Tensions von Tritonussubstitutionen

turko
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Diese Anfrage richtet sich an die Profis unter uns, vorzugsweise jene, die Jazz-Comping betreiben (also
Pianisten und Gitarristen):

Das Problem anhand eines Beispiels:

Ein Dominantseptakkord X7-#9/b13 hat ja eine ganz anderen Klangcharakter als ein Dominantseptakkord X7-9/13.

Ersetzt man jedoch einen Dominantseptakkord durch seinen Tritonusvertreter, und läßt man dabei die „upper structures“ unverändert und wechselt nur den unteren Tritonus mit Grundton, dann entsteht ja genau das:

Beispielsweise aus einem X7-#9/b13 wird ein X7-9/13, nur halt mit verändertem Grundton und Tritonus.

Ich frage mich daher, wie die Profis dieses „Problem“ handhaben, wohlgemerkt, in Live-Situationen, also in der Hitze des Gefechtes. Geben sie

A) jenem Sound den Vorrang, der relativ zur Tonart mehr Kontinuität liefert (also den gleichbleibenden upper structures des Basis-Dominantseptakkordes), und nehmen es hin, daß der Tritonusvertreter eigentlich eine ganz andere Soundqualität hat als der Akkord, den er vertreten soll,

B) oder geben sie der gewünschten und gleichbleibenden Akkord-Struktur den Vorrang, egal, mit welchem Grundton, und nehmen dafür ein eher sprunghaftes harmonisches Klangbild im Gesamtkontext hin, oder aber

C) nehmen sie auf das alles hier überhaupt keine Rücksicht, und voicen den Tritonusvertreter einfach so, daß sich die schönste Stimmführung mit ihm ergibt.

Würde mich freuen, wenn die hier anwesenden Profis ihre Herangehensweise an diesen Sachverhalt kurz schildern könnten.

LG - Thomas
 
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Es gibt Gründe eine Dominante zu alterieren bzw. nicht zu alterieren. Z.B. Auflösung nach Moll = Tb9 und Tb13. Oder aber die Melodie schreibt eine Alteration vor.
Von daher gesehen ist es nicht unbedingt geschickt eine Dominante willkürlich zu alterieren.
Den Dominantgrundton durch sein Tritonussubstitut zu ersetzen liegt in der Hand des Bassisten und wenn man Voicings mit Grundton spielt, wäre es vernünftig das mit dem Bassisten abzustimmen. Ansonsten bleibt das egal ob man den Grundton austauscht da das ganze Akkordgerüst ja gleich bleibt.
Aber wie gesagt, aus einem X13 einen X(b9)(b13) zu machen ist oft nicht gut wegen der Melodie oder der Funktion (nach Dur oder nach Moll).
Ebenso aus einem V13/X einen subV7alt/X zu machen kann zu melodischen und harmonischen Problemen führen.
Theoretisch ist vieles möglich.
 
Danke für Deine Antwort!

Wenn ich Dich richtig verstanden habe und das mal zusammenfassen darf, tendierst Du also eher dazu, das Voicing des ursprünglichen Dom7-Akkordes beizubehalten, und "nur" den Tritonus wandern zu lassen.

Voicings MIT Grundton hatte ich in meinem Posting sowieso nicht im Sinn.

LG - Thomas
 
Danke für Deine Antwort!

Wenn ich Dich richtig verstanden habe und das mal zusammenfassen darf, tendierst Du also eher dazu, das Voicing des ursprünglichen Dom7-Akkordes beizubehalten, und "nur" den Tritonus wandern zu lassen.
Ja. Natürlich kommt es auch darauf an wer das Leadsheet geschrieben hat. Bei den meisten MUSS man eben auch nachbessern.

Oder aber in einem offenen Rhythm Changes B-Teil wird man sowieso sehr frei agieren.
 
Also ich bin Saxophonist und comping ist jetzt logischerweise nicht meine Spezialität. Aber als Solist kann ich nur sagen dass ich mit Tritonussubstituten ähnlich umgehe wie mit alterierten Dominanten.

Für mich zählt die Farbe des Akkords im Vergleich zur Tonart. Das Tonmaterial ist ja wie gesagt für V7(#9,b13) und subV7(9,13) das selbe. Ich als Solist empfinde das irgendwie auch einfach als Klangwolke. Ob der Bassist sich nun für den einen Grundton oder den anderen entscheidend ist für mich zweitrangig, bzw. die Übergänge sind fließend. Der Wirkung ist natürlich schon etwas unterschiedlich. Die Gewichtung der Akkordtöne ändert sich ja eigentlich auch kaum. Der für die Funktion des Akkords wichtige Tritonus ist immer noch an der selben Stelle, es gibt immernoch tensions die sich genauso in den nächsten Akkord auflösen.

Letztlich ist für mich einfach nur wichtig dass die Stimmführung gleich bleibt. Gerade das macht ja die Auflösungstendenz einer Dominante aus und gerade bei alterierten Dominanten gibt es ja viele chromatische Auflösungsmöglichkeiten. Der Grundton wird für mich und mein Ohr an dieser Stelle ausnahmsweise irgendwie zweitrangig.
 
Der Grundton wird für mich und mein Ohr an dieser Stelle ausnahmsweise irgendwie zweitrangig.

Ja. Das ist, als würde man das Haus mal ausnahmsweise durch die Hintertüre betreten, und nicht durch den Haupteingang, wie üblich. Aber das Haus bleibt dasselbe ...

Thomas
 
Beispielsweise aus einem X7-#9/b13 wird ein X7-9/13, nur halt mit verändertem Grundton und Tritonus.

Für mich, als Amateur-Pianisten, ist ein X7 #9 b13 = X7 alt (also b9 #9 #11 b13). Wenn ich das tritonusersetze, spiele ich stattdessen subX7 #11 (9/13). Da hätte man dann in Akkordform die Tongleichheit von der alterierten Skala zur tritonusersetzten mixo #11 (auch lyd dominant genannt).

Ist es evtl. das, worauf du hinauswolltest?
 
Ja, danke.
Wenn ich das richtig überblicke, dann entspricht diese Vorgangsweise meiner Variante A).

Thomas
 

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