Cassotto eine Modeerscheinung?

  • Ersteller Sir_Falk
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Lieber Klangbutter,

Unter "Planfüllung" glaube ich zu verstehe, sind die Chöre die nicht in Cassotto liegen. Und wenn ein Instrument gar kein Cassotto-Scahcht hat, dann sind alle Chöre beim "Planfüllung". Oder?

Du hast meine Problem richtig verstanden: Den Klang möchte nicht zu einem ganzen Klang zusammenfügt, sondern jeder zugeschaltete Chor vom Ohr separiert wahrgenommen wird. Nur beim sehr Feinabgestimmte Instrument kann es gut funktionieren, eventuell wenn alle Materialen (Zunge, Kanzellen usw.) gut miteinander harmonisieren. Das ist nicht selbstverständlich, und bei weitem auch nicht immer der Fall. Solche Abstimmung der Chöre sind schwer zu bekommen. Die Marino Pigini, La Burdina und mehrere andere die ich ausprobierte, haben, für mich, keine gute Abstimmung . Der Royal Standard aber doch.

Und wenn ein Cassotto dazu da ist?

Stellt Dich vor, du Hast einer Geige mit 4 Seiten (alle Seiten sind von einer Hersteller). Jetzt machen wir folgendes: Wie lassen 2 Seiten davon auf einer anderen GEIGE spielen. Z.B. - einer Instrument der sehr hell klingen ist. Sagen wir dann das unsere andere (erste) Geige ein dunkler ist.
Wie soll den Klang sich Harmonisieren? Es ist nicht einer Glückliche Paarung.

Beim Geige-Gruppe spielt das nur einer kleine rolle. Aber beim Solo-Instrumente? Dort darf man eine Vollständigkeit erwarten.
Ich denke, wenn einer Cassotto da ist, dann sind die Differenzen nur noch große, so das gar keine Einheit im Klang mehr gibt. Das bedeutet aber nicht das keine Klang-Charakter entsteht. Denn gerade das macht einer Typische Pigini, oder Beltuna oder Scandalli, oder Hohner Klang. Und sieht da, jeder Firma ein bestimmte Klang hat. Nur nicht naturell eben, zumal nicht für mich.

Dein,

MKL.454
 
Jetzt verstehe ich. Spiele Deine Montana bitte mal mit und mal ohne Diskantverdeck. Ist die harmonische Übereinstimmung der Chöre dann noch gegeben?

Zum Problem: http://www.youtube.com/watch?v=-AjFpYKHq38
Im Diskant C8 + 4, im Baß gedeckte 8+4.

Man merkt, wie der Baß in sich harmoniert, während im Diskant das Piccolo sehr hervorsticht und der C8 in dunklen Grundton dazu gibt. Mir jedoch gefällt genau dies, daß man durch das Cassotto eine breitere Klangfarbenpalette hat.

@ Klangbutter,

Das Cassotto ist von Hersteller zu Hersteller verschieden. Zu den hohen Tönen hin könnte man es theoretisch verjüngen, bei den tiefen Tönen reicht aber nicht mal eine Faltung, um die gleiche Wirkung auf die Obertöne zu bekommen wie sie in der optimalen Mitte liegt. Im Schacht müssen beide Stimmstöcke untergebracht werden. Je tiefer im Schacht die Stimmplatte liegt, um so stärker wirkt dieser auf die Obertöne. Würde man jetzt den Schacht aber verjüngen (und insgesamt tiefer gestalten, damit die Stimmstöcke noch reinpassen) würde die veränderte Wirkung auf die hohen Töne des 8 ev. günstig liegen, kann aber für die des 16 ungünstig ausfallen.

Viele Grüße

Andreas
 
Verstehe. Jetzt erübrigen sich auch meine Gedanken, mit Sinuswellen zu experimentieren.

Einige Akkordeons haben Registerbezeichnungen der Orchesterinstrumente, z.B.:

16 = Fagott
8 (Cassotto) = Flöte
8 (offen) = Celesta
4 = Piccolo
8 + 8 = Violine
16 + 8 = Bandoneon
16+8+8+4 Tutti
usw.

Das macht auch absolut Sinn, wenn die Register tatsächlich wie diese Instrumente funktionieren.
Mein altes Jupiter wurde diesen Bezeichnungen gerecht und die Bezeichnung "es silbert" fand ich am passendsten.

Das Fagott (16 Fuss) klang irgendwie geckig und stark.
Die Flöte (8 Fuss) warm und weich, aber nicht zu holzig wie bei vielen sehr kammermusikalisch getrimmten Instrumenten. Das offene 8 Fuss allein hatte für mich zwar keinen besonderen Reiz, aber es ergänzte den Cassotoklang wunderbar. Das Tremolo war flach gestimmt und selbst mit seiner über den Dynamikverlauf sich abzeichnende Unsauberkeit war es nicht unangenehm sondern wirkte wie eine Anstrengung in der menschlichen Stimme, vielleicht auch mit "Rockigkeit" zu bezeichnen.
Das Piccolo schnitt Dir die Ohren ab!!! Kaum Grenzen über die Dynamik ... und ein Ton wie der andere.
Vielleicht hatten die einzelnen Chöre auch Schwächen in bestimmten Lagen, aber zusammen ergab es eben dieses gewisse Ganze. Wie ein gut aufgestelltes Team von gleichgesinnten Freaks, nicht wie unabhängig vor sich hin arbeitende allgemeine Stümper.
Ich weiß nicht, woher diese "Magie" kam. Viel macht die Stimmung aus, die eben nicht unbedingt temperiert sein muß. Das Piccolo war etwas höher gestimmt als üblich. Das funktioniert aber nicht mit jeder Zunge. Meistens klingt es einfach verstimmt. Viel trägt auh die Ansprache bei, gegenseitige Beeinflussung, Verstimmungsverhalten, durchgehende Stimmplatten, genietete Zungen, (Qualität des Stahls und des Holzes soll wohl keine Rolle spielen??? Bei Victoria aber doch???)

Es gab bei dem Jupiter im Bass auch keinerlei Register! Trotzdem konnte man auch extrem unterschiedliche Lagen auf den verschiedenen Seiten spielen und es passte irgendwie zusammen. Normalerweise überlegt sich ein Spieler eines durchschnittlichen Instrumentes - "hmmm welches REgister muß ich nehmen, damit es zu hören ist ....?" Er entscheidet nicht nach gewünschter Klangfarbe sondern nach Notwendigkeit!

Bei Bandoneons gibt es diesen Effekt auch. Es hat ja auch keine Register. Rechts ist es extrem offen und direkt, links dagegen warm und singend.
Die Seiten klingen sehr unterschiedlich und ergänzen sich doch. Wie Bass und Bassdrum.
(Nicht etwa wie Sousaphon und Surdo ... Das passt einfach nicht zusammen, sie stören einander eher als dass sie sich ergänzen.)

Bei Bortess scheint man sich auch solche Gedanken zu machen, zumindest im Mittenbereich. Die linke Hand soll mit den höheren Akkordlagen und einem dem Diskant ähnelnden Klangcharakter eine Ergänzung im Arrangement ermöglichen. Clever - für den der es ausnutzt.

Ich schwoff ab ...

---------- Post hinzugefügt um 23:54:57 ---------- Letzter Beitrag war um 23:24:36 ----------

p.s. schönes Beispiel Andreas! Ich verstehe, wie Du die Ergänzung verstehst und das macht mir bewußt, das da noch andere geschmackliche Dinge eine Rolle spielen, die in der Weise nicht zu beschreiben sind. Denn ich finde auch, dass sich deine Cantus gut ergänzt und in sich "stimmt". Aber da gibt es noch Gewürze im Oberton, die mir zu sehr in eine Kammermusik - Charakteristik gehen. Deine Cantus hört bestimmt auf den Namen Elisabeth?
Ich wünsche mir aber einen Glenn!
 
Zuletzt bearbeitet:
hm, grübel,
bin jetz langsam am zweifeln ob hier nicht übertrieben wird.
(des Kaisers Kleider sind ja sooo schön - haben wir auch bei der Blindverkostung gehört, gell Freunde ;) )
Obwohl ich den Akkordoenklang liebe und auch differenziere bin ich da wohl eher grobgestrickt :redface:
Hat jemand evtl. Klangbeispiele zu seinen Aussagen?

(Ja Uwe, Du hast welche, aber da die Tönchen aalglatt aus dem Chip flutschen hilft das uns "Naturburschen" wenig!
Und wie geht das mit der V-Casottosimulation, macht da Roland eine Aussage? EQ, Filter, Kompressor oder Firmengeheimnis?)

mfg balgseele

P.S. spielte auch mal mit einem Geiger der stimmte einfach zwischen die beiden Schwebungstöne, sagte er jedenfalls
 
Ich redete die ganze Zeit vom Jupiter. Nicht vom Roland! Aber am Roland kann man die Nachteile von falsch zusammengestellten Zungen auch sehr gut hören!

Es gibt keine Cassottosimulation. Das sind einfach Samples von verschiedenen Cassottos. So gut und so schlecht, wie sie in einer elektronischen Signalkette eben wiedergegeben werden. Dort ist es nur interesant, wie die verschiedenen Charakteristiken aus einem und dem selben Lautsprecher klingen. Natürlich hört man Unterschiede, aber nicht im ganzen Spektrum. Ein Bandoneon hat z.B. nicht nur eine bestimmte Stimmung, Obertonspektrum usw, sondern auch ein besonderes Abstrahlverhalten. Das wird über Lautsprecher ganz wesentlich verfälscht. (Stichwort Sinfonien übers Smartphone geniessen)
Aber es ist eine schöne Spielwiese, um die genannten Effekte halbwegs zu simulieren.
Excelsiors 16 Fuss, Hohners 8 Füsse und Texmex Piccolo fügen sich in einer bestimmten Lautstärkeverhältnis verdammt gut zusammen und klingen nach Gallianos 1965 Victoria. Aber nur, wenn Du wirklich alle zusammen nimmst und eine leichte Schwebung zufügst. Weit unten und oben herrscht dann das Piccolo vor, in den Mitten übernimmt das 16 Fuss die Führung und die 8 Füsse machen den nötigen Dreck. Das passt zufällig ganz gut zusammen.
Für den Bass habe ich nichts adäquates gefunden.

Die synthetische Klangerzeugung ist genau so eine Kunst, wie die natürliche. Sie haben zwar auch verschiedene Probleme, aber auch viele Gemeinsamkeiten.

ZB. Sordino. Eigentlich ist eine Jalousie oder ein Verdeck gemeint. Natürlich wird der Lautsprecher nicht mechanisch verdeckt, sondern es kommt ein elektronisches Filter zum Einsatz. Es ist enorm, wie unterschiedlich elektronische Filter klingen können. Es sind nicht nur die vier Parameter Quantität, Frequenz, Resonanz und Steilheit, die man einstellen kann. Dynamik, Harmonische Verzerrungen, Wärme usw. führen ebenso zu einer Art "Genetik" in der Klangcharakteristik, wie die Cassottos der verschiedenen Instrumente.

Beispiel: http://www.youtube.com/watch?v=IfiTqwPDr3A
Das sieht nicht nur leicht aus, es ist auch leicht! Natürlich ist Lips ein Könner, aber das Instrument hilft wie verrückt:
Das Bellowshake bei 0:33 ist total locker und es kommt immer noch ein Quäntchen mehr Druck, weil es sehr leicht geht. Die Stimmen sprechen sehr leicht an. Die Kombinationen von Stimmen ergänzen sich gegenseitig.
1:05 - rechte und linke Hand (beide Seiten mit doppeltem 8 Fuss) spielen in der selben Lage und klingen fast gleich um sich zu ergänzen, aber nicht so gleich, dass man sie nicht unterscheiden kann. Die Stimmen brauchen trotz Doppelchores fast keine Luft und modulieren sich gegenseitig so, das jeder Ton in feinen Nuancen anders und lebendig klingt, ein bischen wie ein langsamer Orgelrotor!
2:17 der Balgwechsel bringt kein bischen Klangunterschied und ist völlig organisch mitten im Takt.
2:23 höchste Lagen klingen wie aus einem Guss mit den mittleren Lagen.
3:43 4 chörige Grundbassquinten im piano und dazu hohe Töne rechts ... es ist trotzdem alles zu hören - kein Problem sie ergänzen sich ohne Registerschaltungen.
3:58 - Kompression - das Phänomen des Luftausquetschens ohne große Klangveränderungen. Das Instrument nimmt einem überhaupt nichts übel, es ist so ein guter Kumpel und quittiert einen Fusstritt mit einem Augenzwinkern.
4:23 silberne Strahlkraft pur.
4:27 auch auf Balg zu Strahlkraft, wo viele Instrumente einfach nur matt sind.

Ich gebe zu, für einen echten Beleg müßte die Tonqualität viel besser sein, aber bei seinem Bayan weiß ich einfach, wie es sich anfühlt. Ich konnte es damals selbst probieren. Es war noch besser als mein eigenes und auch besser als die Pigini Mythos.
Hier der gleiche Spieler mit dem Mythos:
http://www.youtube.com/watch?v=C75Imej5wpo&feature=related
Das Piccolo ragt heraus, es quietscht mehr und verbindet sich nicht so gut.
Das Bellowshake ist auch nicht so elegant, obwohl der Balg einen gewissen eigenen Schwung hat.
Insgesamt ist es aber trotzdem sehr hohes Niveau.

Ein richtig schlechtes Beispiel habe ich auf die Schnelle nicht gefunden.
Aber das hole ich mit meinem Cavagnolo irgendwann mal nach, damit läßt sich das nämlich leicht darstellen.
Gute Nacht
 
Zuletzt bearbeitet:
Guten Morgen,

@ Willi,
das sollte nicht eine Liebesbekundung meiner Cantus sein, sondern ich dachte mir lediglich, daß an dem Beispiel das Harmonieren der gedeckten 8+4 im Vergleich zum Zusammenspiel von C8+4 verdeutlicht werden könnte.

@ Uwe,

meine Cantus ist noch nicht getauft. Ich glaube aber, wenn ich da was jazziges gespielt hätte, hättest Du sie Glenn getauft. Natürlich sehe ich den Klang zuerst mehr kirchenorgelmäßig, aber es geht ja hier um das Mischen der Chöre. Aber auch in diesem Aspekt werden wir hier nicht abschließen können, da man die Instrumente live hören und spielen muß und jeder Geschmack anders ist. Der eine will einen lauten Piccolo, der andere anderes... man wird sich da nie einig werden.

Viele Grüße

Ippenstein
 
Hallo Klangbutter

Vollterefflich geschrieben! denn auch wenn es um Unterschiedliche Chöre geht (zu Recht sind die als Fagott, Klarinette usw. gennant), "zusammen ergab es eben dieses gewisse Ganze. Wie ein gut aufgestelltes Team von gleichgesinnten Freaks, nicht wie unabhängig vor sich hin arbeitende allgemeine Stümper".

Auch Ich weiß nicht woher diese "Magie" kommt: Von der Temparierte Stimmung? die Ansprache bei ? die gegenseitige Beeinflussung? die Verstimmungsverhalte? die etwa andere Stimmplatte? die genietete Zungen? spielt das Qualität des Stahls und des Holzes wohl eine Rolle? (ich denke schon). Auf jedem Fall bin ich Dir sehr Dankbar für Dein detailierte Bericht hier.

Übrigens, geht diese "Magie" auch ohne Cassotto? Hast du eventuell die Möglichkeit auch 4 Non-Cassotto Chöre (mit 16, versteht sich) auf dein Ronald zu simulieren?


Lieber Ippenstein,

Kann einer Weltmeister "Cansona" in meine "Richtung" klingen? Also "Plannfüllung" Cassotto, ohne den Tief-Schacht und trotzdem die Klangeigenschaften von Weltmeister?

Übrigens, meine montana macht mir glücklich auch ohne Verdeck (!). Anbei einige Fotos davon, mir bestem Dank für Dein grosse Einsatz hier.


Verdeck.jpg

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Verdeck, Nahe Foto.jpg

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Verdeck, Von Ihnen (andere Seite).jpg

Mit Gruß und Dank,

Mkl.454
 
Hallo Mkl.454

das ist nicht möglich. Die Consona hat ein Füllungscassotto, wodurch 16+8 in einem gleichen Schacht wie bei einem "Vollcassotto" liegen. Nur die Abstrahlung ist anders. http://www.youtube.com/watch?v=pkXxWiBjbwY
Ich gehe davon aus, daß Deine Montana durch das Verdeck fülliger klingt. Wenn Dir der Klang aber auch ohne das Verdeck gefällt, müsste man sich das Instrument man genauer ansehen und analysieren, warum es Dir gefällt. :)

Viele Grüße

Ippenstein
 
Lieber Ippenstein,

Ich denke, es ist mir einfach etwas besonderes, das gute East-Germany Akkordeon Klang. Apropos dein Cansona: Was für ein WUNDERBARE Klang!! Auch sehr SCHÖN gespielt!! Das kann nicht Falsch sein... diese klang kommt meine Vorstellung sehr entgegen.

Weiter per PN :)

Dein Mkl.454
 
für einen echten Beleg müßte die Tonqualität viel besser sein, aber bei seinem Bayan weiß ich einfach, wie es sich anfühlt.

zum Teil mag ich aber gerade die verstümmelte Qualität von alten Aufnahmen und unprofessionellen Konzertmitschnitten. Das hat etwas Authentisches und nimmt zum Teil die Schärfe des Klangen; gut zu hören bei historischen Tangoaufnahmen, bei denen mir den Bandoneonklang viel besser gefällt, als bei modernen Aufnahmen.

Bei dieser Aufnahme springt mir der Cassotto-Klang nicht ins Ohr, fasziniert bin ich eher von Ansprache und Balgarbeit.

Uebrigens: ist das nicht ein Dallapè? Ich kann zwar keine Bassregister entdecken, aber die Diskantregister und der Grill schauen schon danach aus :gruebel:.
 
Hallo nochmal!
@mkl454 - ich denke, die "Magie" hängt nicht vom Cassotto ab. Das Cassotto muß sich mit seiner Farbe nur in das Gesamtbild einfügen können. Ein zu dunkles (obwohl schönes) Cassotto ist dann eher kontraproduktiv.

@ Ippi - Wieder ein schönes Beispiel! Das Cassotto klingt wunderbar. Der Bass klingt anders, hat sein eigenes Timbre. Zusammen ist es durchsichtig, weil sie sich klanglich unterscheiden. Das Piccolo kommt wieder extra dazu, wie ein neuer Gast auf der Party. Glücklicherweise ist es laut genug und auch gleichmäßig!
Das typische Weltmeister-Tremolo (nicht zu weit voneinander entfernt aber ein Chor offen, der andere im Cassotto) empfinde ich immer als "glasig" und es weiß auch zu gefallen. Es ist aber nicht DAS Tremolo, womit man für gewöhnlich das Akkordeon in Verbindung bringt sondern eher ein kunstvolles Stil-Tremolo der besonderen Art, nicht der urige Shantie- oder Alpine Klang.

Insgesamt fügt sich Dein Instrument für mich aber nicht zu dem "magischen Ganzen" zusammen - es ergibt keinen kompakten Klang, sondern einen separierten. Jeder Chor ist als Charakterkopf auch in der Mischung einzeln wahrnehmbar.
Das ist überhaupt keine Wertung! Für viele Sachen braucht man gerade dieses durchsichtige Klangbild und der Charakter ist für mich kammermusikalisch und weiblich. Darauf kannst Du Scarlatti, Jazz, Balkan und vieles mehr super spielen. Für einen strahlenden Orgel-Bach oder ein schmetterndes Orchester- oder Klavierwerk würde ich es nicht nehmen. Auch nicht für Tango oder französische Sachen.

Das Bandoneon ist noch relativ kompakt:
http://vimeo.com/31842807

Owohl 2 Oktaven übereinander liegen, sind sie doch klanglich irgendwie untrennbar miteinander verbunden. Auch über beide Seiten hinweg.

Das trifft auf das Cavagnolo aber nicht zu. Das einzige, was sich hier verbindet sind die beiden Chöre des Doublebassoons miteinander (american flat tuning) und die beiden offenen 8 Füsse des Tremolos miteinander (french tuning). Alle 4 gemeinsam klingen gruselig. Der Bass kann überhaupt nichts dagegen setzen oder geschweige denn sich einfügen.
http://vimeo.com/31865471
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Uwe,

ich weiß, worauf Du hinaus willst. Zuerst: Ich spiele damit gerne Tango und Kirchenmusik. :D Tonaufnahmen haben ja immer ihre Nachteile, weil ein Großteil der Wirkung verloren geht. Zudem habe ich hier nur ein Großmembranröhrenmikro und es ist klar, daß der Baß, weil er sich ständig bewegt, nachteilig aufgenommen wird. Wie ich immer sage: Live probieren.

Nun dazu, warum sich der Klang des Bandoneons besser verschmilzt als meine Cantus: Zuerst sind des die Schallaustritte und die Art der Klangabstrahlung: Beim Bandoneon singen zwei Chöre auf der Füllung, strömen durch den kleinen Vorraum, in dem die Mechanik liegt und kommen dann durch das Ziergitter nach draußen. Unterm Strich also das gleiche wie bei einem Serienakkordeon im Diskant.
Im Baß verhält es sich ebenfalls wie bei einem Serienakkordeon: Zwei Chöre auf der Füllung singen, der Ton geht in den Baßraum und von dort erst durch die Schalldurchbrüche raus; beim Bandoneon nochmals durch den "Brummkasten" gelenkt, der den beiden Chören die Schärfe nimmt! Deshalb klingt der Baß des Bandoneons ein bißchen dünkler als der Diskant.
Zu dem ganzen kommen die Stimmplatten, die eine ganz andere Klangcharakteristik aufweisen. Es ist ein näselnder, ziehender Ton, wie bei einer Violine. Die ersten 8 Obertöne kommen gut und dann bricht das Spektrum ab. Das war damals so gewollt. Der Klang kann sehr gut verschmelzen.
Die Cantus bzw. das Cassottoakkordeon bietet das alles nicht: Anderes Obertonspektrum und anderer Klang an sich, dann im Diskant der erste Unterschied: Cassottochor + Nichtcassottochor. Da treffen zwei Gegensätze aufeinander, die sich klanglich mischen sollen. Das funktioniert nur dann, wenn Dein Ohr es zuläßt und wenn gewisse Vorgaben eingehalten sind (Klang des Cassottos nicht zu weit weg vom Nichtcassotto)
Im Baß haben wir eine geschlossene Haube, wodurch den Zungen die Obertöne stark abgedämpft werden. Die Obertöne des Grundchores sind aber wichtig, wenn sich der Klang der Zunge mit dem hohen Chor vermischen soll.

Hm... dahingehend sollte ich mein Akkordeon also wegwerfen... :D

Viele Grüße

Andreas
 
Unterschied: Cassottochor + Nichtcassottochor. Da treffen zwei Gegensätze aufeinander, die sich klanglich mischen sollen. Das funktioniert nur dann, wenn Dein Ohr es zuläßt und wenn gewisse Vorgaben eingehalten sind (Klang des Cassottos nicht zu weit weg vom Nichtcassotto)

Die Frage ist hier ja auch ob sie sich überhaupt mischen und wenn ja - wie sie sich mischen.

Wobei die Hauptfrage eigentlich war, ob das Casotto eine Modeerscheinung ist!

Die Frage haben wir nach wie vor nicht direkt beantwortet, aber durch die vielen Beispiele dafür und dagegen, wage ich mal die Behauptung, dass die Frage mittlerweile klar in die Richtung beantwortet werden darf:

Das Cassottto ist mehr als nur eine Modeerscheinung und hat seine Berechtigung, insbesondere wenn es um die klangliche Ergänzung zum Tonspektrum der anderen Chöre geht.

Ein paar Posts weiter oben wurden die Chöre mit Instrumenten verglichen und schon mal unter dem Aspekt hat das Cassotto seine Berechtigung. Dadurch dass das Cassotto Teiltöne filtert, entsteht ein andere Grundcharakter des Klangs, den man dann mit einem anderen "Instrument" assozieren kann. z.B. mit einer Oboe. Und damit kann man auch klar sagen, auch wenn die nicht Cassotto Chöre einen anderen "Instrumentencharakter" aufweisen, z.B. Trompete oder Flöte oder Violine ... dann ist die Existenz des Cassottos im selben Instrument trotzdem zulässig - Es ist dann eine Frage der Abstimmung aufeinander.

Nichts anderes macht ein Orchesterdirigent, wenn er sein Synphonieorchester so "einstellt", dass es für das Stück das gewünschte harmoniosche Gleichgewicht, oder auch Ungleichgewicht der verschiedenen Instrumenten-Gattungen erhält.

Und diesen Gedanken weitergesponnen bedeuet für mich, dass für mich durch das Cassotto noch weitere "Instrumente" wählbar werden, die ich auf einem Nichtcassotto Instrument so nicht zur Verfügung habe. Das ist bei einem Bandonoen villeicht nicht so von Belang, da das Einsatzspektrum heutzutage relativ eng ist. Bei einem Instrument, das nciht nur ausschließlich für beispielsweise Musette eingesetzt wird,sondern universeller eingesetzt werden soll - da würde ich mal sagen, dass hier das Cassotto die richtige Ergänzung ist.

Gruß, maxito
 
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Lieber Maxito,

Volltreffer! Damit sind wir gut weiter gekommen und es ist auch schön das man die mehrere Parameter auf ein Mal lesen kann.

Ich wollte nur noch erwähnen, das auch beim Orchestern, Oboe ist nicht gleich Oboe... So z.B. spielen vielen Engländer eine Howarth Oboe, die Deutschen spielen meistens Frank, Gebrüder Mönnig oder auch Marigaux, die meisten Amerikaner spielen Loree und die Wiener haben sogar der berühmte (oder befürchte) "Wiener Oboe".

Häufig passiert es, das einer Musiker nicht im eine bestimmte Orchester aufgenommen wird (trotz ein exzellente Probespiel!!), weil sein Instrument nicht in die Gruppe passt. Das bedeutet wiederum das auch der o.g. Orchesterdirigent, NUR die da zu verfugung stehenden Instrumenten einmischen kann. In Analogie zu unsere Thema hat er nur bestimmte Nummer von Cassottos zur Verfugung.

Das ist nicht Unbedeutend: Denn eine Brahms Symphonie wird (auch) deshalb immer anderes in Berlin oder in Wien klingen. Ausnahmen hier sind nur die mehrere Gastspiele... :)

Übrigens, je besser das Orchester ist, klingen auch den Instrumentalisten besser (auch eine Frage des Bezahlung). Und trotzdem, einer falsche Cassotto ist auch dort nicht ganz auszuschließen...

Wie werden uns sicherlich einig das Cassotto ist nicht gleich Cassotto.

Gruß,

Mkl.454
 
Um das nochmal mit Deinen Klangbeispielen (Uwe) aufzugreifen. Das V-Akkordeon eignet sich nur bedingt, um ein homogenes Klangbild darzulegen, da der Klangweg zum Ohr der falsche Weg ist. Genausowenig ist mein youtube-Beispiel geeignet. Man muß das Akkordeon real hören und schauen, wie sich die Zungen miteinander vermischen.

Natürlich kann man gewisse Parameter aufstellen, die es zu beeinflussen gilt. Das wird aber im Sounddesign bei jeder Firma gemacht. Eine Cassotta klingt anders als eine Supra oder eine Supita.

Das Sounddesign ist aber eine subjektive Sache. Man kann zwar erörtern, wo man mit dem Klang hin möchte und welche Stile sich besonders gut auf dem Akkordeon anhören sollen, aber letztendlich entscheidet der Käufer, welches Design ihm am besten gefällt. Der eine will einen kräftigen Baß, der andere nur einen dezenten, der nächste will ein helles Akkordeon, der nächste ein dunkles usw...

Und ob sich die Chöre miteinander verschmelzen bzw. ob es ein homogenes Klangbild gibt, entscheidet immer der Käufer.

Grüße

Ippenstein
 
Hallo Ippenstein,

ich denke immer wieder in diesem Thread an einen guten Freund und als Akkordeonist Meister seines Fachs.

Der hat das unnachahmliche Talent, dass wirklich jedes Akkordeon in seinen Händen einfach fantastisch klingt!
Natürlich hat auch er seine Vorlieben was die Klangcharakteristik seines Instrumenst betrifft - er kann das trotzdem irgendwie mit seiner Art zu spielen auf jedem Instrument reproduzieren.

Vielleicht brauchen nicht so gesegnete Akkordeonisten deshalb immer "bessere" Akkordeons? ... (rhetorische Frage)

VLG
Accord
 
Hallo Accord,

da gehe ich mit Dir d´accord. Natürlich möchte ein jeder ein gut ansprechendes und klingendes Akkordeon haben. Erster Anspruch ist technischer Natur und im jeweiligen Budgetrahmen auch umsetzbar. Zweiteres ist rein subjektiv. Ein guter Spieler holt aus jedem Akkordeon, sofern es technisch nicht grottenschlecht ist, das Letzte raus; umgekehrt sieht es schon wieder ganz anders aus.

Deshalb gibt es ja auch nicht nur "DAS" Cassotto, sondern jeder hat sein eigenes mit seinem spezifischen Klang usw...

Das Verschmelzen der Chöre zu einem Gesamtklang gelingt nur dann, wenn sich die Chöre sehr ähnlich sind und zusammen harmonieren. Erster Punkt ist dabei eine gute Stimmung. Zweites ist, daß man die Zungenmaße der Chöre aufeinander abstimmt, so daß Lautstärke und Breite des Klanges der Chöre zueinander passen. Der letzte Mischer ist dann die Wand (Diskant/Baß), der dem Klang noch die Abrundung gibt. Es ist klar, daß ein Zusammenspiel von Cassotto-Chören mit Nichtcassottochören schwieriger eine klangliche Einheit bilden und da kommt die Klangabrundung der Wände zum Tragen: Mache ich die Baßhaube zu, so daß die hohen Baßchöre gedeckter klingen, harmonieren sie auch besser mit dem Diskant zusammen. Setze ich im Diskant eine Jalousie oder andere Elemente ein, die mir nochmal einen Raum vor den Klappen erzeugen, nehme ich den Chören die Schärfe und wir haben eine Annäherung an das Cassotto.

Machbar ist ja alles, aber der letzte Punkt ist der Geschmack des Hörers/Spielers. Der eine will möglichst einen Brei, der andere mag es hell und so, daß man jeden Chor einzeln heraushören kann... suum cuique, wie der Lateiner zu sagen pflegt. :)

Grüße

Ippenstein
 
Ich glaube, das kann Meisterklasse am besten beantworten.

Er schrieb ja, dass er als Akkordeonist seinen Spass verloren hat und lieber Dirigent geworden ist, weil er sich auf dem Instrument nicht richtig entwickeln konnte. Er schrieb wörtlich, dass das Instrument ihn nicht "forderte".

Wenn also z.B. ein Akzent ab einer bestimmten Kraft nicht mehr kommt, brauchst Du Deinen Stil in die Richtung nicht weiter entwickeln, obwohl es spannend und ausdrucksstark wäre.
Wenn Du stundenlang mit Metronom gleichmäßige Läufe übst, es aber nie gleichmäßig klingt, weil manche Töne früher und manche später ansprechen, dann gibts Du irgendwann auf, weil es nicht gut klingt. Abhilfe schafft dann nur langsamer zu spielen, bis die Unebenheit in erträgliche Grenzen verbannt wird.
Wenn Dein Akkordeon erst ab einer gewissen Lautstärke beginnt zu strahlen, bist Du gezwungen in dieser Lautstärke zu spielen, wenn Du strahlen willst. Das nimmt Dir aber dynamische Möglichkeiten weg. Der Hörer weiß das aber nicht! Der sagt am Ende nur "Der war immer so derbe laut!!! Warum nur? Er ist wohl unsensibel, das gefällt mir nicht, ich höre lieber jemand anderem zu".

Wenn Du mit deinem Ausdruck bestimmte Dinge tun willst, die das Instrument nicht hergibt, wirst Du irgendwann frustriert aufgeben. Aus dem gleichen Grund spielen Tangospieler eben Bandoneon und besetzen eine Band eben mit ganz bestimmten Instrumenten in einer bestimmten Anzahl. Aus diesem Grund ist das Orchester in seiner Zusammensetzung so und nicht anders.
Natürlich gibt es Facetten, kleinere und größere Orchester oder Spezialinstrumente für bestimmte Musiken. Aber irgendwie ist ein Ideal erreicht.

Du hast schon recht ... wenn das Akkordeon kaputt ist, Du aber am Spielort bist, muß es notfalls auch ganz ohne Instrument gehen.
Gute Musiker erkennt man auch auf verschiedenen Instrumenten - Louis Armstrong ist ein gutes Beispiel.

Aber es kommt trotzdem nicht immer das Gleiche heraus. Dein Akkordeonist passt sich in seiner Ausdrucksvielfalt dann sicherlich dem Instrument an. Aber er spielt nicht das Gleiche, sondern er spielt das, was auf dem jeweiligen Instrument gut geht. Was nicht gut geht, läßt er dann weg.

@ Ippi:
klar - alles Geschmackssache!
Wobei ich finde, dass man die Unterschíede schon auch auf Aufnahmen und über Lautsprecher hört.
 
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Hallo Uwe,

wie ich schrieb "wenn das Akkordeon technisch nicht grottenschlecht ist". Natürlich steigen mit dem Niveau auch der Anspruch an das Instrument. Meisterklasse ärgerte es damals, daß das Instrument nicht so schnell ansprach als wie er es haben wollte. Man müsste sich dazu das Instrument, das er bemängelt, mal genauer ansehen.

Beim Harmonium ist die Ansprache noch schlechter, weshalb eine Percussion eingebaut worden war (kleine Hämmerchen, die die Zungen anschlagen).
 
Hallo zusammen

Die Frage, ob Cassotto eine Modeerscheinung ist, ist nicht richtig. Es kommt darauf an, welche Musik gespielt wird.

Jazzakkordeon-Spieler spielen fast immer Cassotto, meistens 16', 8' oder 16' + 8' (Richard Galliano, Frank Marocco, Luciano Biondini und viele mehr) oder sogar 16' + 16' (Art van Damme), wobei beide Chöre im Cassotto sind.

In der Volksmusik und im Musette dominieren eindeutig die mittleren Chöre, wie 8'+8' oder 8' + 8' + 8'. Wo ein offener Sound gefragt ist oder als Ersatz für 8' + 8' + 8' wird oft 8' + 8' , 8' + 4' oder 8' + 8' + 4' verwendet.

Cassotto hat nichts mit Mode zu tun sondern mit der Musik die man spielt.

MfG

Akko
 
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