[Langzeitreview] Martin Backpacker

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Kurzfassung: Keine (normale) Gitarre aber toll!

Lange Version:

Bei meiner Martin Backpacker handelt es sich um die alte Form. Bei dieser ursprünglichen Martin Backpacker waren Hals und seitliche Zargen aus einem Stück Holz gefertigt. Martin überarbeitete das Design und seit 2002 wurden die Backpackers geringfügig größer. Sie sollen sich leichter halten und ein wenig lauter sein. Ich selber hatte nie eine andere Backpacker in der Hand als meine. Dieses Review bezieht sich also lediglich auf die ursprüngliche Version, die heute nur noch gebraucht oder als Nachbau zu haben ist.

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Erstmalig sah ich vor ca. 20 Jahren bei meinem damaligen Dealer vor Ort im Laden stehen. Ich grinste, fragte, ob ich das Ding mal ausprobieren darf und spielte ein wenig auf ihr herum. Ich fand, dass dies ein spaßiges Instrument ist. Es klingt ein klein wenig nach Banjo, kann aber auch irgendwie nett singen. Auf Nachfrage behauptete mein Dealer, dass es nicht tatsächlich um eine Gitarre handele. Nein! Eine Gitarre ist das nicht. Es hat zwar sechs Saiten und wird gestimmt wie eine Gitarre, aber es klingt mit ihr nur irgendwie verwandt. Die Mechaniken laufen präzise und sie ist wirklich bandrein bis in die hohen Lagen. Da ich den eigenen Sound irgendwie ganz cool fand, fragte ich nach dem Preis und stellte sie wieder zurück in ihren Ständer.

Heute liegt der Neupreis bei rund 350 €. Das finde ich eine krasse Ansage für die Backpacker und es ist kein Geheimnis, dass man günstigere Reisesechssaiter bekommt. Z.B. die Guitarlele ist eine echte Alternative, wenn man eine günstige Gitte zum Wandern will. Aber sie klingt eben auch eher wie eine Kreuzung aus 2/3 Gitarre und 1/3 Ukulele. Sie klingt nicht wie eine Backpacker, sie hat eben nicht diese Priese Banjo. Gerade diese Priese Banjo macht die Backpacker aber super durchsetzungsfähig wenn sie am Lagerfeuer ihre größeren Cousinen trifft und mit diesen mitspielen will.

Mein damaliger Dealer vor Ort schloss seinen Laden, und verkaufte mir die Backpacker letztlich zum halben Preis. Das war ein Preis, den ich a) damals bezahlen konnte und b) bis heute bezahlen würde. Zu diesem Kurs etwa werden diese Instrumente auch in gutem Zustand gebraucht gehandelt und ich finde durchaus, dass sie das wert sind.

Der Zustand meiner Backpacker ist nach bald 20 Jahren nicht mehr neuwertig sondern „Road Worn“. Die ersten Kratzer wurden noch mit Sorge betrachtet. Heute kann ich mich bei den meisten Schrammen nicht einmal mehr erinnern, wie die entstanden sind. Ich erzähle dann immer gerne, wie ich mich mit der Backpacker gegen Krokodile verteidigen musste, oder wie ich mit ihr den Yeti verjagte. Da kann sie auch schon mal einen Kratzer bekommen.

Die beste Gitarre ist die, die man dabei hat. Und das ist der überragende Vorteil der Backpacker. Man kann sie problemlos seitlich am Trekkingrucksack festzurren. Sie ist da wirklich weitgehend unempfindlich. Das würde ich so mit keiner anderen akustischen Gitarre machen die ich kenne. Es ist schon erstaunlich, was solch ein Instrument aushält bzw. was man auch alles wieder heile bekommt. Irgendwann hatte die massive Fichtendecke einen Riss bekommen. Auch hier kann ich nicht mehr sagen, wie das passiert war. Zunächst hatte ich noch eine ganze Weile mit dem Riss gespielt, und ihn dann irgendwann bei Gelegenheit von einem Fachmann leimen lassen. Kürzlich stellte ich fest, dass ich an einer Seite die Decke von der Zarge löste. Auch mit diesem Schaden wandte ich mich an den Gitarrendealer meines Vertrauens, der bei peach-gitarren.de reparieren lässt. 30 € und das Problem war gelöst.

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Immer mal wieder hatte ich über eine Elektrifizierung der Backpacker nachgedacht. Inzwischen habe ich es gemacht. Von innen habe ich einen günstigen Piezo zwischen Schalllöchlein und Steg an die Decke geklebt. Da man an den unteren Pin durch das kleine Schalloch kaum herankommt, habe ich die untere Zarge an einer Stelle verstärkt und dort die Buchse eingesetzt. Das Ergebnis ist jetzt nichts, was bezüglich der Klangansprüche mit einer Mikrofonirrung der Backpacker (Ja, auch das lohnt sich!) mithalten könnte, aber es klingt nach Einstellung des EQ durchaus cool. Auch hier wieder: Wer sich den verstärkten Sound einer Dreadnought wünscht, der wird eine bittere Enttäuschung erleben. Wer sich aber mit einem individuellen Instrument anfreunden kann, dem kann die Backpacker auch verstärkt eine Menge Spaß bereiten.

Häufig ist zu lesen, dass sich die Backpacker nicht ohne Gurt spielen lasse. Das würde ich so keinesfalls sagen. Vielmehr gibt es eine ganze Reihe von Haltungen, in der ich die Backpacker ohne Gurt spiele. Sicherlich gehören die typischen Haltungen einer Gitarre nicht dazu. Auch hier komme ich zu dem Schluss, dass man sich von der Vorstellung trennen sollte, eine Gitarre (zumindest im herkömmlichen Sinne) in den Händen zu halten. Dann funzt das mit der Backpacker tadellos. Allerdings muss ich gestehen, dass auch bei mir im Stehen kein Weg an einem Gurt an der Backpacker vorbei führt. Das betrifft bei mir aber nicht nur die Backpacker.

Fazit: Für mich hat sich die Anschaffung der Martin Backpacker definitiv gelohnt. Keine meiner Gitarren wurde derart durch die Gegend geschleppt und keine in so unterschiedlichen Situationen gespielt. Sie ist mir ans Herz gewachsen, auch wenn es wirklich schönere Instrumente gibt und es sich klanglich eben nur bedingt um eine Gitarre handelt.
 
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Auf Nachfrage behauptete mein Dealer, dass es nicht tatsächlich um eine Gitarre handele. Nein! Eine Gitarre ist das nicht. Es hat zwar sechs Saiten und wird gestimmt wie eine Gitarre, aber es klingt mit ihr nur irgendwie verwandt.

Eben das sage ich ja auch immer. Dann kommt immer wieder "aber meine Dread klingt besser!" und ich sage immer wieder "anders!"
Das Paddel ist geil robust, erstaunlich laut fuer den kleinen Korpus und funktioniert da, wo keine andere Gitarre funktioniert. Meine hat schon die halbe Welt gesehen und ich gebe sie nicht wieder her!
 
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"aber meine Dread klingt besser!"

Klar, wer den Sound einer Dread erwartet, der wird enttäuscht sein von der Backpacker. Das kann sie nicht leisten. Aber welche Dread will man sich an den Rucksack binden?
 

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