromatische Rückung gehört wird. Die Intervall-Struktur bleibt ja, sozusagen als Trost des Betrogenen, vollkommen erhalten.

Nun wird der Cis-Dur-Akkord umgedeutet als Dominate und z.B. zu fis-Moll aufgelöst.

Gruß
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Cis ist im WP-Artikel als Zwischendominante angegeben.

Wahrscheinlich ist damit eine Tritonussubstitution der Dominante G7 gemeint, also eine Stellvertreterdominante, was aber aus dem Jazzharmonielehrebereich kommt.

Cis als Tonikavertreter anzusehen, wie der Artikel suggeriert, halte ich für eine überaus abenteuerliche Behauptung, ansonsten behaupte ich, daß das E-Dur-Beispiel eine (verdurte) DominantParallele ist...:D

Fugato hat recht, was die Stimmführung im Artikelbeispiel anbelangt.
 
Wahrscheinlich ist damit eine Tritonussubstitution der Dominante G7 gemeint, also eine Stellvertreterdominante, was aber aus dem Jazzharmonielehrebereich kommt.
Gut, meine Kenntnisse der Jazz-Harmonielehre sind noch ausbaufähig. Wohin könnte/sollte sich Tritonussubstitution dann auflösen?

Im entsprechenden Wikipedia-Artikel heißt es:
Zwischendominanten oder auch Sekundärdominanten sind Akkorde mit dominantischem Charakter, die sich in einen von der Tonika verschiedenen Klang auflösen.
Fis-Moll würde dies erfüllen, ist ja von der Tonika verschieden. Nur, welche Beziehung wäre für den Cis-Dur-Akkord im C-Dur-System überhaupt herstellbar? Ihn als einen chromatisch gerückten C-Dur-Akkord zu sehen erscheint mir dazunächst nicht abwegiger, als die Überlegung mit der Tritonussubstitution.

Mit der engeren herkömmlichen Trugschluss-Definition, auf die sich fugato bezieht, kommen wir hier nicht weiter. (Bezüglich der Stimmführung im Wikipedia-Beispiel hat er natürlich recht.)

..das E-Dur-Beispiel eine (verdurte) DominantParallele...
Naja, das Beispiel wurde im Wikipedia-Artikel ja als "Klang aus dem Bereich der Terzverwandtschaft" bezeichnet.

Wir setzen bei dem Ganzen natürlich mal voraus, daß Wikipedia kein Fehler passiert ist. Falls meine Überlegungen Mängel aufweisen: Ich lerne gerne hinzu.

Gruß
Klaus
 
Wohin könnte/sollte sich Tritonussubstitution dann auflösen?
Traditionell löst sich eine Dominante nach der Tonika auf.
Bsp. G7 => C

Sie kann sich aber auch in Dominanten auflösen.
D7 => G7

Es gibt darüber hinaus noch weitere Auflösungsmöglichkeiten, was aber zu weit führen würde. Nun ist es so, daß es Stellvertreterakkorde gibt, die anstelle der eigentlichen Akkorde eingesetzt werden können.

Ein Stellvertretertyp ist die Tritonussubstitution, das ist ein Akkord, der genau am anderen Ende des Quintenzirkels zu finden ist - er liegt, wie der Name schon vermuten läßt, einen Tritonus entfernt von Ausgangsakkord.

Bsp. G7 kann durch Db7 ersetzt werden. Normalerweise leitet man die Tritonussubstitution von einem symmetrischen Akkord ab:

G7/b5 hat exakt die gleichen Töne wie Db7/b5, weshalb er umdeutbar ist, die Variante als einfacher Dom7-Akkord ist also eine abstrahierte Form dieses Schlüsselakkords..

G7 leitet nach C, Db7 nach F#. Über die Tritonussubstitution kann man also über G7 bzw. Db7 sowohl nach C als auch nach F# führen. Das Tongeschlecht der Tonika ist nicht von Bedeutung, somit hat man vier Zielakkordmöglichkeiten:
C-Dur, C-Moll, F#-Dur und F#-Moll.

Ich hatte es hier am Board bereits einige Male ausgeführt, wie Quintenzirkel und Chromatik korrellieren, das kannst du bei Bedarf nochmal suchen, zusammengefaßt kann man sagen, daß sie und ihre Komplementäre die einzige Möglichkeit sind, bei gleichbleibenden Intervallen alle 12 Töne in einer endlosen Kette zu verbinden, was vermutlich der Grund ist, warum die Tritonussubstitution so gut funktionieren kann.

Eine Rückung ist eine Art harter Modulation, was bedeuten würde, daß C# als Tonart weitergeführt werden müßte. Hier jedoch bleiben wir ja in der Tonart, nur der Überraschungseffekt soll herausgestellt werden, weswegen ich keine Rückung sehen kann.

Das Beispiel ist aber auch sowas von bescheuert, ich frage mich, wie so etwas das in WP geschafft hat...
 
Danke für die Antworten, jetzt bin ich´n bisschen schlauer, ich hab mal´n bisschen auf´m klavier rumprobiert und der C# löst sich wirklich am schönsten in F#m auf, aber im gesammten, also C, G, C#, F# hört sich das ziemlich ungewohnt an ;D

nochmal danke und wg. dem wie des auf WP gekommen ist weiß nur gott :D
 
Danke für die Antworten, jetzt bin ich´n bisschen schlauer, ich hab mal´n bisschen auf´m klavier rumprobiert und der C# löst sich wirklich am schönsten in F#m auf, aber im gesammten, also C, G, C#, F# hört sich das ziemlich ungewohnt an ;D
Ja, der Cis-Dur-Akkord in C-Dur ist natürlich ein Überraschungseffekt. Mit der Auflösung nach zum fis-moll-Akkord wäre eine Modulation nach fis-moll durchgeführt. Das könnte man noch durch eine volle Kadenz bestätigen.
Die Modulation ist eine der Möglichkeiten, für die eine Zwischendominante verwendet wird (siehe Wikipedia).

Falls wir aber in C-Dur verbleiben wollen, wie PVaults es sieht,
Hier jedoch bleiben wir ja in der Tonart, nur der Überraschungseffekt soll herausgestellt werden..
dann klänge es schöner, man würde diese Akkordfolge wählen:

C - G - Cis - G -C

Die Zwischendominate würde dann nur kurz, das heißt ohne weiterreichende Konsequenzen auftauchen, wie es als weitere Möglichkeit im Wikipedia-Artikel steht.

Diese Folge klingt für mich überraschend plausibel und kann sicher von der Stimmführung so gestaltet werden, daß sie sehr schön klingt.

Ich versuchte noch herauszubekommen, warum sie so plausibel klingt und komme auf den verminderten Septakkord h-d-f-gis, der mit cis -f-gis eine Verwandschaft von zwei Tönen hat. (O.K. ich denke eben sehr an verminderte Septakkorde: Hör- und Spielgewohnheiten). Der Cis-Dur-Akkord könnte ein Ersatz für ihn sein. Dagegen spricht, daß ich ihn sogar plausibler finde als vermutete Original.


@PVaults:

Danke für ausführliche Erklärung. Ich habe etwas meine Zweifel, ob die Jazz-Harmonielehre auf das Beispiel gut passt. Auf der ganzen Wikipedia-Seite ist ja nur von Dreiklängen die Rede.

Im Jazz, wo ja Vierklänge ganz normal sind, sogar oft Fünfklänge und manchmal noch mehr Zusammenklänge gebraucht werden, erscheint mir eine Tritonussubstitution natürlich viel plausibler, wegen der viel zahlreicheren Umdeutungsmöglichkeiten.

Klar, eine Rückung im engeren Sinne ist es nicht, da wir ja nicht in Cis-Cur beiben. Ich wollte nur irgendwie die Plausibilität zu C-Dur beschrieben. Ist gewagt, doch ein Cis-Dur-Akkord in C-Dur ist ja auch gewagt. (Ein Bild: Man möchte sich eigentlich auf den C-Dur-Stuhl setzen. Der wird einem aber kurz vor Kontakt zur Seite verschoben oder gekippt.)
Das Beispiel ist aber auch sowas von bescheuert, ich frage mich, wie so etwas das in WP geschafft hat...
Kann sein, daß es bescheuert ist. Andererseits ist eine Plausibilität mit der "Zwischendominate"-Seite von Wikipedia gegeben.

Grüße
Klaus
 
Ich versuchte noch herauszubekommen, warum sie so plausibel klingt und komme auf den verminderten Septakkord h-d-f-gis, der mit cis -f-gis eine Verwandschaft von zwei Tönen hat. (O.K. ich denke eben sehr an verminderte Septakkorde: Hör- und Spielgewohnheiten). Der Cis-Dur-Akkord könnte ein Ersatz für ihn sein. Dagegen spricht, daß ich ihn sogar plausibler finde als vermutete Original.

Ich höre ihn nicht als Dominante, sondern als verselbständigten Neapolitaner sN. Der Akkord ist dann eigentlich ein Db, kein C#. Ich würde entsprechend deine Auflösung Db G C als Variante von Fm G C ansehen


Auch im Jazz ist das eine beliebte Wendung - statt der II-V-I-Kadenz

| Dm7 | G7sus4 G7b9 | C6 |​

erhält man

| Dm7 | G7sus4 G7b9 | Dbmaj7 | ...​

Die eigentliche Auflösung wird durch die bII-Stufe verzögert. Die Melodie endet in beiden Fällen mit dem Grundton. Dieser Ton bekommt durch die bII-Stufe einen interessanten Schimmer.

Mir gefällt deine (Klaus) Definition eines Trugschlusses. Du triffst genau ins Schwarze:
Der Trugschluss ist eine allgemeine Bezeichnung für jede Akkordverbindung welche eine Erwartungshaltung auf die Tonika zwingend aufbaut diese dann aber nicht einlöst.

Genau das ist die beabsichtigte Wirkung. Aber das wird aus den Beispielskadenzen im Wiki-Artikel überhaupt nicht deutlich.

Gruß
 
Mir gefällt deine (Klaus) Definition eines Trugschlusses. Du triffst genau ins Schwarze:
Der Trugschluss ist eine allgemeine Bezeichnung für jede Akkordverbindung welche eine Erwartungshaltung auf die Tonika zwingend aufbaut diese dann aber nicht einlöst.

Ich würde das etwas anders formulieren und zwar so:

Löst sich eine Dominante nicht quintweise auf, spricht man von einem Trugschluß.

Die Begründung liegt darin, da für gewöhnlich nur der Dominantakkordtyp diese Spannung aufbauen kann und weiterhin, da dies nicht nur für die Primärdominante gilt, sondern auch für Sekundär- und Erweiterte Dominanten und somit der zu erwartende Auflösungsakkord nicht zwingend die Tonika sein muss.
 
Ich höre ihn nicht als Dominante, sondern als verselbständigten Neapolitaner sN. Der Akkord ist dann eigentlich ein Db, kein C#. Ich würde entsprechend deine Auflösung Db G C als Variante von Fm G C ansehen

Das ist des Rätsels Lösung! Zumindest aus meiner Sicht. Hatte auch schon an den Napolitaner gedacht, bin dem Gedanken aber noch nicht nachgegangen. Von der Klangwirkung her läßt sich das Cis (eigentlich Des) in "C - G - Cis - G - C" viel eher durch einen subdominatischen Charakter erklären.
Genau das ist die beabsichtigte Wirkung. Aber das wird aus den Beispielskadenzen im Wiki-Artikel überhaupt nicht deutlich.
In den Wikipedia-Beispielen wird ja klar die von mir angeführte allgemeinere Definition des Trugschlusses behandelt. Die engere Definition von fugato ist dort nur das erste (bedeutendste) Beispiel. Es wäre natürlich sehr hilfreich, wenn die anderen Trugschlüsse mit Beispielen aus der Kompositionsgeschichte belegt wären, wie das ja bei "C - G - F"
("häufige Wendung bei Mozart") wenigstens anklingt.

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Löst sich eine Dominante nicht quintweise auf, spricht man von einem Trugschluß.
Für den Jazz-Bereich dürfte dies eine passende Definition sein. Im Wikipedia-Artikel sehe ich keinen Bezug auf Jazz sondern eher auf die europäische Kompositionsgeschichte.

Viele Grüße
Klaus
 
Für den Jazz-Bereich dürfte dies eine passende Definition sein. Im Wikipedia-Artikel sehe ich keinen Bezug auf Jazz sondern eher auf die europäische Kompositionsgeschichte.

Viele Grüße
Klaus
Hi Klaus,

es steht in diesem Artikel "Im Verlauf der Kompositionsgeschichte " und nicht "Im Verlauf der europäischen Kompositionsgeschichte".
Zur Kompositionsgeschichte zählt auf jeden Fall auch Jazz dazu.
Von dem Artikel halte ich übrigens nicht viel, da er oberflächlich und unvollständig ist.
 
Hi Klaus,

es steht in diesem Artikel "Im Verlauf der Kompositionsgeschichte " und nicht "Im Verlauf der europäischen Kompositionsgeschichte".
Zur Kompositionsgeschichte zählt auf jeden Fall auch Jazz dazu.
Von dem Artikel halte ich übrigens nicht viel, da er oberflächlich und unvollständig ist.
Hi CUDO,

selbstverständlich zählt der Jazz zur Kompositionsgeschichte und der Artikel ist oberflächlich, unvollständig und das Notenbeispiel nach der klassischen Harmonielehre sogar falsch.

Dennoch finde ich bei dem Artikel keine Bezüge zum Jazz, sondern nur zur europäischen Kompositionsgeschichte. Oder siehst du welche, außer den Grundlagen der Harmonik, die der Jazz aus der europäischen Kompositionsgeschichte integriert hat?

Vielleicht sollte man Vorschläge für eine Verbesserung des Artikels einreichen, der dann auch die Jazz-Harmonielehre berücksichtigt.

Viele Grüße
Klaus
 
Hi Klaus,

da hast Du wohl recht. Außer der Grundlage zur Harmonik gibt es keinen direkten Bezug zum Jazz in besagtem Artikel.

Z.B. fehlen Gedankengänge wie die Begründung der Wahl der in Betracht kommenden Trugschlüsse.

Meines Erachtens verhält es sich nämlich so:

Prinzipiell kann sich V7 trugschlussmäßig in jeden Akkord auflösen. Da man aber meistens mit der dem Trugschluss folgenden Kadenz wieder die Tonika erreichen möchte, werden tonartbezogene Akkorde zur Bildung des Trugschlusses bevorzugt. Dies gilt natürlich nicht, wenn ein Trugschluss zu modulatorischen Zwecken eingesetzt wird.

Hier eine Tabelle der tonartbezogenen Akkorde aus meiner Harmonielehre:
tonartbezogeneakkorde.jpg


Dann gilt es vor allem Augenmerk auf die Auflösungtendenz der b7 der Dominante zu lenken. Diese ist für gewöhnlich abwärts gerichtet - Halton oder Ganzton nach unten. Löst diese sich nicht auf, sondern erscheint als 1, 3, 5 oder 7 des Auflösungsakkordes, ist die Auflösung der b7 passiv und bewirkt, dass der Trugschluss an Effektivität verliert.
Die gebräuchlichsten dieser passiven Auflösungen sind wohl die zur bIIMA7, IV-7 und #Vo7, wobei letztere nur als Durchgangsakkord zur VI-7 Stufe vorkommt.
 
Hi CUDO,
Z.B. fehlen Gedankengänge wie die Begründung der Wahl der in Betracht kommenden Trugschlüsse.
Die Tasache, daß im Wikipedia-Artikel, kein Septim-Akkord erwähnt wird, jedoch Mozart, läßt vermuten, daß ausschließlich Beispiele aus der europäischen Kompositionsgeschichte herangezogen wurden.

Das Beispiel C - G - Cis erscheint mir in diesem Kontext dennoch ungewöhnlich. Cis kann wohl am ehesten als verselbständigter Neapolitaner gesehen werden, doch wäre dann die Verwendung in Moll statt Dur noch plausibler und wohl auch häufiger in der europäischen Musikgeschichte (Hochzeit in Hochbarock und Wiener Klassik).

Es wäre dann z.B. diese Folge plausiblel:

Cm - Fm - G - Des - G - Cm

Erst "ab der Romantik wurde der Neapolitaner in Dur-Tonarten verwendet (Sn). Dazu wird nicht nur die Sexte der Subdominante, sondern auch die Terz tiefalteriert."
Quelle: Wikipedia

Das könnte dann der Folge im Wikipedia-Beispiel entsprechen: C - G - Cis (bzw. Des)
Oder mit Vollkadenz und Auflösung:
C - F - G - Des - G - C
(allerdings wäre Des keine Zwischendominante)

Meines Erachtens verhält es sich nämlich so:

Prinzipiell kann sich V7 trugschlussmäßig in jeden Akkord auflösen.

Von Septimakkorden war im Artikel nicht die Rede und es kommt m.E. gerade darauf an, welche unterschiedlichen Prinzipen der jeweiligen Musik zugrunde liegen.

In der Tabelle, die du netterweise hineingestellt hast, werden ausschließlich Septimakkorde aufgeführt. Im Jazz-Kontext (und davon abgeleiteten Richtungen) ist sie sicher hilfreich. Da sind direkt aufeinanderfolgende Septimakkorde oder deren ausschließliche Verwendung charkteristisch. In der europäischen Musikgeschichte stellt dies wohl eher die Ausnahme dar.

Ich finde besonders interessant an den in Wikipedia und den hier aufgeführten Trugschlüssen, daß sie bereits als Folge von reinen Dreiklängen plausibel erscheinen.
Und das ist auf diesem Gebiet wohl weitaus seltener als bei Vierklängen oder noch mehr Zusammenklängen, wie sie im Jazz häufig vorkommen.

Übrigens ist die fehlerhafte Stimmführung im Notenbeispiel des Artikels in einem neuen Entwurf korrigiert worden:
Die Grafik wurde (anders als die Vorgängerversion) nach korrekten Stimmführungsregeln erstellt, da keine verbotenen Parallelen auftreten und das Gesetz des nächsten Weges beachtet wurde.

Viele Grüße
Klaus
 
Die Tasache, daß im Wikipedia-Artikel, kein Septim-Akkord erwähnt wird, jedoch Mozart, läßt vermuten, daß ausschließlich Beispiele aus der europäischen Kompositionsgeschichte herangezogen wurden.

Hi Klaus,
ich find's immer so lustig. Da steht nun als Überschrift "Trugschluss (Musik)" und es wird einfach angenommen, dass ausschließlich von Klassik die Rede ist. Der Artikelschreiberling ist somit auf einem Niveau, in dem man Begriffe wie U.S.A. und Amerika gleichsetzt. :D
Na ja, ich habe mich über die Jahre an die Arroganz gewisser Klassiker, und mit Sicherheit nicht aller, gewöhnt.

Das Beispiel C - G - Cis erscheint mir in diesem Kontext dennoch ungewöhnlich.
]Das Beispiel C - G - Cis ist totaler Humbug und dem Schreiberling sollte das mal gesagt werden. Sekundärdominanten, Nebendominanten, Klammerdominanten, eingeschobene Dominanten oder Domionanten höheren Grades, sind immer Dominanten die sich in der Regel in einen tonartbezogenen Akkord quintweise nach unten auflösen. C# ist Dominante von F#. Viel weiter kann man sich von C Dur nicht entfernen.


Cis kann wohl am ehesten als verselbständigter Neapolitaner gesehen werden, doch wäre dann die Verwendung in Moll statt Dur noch plausibler und wohl auch häufiger in der europäischen Musikgeschichte (Hochzeit in Hochbarock und Wiener Klassik).
Ja natürlich, da hast Du vollkommen recht. Außerdem handelt es sich dann sicher nicht mehr um C# sondern um Db und das ist ein Unterschied!
Weiterhin würde man Db nicht als Zwischendominante, sondern eventuell als sn oder auch sN bezeichnen. Er könnte z.B. auch Bestandteil einer phrygischen Klausel sein.


Erst "ab der Romantik wurde der Neapolitaner in Dur-Tonarten verwendet (Sn). Dazu wird nicht nur die Sexte der Subdominante, sondern auch die Terz tiefalteriert."
In der Jazz-Theorie nennt man das Modaler Austausch. Man holt aus dem gleichnamigen Moll Akkorde um sie im Dur-Kontext zu verwenden. Meist sind das Akkord mit Subdominantmollfunktion.



Von Septimakkorden war im Artikel nicht die Rede und es kommt m.E. gerade darauf an, welche unterschiedlichen Prinzipen der jeweiligen Musik zugrunde liegen.
In der Klassik kommen Sekundärdominanten und andere Stufenakkorde auch in allen möglichen Formen vor. 6 oder 7 als Akkorderweiterung ist auch dort an der Tagesordnung. Dieser Wiki-Artikel ist wirklich unvollständig.

In der Tabelle, die du netterweise hineingestellt hast, werden ausschließlich Septimakkorde aufgeführt. Im Jazz-Kontext (und davon abgeleiteten Richtungen) ist sie sicher hilfreich. Da sind direkt aufeinanderfolgende Septimakkorde oder deren ausschließliche Verwendung charkteristisch. In der europäischen Musikgeschichte stellt dies wohl eher die Ausnahme dar.
Aber hört denn die europäische Musikgeschichte in der Wiener Klassik auf? Sicher nicht. Und wer klassische Musik des 19ten Jahrhundert hört, wird dem Septakkord auf Schritt und Tritt begegnen. Daher hinkt dieser Artikel gewaltig.

Ich finde besonders interessant an den in Wikipedia und den hier aufgeführten Trugschlüssen, daß sie bereits als Folge von reinen Dreiklängen plausibel erscheinen. Und das ist auf diesem Gebiet wohl weitaus seltener als bei Vierklängen oder noch mehr Zusammenklängen, wie sie im Jazz häufig vorkommen.
Alle Trugschlüsse von V/I zu den 5 Sekundärdominanten können z.B. auch durch Dreiklänge geformt werden. Zumindest ist das im Jazz der Fall. Schwierig wird es bei Auflösungen in -7b5 Akkordtypen, da hier die Septime aus soundtechnischen Gründen obligatorisch ist.

CIAO
CUDO
 
Hi CUDO,
Und wer klassische Musik des 19ten Jahrhundert hört, wird dem Septakkord auf Schritt und Tritt begegnen. Daher hinkt dieser Artikel gewaltig.
Klar, ich meinte jedoch, daß "direkt aufeinanderfolgende Septimakkorde oder deren ausschließliche Verwendung für die europäische Musikgeschichte wohl eher die Ausnahme darstellt." Ich hatte an die Verwendung von Septakkorden als Tonika gedacht bis hin zu einer Musik, in der es nie vorkommt, daß ein Septakkord nicht erklingt..

Ich habe da nichts dagegen und man kann den positiven Einfluss von Blues und Jazz auf die heutige Musik kaum hoch genug einschätzen. Natürlich würde ich auch nicht auf Septakkorde verzichten wollen, doch es ist auch eine interessante Musik ohne (bzw. mit weniger) Septakkorde denkbar, u.a. auch unter Verwendung von Neapolitanern, Chopin-Akkorden, Tristanakkord und was es sonst noch alles gibt.

Es ist ein sehr interessantes Gebiet, die Wirkung der Akkorde zu erforschen und wirkungsvoll einzusetzen. Dabei kann es nicht schaden, sich erst einmal Funktion und Wirkungweise von Dreiklang-Folgen vorzunehmen, die über eine einfache Kadenz hinausgehen. Der Trugschluss gehört dazu, ebenso wie die Sechter-Kadenz (Quintfall-Kadenz) u.a.. Wenn einem diese Feld einigermaßen klar geworden ist, kann man dann die Wirkung der Dreiklängen z.B. mit Septimen, Nonen usw. verstärken und einfärben. Die Sechter-Kadenz gewinnt dann z.B. neue Attraktivität und wird ja auch in populären Songs häufig verwendet (bzw. Teile daraus). Gut, in der Realität wird man nicht streng sequenziell lernen, sondern immer auf mehreren "Baustellen" arbeiten. Und hier nahm ich den (mangelhaften) Wikipedia-Artikel zum Anlass, mal die Dreiklänge genauer zu betrachten.
Alle Trugschlüsse von V/I zu den 5 Sekundärdominanten können z.B. auch durch Dreiklänge geformt werden. Zumindest ist das im Jazz der Fall.

Was meinst du genau damit? Die Akkordfolgen G - A, G - B, (G - C), G - D, G - E?

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Was meinst du genau damit? Die Akkordfolgen G – A, G – B, (G – C), G – D, G – E?
Ja, genau die meinte ich. Die sind doch alle mit Dreiklängen und deren Umkehrungen zu bewältigen. Hinzu käme noch V (V) IV also G C F, wobei hier der C Dreiklang erst durch Positionierung im Harmonischen Rhythmus als Dominante der Subdominante gehört werden kann.

Von Simon Sechter hatte ich bisher noch nichts gehört. Danke für den Hinweis. Im Wiki steht er habe insgesamt 8000 Werke geschrieben. Das wäre ja, als würde man über einen Zeitraum von 22 Jahren jeden Tag ein Werk schreiben. :confused:

CIAO
CUDO
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi CUDO
Von Simon Sechter hatte ich bisher noch nichts gehört. Danke für den Hinweis. Im Wiki steht er habe insgesamt 8000 Werke geschrieben. Das wäre ja, als würde man über einen Zeitraum von 22 Jahren jeden Tag ein Werk schreiben. :confused:
Ja, er wollte offenbar jeden Tag ein Stück komponieren.
Freut mich, daß ich einem Harmonielehre-Fachmann noch etwas erzählen kann. ;-) Der Name Sechter hatte sich bei mir vor langer Zeit eingegraben, als ich als Schüler in den Ferien Gasthörer bei einem Prof. für Komposition war. Hier erfuhr ich, daß die Quintfallsequenz seinen Namen trägt. Sie war für mich ein Meilenstein der Harmonik. Für Sechter war sie ihr Grundmodell.

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:

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