Akkordeon Verzierungen für Balkan Musik

  • Ersteller alex_85
  • Erstellt am
A
alex_85
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
11.04.19
Registriert
27.10.09
Beiträge
77
Kekse
0
Hallo Zusammen,

mich würde gerne interessieren ob es ein Lehrbuch oder eine Internet Seite gibt wo die gängisten Balkan Verzierungen erläutert werden.

Gruß

Alex
 
Eigenschaft
 
Hallo alex,

das Thema haben wir schon verschiedentlich unter wechselndem Schwerpunkt angeschnitten
z.B. hier:

https://www.musiker-board.de/akkordeon-forum-sonst/308337-rumaenische-akkordeonmusik.html

guck doch mal mit der Such funktion durch das Forum.

Aber nach allem was ich mittlerweile mitbekomen habe, findet sich da nicht viel in geschriebender Form, was die Verzierungen angeht. Die werden in erster Linie direkt weitergegeben. Also entweder einen Lehrer suchen, der selber Balkanmusik spielt, oder sogar von dort kommt oder einen der vielen Workshops besuchen.

Viel Spaß beim suchen und bei der Musik!

Gruß, maxito
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Da das Thema recht komplex ist, brauche ich ein wenig Zeit, um ein paar Notenbeispiele zusammenzubasteln - morgen müsste ich das schaffen.
Gruß
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Zunächst einmal stellt sich die Frage: Was ist eigentlich Balkan-Musik? In den meisten Fällen meint man hierzulande damit traditionelle Musik und Musik mit traditionellen Elementen ("volkstümliche" Musik, Schlager, Pop) aus den Balkanländern, die lange Zeit einem orientalischen Einfluss (Osmanisches Reich) unterlagen. Für ungeübte mitteleuropäische Ohren sind das erstmal fremdartige Känge. Diese Länder sind hauptsächlich Bulgarien, Mazedonien, Serbien, Bosnien und Rumänien. Die Mischung aus europäischen und orientalischen Einflüssen macht die Musik hier ähnlich reizvoll wie in Spanien und Portugal, wo ebenfalls über Jahrhunderte arabische Elemente einbezogen wurden.
Zu Verzierungselementen kommt es in der "Balkanmusik" dabei oft, weil man versucht, sich mit dem vorgegebenen Tonmaterial orientalischen Tonabständen anzunähern, die sonst nicht spielbar sind. Eine ähnliche Praxis findet man übrigens auch, wenn auf dem Klavier im Blues die klein-große Terz oder die vermindert-reine Quinte umspielt wird.
Außerdem werden Verzierungen verwendet, um der Musik einen verspielteren, lebhaften Anstrich zu geben. In der Musik des Balkan gibt es eine ganze Reihe gängiger Skalen, an die sich das Ohr im Grunde von Kindesbeinen an gewöhnt haben muss, um zu wissen, wo und in welchem musikalischen Kontext welche Verzierungen angebracht sind. Ebenso gibt es regional große Unterschiede in der Verzierungspraxis, weshalb die Beispiele im Folgenden nur als grober Anhaltspunkt zu sehen sind.
Zu beachten ist auch, dass es auf dem Balkan Genres gibt, für die diese Fülle an Verzierungen eher untypisch ist, z.B. Lieder mit kroatischem Einfluss oder sog. alt-städtische Lieder, die oft eher an russische Balladen erinnern.

Die serbische und bosnische Musik sind sich in der Verzierungspraxis sehr ähnlich. Am weitaus häufigsten hört man hier den Pralltriller und Mordent: 1.jpg
Als Verzierungston ist hier in der Regel der leitereigene Nachbarton gemeint (f bzw. d). Das kann auch als zweifacher Vorschlag notiert werden, was auf jeden Fall sinnvoll ist, wenn ein leiterfremder Ton (z.B. dis im folgenden Beispiel) gemeint ist:2.jpg
Wichtig ist, dass bei diesen Verzierungen der Schlag auf die Verzierungsnote fällt, was rhythmisch gesehen also so gespielt wird:3.jpg
Wenn diese Verzierungen nicht ausnotiert sind, kann man sie nach Gusto in bosnischer/serbischer Musik so oft einsetzen, wie es die Finger mitmachen. Wenn sich nach der so verzierten Note die Melodie mit dem gleichen Ton fortsetzt, sollte hier der Finger gewechselt werden:24.jpg
(Hier wurde das b über dem Pralltrillersymbol verwendet, um zu verdeutlichen, dass der Verzierungston des ist). Bei Abwärtsbewegungen nimmt man gern den Pralltriller und bei Aufwärtsbewegungen den Mordent (muss man aber nicht):4.jpg5.jpg
Bei solchen Sechzehntelläufen ergibt sich durch die Verzierung ein Triolen-Feeling:6.jpg
Hier gibt es keine eindeutigen Regeln, wann Halb- oder Ganztöne zur Verzierung verwendet werden. Bis in die 70er Jahre wurden eher die leitereigenen Nachbartöne genommen, danach ist generell eine Zunahme von Halbtonverzierungen in der populären Musik zu beobachten. An bestimmten musikalischen Stellen werden aber die für die Stilistik typischen Verzierungstöne immer gleich verwendet. Dies hängt jeweils davon ab, welche orientalische Skala hier ursprünglich zugrunde lag.

Da ich max. 8 Bilder pro Beitrag hochladen kann, geht es gleich weiter.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 17 Benutzer
Wenn mehr Zeit ist (längerer Ton, Phrasenende, vor Pausen), werden gern aufwändigere Verzierungen gespielt, z.B. hier auf dem Achtel-e:7.jpg
Dies wird, analog zum Pralltriller so ausgeführt:8.jpg (Auch hier Fingerwechsel auf dem Beginn der zweiten Sechzehntelgruppe)
und kann natürlich auch so notiert werden:9.jpg
Für solche Stellen eignet sich auch ein vierfacher Vorschlag, der so ausgeführt wird:10.jpg
Die Notation hierfür ist nicht einheitlich festgelegt, manchmal findet man dafür:11.jpg
Ebenso ist hier eine besondere Vierfachverzierung möglich, die eine Terz über dem Hauptton beginnt:12.jpg
Ausführung ist auch hier wieder:13.jpg
Vor noch länger gehaltene Töne legt man gern diese Umspielung:14.jpg
Dabei kann der Hauptton bereits gehalten werden, wenn noch der untere Verzierungston (fis) gespielt wird. Durch die kurzzeitige Halbtondissonanz, entsteht bei schnellem Spiel ein interessanter Farbtupfer. Diese Verzierung beginnt übrigens mit der ersten Note direkt auf der Zählzeit und wird im Gegensatz zu den oben beschriebenen Verzierungen in einem Zug (rund) durchgespielt.

Kurze Werbeunterbrechung.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 19 Benutzer
In der bulgarischen und mazedonischen Musik (auch in der rumänischen, sofern sie nicht eher dem ungarisch beeinflussten Typ zuzuordnen ist), finden wir hauptsächlich zwei Verzierungsarten: Den Mordent,15.jpg
der aber anders (weicher) als oben beschrieben rhythmisiert wird, nämlich:16.jpg
und zweitens den zum oberen Halbton gespielten Vierfachtriller, der unterschiedlich ausgeführt und notiert wird. In bulgarischer Literatur findet man hier ein Pralltrillersymbol,17.jpg
was für uns leider irreführend ist. Ausgeführt wird dies von bulgarischen Spielern meist:18.jpg
Oft ist der Abschlusston auch tiefer:19.jpg
In jedem Fall wird aber der Verzierungston als kurzer Vorschlag gespielt:20.jpg
Mazedonische und serbische Spieler spielen diese Vezierung mehr nach oben, mit dem Gewicht auf der oberen Note (s.o. "vierfacher Vorschlag"):21.jpg
Hierfür findet man dann auch gelegentlich die (irreführenden) Notationen:25.jpg

Soweit erstmal zum Wesentlichen.
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 17 Benutzer
Hallo Zusammen,

entschuldigung erst einmal, das ich so spät antworte. Leider hatte ich in den Letzten Wochen keine Zeit für Akkordeon und PC, da ich im Prüfungsstress war.

@maxito: Vielen Dank, nächstes mal werde ich vorher die Suchfunktion benutzen :)

@waldgyst: Vielen Dank. Einfach super deine Erklärung. Du hast das richtig ausführlich gemacht. Ich werde deine Notizen genau studieren, und bei jeder "erfolgreich" gespielten Verzierung werde ich an dich denken. Bein einem Balkan Stück also ganz oft.

Lg

Alex
 
Hallo waldgyst,

ich bin auch sehr erfreut über Deine vielen ,sehr ausführlichen JPGs, dieser Verzierungen.
Vor kurzer Zeit habe ich in der Bibliothek ein Notenheft von Merima Kljucvo gefunden und mich beim Nachspielen oft gefragt,wie man diese unglaublich schwierig klingenden Soundvariationen denn ohne genaue Notenvorlage spielt.
Deine Notenbeispiele werden mir da sicher eine Hilfe sein,danke.Ideal wäre es natürlich zu den JPG-Verzierungen auch noch eine akustische Hilfe als MP3 zu hören....:),aber das wäre sicher noch sehr aufwendiger.Bin auch so sehr zufrieden...:great:

mit Gruß bluesy
 
Zuletzt bearbeitet:

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben