Die FET-Vergleichsliste

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Die FET-Vergleichsliste

Einleitung

In den meisten Schaltungen mit diskreten Bauteilen dominiert der bipolare Transistor, den es als NPN- oder PNP-Typ gibt. Es existieren jedoch Spezialanwendungen, in denen stattdessen Feldeffekttransistoren (FET) auf Siliziumbasis verwendet werden. Analog zum bipolaren Transistor gibt es FETs in N- oder P-Kanal-Ausführung.

Im Bereich der Gitarrenelektronik sind hier hauptsächlich Effektgeräte zu nennen, bei denen es entweder auf einen sehr großen Eingangswiderstand ankommt oder aber die Nachbildung einer sogenannten Röhrenverzerrung erreicht werden soll. Ein weiteres Einsatzgebiet stellt die Anwendung als analoger Schalter dar, wie er zum Beispiel in den Effektgeräten von BOSS eingesetzt wird.

Für den bastelwütigen Gitarristen gibt es im DIY-Bereich eine ganze Reihe von Schaltungen, die im Internet angeboten werden. Das Angebot reicht dabei vom puren Schaltbild über ein fertiges Layout bis hin zu kompletten Bausätzen, für die dann natürlich auch ein gewisser Obulus zu entrichten ist.

Viele Schaltungen kommen jedoch aus den USA oder aus asiatischen Ländern und so kommt es häufig vor, daß die entsprecheden Transistoren in Deutschland bei den gängigen Versendern von elektronischen Bauelementen nicht verfügbar sind. Da ist dann guter Rat teuer. Bevor man lange weitersucht, stellt sich schnell die Frage: "Kann ich da nicht auch einen anderen FET nehmen?"

Die Antwort darauf lautet: "Grundsätzlich ja, aber der Ersatztyp sollte vergleichbare elektrische Daten aufweisen!"

Ist das nicht der Fall, dann geht die Sache eben in die "Hose". In der Praxis bedeutet das, daß die Schaltung unter Umständen arbeitet, sich aber wichtige Eigenschaften nachteilig verändert haben können! Wer hier nicht in die elektrotechnischen Niederungen einsteigen will, um die dann notwendigen Veränderungen an der Dimensionierung vorzunehmen, der braucht eine Vergleichsliste.

1. Die charakteristischen Parameter eines Sperrschicht-FET

Bei Feldeffekttransistoren werden grundsätzlich zwei Typen unterschieden, die es als N- oder P-Kanal-Version gibt:

  1. Der Sperrschicht-FET, engl. JFET
  2. Der MOS-FET als selbstsperrender oder selbstleitender Typ
Aufgrund verschiedener elektrischer Eigenschaften werden im Audio-Bereich in den meisten Fällen JFETs verwendet. Da sich N-Kanal JFETs bezüglich der Schaltungstechnik gut mit Elektronenröhren vergleichen lassen, dominieren sie auch viele Schaltungen.

Der Verlauf des Drain-Stromes eines Feldeffekttransistors ist von verschiedenen Parametern abhängig. In den meisten Fällen wird jedoch ein vereinfachtes Modell zugrunde gelegt. Es enthält

  1. die Abschnürspannung UP,
  2. den Sättigungsstrom IDSS und gegebenenfalls
  3. die Early-Spannung UA.
Ausgehend von diesen drei Parametern läßt sich das Verhalten eines JFET sehr gut und und mit ausreichender Genauigkeit beschreiben. Da sich der Einfluß der Early-Spannung jedoch in erster Linie auf den Ausgangswiderstand des Transistors auswirkt, wird sie in den mathematischen Modellen häufig vernachlässigt. Damit bleiben Abschnürspannung und Sättigungsstrom als einzige charakteristische Größen übrig.

2. Vergleich ist gleich?

Vergleichslisten für Transistoren gibt es wie Sand am Meer. In der analogen Steinzeit kannten die Fernsehtechniker die sogenannte "Henninger"-Liste. Auch heute findet man vergleichbare Listen in manigfaltiger Ausführung - leider in der Regel in Buchform. Ein solches Werk zu erstellen ist eben eine aufwändige Sache, die auch ihren Preis hat!

Die im Internet zu findenden Listen sind häufig unvollständig und wenig aussagefähig. Um einen Vergleichstyp für einen vorliegenden Transistor zu ermitteln, ist die Kenntnis folgender Daten unbedingt erforderlich:

  1. Stromverstärkung B (bei bipolaren Transistoren),
  2. Sättigungsstrom und Abschnürspannung (bei Sperrschichtfeldeffekttransistoren),
  3. Grenzwerte (maximaler Kollektor-/Drain-Strom, maximale Kollektor-Emitter-/Drain-Source-Spannung, maximale Leistungsaufnahme),
  4. Gehäuseform und Anschlußfolge.
Weitere Angaben sind nett, aber nicht zwingend erforderlich.

Im Netz finden man unter anderem eine Tabelle in dem der 2N5457 als Ersatz für den BF245A angegeben wird. Vergleicht man einmal die typischen Werte für die Abschnürspannung (-3,25V und -1,75V) und den Sättigungsstrom (3mA und 4,5mA), wird schnell klar, daß es mit einer Vergleichbarkeit doch nicht so weit her ist! Daß beide Transistoren eine unterschiedliche Anschlußfolge haben, wird gar nicht erst erwähnt!

Solche Listen sind nicht hilfreich, sondern ganz einfach Mist!

Insbesondere der halbwissende Gelegenheitselektroniker, zu dem viele bastelwütige Gitarristen wohl zählen dürften, wird mit der Anwendung einer solchen Liste leicht in Teufels Küche kommen und dann ratlos vor einer Schaltung sitzen, die sich nicht so verhält, wie man es erwartet. Bevor man einer solchen Liste traut und eventuell eine Schädigung in der Schaltung riskiert, sollte man sich lieber die Datenblätter der betreffenden Transistoren besorgen... Merke: Selbst ist der Mann!

Bei bipolaren Transistoren kann man in der Regel sehr großzügig sein. Solange die Grenzwerte nicht überschritten werden, kann man quasi jeden Transistor verwenden, solange die Schaltung entsprechend tolerant aufgebaut ist. Bei Feldeffektransistoren liegen die Dinge jedoch etwas anders. Hier sind die Eigenschaften der Schaltung häufig stark mit den verwendeten Transitoren verbunden. Selbst wenn man einen gleichen Transistor verwendet, kann es unter Umständen zu Problemen kommen, da die Parameter von FETs eine sehr starken Streuung unterliegen. Aus diesem Grund werden diese Transistoren häufig vor der Verwendung aus einer größeren Menge selektiert.

3. Verschiedene Sperrschicht-FETs im Vergleich

Die von den Herstellern in ihren Datenblättern gelieferten Angaben sind in der Regel nicht vollständig. Darüber hinaus sind einige Spezifikationen nicht ganz korrekt, wie zum Beispiel die Definition des Sättigungsstromes, der typisch bei einer Drain-Source-Spannung von 15V gemessen wird. Wenn man es genau nimmt, muß hier UDS = -UP gelten!

Wer die Angaben etwas genauer studiert, der wird schnell feststellen, daß hier eine gewaltige Streuung vorliegt. Damit sind dieses Daten für eine verlässlich Schaltungsdimensionierung leider kaum zu brauchen! Stellt man die Daten verschiedener JFETs in einer Tabelle zusammen und sortiert sie in geeigneter Weise, dann kann man sich zumindest einen brauchbaren Überblick verschaffen, welcher Transistor wohl als Ersatz für einen anderen Transistor dienen kann.

In den beiden folgenden Tabellen wurden die Datenblattangaben von Abschnürspannung und Sättigungsstrom verschiedener JFETs gegenübergestellt. Man findet - soweit angegeben - minimale, maximale und typische Werte. Sind keine typischen Werte vorhanden, so wurden sie aus den minimalen und maximalen Werte gemittelt.

Um eine bessere Vergleichsmöglichkeit zu erhalten, wurde aus den typischen Daten die maximale Steilheit Smax - die einen Hinweis auf die mögliche Verstärkung und andere Größen erlaubt, die Steilheit im Arbeitspunkt SAP bei ID=IDSS/2 sowie die maximale Spannungsverstärkung bei einer Versorgungsspannung von 9V ermittelt. Dabei wurde folgende Schaltung zugrunde gelegt:

JFET_Source_Amp_Basic.gif

Selbstverständlich läßt sich die Spannungsverstärkung vergrößern, indem der Source-Widerstand RS durch einen geeigneten Kondensator kurzgeschlossen und die Gegenkopplung auf diese Weise aufgehoben wird. Allerdings hat ein solches Vorgehen auch seinen Preis. Auf der einen Seite steigt dadurch der Klirrfaktor an. Auf der anderen Seite - und das ist viel bemerkenswerter - wird durch diese Maßnahme der Aussteuerbereich am Eingang der Schaltung stark reduziert.

Im Bereich der Gitarrenelektronik spielen die Grenzdaten der Feldeffekttransistoren in der Regel nur eine untergeordnete Rolle, da nur mit Spannungen von 9 bis 18 Volt gearbeitet wird und es auch nicht um große Ströme geht. Aus diesem Grund wurde auf die Angabe der Grenzwerte in den Tabellen verzichtet.

4. Sperrschicht-FETs im Vergleich

An dieser Stelle sollte sie nun kommen, die versprochenen Vergleichstabellen. Aber sie kommen nicht!

Ich habe lange darüber nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen, hier lediglich auf den originalen Artikel zu verweisen.

Die Begründung dafür ist ebenso einfach wie einleuchten: Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sich diese Tabellen in der Zukunft inhaltlich ändern. Und da man einen Beitrag in einem Forum nicht beliebig lange editieren kann...

Also sorry, daß jetzt ein weiterer Klick erforderlich ist, aber ich glaube, es ist besser so!

Fazit

Mit den beiden vorgestellten Tabellen wird die Auswahl eines Ersatztransistors zumindest erleichtert. Sicherheit gibt es dadurch aber leider nicht, denn dazu streuen die Parameter zu stark. In der Praxis wird man daher nicht umhinkommen, die betreffenden Parameter zu messen.

Die Kenntnis dieser Daten und die Anwendung der entspechenden Formeln für den Feldeffekttransistor führen dann prompt zu einem ordentlichen Ergebnis. Ich habe vor einem knappen halben Jahr einen Vorverstärker mit FET-Eingangsstufe entworfen. Die praktischen Ergebnisse wichen von der Rechnung in keinem Fall um mehr als 5 Prozent ab und die Schaltung lief auf Anhieb!

MB_1_P2_PCB.jpg

Kennern von JFET-Verstärkerschaltungen wird sofort auffallen, daß die charakteristischen Trimmer fehlen. Wozu sind die eigentlich gut?

Wer JFETs mit bekannten Parametern benötigt, kann sich gerne an mich wenden. Ich habe in der Regel verschiedene Transistoren zur Verfügung, deren Parameter ich dann ermittle.

Ulf

Der vollständige und aktualisierte Artikel ist wie immer in der Knowledge-Base der Guitar-Letters zu finden.
 
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Bad News!

Viele Herstellervon JFETs haben ihre Produkte im TO-92 Gehäuse seit 2012 abgekündigt. Die Folgen sind jetzt schon am Markt zu beobachten. Die Verfügbarkeit sinkt und die Preise ziehen stark an. Bei einigen Typen kann man sogar von einer regelrechten Preisexplosion sprechen. Waren sie bis vor kurzem noch für 60 Cent zu erwerben, so werden nun an einigen Stellen im Internet Preise bis zu 7 Dollar aufgerufen! Schaut man sich bei den Distributoren um, so ist häufig festzustellen, daß die Stocks leer sind!

Natürlich haben nicht alle Hersteller die Produkte abgekündigt, aber wenn zum Beispiel NXP die Produktion des BF245 einstellt, kann man davon ausgehen, daß die anderen Produzenten bald folgen werden. Die Situation wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit also nicht verbessern, sondern eher noch kritischer werden.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage: "Warum machen die das?"

Die Antwort ist ganz einfach: In der professionellen Herstellung elektronischer Baugruppen haben sich die unbedrahteten SMD-Bauteile durchgesetzt, weil sie kleiner sind und leichter automatisch auf die Platinen gebracht werden können. Damit sinkt automatisch der Bedarf nach den größeren Produkten im bedrahteten Gehäuse. In einem Marktsegment in dem es um Stückzahlen in Millionenhöhe geht, spielen die paar bastelnden Gitaristen und Effektgerätebauer leider keine Rolle! Also, wenn es sich nicht mehr lohnt, dann wird die Produktion eingestellt. So einfach ist das.

Wie dramatisch die Lage ist, wird deutlich, wenn man einmal einem Blick auf die FET-Vergleichsliste wirft, die um die Angabe des Verfügbarkeitsstatus erweitert wurde.

Ulf
 
Du hast (leider) Recht! Da bleibt ja quasi nichts mehr für uns übrig (schnüff) :weep:

Ulf
 
Liebeer Onkel,
vielen Dank für diesen Thread, schade dass die wenigsten damit wohl nichts anfangen können.

Aber Hut ab, für die Arbeit
 
Ganz so dramatisch sehe ich das nicht. Mit ein bisschen Übung ist SMD löten absolut kein Problem, wir reden ja hier nicht von TQFP Packages o.Ä.
Hier gilt: einfach mal ausprobieren - Lochraster ist dann natürlich nicht mehr - aber nutzt man ohnehin eine Platine würde ich SMD jederzeit den bedrahteten Bauelementen vorziehen. 0603 kann man z.B. problemlos löten, selbst 0402 geht noch. Ein SOT23 ist doch auch noch lange nicht abgekündigt und easy zu löten. Falls man auf sein Lochraster nicht verzichten mag: kleine Miniplatinen fertigen lassen mit ner 3er Pinhead Leiste und nem SOT23 oben drauf. Fertig - dürfte im unteren Cent Bereich liegen ;)
 
Das wär ja mal eine Geschäftsidee.
Adapterplatinen bauen und den armen DIY Gitarristen teuer verkaufen. :evil:
 
Die Geschäftsidee ist natürlich nicht so schlecht, aber ich sehe das von der praktischen Seite. Wenn man mit JFETs wirklich sinnvoll arbeiten will, dann muß man die Parameter ermitteln. Ein TO-92 kann man mal eben schnell mit Krokoklemmen... bei einem SOT-23 klappt das leider nicht. Da gibt es dann einen Klappsockel für 50 Euronen aufwärts... :eek:

Ulf
 
Das ist natürlich ein Argument.
 
Schade ist das Aussterben bedrahteter Bauteile allemal, für Breadbords waren die immer noch ideal.

Gibt es denn zu des Onkels TO-92 FET Typen denn Vergleichstypen in SMD?
SMD in 3-Polig, sollte durch leichtes anpressen auf eine Platine mit entsprechendem Footprint/Kontakten zu kontaktieren sein.
SOT23 geht auf Lochraster einigermaßen in das Dreieck aus 3 Lötpunkten - ist aber nichts für das erste mal.
 
Gibt es denn zu des Onkels TO-92 FET Typen denn Vergleichstypen in SMD?
Teilweise. Für den BF245 gibt es jetzt den BF545. Da drinne steckt mit Sicherheit der gleiche Kristall! Ist halt nur ein anderes Package. Wie es mit den anderen Kandidaten, wie zum Beispiel dem MPF102 oder dem J201 aussieht, muß man dann beim jeweiligen Hersteller recherchieren.

SMD in 3-Polig, sollte durch leichtes anpressen auf eine Platine mit entsprechendem Footprint/Kontakten zu kontaktieren sein.
Und wenn man die Hände zum Messen brauchen "will"? Egal wie man es betrachtet, schön ist das nicht! Es gibt nicht umsonst Testsockel. Der Onkel ist Test-Ing. und kennt sich diesbezüglich besten aus.

Ulf
 
...schade dass die wenigsten damit wohl nichts anfangen können.

Mmmm - meinst Du das wirklich so oder eher:
schade dass die meisten damit wohl nichts anfangen können
oder
schade dass die wenigsten damit wohl was anfangen können

:gruebel:
 
Dammit, "schade das die wenigsten damit etwas anfangen können" wäre gemeint
Ich sollte micht mehr konzentrieren wenn ich was schreibe und mich gleichzeitig unterhalte.
 
Danke für den Tipp mit dem BF545. Es gibt ja tatsächlich viele auch in SMD. Nur leider sind die auch nicht enger sortiert und man kommt nicht drum rum viele zu vermessen, mit vermutlich reichlich Ausschuss, wenn man sich an Dein Schaltungsdesign halten möchte.


OK das ist die Bastel Testsockel Lösung...

Ein Brettchen nehmen, darauf eine (schwache) Wäscheklammer kleben.
Den unteren Kneifteil der Wäscheklammer abflachen und so eine Platine einkleben:
http://www.watterott.com/de/SOT23-DIP-Adapter

Bauteil Mit Pinzette einlegen und herausnehmen mit freier Hand die Klammer bedienen.
Danach sind beide Hände frei zum messen.

für Atmega88 hat das mehrfach geklappt um einen Bootloader zu übertragen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

dieses Modell einer Verstärkung durch einen wie der Onkel schrieb: Bipolaren Transistor - treibt auf Wikipedia sein Unwesen; und es ist eigentlich find ich sehr gelungen. Deshalb der Upload. Zur Erklärung: Das Wasser stellt den Stromfluss dar, und die 3 Bezeichnungen die Kontakte.


Transistor_animation.gif

bubili
 

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