Präsentation von Herrn Lindermaier anlässlich des Schwarzwaldtreffens 2010

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Die Präsentation von Herrn Lindermaier anlässlich des Schwarzwaldtreffens 2010 war meiner Ansicht nach so einzigartig und streifte soviele technische Themen, die im Board in den letzten Monaten diskutiert wurden, dass ich einen eigenen Faden dafür für angebracht halte. Das Treffen mit Herrn Lindermaier verdanken wir Balg, der ihn dazu bewegen konnte, sein Wissen weiter zu geben.

Herr Lindermaier, mittlerweile über 90 Jahre alt, war bis in die frühen 80er Jahre für Künstlerinstrumente und spezielle Entwicklungen bei der Firma Hohner zuständig. Er entwickelte die Melodika, war für das Design der Atlantic zuständig und optimierte Instrumete vieler Musiker. Innerhalb der Firma Hohner konnte er unabhängig entwickeln und dank seiner langen Zugehörigkeit zur Firma Hohner kannte er die Herren Morino und Gola persönlich. Herr Lindermaier ist somit ein einzigartiger Zeitzeuge und es war eine grosse Ehre und Freude, seinen Ausführungen zu folgen, die er pointiert, witzig und lebhaft vortrug.

Ich versuche die Themen in der Art zu bündeln, wie sie in anderem Zusammenhang im Board schon aufkamen:

Stimmzungen: Der Unterschied zwischen a mano und anderen Qualitäten besteht darin, dass a mano aus einem gebläuten Band gestanzt wird, das genauso breit ist wie der Stiefel der Stimmzunge. Deshalb sind die Kanten des Stiefels ebenfalls gebläut. Die anderen Qualitäten werden aus breiteren Bändern gestanzt. Was die Qualität aber v.a. ausmacht, ist die manuelle Nachbearbeitung. Offenbar kann keine Maschine die Oberfläche der Stimmzunge und die Spalten- & Lösabstände so zweckmässig einstellen, wie ein Mensch. Auch die Stimmung ist kein rein physikalischer Vorgang, psychoakustischen Phänomenen ist ebenso Rechnung zu tragen.
Die Oberfläche der Stimmzunge muss sorgfältig optimiert werden, damit die Ansprache optimal wird. Die scheinbare Unberührtheit der Gola Stimmplatten ist vor allem ein Zugeständnis an die Kundenwünsche, die Stimmplatten werden ebenso geritzt, wie alle anderen, bloss auf der nicht sichtbaren Seite. Das Ritzen ist immer noch die nachhaltigste Methode, da dadurch die Stimmplatte insgesamt nicht geschwächt. wird und weniger anfällig für Brüche ist.

Kanzelle und Stimmstocksohle: Ausmass und Form der Kanzelle und der Stimmstocksohle bestimmen die Ansprache und die Tonhöhe. Das zeigt sich v.a. im oberen Fünftel des Diskantes im Register: hier nimmt die Ansprache der Töne ab, was bei Akkorden zu einer Ueberdeckung durch die unteren Töne führt. Das liesse sich verbessern, indem die Kanzellen oder Stimmstocksohle vergrössert wird, wodurch mehr Raum für die Entfaltung des Luftdruckes entsteht. Die optimale Raumverteilung ergäbe also eine Vergrösserung der Kanzellen oder der Sohle im oberen Drittel (wie bei einer Panflöte, wie mir mein Nachbar sagte). Die Weltmeister Instrumente tragen diesem Phänomen Rechnung, indem sie sie anders platzieren.

Optimierungen des Gehäuses: wesentlich für das Ansprechverhalten ist neben den Stimmzungen der Luftverlust bei den Registerschieber. Verglichen mit den Stimmzungen lässt sich hier noch viel mehr herausholen, indem man hier die Leckluft elimineirt durch exakte Abstimmung der Komponenten.

Einflüsse auf den Klang: Die Stimmzunge ist sicher die hauptsächliche Klangquelle, doch viele weitere Faktoren beeinflussen den Klang: Reflexionen und Resonanzen im Gehäuse lassen das Akkordeon bei Zug und bei Druck unterschiedlich klingen.

Das waren mal meine Erinnerungen an die Themen, die Herr Lindermaier u.a. ansprach. Vieles musste ich weglassen und manche Anektote, die er zum Besten gab, bleibt aussen vor (z.B: sein Besuch bei einem Stimmplattenfabrikanten in Italien). Vielleicht kann das noch jemand ergänzen, ich bin sicher, er wird seine Freude daran haben.
 
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