Werksbesichtigung bei Paiste in Nottwil!

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pAiSTe-Werksbesichtigung!



So ... sämtliche Paiste-Utensilien aus dem übervollen Give-Away-Package sind erstmal verstaut und von meinem Bett aus kann ich neben mir auch im Dunkeln noch mein selbstgehämmertes
LIM-ited Edition Paiste Signature Crash funkeln sehen. Erschöpft aber überglücklich schliesse ich meine Augen und hoffe, dass der Adrenalinschub langsam nachlassen möge.
Ansonsten krieg' ich heute Nacht nämlich kein Auge zu ...



Aber beginnen wir doch von vorne ... ;)

Bern, der 3. April 2012. Aufgeregt und voller Vorfreude ziehe ich die Gardinen beiseite und schaue in ein trübes und verregnetes Bern. Macht nichts, denn heute wird die Sonne in meinem Herzen strahlen!
Die Paiste-Werksbesichtigung in Nottwil steht an! Termin: 13.00 Uhr. Treffpunkt mit toumy: 11.00 Uhr Hauptbahnhof. Raus aus den Federn, Sachen packen und ab in die Stadt.
Denn es gilt noch eine Besorgung zu machen.

Auch eine Stunde später zeigt sich der Himmel über der Innenstadt noch immer regnerisch und von Wolken verhangen.
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Erster Halt bevor's los geht: Das Lokale Musikgeschäft in der Innenstadt.
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Kurze Werbeeinblendung: http://www.musikmueller.ch

Damit am Nachmittag auf den bronzenen Leckerbissen gefühlsecht gespielt werden kann, bedarf es meiner eigenen Sticks. Leider hatten sie nur noch die Jazz-Ausführung am Lager.
Macht aber nichts, denn wie sich später herausstellen sollte, bleibe ich ohnehin in der Jazz-Ecke etwas ausgiebiger hängen ... ;)
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Mit meinen Lieblingen im Gepäck kann die Fahrt gemeinsam mit @toumy jetzt weitergehen. Mit dem ICE bis nach Olten geht's nach nem Wechsel auf einen Interregio weiter nach Sursee und dann nach erneutem Umsteigen nach Nottwil.
Der Himmel über dem Sempacher-See tut sich so allmählich langsam auf als plötzlich aus den Lautsprechern erklingt: "Nächster Halt: Nottwil!" :)
Etwas erstaunt ob der Größe des Bahnhofs betreten wir zwei Nottwiler Boden. An sich nichts Ungewöhnliches für eine Schweizer Landschaftsprovinz. Aber würde man hier den Beckenmulti Paiste vermuten?

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Eher hätte ich gesagt, dass wir hier in einem typischen und hübschen schweizer Provinznest gelandet sind ... Wobei: Sind wir ja auch! :D

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Nach fünf Minuten Fußweg das örtliche Quartier biegen wir oben an der Hauptstrasse entgegen unserer ersten Intuition nach links ab. Es geht nicht in Richtung Zentrum, sondern weiter raus in's Grüne. Vor uns öffnet sich die Landstrasse und nach weiteren fünf Minuten Fussweg in Richtung Ortsgrenze sind wir uns erst nicht ganz sicher, ob wir wirklich richtig abgebogen sind. :gruebel:
Doch gerade als uns erste Zweifel überkommen, meinen wir, die verheissungsvolle Beschritung erhascht zu haben.

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Schnellen Ganges erklimmen wir die letzten Meter in voller Erwartung, was uns hinter der Hecke erwartet.

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Hm ... Und der Rest? Sind wir schon richtig, oder? Noch einmal ein hastiger Blick auf die Werksbeschreibung ...

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Ja, wir sind definitiv richtig! Herzlich willkommen bei Paiste in Nottwil! :great:

Nachdem wir uns beim Empfang oben angemeldet haben und uns die nette Dame, die dort zuständig war, erst mal in Richtung See zum Showroom verwiesen hat, ging's los. Beim Weg am Werk vorbei haben wir dann gesehen, dass sich das Geschäft in zwei eigentliche Teile gliedert,
die schubladenförmig hintereinander aus dem Hang ragen.
Im unteren Teil dann, vor dem Showroom, wurden wir von Renato und seiner Belegschaft bereits herzlich erwartet und empfangen!
Ohne unnötig Zeit zu verlieren haben wir sogleich die heiligen Hallen des Werks betreten und erst mal unsere Rucksäcke mitten in's Büro gepflanzt. Erster Eindruck: Äusserst sympathisch und bodenständig, wie wir unser leichtes Gepäck mal eben so zwischen hohen Stapeln Musikzeitschriften und Unterlagen internationaler Geschäftsabwicklungen abstellen dürfen. Da sitzen wir nun, in der Geschäftsstelle und im Herzen von Paiste Switzerland.
In einer Räumlichkeit mit bunt gestrichenen Wänden, deren Flure mit etlichen, gerahmten und signierten Minicymbals geschmückt sind. Locker und freundlich werden uns Getränke angeboten, bevor wir dann zur Besichtigungstour einen Raum weiter stiefeln.
Dort ist, im Kreise angeordnet, ein Rundumschlag der Paiste-Historie in großen Bilderrahmen angebracht. Auch ein uralter Ambos mit einem Hammer ist dort zu finden, mit welchem schon früher die Becken von Hand bearbeitet wurden.
Den groben Umriss, den uns der Renato dort vermittelt hat, findet Ihr im Auszug der Broschüre, den ich Euch hier nicht vorenthalten möchte:

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Der Name Paiste stammt übrigens aus Estland und wird im Deutschen genau so wie er geschrieben wird ausgesprochen. Aus "Paiste" wird also nicht "Peist", sondern es bleibt sich bei "Paiste", wobei sogar das "e" am Schluss (wenn auch nur leicht) ausgesprochen wird.
Vertriebssitze gibt es deren zwei, wovon sich einer hier in der Zentralschweiz in Nottwil, der andere in Deutschland (Rendsburg) bei Kiel befindet.
Der Hauptsitz für internationale Tätigkeiten ist die Niederlassung in Nottwil. Auf der Karte verteilt sich das folgendermassen:

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Der eigentliche Herkunftsort (Talinn) ist auf der Karte in der oberen rechten Ecke, im Norden Estlands, noch knapp zu sehen.
In der schweizerischen Produktionsstätte werden ausschließlich Handgehämmerte Cymbals hergestellt, während in Deutschland vor allem die Großproduktionen der
computergesteuerten Hämmerung gefertigt werden. Mittlerweile hat Paiste Zweigstellen über den gesamten Erdball hinweg verstreut und zählt über 100 Distributoren.

Nach dieser kurzen Theorieeinlage ging es zu Fuss über den Vorplatz in das ehemalige Fabrikgebäude, wo früher die Becken hergestellt wurden.
Hier glänzt einem das Handwerk bereits entgegen:

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In der alten Produktionsstätte werden heute die Aufhängesysteme für Paiste-Gongs hergestellt sowie Paiste Sound Disks & Crotales gefräst. Im
Inneren sieht das Ganze dann so aus:

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Nach einer herzlichen Begrüßung (zum Thema Herzlichkeit würde ich gerne am Schluss noch ein paar Worte darüber verlieren!) durch den Herrn an der Drehbank dürfen wir ihm neugierig über die Schultern schauen.
Im Raum nebenan werden aus den Stahlrohren, die im Gestell rechts im Bild noch knapp zu erkennen sind, die massiven Stahlrahmen zusammen geschweisst.
Später werden an diesen dann die Gongs hängen. Auch das folgt noch ... ;)

Direkt im Anschluss starten wir im neuen Fabrikgebäude den Werdegang eines Paistebeckens vom Anfang bis zum Schluss.
Grob gliedert sich die Herstellung in die folgenden fünf Teilschritte, von denen wir gleich beim ersten beginnen wollen:

1. Erhitzen
2. Pressen
3. Hämmern
4. Abdrehen
5. Finish


In diesem ersten Schritt werden die Rohlinge erhitzt. Insbesondere an der Stelle, wo wenig später durch eine gewaltige Presse
die Glockenkuppe eingelassen wird. Der liebe Herr am Schweissbrenner hat uns das freundlicherweise gleich einmal vorgeführt:

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Mittels zentriert angeordneter Führung weiss er, wo genau er den Rohling erhitzen muss. Von Nahem sieht das Ganze dann in etwa so aus:

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Die Legierung wird durch die Hitze heiß und beginnt durch die Schwerkraft leicht nach unten durchzuhängen.

Gleich im Anschluss daran erfolgt Produktionsschritt 2:

1. Erhitzen
2. Pressen
3. Hämmern
4. Abdrehen
5. Finish


Im zweiten Arbeitsschritt werden das Cymballoch gestanzt und die Kuppel gepresst. Dies erledigen 22 Tonnen an der Presse. Die verschiedenen Einsätze, die je nach Kuppelgrösse benötigt werden, sind übrigens bei den Fotos von Produktionsschritt 1 im Hintergrund im Gestell zu sehen.
Diese können beliebig in die Press- und Stanzvorlage eingelassen werden so dass man je nach Serie andere Kuppelgrössen- und Formen erhält.

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Das fertig gestanzte Becken mit gepresster Kuppel ist nun fertig. Einmal von oben:

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Und einmal von unten:

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Wenn man das Becken nun auf den Daumen auflegt und mit der Hand anschlägt, lässt sich zwar ansatzweise schon eine Klangcharakteristik erkennen.
Das Becken hat aber noch keine Steife erlangt, kann mit etwas Kraftaufwand verbogen werden und wummert nach Anschlag unkontrolliert vor sich hin.

Gleich neben der Stanze steht übrigens der Ofen, in dem je nach Serie das ganze Becken à la Brezelkönig-Prinzip eine Schwitzkur durchläuft (z.B. die Formula 602).
Dadurch erhält das Becken hauptsächlich einen dinkleren Klang und falls es später nicht mehr abgedreht wird sein charismatisches, dunkles Äusseres.
Im Anschluss an das Förderband plumpst es dann gleich in ein Wasserbad zur Schockkühlung. Je nach chemischer Zusammensetzung des Wassers (Salzbad z.B.), erhält das Becken bereits hier seine erste, einzigartige Klangcharakteristik.
Im Hintergrund aufgestapelt sieht man übrigens die Rohlinge. Diese stammen aus Deutschland und werden bereits fertig gewalzt angeliefert.
Verständlicherweise war man dementsprechend aufmerksam, wenn ich mich mit der Kamera den Rohlingen und deren Produkte-Strichcodes genähert habe ;)
Aber macht Euch nichts draus: Ein Laie verstünde ohnehin nur Bahnhof :p

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Die Rohlinge sehen übrigens je nach Serie bei der Bearbeitung etwas unterschiedlich aus:

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Leider kann ich Euch an der Stelle nicht sagen, aus welchen Rohlingen welche Cymbals werden. Aber wir wollen ohnehin nicht zu viele Worte darüber verlieren, denn das eigentlich Spannende kommt ja erst noch ;)

Und damit wären wir auch gleich bei Produktionsschritt 3:

1. Erhitzen
2. Pressen

3. Hämmern
4. Abdrehen
5. Finish


Und jetzt Leute wird nicht nur zugeschaut, sondern angepackt. :)
Zur Besichtigung der Hämmerung mussten wir über ne runde Wendeltreppe in den unteren Stock wechseln. Dort sah man, gleich bei der Treppe stehend, erst mal eine ganze Reihe einzelner Schallkabinen. Es war nicht nur angenehm warm hier unten, sondern teilweise auch ziemlich laut.

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An den besetzten Arbeitsplätzen wurden wir jeweils freundlich empfangen und durften den Meistern bei ihrem Handwerk über die Schultern schauen.
Das war dann schon ziemlich abgefahren :gruebel:

Der Arbeitsplatz selber sieht so aus:

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Gundlegend gilt es hier zu verstehen, dass "handgehämmert" nicht "von Hand mit dem Hammer gehämmert" heisst,
sondern vielmehr dass das Becken von Hand unter dem Hammer geführt wird. Schön billig, oder? :D Denkste ... Der Witz oder auch das Schwierige an der Sache ist, dass es vollends in der Hand des Meisters liegt, wo der Hammer auf dem Becken auftrifft. Mit dem rechten Fusspedal kann zwar die Wucht des Hammers nach oben oder unten korrigiert werden, die Zeichnung an sich hämmert der Meister aber ohne Schablone auf's Blech, indem er das Becken nach seinem Gusto dreht.

Äusserst beeindruckend war das insbesondere bei den etwas grösseren Kalibern!

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Wie auf den Fotos in Serie zu sehen ist, nehmen sie sich bei grossen Becken die Oberschenkel zu Hilfe. Und zwar schnallt sich der Meister hierfür eine Vorrichtung mit einer Art "Zapfen" auf die Oberschenkel, auf welche er dann das Becken auflegen kann. Das Becken wird nun also von Hand unter dem Hammer hin und her und rundherum geführt und gleichzeitig mit den Beinen stabilisiert. Parallel dazu wird mit dem Fusspedal die Intensität der Hämmerung gesteuert. Und das soll den Herren wirklich mal einer nachmachen ... :gruebel:

Und in bewegten Bildern:


Durch die Hämmerung erhält das Becken nicht nur seinen Klang, sondern es wird dadurch a) auch unheimlich stabil und bekommt b) sein eigenwilliges, abgerundetes Profil.

Als Nagel bei der Hämmerung nehmen wir mit:

Rhythmisch angeordnete Hämmerung = Gleichmässiger Klang
Wilde, arhythmisch angeordnete Hämmerung = Eher wilder, rauher Klang

Da wir es mit Handwerk zu tun haben steht fest, dass frisch ab Hämmerung nicht jedes Becken schon vollendet vom Stapel läuft.
Hierfür wird deswegen in einem weiteren Arbeitsschritt untersucht, ob das Becken plan aufliegt.
Dazu wird es auf eine Metallplatte gelegt und mit dem Finger von oben herab angetippt um zu sehen, ob es auf der Metallplatte hin und her wiegt.
Ist dies der Fall, werden mit einem leichteren Hammer von Hand Korrekturen vorgenommen, bis es passt.


Und da ich pro Beitrag nur 1 Video einbetten kann, gibt's von der Schlusskontrolle hier einfach den Videolink:


So ... :D

Und damit auch unsere zarten und studierten Hände nicht gänzlich ohne Schmutz und Zittern in den Knochen das Werk verlassen, hat man uns auch sogleich die Möglichkeit gegeben, selber mal an so einem Teil rum zu dengeln.
Das hat nicht nur höllischen Spass gemacht sondern auch eindrücklich demonstriert, wie schwer der Umgang mit der Materie ist. Man konnte in etwa nachfühlen, wieviel Erfahrung und handwerkliche Präzision in so einem Becken steckt!
So. Der erste Lümmel (ich) dengelt mal eben:


Die Schwierigkeit war definitiv, das Becken plan auf dem Amboss aufliegen zu lassen. Besonders schwer war das, wenn man mit dem Hammer die Mitte bearbeiten wollte. Denn dann verschwindet der Ambos
aus dem Sichtfeld irgendwo unter dem Becken. Wie plan man das Becken tatsächlich über den Amboss führt merkt man, wenn einem die andere Hand per Katapultwirkung mitsamt Becken vom Ambos springt, sobald man krumm aufschlägt. :p Den Anwesenden war anzusehen, dass man (wahrscheinlich auch aufgrund meiner Gesichtsfarbe) sichtlich um meine Gesundheit und vor allem meine Finger besorgt war :D

Nach mir durfte es auch der liebe toumy einmal versuchen:



... nach langem hin und her konnte ich mich schlussendlich doch durchringen, mein Endergebnis hier einzustellen:


:D Es ist definitiv sau schwer!
Die eine, grosse Delle ist übrigens eine Mischung aus Neugierde und der Frage: "Was passiert, wenn ich mit der anderen Seite des Hammers schlage?" :rolleyes:

Die signierten Becken, die in der Nische hinten an der Wand hängen, sind übrigens keine Abdankungsbriefe erschrockener Besucher, sondern die Werke der Leute, die hier ebenfalls schon mal ihr Glück in Bronze gedengelt haben.
Als wir da z.B. hätten:

ZZ Top und


Dave Lombardo von Slayer ;)
 
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Nach Produktionsschritt 3, dem Hämmern, landen wir nun weiter bei Produktionsschritt vier: Dem Abdrehen.

1. Erhitzen ✔
2. Pressen ✔
3. Hämmern ✔

4. Abdrehen
5. Finish


Gleich vorweg: Produktionsschritt vier ist definitiv ab-ge-dreht! :eek:

Im Grunde genommen geht es hier a) um's Finish, b) um's spezifische Gewicht jedes Beckens und c) um die Klangentwicklung durch den Gewichtsverlust und die Art der Drehmusters.
Der Witz an der Sache: Auch hier geschieht alles von Auge und per Handarbeit! :weird:

Die Werkstatt, in der sich die Drehbänke befinden, liegt einen Stock über der Hämmerei.



In wohliger Wärme und bei gemütlicher Musik aus dem Radio wird hier von den Herren gedreht, was das Zeug hält.
Und damit meine ich wirklich "gedreht was das Zeug hält!"





Auf folgendem Video ist das Abdrehen denke ich ganz gut zu sehen. Zwischendurch wird das Becken auf die Waage gestellt um zu sehen, ob das schlussendliche Gewicht bereits erreicht wurde:


Ein zweites Video: http://www.youtube.com/watch?v=0YOOOWRTPnQ&feature=youtu.be

Das symmetrische, wellenförmige Abdrehen für die spezielle Optik (und natürlich auch den Klang) erfolgt übrigens dadurch, dass die Meister an den Drehbänken mit der Hand eine leichte Wippbewegung machen. Daran ist auch bei diesem Produktionsschritt erkennbar, wieviel Erfahrung hier jeder einzelne mitbringt und wie sorgfältig gearbeitet werden muss, damit von Hand eine solche Präzision erreicht werden kann. Vor allem die Sorgfalt wird gross geschrieben. Schliesslich steckt in den Becken, die hier auf die Drehbänke kommen, schon eine Menge Arbeit!
Trotzdem gibt es aber auch hier hin und wieder mal nen Ausrutscher ... :redface:


Aus dem Restmüll werden zwar keine Becken mehr gemacht. Die Späne gehen aber an den Lieferanten zurück.

Die Becken auf der Drehbank werden übrigens zwischen dem Abdrehen immer mal wieder an die Waage gehängt, die sich bei jedem Mitarbeiter gleich neben der Drehbank befindet. Mit ihr kann überprüft werden, ob das Becken schon sein spezifisches Eigengewicht erreicht hat. Das Gewicht hat nämlich einen entscheidenden Einfluss auf den Klang eines Beckens. Während leichtere "Low Pitch" Becken eher zischend und hell klingen, klingen "Medium Pitch" etwas ausgewogener mit einer Mischung aus "Low-" und "Medium Pitch". "High Pitch" Becken, die schwersten unter ihnen, klingen gongiger, kerniger und haben weniger Zischanteil.

Der "Pitch" resultiert u.a. auch aus der Form (Profil/Seitenansicht des Beckens). Als Nagel nehmen wir mit:

Flaches Becken = Langsame Vibration, also tiefer Pitch/Ton
Rundes Becken = Schnelle Vibration durch Versteifung, also hoher Pitch/Ton
Kleines Becken = Hoher Pitch
Grosses Becken = Tiefer Pitch

... und bei den Abdrehmustern:

Eher breite Rille = offener Klang
Eher schmale Rille = regelmässiger, fokussierter Klang

Was das Abdrehen u.a. für die Optik schlussendlich her macht, ist hier zu sehen:


Wir kennen das alle auch als das Natural- und das Brilliantfinish. Auf den Schriftzug "Klangmuster" auf dem Brilliantbecken möchte ich später noch zu sprechen kommen.

Wir sind, ohne es zu merken, damit auch schon beim eigentlich letzten Punkt angelangt: Dem Finish.

1. Erhitzen ✔
2. Pressen ✔
3. Hämmern ✔

4. Abdrehen ✔
5. Finish



Zum Finish gehören aber nicht nur das Abdrehen, sondern auch die Politur und die Prägung. Dies erfolgt in einem weiteren Schritt.

Der Herr an dieser Maschine nimmt die Prägung vor:


Dabei ist mit Prägung nicht der Paisteschriftzug gemeint, sondern die individuelle Prägung jedes Beckens in der Beckenmitte, zu sehen auf diesem Foto:
Einmal von nah:
Und einmal in der Gesamtansicht:

Geprägt wird mit Laser. Dabei wird das Becken in eine Art Backofen geschoben, bei dem dann die Klappe geschlossen wird. Im Hintergrund auf dem Bildschirm könnt Ihr erkennen, was geprägt wird.


Der vorhin angesprochene Paisteschriftzug erfolgt in einem weiteren Arbeitsschritt. Und zwar nennt sich dies "Tampon-Verfahren" :) Warum das so heisst, erkennt Ihr auf diesem Foto:


Na, habt Ihr den Tampon gefunden? :D

Hier habt Ihr ihn noch einmal in der Grossaufnahme:


Die Funktionsweise ist so simpel wie genial zugleich: Auf der planen Fläche, die Ihr bei der Maschine unter dem Tampon erkennen könnt, wird Farbe aufgetragen. Auf diese plane Fläche kann je nach Bedarf das gewünschte Schriftstück angebracht werden. Unter anderem auch Sonderanfertigungen, wie folgend ein paar zu sehen sind:


Mit einer Wischbewegung über diesen Schriftzug wird die überschüssige Farbe weg gestrichen. Da der Schriftzug selber ein wenig aufgeraut ist, bleibt die Farbe auf dem Schriftzug kleben. Der Tampon wird folgend von oben herab auf die haften gebliebene Farbe auf dem Schriftzug gepresst, nimmt diese auf und presst sie wiederum auf das Becken. Anschliessend wird das Becken erhitzt, damit die Farbe antrocknet und kleben bleibt.
Mit diesem Tampon wurden auch gleich unsere beiden Meisterwerke bedruckt:


Als letzter Schritt wird auf die fertigen Becken ein silikonhaltiger Versiegelungslack aufgetragen. Da der Lack aber auch die Klangeigenschaften des Beckens minimal hemmt, verzichtet man bei erlesenen Becken aus den höheren Preisklassen darauf. Bei Becken aus Grossserien sieht dass dann aber so aus:


Und hier eines der nagelneuen PST8 Serie:

Die neue PST 8 Linie fordert in ihrer grossen Stückzahl die Produktion übrigens ganz schön heraus. Sie gehören -zusammen mit den Alphas- zu den sogenannten "Hybrid"-Serien bei Paiste. Die Bezeichnung "Hybrid" umschreibt dabei das Produktionsverfahren, welches Hi-Tech Produktion und Handarbeit vereint.

Mit dem Auftragen des Versiegelungslacks wären wir hochoffiziell am Ende der Produktionskette angelangt. Zur Erinnerung noch einmal:


1. Erhitzen ✔
2. Pressen ✔
3. Hämmern ✔
4. Abdrehen ✔
5. Finish



Soooooooo .... ;)


Da bekanntlicherweise das Beste immer zum Schluss kommt, betreten wir in zwei letzten Schritten 1. das Archiv der Klangmuster und 2. den Showroom ;)
 
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Der Begriff "Klangmuster" ist weiter oben beim Abdrehen schon einmal gefallen, als wir das Foto mit dem Vorher-Nachher-Vergleich des Finishes hatten.
In den Produktionsstätten stehen und liegen überall Becken mit der Filzschreiberaufschrift "KLANGMUSTER" rum. Wie der Name sagt, sind sie die "Masterbecken", an denen sich die Produktion für die restlichen Becken orientiert. Anhand dieser Klangmuster kann in der Endabnahme festgestellt werden, ob jedes einzelne Becken so klingt, wie der ursprüngliche Prototyp, der von der jeweiligen Serie einmal angefertigt wurde. Die Klangmuster sind also quasi "der Urmeter" jeder Beckenserie. Sie werden alle fünf Jahre einmal ausgetauscht und aktualisiert, da auch sie über die Zeit hinweg ihre Klangfarbe verändern.

Sämtliche Klangmuster lagern in einem Raum, der leicht erhöht in der Werkstatt über eine kleine Treppe zu erreichen ist. In ihm befinden sich die Regale, in welchen diese "Urbecken" schlummern.



In dieser "Paiste-Krypta" lagern aber nicht nur die Masterbecken, sondern auch Ersatzbecken verschiedenster Serien, Sonderanfertigungen und Prototypen.
Vielleicht erkennt Ihr das ein oder andere wieder ;) Hier ein kleiner Auszug:








Die Prototypen und Sonderanfertigungen, die Ihr hier seht, sind übrigens in der Tat die Becken, die zu den jeweiligen Artisten gesandt werden, falls mal eines kaputt geht. Es sind also quasi "Ersatzoriginale", da von jeder Sonderanfertigung mindestens 5 Stück angefertigt werden und somit die Originale, die schlussendlich auch auf der Bühne landen. Und ja, ich hab' mit meinen Fingern alle mal angetatscht ... :D

Zum Schluss der eigentlichen Werksbesichtigung haben wir noch einen Blick in die Lagerräume geworfen. Hier warten die Becken in speziell gepolsterten Hochregalen auf ihre Auslieferung. Dabei legt Paiste grossen Wert darauf, dass die Lager jeweils nicht zu voll werden, um lange "Stehzeiten" der Becken zu vermeiden und somit das Material zu schonen.



In selbigem Lager werden auch die Becken gesammelt, die beschädigt von den Benutzern zurück geschickt werden. Oder anders rum gesagt: Paiste erhält die Becken von den Musikhäusern, die die beschädigten Becken der Kunden entgegennehmen und an Paiste weiter schicken.
Dabei wird jedes einzelne Becken geprüft, ob es sich a) um eine Garantieleistung und b) wirklich um einen Materialfehler handelt. Diese zwei Kriterien führen schliesslich zum schlussendlichen Entscheid:

A) Garantie: Eine Garantieleistung wird übernommen, wenn das Cymbal neuwertig aussieht, keine Peitschspuren (Schulterstockspuren) oder Beulen zu sehen sind. Ferner, wenn der Riss in der Mitte oder am Rand verläuft und das Becken innerhalb der Garantiefrist mit Kaufquittung eintrifft.

B) Keine Garantie: Keine Garantieleistung von Paiste wird übernommen, wenn Splitterrisse am Rand, fehlende Teile, Beulen, übermässiger Dreck oder Schulterstockspuren vorhanden sind und wenn ferner keine Kaufquittung innerhalb der Garantiefrist vorgewiesen werden kann.


Wir haben da zwei, drei aus der Kiste heraus gegriffen. Da waren (leider) wirklich leckere Teile dabei ... :redface:

Ich denke wir hier im Forum wissen ziemlich gut, dass es bei dieser Sorgfalt während der Beckenherstellung nicht derart viele Materialfehler geben kann. Zumindest nicht in dieser Häufigkeit, wie wir sie hier bei uns im Cymbal-Sub manchmal antreffen ;) Denkt also an Eure Becken und die Herren von Paiste, wenn Ihr sie spielt :)

Nach dem Lagerraum haben wir dann erst noch einmal kurz im Büro Platz genommen, etwas zu trinken bekommen und uns kurz frisch gemacht für die finale Tour durch den Showroom. :D
Um Euch nicht von Beginn an allzu sehr auf die Folter zu spannen:

;)

In diesem Showroom hängt von jeder Serie ein Stück. Es sind also wirklich genug Stücke vorhanden :) Bei mir war erst Mal Reizüberflutung pur angesagt :D Erst hab' ich mich beim Anblick des Showrooms fast eingenässt, und dann hab' ich mich aufgeregt, dass ich nicht den ganzen Raum auf's Mal auf meine Festbrennweite kriege :p Aber ich denke, man kann's erahnen ...
Stellt Euch zum Foto hinzu einfach vor, dass rechts an der Wand und links an den zwei Wänden auch noch überall Becken hängen ;)
 
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Mitten im Raum, ihr werdet es schon gesehen haben: Eines der legendären Signature-Bronze-Sets von Paiste, wie es beispielsweise auch Danney Carey von Tool einmal gespielt hat.


Wir haben mal so eine Floortom in die Hand genommen und anzuheben versucht. Ich sag nur: :rolleyes:

Gleich gegenüber von diesem Schätzchen hängt übrigens der weltgrösste Gong an der Wand:


Joa. Und wie wir dann so in dem Raum gestanden haben, hat uns der liebe Renato einmal im Kreis herum geführt. Begonnen bei der Einsteigerklasse bis hin zur Profiliga. Das waren noch einmal gefühlte 20-30 Minuten, in denen uns der Renato die gesamte Fülle (!) an Becken und Informationen zu Gemüte geführt hat. Das war, um es kurz zu sagen, extrem spannend, aber definitiv too much information, um hier ein getreues Abbild liefern zu können. Tut mir leid!

Dennoch: Begonnen haben wir bei den 101 und haben uns dann sukzessive nach oben gearbeitet. Vom Klang her definitiv überrascht haben mich die PST 5 und insbesondere die PST 8. Gerade letztere halte ich für eine sehr gelungene Alternative zu den Linien in der Oberklasse. Die haben wirklich fein geklungen! Füllig, mit Charakter und sehr lang anhaltendem Sustain.
Auch ein Set Giant Beats hatten sie da. Diese Serie war in den 60er-Jahren in der Rockszene sehr populär, wurde danach aber irgendwann eingestellt und in die 2002er Serie umgewandelt. 2005 hat Paiste die Herstellung wieder aufgenommen und produziert nun die Giant Beat Becken nach Originalrezeptur wieder. Beibehalten haben sie hingegen die Kleinauflage von 14" und 15" Hats, 18" und 20" (Crash)Ride, 24" Ride und 18" und 20" Thin Chrashes. Andere Grössen und/oder Modelle in dieser Serie gibt es nicht und sie haben damals auch noch nicht "Ride" und "Crash" geheissen, sondern man hat sie einfach in der vorgegebenen Kombi kaufen und die Becken nach Belieben als Crash und Ride verwenden können.
Aus der Inspiration-Serie hatten sie das Paiste Mega Power Ride von John Dolmayan hängen. Das war einfach nur gewaltig laut :eek: Riesenglocke, Riesenlärm, Riesenvolumen! Weiter, ebenfalls aus der Inspiration-Serie, das Big Ride von Alex Van Halen, auf dem mir eine karikaturierte Figur den Mittelfinger entgegen streckte. Renato hat sich dann auch gleich bei uns entschuldigt und gemeint, dass Paiste nichts mit den jeweiligen Wunschlogos der Artisten zu tun habe :D

Bei diesem Punkt wäre vielleicht noch zu sagen, dass allgemein sehr deutlich geworden ist, wie nahe Paiste (wirklich) mit ihren Endabnehmern zusammen arbeitet. Das war schon wirklich erstaunlich! Nicht nur, dass die ganzen Stars und Sternchen auf einen Kaffee in Nottwil persönlich vorbei kommen, sondern dass auch die individuellen Klangvorstellungen mit dem gesamten Team zu einem jeweiligen Becken ausgearbeitet werden. Insbesondere als wir vor der riesigen Wand der Signature-Serie stehen geblieben sind wurde deutlich, in wieviele Klangfarben sich die Becken einteilen lassen und was für ein präzises Muster sich daraus ergibt. Aufgrund der langjährigen Erfahrung über den Klangkörper "Cymbal" können individuelle Kundenwünsche zusammen mit den Paiste-Spezialisten sehr genau auf die Bedürfnisse abgestimmt werden. Bei der Ausarbeitung eines Kundenwunsches wird also nichts am Computer berechnet, sondern da setzt sich eine Gemeinschaft von Musikern zusammen an einen Tisch (wahrscheinlich ziemlich genau der Tisch, auf dem wir unsere Rucksäcke platziert hatten :p). Unter anderem Fredy Studer, Kaspar Rast und ein Bindeglied zwischen Produktion und Entwicklung (also eine Art Vorarbeiter). Die jeweiligen Vorarbeiter aus der Produktion können anhand der Kundenwünsche und aufgrund ihrer Erfahrung ein ziemlich genaues Profil des Becken erstellen, wie es auszusehen hat und welche Eigenschaften es besitzen muss, um dem Kundenwunsch so genau als möglich zu entsprechen.

Um mir die Finger hier nicht wund schreiben zu müssen über Infos, die sich ohnehin jeder aus dem Netz holen kann, stelle ich hier stellvertretend einfach mal die folgenden drei Seiten ein. Sie geben find' ich nen ziemlich guten Überblick über die Serien (wenngleich da jetzt halt die PST 8 noch nicht mit dabei sind).





Meine persönlichen Leckerlis -damit ich das auch noch losgeworden bin ;)- waren definitiv die Rides. Da konnte ich mich hingegen nicht richtig entscheiden ;)





Butterweich zu spielen, schön verwaschener Klang und eine einzigartige Klangcharakteristik! :) Toll!


Just for fun haben wir uns dann am Schluss noch alle Gongs angesehen. Auch hier hat von jedem Stück ein Exemplar im Showroom gehangen.


Unter anderem auch dieses Schmuckstück hier:


Und damit Ihr Euch annähernd eine Ahnung davon machen könnt, wie das live so etwa klingt, hab' ich Euch auch hiervon zwei Videos. Stellt Euch dazu einfach vor, dass es Euch von der Sohle bis zum Scheitel durch Mark und Bein fährt :eek:
Achtet insbesondere bei Gong Nr. 2 und vor allem Gong Nr. 3 auf die brachiale Klangentfaltung nach dem Antippen ;)


... und zum Schluss: Der grösste Gong der Welt :)
http://www.youtube.com/watch?v=C6Np3g0MZBM&feature=youtu.be

Stückpreis: Läppische CHF 33.000.-, also umgerechnet etwa 27.500 Euros. :p








Joa ... Und damit wären wir eigentlich auch schon am Ende. Und daher hätte ich gerne noch die Gelegenheit genutzt, um zwei Dinge loszuwerden:


Erstens: Ein RIESEN-Dankeschön an die Firma Paiste in Nottwil, an die gesamte Belegschaft und insbesondere an Renato für die äusserst interessante und humorvolle Führung! Das war echt ein starkes Stück und ich denke ich darf für toumy und mich sprechen wenn ich sage: Wir haben viel gelernt und uns köstlich amüsiert! Grossartig! :great:
Herzlichen Dank auch dafür, dass ich alles so freizügig habe fotografieren dürfen, dass wir alles in die Hände nehmen und anfassen durften und dass Du, Renato, uns während den drei Stunden alle unsere Fragen beantwortet und uns jeden Winkel des Unernehmens gezeigt hast!




Als Zweites wäre ich noch gerne losgeworden, dass toumy und mir das wirklich angenehme Klima bei Euch prägend in Erinnerung geblieben ist! Wirklich jeder, der uns über den Weg gelaufen ist hat uns freundlich begrüsst und enthusiastisch erklärt, was er bei seiner Arbeit tut. Auch für die Fotos sind extra Arbeitsschritte wiederholt und/oder verlangsamt worden, damit wir folgen konnten. Und als wir die Wendeltreppe nach unten zur Abteilung mit den Hämmern kamen hat uns der nette Herr zu Beginn sogar gefragt, ob er es uns in Schriftdeutsch erklären soll, da wir ja von einem Deutschen Forum angereist kommen. Das hat mich doch schon ziemlich erstaunt, dass alle in der Belegschaft von unserem Besuch wussten :eek: Das hat mich einerseits tierisch gefreut und steht für mich andererseits zweifelsohne für das Arbeits- und Teamklima, das wir dort erlebt haben! Ein kleiner aber feiner Handwerksbetrieb, wo miteinander gearbeitet und miteinander kommuniziert wird.


An dieser Stelle daher noch einmal dankeschön, alles Liebe und weiterhin gute Geschäfte! :great:


Limerick


PS: Wer Fragen und/oder Anregungen zum Bericht hat: Melden!
 
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Wow, echt ein super Bericht! Vollständig, richtig und vor allem sehr interessant geschrieben - auch wenn man selber dabei war ;)

Ich kann eigentlich gar nichts mehr anfügen, ausser vielleicht ein paar persönliche Eindrücke von einem Nicht-Trommler:

Die Besichtigung ist auch für nicht-Schlagzeuger wie mich total interessant. Wenn man so ein Becken sieht, hat man ja keine Ahnung wie man das herstellt und beschäftigt sich als zB Gitarrist auch nicht damit, trotzdem hat man ja ständig mit Schlagzeugen zu tun und sollte sich auch etwas damit auskennen.
Die Besichtigung war auch für mich total verständlich und interessant, eigentlich gleichzeitig ein Crash Kurs im Bereich Becken.

Und es ist wirklich auch ein total interessanter Betrieb, wie die Leute miteinander umgehen und mit Leidenschaft ihr Handwerk ausführen (wie Lim schon geschrieben hat).

Die Besichtigung hat auch bei mir Vorurteile ausgelöscht. Ich dachte zum Beispiel entweder läuft das ganze einfach durch ne Maschine oder da dengelt der Meister mit dem "Handhammer". Zudem hab ich mir wie Limerick das ganze viel grösser vorgestellt.

Sogar der Showroom ist für einen Nicht-Drummer spannend. Ich hab mich einfach darauf konzentriert: Wo ist der Unterschied zwischen verschiedenen Preisbereichen, inwiefern klingen verschiedene Modelle auch wirklich anders. So ein Showroom mit verschiedenen Modellen wo man einfach mal ausprobieren kann ist für sowas natürlich super.
Und solche Gongs muss man einfach mal erlebt haben, das haut einen einfach um!

Also auch von mir vielen Dank an PAISTE, aber auch an Johannes Hofmann für die Möglichkeit und auch an Lim für den angenehmen Ausflug ;) Und den anderen viel Spass beim lesen!
 
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Dabei wird jedes einzelne Becken geprüft, ob es sich a) um eine Garantieleistung und b) wirklich um einen Materialfehler handelt. Diese zwei Kriterien führen schliesslich zum schlussendlichen Entscheid:

A) Garantie: Eine Garantieleistung wird übernommen, wenn das Cymbal neuwertig aussieht, keine Peitschspuren (Schulterstockspuren) oder Beulen zu sehen sind. Ferner, wenn der Riss in der Mitte oder am Rand verläuft und das Becken innerhalb der Garantiefrist mit Kaufquittung eintrifft.

B) Keine Garantie: Keine Garantieleistung von Paiste wird übernommen, wenn Splitterrisse am Rand, fehlende Teile, Beulen, übermässiger Dreck oder Schulterstockspuren vorhanden sind und wenn ferner keine Kaufquittung innerhalb der Garantiefrist vorgewiesen werden kann.

Ich denke wir hier im Forum wissen ziemlich gut, dass es bei dieser Sorgfalt während der Beckenherstellung nicht derart viele Materialfehler geben kann. Zumindest nicht in dieser Häufigkeit, wie wir sie hier bei uns im Cymbal-Sub manchmal antreffen ;) Denkt also an Eure Becken und die Herren von Paiste, wenn Ihr sie spielt :)

zunächst mal freut es mich sehr, dass Ihr mit so vielen Eindrücken zurück gekommen seid - ein toller Bericht!

Das Thema Garantie interessiert mich aus eigener Erfahrung, denn ich finde eine genaue Abgrenzung manchmal sehr schwierig. Es gibt einfach Drummer, die wirklich alles kaputt kriegen und dies in kurzer Zeit. Muss dann ein Hersteller 10 Cymbals in 3 Jahren austauschen? Ich meine, in solchen Fällen hat der Drummer nicht nur das falsche becken sondern er macht auch was falsch. Die Definition von Paiste erscheint mir aus diesem Grund großzügig formuliert. Nur verstehe ich die (vermutlich schweizerischen) Begriffe Peitschspuren (Schulterstockspuren) nicht wirklich
 
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Die Definition vorn Paiste erscheint mir aus diesem Grund großzügig formuliert.

Ich glaub das ist nicht eine Definition von Paiste, sondern einfach eine Auflistung von Lim von dem was er uns erzählt hat.

Das wird einfach einer mit geschultem Auge machen, der sieht: Ist es falsch behandelt worden oder nicht, die Punkte von Lim sind wohl nur die wichtigsten Punkte. Ich habs so verstanden, dass das schlussendlich Gefühlssache ist.
 
Ich glaub das ist nicht eine Definition von Paiste, sondern einfach eine Auflistung von Lim von dem was er uns erzählt hat.

Das wird einfach einer mit geschultem Auge machen, der sieht: Ist es falsch behandelt worden oder nicht, die Punkte von Lim sind wohl nur die wichtigsten Punkte. Ich habs so verstanden, dass das schlussendlich Gefühlssache ist.

aha - das verstehe ich - ist aber vielen zu schwammig. Allerdings weiß ich, dass Paiste sehr kulant bei defekten Cymbals agiert - kann man nur loben
 
Die Definition vorn Paiste erscheint mir aus diesem Grund großzügig formuliert. Nur verstehe ich die (vermutlich schweizerischen) Begriffe Peitschspuren (Schulterstockspuren) nicht wirklich
Hallo Martin! :)

Danke für das Feedback! Es freut mich, wenn das Review zur Diskussion anregt.
Zu Deiner Frage kann ich Dir sagen, dass ich diese Definition wortwörtlich aus den Leitlinien von Paiste habe:


Mit "Peitschspuren" sind denke ich Spuren gemeint, die dem Könner zu erkennen geben, dass das Cymbal unsachgemäss angeschlagen wurde. Ein meist ergiebiger Hinweis auf unsachgemässe Behandlung ist der Verlauf eines Risses: Verläuft der Riss entlang den Rillen, also parallel zum Finish, kann u.U. ein Materialfehler vorliegen. Vielleicht ist dann das Becken zu stark abgedreht worden. Wohlgemerkt: Vielleicht! Wenn zu stark auf das Becken eingeschlagen wurde kann es nämlich auch sein, dass ein Becken trotzdem entlang der Rillen Risse bekommt. Typische Hinweise für eine falsche Handhabung ist i.d.R. aber ein Riss, der im rechten Winkel zu den Rillen verläuft. Also vom Beckeninneren in Richtung Beckenäusseres. Diese Art von Riss verläuft meist weder genau noch gerade, sondern franst oft in verschiedene Richtungen aus. Entscheidend für oder gegen eine Kulanz dürfte aber ohnehin immer der Gesamteindruck des Beckens sein.

Alles Liebe,

Limerick
 
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ich finde es überhaupt fantastisch, dass so ein Ding nicht nach 2 Tagen auseinander fliegt :D

 
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Toller Bericht Lim! :great:

Die Produktion ist ja noch richtig händisch. Das von Hand abdrehen ist nicht ohne. Da hätte ich beinahe Lust auch mal Hand anzulegen ;)
 
Ach, das ist wirklich ne offizielle Definition? :O Sorry, mein Fehler.
 
Ein toller, informativer und zugleich interessant geschriebener Bericht!
 
Danke für das Lob und das Feedback! :)

Renato M. von Paiste hat übrigens den gesamten Bericht quergelesen. Das waren immerhin 62 Seiten in der Druckversion, die ich ihm habe zukommen lassen :rolleyes:
Korrekturen hatte er (lediglich) die folgenden:

  • Der Brezelkönig-Ofen und damit die Bearbeitung mit hohen Temepraturen dient vor allem dem Soundcharakter, der damit etwas dunkler wird (z.B. bei den 602 Formula). Die RUDES, wie ich es im Beitrag erst geschrieben hatte, verfärben sich erst nach einer abschliessenden Wärmebehandlung.
  • Die Bezeichnung "Hybrid" umschreibt ein Produktionsverfahren, welches Hi-Tech Produktion und Handarbeit vereint. Die Computerhämmerung, wie ich sie in meinem Beitrag fälschlicherweise ausschliesslich in Deutschland vermutet habe, findet für die PST 8 auch in der Schweiz statt.


Alles Liebe,

Lim
 
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Für mich als alten Handwerker (Tischler) und Nicht-Schlagzeuger ist so ein Bericht ein wahrer Leckerbissen, da mich bei allem immer am meisten interessiert, wie etwas entsteht. Wenn man dann, so wie hier geschehen, auch noch den Profis über die Schulter schauen kann und dann noch bei einer Probearbeit erkennen kann, wie viel Erfahrung der jeweilige Fachmann haben muss, um etwas Tolles zu schaffen, dann hat das schon was.

In jedem Fall ein gelungener Beitrag, der sehr informativ gestaltet ist.
 
Hm, inzwischen bin ich so langsam soweit, meine beabsichtigte Teilnahme am Werksbesuch bei d&b in Backnang schon im Vorfeld abzusagen, die Latte für die Berichte hängt nun inzwischen exorbitant hoch :redface:


Tatsache? Der Mensch vor dem Gong ist vielleicht 1,80m groß, da hat der Gong (in klassischen Musikerkreisen auch TamTam <- interessanter Link! bezeichnet) einen geschätzten Durchmesser von vielleicht 2,20m. Da finde ich eine andere Angabe:

Der größte und älteste Gong von 15t und Ø 3m hängt derzeit in Jakarta. Die Faszination besteht in seinem Urklang.
http://metallbaumeister-wolfgang-kauert.de/gong.htm
Das kann ich allerdings nicht verifizieren.
Eine Schweizer Musikschule stimmt Dir und Paiste allerdings zu:

http://www.flawil.ch/xml_1/internet/DE/file/xmlsafe/news/page/detail1291.cfm


Etwas wirklich definitives finde ich im ansonsten hilfreichen Inet aber nicht? :nix:
 
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Der 80" Gong ist super. Ich durfte den bei einem Wandertag in der 6. Klasse mal bei Musik-Produktiv schlagen. Einfach nur SAU LAUT! :D Mir wurde damals gesagt, dass er so laut wird, wie ein Düsenjäger beim Start. Aber dann scheint es ja mittlerweile den ein oder anderen davon zu geben. Als wir bei M-P waren hieß es, es gäbe nur 2. Einen im schönen Laggenbeck und den anderen drüben in den Staaten. Wo genau ist mir jetzt entfallen.
 
Wirklich super Bericht und viel Mühe gegeben. Dickes Lob dafür. Ansonsten wirklich sehr interessant, da überlegt man sich 3 mal ob man seinen Fokus doch mal auf Schlagzeug legen sollte :p.
 

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