[Projekt] Gitarre repariert, modifiert und abgeschirmt (ein Bericht)

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Hallo zusammen,
das hier beschriebene Projekt ist schon eine Weile her aber ich möchte es euch einfach nicht vorenthalten.

Brummen, Aussetzer und Wackler hatten mich bei meiner "Axt" zu einer Inspektion bewogen. Bei dieser stellte sich dann Folgendes heraus:

- knackender Schalter
- kalte Lötstelle
- bescheidene Verkabelung (Masseschleifen)
- schlechte Abschirmung durch Graphitlack
- Volumepoti mit geringem Regelbereich & "Höhenproblem"
- Augenblech der Buchse ausgerissen
- selbst lockernde Gurtpins

Das Geld für einen Fachmann wollte ich mir erst mal sparen und man braucht für dieses Projekt auch keine Spitzenwerkstatt und nur wenig Material. Lediglich der Lötkolben und das Multimeter sollten was taugen. Anderes lässt sich aus dem Haushalt plündern. Ich verwende als Halsunterlage eine lange Tennissocke mit Reis gefüllt. Mit einem Frischhalteclip kann die Fülldichte verändert werden! Als Gitarrenunterlage genügt eine Decke oder Schaumstoff und weiches fuselfreies Tuch.
Werkbank.jpg

Also habe ich angefangen mich in das Thema Gitarrenelektronik einzulesen (alle Links am Ende) und mich mit der verbauten Schaltung vertraut zu machen. Da der Schalter eh raus sollte ging es dann bald in Richtung komplett neuer Abschirmung und einer geänderten Pickupverdrahtung. Ich bin leicht zu faszinieren und frei nach dem Motto "ganz oder gar nicht" habe ich mich dann für folgende Variante mit 2 Humbuckern und 2 Potis entschieden. Die Schaltung gab es bei guitarelectronics.com. Der Rest wurde nach und nach angebaut.

1. Neck Humbucker
2. äußere Spulen beider Humbucker als Singlecoils
3. beide Humbucker
4. innere Spulen beider Humbucker als Singlecoils
5. Bridge Humbucker

Das normale Volumepoti war linear und wurde gegen ein logarithmisches Push/Pull getauscht. Über dieses lassen sich Positionen 2-4 gegenphasig betreiben was dazu führt, dass sich die Gleichanteile der Signale der beteiligten Spulen auslöschen und der Ton recht dünn und hell wird. Lässt sich sehr gut verzerren. Bei der Phasenumkehr werden auch andere Spulen als "Singlecoils"verwendet. Hoffe das Bild hilft!
PickupSchemaSmall.png

Um in Position 2 & 4 einem etwaigen Brummen und Rauschen der "Singlecoils" entgegen zu wirken wird hier ein Kondensator in den Kurzschluss eingebaut. Dieser sollte zwischen 22nF – 220nF haben. Hier hilft nur ausprobieren. Ich habe mich fuer 100nF entcshieden und das funktioniert gut. Auf diese Variante bin ich auf Guitarletters.de in dem Artikel "Gesplitteter Humbucker im klanglichen Griff" gestoßen. Überhaupt eine sehr lesenswerte Seite! Der normale Tonpoti wird gegen einen C-Switch von Helmut Lemme getauscht. Diese Kondensatorschaltung erzeugt in meinen Ohren einen ähnlichen Effekt wie das Tonpoti macht aber den Ton wirklich eher dunkler und nicht so mumpfig. Details dazu findet ihr auf der Seite von Helmut Lemme. Siehe Links am Ende.

Ich habe keine E-Technik studiert und somit den folgenden Schaltplan als eine Art "von mir für mich" Plan sehen und im Zweifel fragen.
Schaltplan.png

Nachdem dann alles vorhanden war und alle Pläne und Überlegungen drei mal geprüft waren konnte es los gehen. Als erstes flog die gesamte Elektronik raus. Dann die ganze Gitarre zum Lackieren vorbereitet. Dazu wird die Gitarre erst in Frischhaltefolie eingepackt. Das Zeug klebt auf dem glatten Lack wie Hölle, greift diesen nicht an, lässt sich problemlos entfernen und die Schlieren die bleiben lassen sich einfach abwischen.
Verpackung1.jpgVerpackung2.jpg

Die PU-Fächer und das E-Fach dann vorsichtig mit einem Skalpell freigelegt und die Umgebung großzügig mit Malercrep ab-geklebt. In jedes der Fächer wird vor dem Lackieren ein Stück Kupferband geklebt und diese mit einem aufgelöteten Kabel verbunden. Danach in zwei dünnen Schichten die Fächer lackiert. Der Deckel des Fachs war bereits mit einer Folie recht ordentlich geschirmt.
abgeschirmt.jpg

Alles gut trocknen lassen und die neue Elektronik einbauen. Der "Fender-5-Way-Super-Switch" (1 Hebel, 4 Schalter, 5 Positionen) ist mindestens so sperrig wie sein Name, passt aber trotz der Kondensatoren für die Brummunterdrückung immer noch ins E-Fach. Gerade so.
Switch.jpg

Den doch recht kleinen Push/Pull Volume Poti mit allem zu verlöten war ein wenig Fummelei aber auch das geht wenn man schon mal gelötet hat. Hier wurde ein "Treble-Bleed" eingebaut der verhindern soll, dass beim Leiserdrehen nicht sofort die Höhen verloren gehen. Dieser sollte so zwischen 22pF und 220pF liegen. Verbaut sind hier um die 70pF und das Ergebnis gefällt. Für den Kondensator des Treble-Bleeds habe ich ein Jumperkabel aus dem Computerbereich verwendet. Das hat enge Kabelcrimpen an den Enden und in diese kann der Kondensator einfach eingesteckt werden, hat einen guten Kontakt und zum Ausprobieren anderer Kapazitäten muss man nicht gleich wieder zum Lötkolben greifen.
Electronic.jpg

Ganz einfach dagegen war der Einbau des C-Switch (fast wie ein Tonpoti), drei Kabel und eine gute Beschreibung. Einfacher geht es fast nicht. Die Gehäuse der einzelnen Komponenten sind nur über den gut leitenden Kupferlack miteinander verbunden. Auf dem Volumepoti erst werden dann die Massen zusammengeführt.
fertig.jpg

Zur Reparatur der Gurtpins und des Augenblechs habe ich einfach Streichhölzer der Länge nach geviertelt und die vier dünnen Stifte mit Ponal in den Korpus geleimt. Nach dem Trocknen ganz normal wieder Schrauben rein und fertig. Danach der übliche Service. Griffbrett geölt, Gitarre gereinigt und gewachst. Hardware wieder drangeschraubt und alle Verschraubungen geprüft. Neue Saiten drauf und die Gitarre komplett neu eingestellt. Sie stand immerhin fast zwei Tage ohne Saiten im Ständer!

Und was hat das alles gebracht? Nun zu aller erst hat es mal wieder meinen Spiel- und Basteltrieb befriedigt und ich weiß ne ganze Ecke mehr wie dieses tolle Instrument funktioniert. Die Reparaturen waren einfach notwendig und alles konnte behoben werden. Der Schalter knackt nicht mehr und die Wackler sind auch alle weg. Die Gitarre hat einige neue Stimmen dazu bekommen. Die normalen Modi gefallen mir recht gut auch wenn sie nicht extrem unterschiedlich sind. Mit der Phasenumkehr lässt sich der Ton echt massiv ausdünnen und ich bin immer wieder am Experimentieren. Die Abschirmung arbeitet absolut zuverlässig. Auch in der Nähe von Laptops und Handys deutlich ruhiger! Die Paula bekommt als naechstes eine Abschirmung! Lack ist noch da und es geht einfacher als mit dieser komischen Folie.

Im Abspann dann noch Werkzeug, Material und Links. Soundbeispiele folgen.

Rock on

Werkzeug:

  • Lötkolben
  • Multimeter
  • Seitenschneidar
  • lange Pinzette oder 3te Hand
  • scharfes& spitzes Messer
  • Schere
  • Crepband
  • Frischhaltefolie!!

Material:

  • Fender 5-Way-Super-Switch
  • C-Switch von Helmut Lemme
  • 500KOhm log. Push/Pull
  • selbstklebendes Kupferband
  • 1x 22pF – 220pF Kondensator, treble bleed
  • 2x 22nF – 220nF Kondensator, coil tap
  • EMV35 CU-Abschirmlack von Kontakt Chemie


Links:
http://www.seymourduncan.com/support/wiring-diagrams/ - Homepage meines PU-Herstellers, wichtig wegen der unterschiedlichen Leitungsfarben
http://www.guitarelectronics.com/ - Viele Schaltungsvarianten für unterschiedlichste Setups, vieles davon kostenlos!
http://www.1728.com/guitar.htm - von einfachen Schaltungen bis hin zum abgefahrenen "Jimmy Page Wiring"
http://www.guitar-letter.de/ - Tonabnehmer und Gitarrenelektronik, Beispiele, Hintergründe, Probleme und der Lösung oder Milderung
http://www.gitarrenelektronik.de/ - Tonabnehmer und Gitarrenelektronik, fernab vom Werbetext, was wirklich abgeht
http://www.gitarrenelektronik.de/produkte/soundschalter/c-switch-fuer-e-gitarren - Der C-Switch, Beschreibung und Bezugsquelle.
 
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Hey,

sehr schön gemacht und netter Bericht! Was sind in deiner Axt denn für Humbucker verbaut?
 
Freut mich, dass er dir gefaellt.

Die Pickups sind noch die vom Hersteller verbauten Seymout Duncan. [FONT=Arial, Helvetica, sans-serif]Ein 59er am Hals und ein JB an der Bruecke. Beide vollstaendig passiv aber mit ordentlich Dampf.

[/FONT]
 

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