Wie effektiv Jazzpiano lernen?

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glasgow
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Hallo zusammen,

habt ihr vielleicht Tipps, insbesondere effektive Übungen, um Jazzpiano zu lernen?
Ich weiß, dass hier ja schon einige Bücher empfohlen worden sind. In erster Linie interessieren mich aber praktische Tipps! Ich möchte nicht erstmal so ein dickes Buch lesen, sondern gerne am Klavier ein Gefühl für die Sache bekommen.
Die Jazzakkorde kriegt man ja schnell zusammengebastelt, wenn man ein Sheet hat - das ist nicht mein Problem...
Vor allem würde mich interessieren, wie man seine Geläufigkeit verbessern kann!
Wenn ich nämlich momentan Songs spielen will, bin ich da in meinem Umfang relativ begrenzt und mein Spiel ist sehr statisch. Ich wäre gerne in der Lage, längere Läufe zu spielen.
Gibt es vielleicht ne Methode um darin fit zu werden?
Von der Gitarrenimprovisation weiß ich, dass es bestimmte 'Klischees' (immer wiederkehrende Figuren) gibt. So etwas muss es doch in der Jazzpiano-Improvisation auch geben?!

Gestern habe ich mal wieder ein Jamie Cullum-Konzert gesehen. Der ist ja jetzt nicht DER Jazzer schlechthin, aber trotzdem sehr fit, was Improvisation angeht.
Soweit ich weiß, ist er Autodidakt und hatte keinen Klassik-Unterricht o.ä., in dem er seine Geläufigkeit hätte erlernen können. (Den Umweg über die Klassik will ich auch nicht gehen.) Irgendwie muss er sich das ja selber draufgeschafft haben. Und ich bezweifle, dass er da die meiste Zeit mit Lesen verbracht hat...;)

Habt ihr vielleicht praktische Tipps/Übungsvorschläge? Gibt es ein paar Standart-Figuren, die man lernen kann?

Viele Grüße,
glasgow
 
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Ganz ehrlich. So ein Buch liest man nicht einfach nebenher. Das muss man anschauen und am Klavier durcharbeiten. Dazu gehört dann auch Skalen (also Tonleitern in unterschiedlichsten Abwandlungen und Funktionen) zu lernen, also erst mal lesen und dann am Piano erarbeiten/üben. Standartfiguren gibt's zu Hauf und die sind in so Büchern drin. Empfehlungen findest du z.B. hier.

Dass man Jazz-Autodidakt ist, heißt aber nicht, dass man nie Unterricht hatte. Jamie sagt selbst, er sei der einzige Musiker auf der Bühne, der das nicht studiert hätte ... das ist ein himmelweiter Unterschied zu 'keinen Unterricht gehabt'!

Unterricht muss ja auch nicht die ganze Zeit sein, aber jemanden, der das unterrichtet, ab und an zu konsultieren und sich z.B. grobe Haltungsfehler korrigieren lassen, ist bestimmt kein Fehler ... Als kompletter Autodidakt gewöhnt man sich gerne umständliche Handhaltungen und Fingersätze an, die von unbequem bis schädlich alles beinhalten können. Mein Tipp: zumindest für vier, fünf Stunden Unterricht nehmen, gerne auch privat, und das dort gelernte ein, zwei mal im Jahr überprüfen lassen.

Viele Grüße vom HammondToby
 
Heute back ich, morgen brau' ich und übermorgen spiel ich Jazzklavier?!?

Manchmal hab ich das Gefühl, eine Leute stellen sich das leicht vor. Du möchtest also nicht lesen und auch keine andere Vorarbeit (in deinem Beispiel genannt: Klassik) lernen. Dann gibt es nur eine andere Möglichkeit, dem Jazz näher zu kommen: Transkripiere Solies und Stücke von Jazz Pianisten: Bill Evans, Oscar Peterson, George Duke, etc. Dann musst du "nur" hinhören und notieren.
Die immerwiederkehrenden Figuren, die du nennst, stellt sich jeder Pianist selbst zusammen. Durch jahrelanges üben und improvisieren bekommt man halt irgendwann Figuren raus, die einem gefallen. Die übt man dann durch alle 12 Tonarten und steckt ihn in die Schublade für "Figuren", wenn man in der Impro eben mal was braucht. Klar gibt es auch Licks, die du dir erlesen kannst, aber das möchtest du nicht :) Falls doch, seien da die einschlägigen von Toby schon genannten Bücher empfohlen. Vor allem letzteres kann ich auch empfehlen. Da sei dir aber bewusst, dass er nicht im Kindergartenniveau anfängt. Er setzt da schon einiges voraus.

Sollte dieser Beitrag irgendwie pampig klingen, tuts mir leid. Aber mich macht die ganze Zeit das Gebrüll von dem Baby nebenan verrückt :) Das geht schon 15min.
 
Dass man Jazz-Autodidakt ist, heißt aber nicht, dass man nie Unterricht hatte.
Weiß ich doch... aber ich meine, er hätte sogar mal gesagt, dass er keinen Unterricht hatte...
Ansonsten danke für die Empfehlungen. Die Bücher scheinen ja schon mal was zu taugen.

Heute back ich, morgen brau' ich und übermorgen spiel ich Jazzklavier?!?
Nein, ich bin kein kleiner, dummer, naiver Junge, der spontan beschlossen hat, Klavier zu lernen... :rolleyes:
Ich spiele jetzt schon seit etwa 12 Jahren Klavier, allerdings stagniere ich seit einiger Zeit: ich spiele auf einem ganz guten Niveau Pop-Piano und kann mir die meisten für mich interessanten Songs raushören und nachspielen.
Ich hatte auch schon mal klassischen Unterricht, allerdings ist das einfach nicht die Richtung, in die ich will. Die Improvisation finde ich spannender.
Auch habe ich schon einmal ein paar Stunden Jazzpiano-Unterricht gehabt. In dieser Zeit habe ich aber nicht den richtigen Zugang zu der Materie gefunden: als ich meinen Lehrer nach Skalen gefragt habe, die man über bestimmte Chords spielen kann, meinte er, so würde man das nicht machen... Man müsse am besten alles über das Hören lernen. Dann würde man mit der Zeit schon ein Gespür dafür kriegen... :gruebel:
Aber dafür bin ich zu sehr Systematiker - ich möchte schon ganz gerne wissen, was ich da tue, und nicht nur darauf hoffen, mit Glück die richtigen Töne zu treffen... ich möchte eben das System beherrschen! ;)

Gut, ich bin überzeugt, dass man auch durch jahrelanges Hören und Nachspielversuche irgendwann ganz toll spielen kann - aber das dauert dann eben wirklich viele Jahre - und ist somit nicht effektiv! (Das muss mit etwas System doch schneller zu erreichen sein - warum sich nicht die Erfahrungen anderer zu Nutze machen...?)
Für Blues, Pop und auch Klassik gibt es klare Regeln, an denen man sich orientieren kann. Die muss es doch auch für den Jazz geben - auch wenn manch einer glauben mag, dass das beim Jazz gerade nicht der Fall ist und der liebe Gott persönlich einem die noch nie da gewesenen, progressivsten Ideen ins Hirn bzw. in die Finger beamt... :rolleyes:
Dass ich dabei ums Lesen nicht herumkomme, ist mir klar - aber das will ich ja auch gar nicht. Nur sollte das doch nicht der Hauptteil der Arbeit sein... Ich hatte bereits irgendeine Jazzharmonielehre, mit der ich aber nicht viel anfangen konnte. Das Buch war einfach nicht praktisch genug ausgerichtet und somit wohl eher ein Fehlgriff - war die Empfehlung eines Bekannten...
Prinzipiell finde ich die Idee 'Buch' gut! Über weitere Empfehlungen an guten, praktisch ausgerichteten Büchern freue ich mich durchaus!

Die immerwiederkehrenden Figuren, die du nennst, stellt sich jeder Pianist selbst zusammen. Durch jahrelanges üben und improvisieren bekommt man halt irgendwann Figuren raus, die einem gefallen.
Ja komm... dass das alles nie da gewesene persönliche Schöpfungen sind, wage ich aber zu bezweifeln... ;)
Die/einige davon muss es doch irgendwie in gesammelter Form geben. Und wenn ich damit erstmal nur der übelste Klischee-Poser-Spieler bin, ist mir das auch egal. Aber so als Fundament, auf das man dann aufbauen kann, wäre das schon mal nicht schlecht...

Stell' mal was rein von Dir, dass man sich ein Bild machen kann wo Du stehst.
Hab ich jetzt nix da. Aber wenn ich mir ein Sheet nehme, dann spiele ich das momentan so, dass ich mit der rechten Hand die Melodie nehme und die Töne des jeweils auftretenden Akkords auf beide Hände aufteile.
Es hapert an der Improvisation - weitläufige Soli kriege ich nicht hin. Deswegen wäre es mir erstmal wichtig, meine Geläufigkeit zu verbessern. (Meinetwegen auch mit Klassik, aber da gibt doch bestimmt auch Jazz-Übungen...?) Außerdem möchte ich wissen, welche Töne ich dann jeweils im Zusammenhang spielen kann, so dass es gut klingt. (Und hier ggf. irgendwelche Figuren dann einbauen...) :)
 
Servus!

Kann Bill Dobbins' "The Contemporary Jazz Pianist" extrem empfehlen. Gibts in vier Volumes, wobei die ersten zwei für dich wohl interessant wären. Sie fangen praktisch bei Null an und beinhalten viele Voicings und eben Skalen- und Laufübungen.

Das mit dem Hören kann ich nur Unterschreiben, aber ein musiktheoretisches Wissen schaltet dein Gehör nicht aus, sondern unterstützt es sogar! Stell dir vor, ein Dichter könnte keine Grammatik oder Vokabeln. Es kann auch so funktionieren, aber du bist wesentlich schneller und sicherer wenn du dir Voicings, Skalen und eben Licks aneignest um sie, auf deine Art und Weise, anzuwenden.

Ich kann mich auch nur der Meinung anschließen, dass Autodidakt hin oder her, ein Lehrer wahnsinnig hilft. Du musst halt den richtigen finden...

lg,
duplo
 
Zuletzt bearbeitet:
als ich meinen Lehrer nach Skalen gefragt habe, die man über bestimmte Chords spielen kann, meinte er, so würde man das nicht machen... Man müsse am besten alles über das Hören lernen. Dann würde man mit der Zeit schon ein Gespür dafür kriegen... :gruebel:

Autsch - ich hoffe, Du hast nicht zu viel Geld an diesen verschenkt.;)
Natürlich ist das Hören absolut wichtig, aber natürlich nicht alles. Es gibt eine Menge Improvisationstechniken, die man theoretisch erlernen kann und die sich von Harmonischen Regeln ableiten lassen. Es hängt auch davon ab, in welche Richtung man sich entwickeln möchte. Der erste Schritt ist wohl immer das Beschäftigen mit Standard-Akkordverbindungen und den zugehörigen Skalen - Stichwort Akkord-Skalen-Theorie.
Das ganze in die Praxis umzusetzen ist natürlich wieder eine andere Baustelle - Geläufigkeit kannst Du auch mit klassischen Stücken trainieren.
Ist allerdings immer noch nicht ganz einfach, Dir zu helfen - dazu müsste man noch genauer wissen, wo Du gerade stehst.

Ich hatte bereits irgendeine Jazzharmonielehre, mit der ich aber nicht viel anfangen konnte. Das Buch war einfach nicht praktisch genug ausgerichtet und somit wohl eher ein Fehlgriff - war die Empfehlung eines Bekannten...

Jetzt fragen sich natürlich alle, was für ein Buch das war...
 
Hi glasgow,

ich habe Deinen letzten Post gelesen und mir gefällt Deine Einstellung zur Sache.

Du musst die Sache von verschiedenen Seiten anpacken und egal was Du spielst, es muss nach Musik klingen.

Zunächst zur Technik. Wenn Du nun schon 12 Jahre Klavier auf dem Buckel hast, kann man ja schon von einem gewissen Grundstock ausgehen. Reine technische Übungen gibt es viele, aber die meisten klingen nicht unbedingt musikalisch. Wie wäre es wenn Du Technik mit Theorie verknüpfst? Dabei meine ich sowohl linke als auch rechte Hand!

Versuche am Anfang Dich immer so zu beschränken, dass Du IN TIME spielen kannst.

Hier dazu ein Vorschlag:
Metronom auf 60 ppm oder besser noch langsamer. Die Metronom Beats sind dabei jeweils Beat 2 und Beat 4 eines 4/4 Taktes.

Harmonischer Ablauf: Tonart = C Dur, I Stufe = C6, II Stufe = D-7 und V Stufe = G7.

Linke Hand spielt Guidetones (= Terz und Sept eines Akkordes) als Achtelauftakt und Wechselbass auf 1 und 3. Also quasi ein Halftime feel.
Rechte Hand spielt diatonische Aopproaches auf Off-Beat, gefolgt von Akkordton auf Downbeat.
Zur besseren Umsetzung hier ein Hörbeispiel.

CIAO
CUDO


PS
Funkeybrother hat schon einiges Wichtiges gesagt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sehr coole Übung, die der Cudo da vorschlägt.

Zu den Skalen in aller Kürze: Zu jedem Akkord gibt es eine Tonleiter. Der Mark Levine, dessen Buch weiter oben empfohlen wurde, sieht das so, dass Tonleitern und Akkorde keinesfalls getrennt betrachtet werden sollten. Das sehe ich ebenfalls so. Ein Akkord ergibt eine Skala. Mir hat es geholfen, mir einfach einen Akkord zu Grunde zu legen (z.B. G7b9) und dann auszuprobieren, welche Tonleiter mit den Tönen des Akkordes dazu passt. In diesem Fall wäre es Cm Harmonisch.

Ich hab auch die Harmonielehre von Frank Sikora hier liegen und kam damit auch nie wirklich vorran, weil mir das auch zu theoretisch war. Dagegen ist der Levine wirklich geil! :)
 
Danke, das sind doch schon mal gut Tipps. Ich glaube, ihr versteht, was ich meine... :)
Naja, der Lehrer damals hat mir dann Kirchentonleitern plus Erweiterungen gezeigt (Ionisch, dorisch, phrygisch... bis lokrisch), und meinte, man könnte davon bestimmte über einen entsprechenden Akkord spielen... Schon mal einer was von dieser Methode gehört? Geht ja schon in deine Richtung, FantomXR...
Ich hoffe, der Levine ist sein Geld wert! Ist ja schon Asche... ;)
...und die Harmonielehre war 'Die Harmonik des Jazz' von Wolf Burbat!
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Levine ist das auf jedenfall wert ! :) Da lernst du genau das, was du grad suchst. Jede Menge Praxis, weil er generell jede Übungen empfiehlt, in allen Tonarten zu spielen. Und wenn du das machst, wirst du relativ schnell fit.

Die von dir genannten Methode ist üblich. Dorisch passt z.B. immer über Moll7. Diese Tonleitern sind aber lang nicht alles. Es gibt sie auch noch in verschiedenen Variationen, zum Beispiel Lydian flat 7. Ist eben die lydische Skala mit ner kleinen 7. :)
 
Naja, der Lehrer damals hat mir dann Kirchentonleitern plus Erweiterungen gezeigt (Ionisch, dorisch, phrygisch... bis lokrisch), und meinte, man könnte davon bestimmte über einen entsprechenden Akkord spielen... Schon mal einer was von dieser Methode gehört? Geht ja schon in deine Richtung, FantomXR...
Ich hoffe, der Levine ist sein Geld wert! Ist ja schon Asche... ;)

Levine ist auf jeden Fall sein Geld wert - die Frage ist, ob es für Dich das richtige ist. Ich habe das Buch gerade nicht zur Hand, aber ich glaube, daß bestimmte Dinge hier schon vorrausgesetzt werden. Wenn Dir grundlegende Sachen wie der Akkord-Skalen-Bezug noch nicht klar sind, bist Du vielleicht mit Schoenmehl o.ä. erstmal besser bedient. Eine Standard-Harmonielehre wie Sikora würde ich in jedem Fall empfehlen. So viel Geld ist es ja auch nicht - nicht mehr als ein oder zwei Unterrichtsstunden bei einem guten Lehrer.;)
 

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