Musik machen mit 85dB

  • Ersteller Bernie63
  • Erstellt am
Bernie63
Bernie63
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
17.11.23
Registriert
11.04.07
Beiträge
54
Kekse
414
Ort
In der Nähe von Freiburg
Hallo Forumskollegen,
letztens wurden wir auf einer HZ in einer alten Scheune am Rande einer Ortschaft gebucht.
Die Scheune war unter Denkmalschutz, deshalb auch ungedämtes Dach (man sah die Ziegel von innen) und Einfachverglasung.
Diese Lokalität wird sicherlich an 30 WE im Jahr für Hochzeiten gebucht.
Als wir aufgebaut hatten machte uns die Wirtin auf ein Lautstärkemessgerät direkt an der Tanzfläche aufmerksam mit der Ankündigung:
85dB mehr ist nicht erlaubt.
Das wusste weder das Hochzeitspaar noch wir vorher.
Auf dem Weg zur Scheune waren ca. 100m davor ein paar vereinzelte Häuser.
Ich denke mal durch die Vielzahl der VA durchs Jahr gibt's immer mal wieder Beschwerden und Besuche der Polizei.
(Vermutlich sorgen An und Abfahrt der Gäste und die Raucher vorm Haus für Lautstärkespitzen)
Zunächst haben wir uns mal noch nichts weiteres gedacht,
aber als die ersten Gäste kamen und sich auf der Tanzfläche unterhielten wurden die 85 dB schon überschritten.
Die Scheune war auf weitläufig und ging über 3 Ebenen - also nicht einfach jeden Gast zu erreichen.

Jetzt hab ich mich mal im Netz schlau gemacht und da wird auch oft von 85dB Dauerpegel geredet, der schon das Gehör schädigen kann.
Da darf keine Bedienung mehr im gut besuchten Lokal arbeiten, oder der Bademeister im überfüllten Freibad usw. .

Klar wir haben versucht leise zu spielen aber selbst unverstärkt gesungen toppten wir den Pegel.
Das Brautpaar war natürlich ebenfalls 'not amused'.
Die Polizei war wohl mittlerweile auch schon da.
Gegen 02 Uhr platzte den Brautvater der Kragen und er hat gesagt:
"Macht jetzt ruhig mal lauter, dass man was von der Musik hört, den Strafzettel übernehme ich".

Ich hab auch schon gelesen, dass auf großen Volksfesten die Lautstärke streng reglementiert ist und z.T. auch die Endstufen verplombt werden.
Aber wofür brauchts den da noch Musik wenn schon das Grundrauschen der Gäste zu laut ist.

Zum Glück ist dies noch selten anzufinden, aber diesem Umstand wird man noch öfters begegnen.
Das könnte uns Musiker kräftig einschränken, denn nur für Hintergrundmusik engagiert doch niemand mehr ne Band.

Wem ist es denn schon ähnlich ergangen und wie habt Ihr darauf reagiert.

viele Grüße aus dem Schwarzwald
Bernie
 
Eigenschaft
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Wenn wir über Schalldruckpegel diskutieren, dann bitte konkret, "85 dB" sagt nämlich genau gar nichts aus. 85 dB Cpeak sind was ganz anderes als 85 dBA LAeq. Mit letzterem kann man je nach Situation durchaus arbeiten.
Also bitte, was gemessen, wie gemessen, wo gemessen?
Und ja, das Publikum kann schnell Pegel erzeugen, die weit jenseits so mancher Grenzwerte liegen.
 
Solche Messgeräte messen eigentlich fast immer dbA

Beides habe ich schon im Einsatz gesehen ... dBA und dBC.

Wir hatten letztes Jahr mit einer Rock-Coverband auch das Vergnügen, bei einer Hochzeit nach Mitternacht 85 dB unterbieten zu müssen.
Gemessen wurde dB(C), Peak. Darunter zu liegen, das haben wir auch mit komplett runtergedrehtem E-Drum und Sänger ohne Mikro nicht geschafft. Da war das Publikum deutlich lauter als das Klackern der Trommelsticks auf den Pads.
Der Hochzeitslokation selbst war es auch nicht recht, aber sie hatten harte Auflagen bekommen.
Sie haben auch nur bei spielender Band gemessen, denn so steht's in den Auflagen.
(Daß eine Party-Meute beim Applaudieren lauter ist, war nicht Teil der Abmachung :engel: Spielverderber wollten sie ja auch nicht sein)

In solchen Fällen hat eine Liveband schlechte Karten.
Zum einen hat eine Liveband mehr Dynamikspitzen, die bei Peakmessung das Leben schwer machen.
Zum anderen hat man im tieferen Frequenzbereich einen deutlichen Pegel und das wird dann bei dBC-Messung zum Problem.
85 dB(A) wären kein ganz so großes Problem, aber da hat man typischerweise keinen Einfluß.
Eine Lautstärkemessung vor Ort in Zweifel zu ziehen, bringt meist auch nix. Dann eben leise machen ...

Bei uns war zum Glück die Feiergemeinde nach kurzer Frustphase gut drauf. Es war schon wieder so skurril, daß es auf jeden Fall lange im Gedächtnis bleiben wird. Bei Gitarrensoli waren alle kurz ganz still ("Pst, pst, leise, leise"), lauschten andächtig und dann wurde wieder laut gejohlt :great:

Wenn's dumm läuft, muß so eine Veranstaltung abgebrochen werden. Oder es hat jemand Partymucke auf dem Smartphone und man macht eben mit leiser Konserve weiter. Blöd auf jeden Fall.

der Omnimusicus
 
Hallo Kollegen,
klar ist es wichtig wie gemessen wurde. Aber das Teil war in ca. 2,5m Höhe und es war nur das Display zu sehen.
Ich nehme schon mal an, dass das Gerät einigermaßen richtig gemessen hat.
Klar kann man auch die Anwohner verstehen, wenn jedes WE Party ist. Ich glaube in diesem Fall ist es auch so, dass ein Dauerkonflikt bestand. Es war an besagtem Abend sehr frisch, so dass der Nachbar sicherlich nicht bei offenem Fenster schlief. Aber es ist wohl so, das dort Vor Ort nur 35 dB (A, B, C ?)ankommen dürfen.
Das ist natürlich schon Grenzwertig und selbst ein kräftiger Luftzug erzeugt durchs Blätterrauschen deutlich mehr.

Ich frage mich echt, wo es für uns Musiker und auch Veranstalter hingeht.
Hier mal ein Bericht aus Bayern
"Grafenau. Tolle Party? Tolle Stimmung? Tolle Musik? Fehlanzeige! Die Begrenzung der Lautstärke hat am Volksfest-Samstag in Grafenau für Verstimmung – sowohl unter den Besuchern als auch bei den Musikern der Band X-Tra – gesorgt. In einer E-Mail an die Stadt Grafenau, die auch dem Onlinemagazin „da Hog’n“ vorliegt, kritisiert Sänger und Bandleader Daniel Türk, „dass man leider von der Musik so gut wie NICHTS“ gehört hatte. „Wir wurden deswegen von gefühlt hundert Leuten angesprochen. Die Besucher waren sauer und enttäuscht – einige sprachen vom schlechtesten Volksfest-Samstag, den sie je erlebt haben.“

Was stellt das zukünftig für Anforderungen an uns Musiker
- dezentrale Beschallung selbst für kleinste Veranstalltungen
- Hörgeräte für jeden Besucher (wie bei der Führung im Museum)


Auch der Veranstalter wird Probleme haben in einem großen Zelt die Menge zu bändigen, wenn 3000 Personen enthemmt "Einen Posit" singen knacken sie locker die 90 dB Marke.

Ich bin auch kein Freund davon eine Lautstärke zu fahren, die nur mit Hörschutz zu ertragen ist. Aber ohne entsprechenden Pegel wird die Musik nicht wahrgenommen und der Funke springt nicht über.

viele Grüße aus dem Schwarzwald
Bernie
(Ich überlege ob ich eine Verfügung gegen die Vögel, die an unserem Haus nisten erwirken soll - das ist ein Radau jeden morgen.)
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Im Grundsatz darf durch eine Veranstaltung niemand über Gebühr gestört oder belästigt werden. Ist natürlich sehr einfach gesagt.

Es gibt normalerweise Lärmrichtwerte in Abhängigkeit vom Gebietstyp. Der Gebietstyp wird im Bebauungsplans festgelegt (zb allgemeines Wohngebiet, Dorfgebiet, Gewerbegebiet,...). Die Definitionen finden sich in der Baunutzungsverordnung (Paragraphen 2-11). Die TA-Lärm legt für die Gebietstypen Lärmrichtwerte für Tag (6-22 Uhr) und Nacht (22-6 Uhr) fest, im allgemeinen Wohngebiet sind das zb 55 dB(A) tags und 40 nachts.
Diese Pegel gelten für den sog. Beurteilungspegel. Der wiederum setzt sich aus verschiedenen Dingen zusammen.
Gemessen wird der Lärm 0,5 m vor dem geöffneten Fenster des Immissionsortes (zb Wohnung des Nachbarn). An der Stelle müssen dann die Lärmrichtwerte eingehalten werden.

Soweit mal die allgemeine Theorie.
Bei häufigen Beschwerden werden dann auch schon mal Pegel von der zuständigen Behörde festgelegt. Ist halt auch immer abhängig vom Einzelfall.

Gemeint ist also idR nicht der Pegel, der direkt an der Quelle (Lautsprecher) entsteht.
Außerdem muss die Messung mit einem geeichten Messgerät vorgenommen werden. Die günstigen Geräte geben allenfalls einen Hinweis.

Ich gehe stark davon aus, dass die Wirtin da was falsch verstanden hat. 85 dB(A) erreicht man auch bei einem normalen Gespräch schon fast, bei mehr als zwei Leuten geht das ohne Probleme.
 
Der Wert 85dB war ganz bestimmt pro Verstärker oder zumindest pro Musiker gemeint, alles andere wäre ja völlig unrealistisch.
 
Keine Ahnung wo solch eine Auflage "innerhalb" von Gebäuden herkommen soll,
das ist eigentlich ein Arbeitsplatzgrenzwert und hat mit Lärmemissionen nach TA Lärm nichts zu tun.
Da müsste man die Auflage oder die Genehmigung näher betrachten.

Bei der TA Lärm zählt nur der Pegel am nächsten Immissionsort (in der Regel das nächste Wohngebäude) und der beträgt in einem reinen Wohngebiet nachts 35 dB, das ist heftig wenig!
(wenns regnet ist es schon deutlich lauter). Vorstellen könnte ich mir, dass die Behörde eine
vereinfachte Regelfallprüfung vorgenommen hat und diese Messung als vorbeugende
Maßnahme in orm einer Auflage erlassen hat. Das ist aber ohne klaibrierte Prüfgeräte (DKD Aufkleber)
eine reine Schätzung (ein Lage Tempo im Staubfilter oder geschickte Ausrichtung kann da schon
helfen). Dumm wird es nur, wenn am Immissionsort gemessen wird und dann der Grenzwert
überschritten wird, dann wirds heftig teuer und ggf. wird die gesamte Musikanlage inkl.
aller Instrumente sichergestellt.
 
Hatte auch schon das Vergnügen solcher Lärmmessungen. Werde nie Vergessen, wie in einem Restaurant bei Überschreiten des Grenzwertes jedesmal der Strom abgeschaltet wurde.............. Gefühlte 300x an dem Abend. Und ja, jedes Publikumsklatschen oder lauteres Gedichtevortragen etc. hat die Anlage abgeschaltet :mad: Einfach grauenhaft!
 
Augen auf bei der Wahl des Veranstaltungsortes oder des Veranstalters.
Der Veranstalter ist Arbeitgeber und damit zur Umsetzung der Arbeitsplatzrichtlinien verantwortlich.
Diese schreiben ersteinmal ganz stupide vor:

Arbeitsschutzverordnung - LärmVibrationsArbSchV)
§ 6 Auslösewerte bei Lärm
Die Auslösewerte in Bezug auf den Tages-Lärmexpositionspegel und den Spitzenschalldruckpegel betragen:
1. Obere Auslösewerte: L (tief) EX,8h = 85 dB(A) beziehungsweise L (tief) pC,peak = 137 dB(C),
2. Untere Auslösewerte: L (tief) EX,8h = 80 dB(A) beziehungsweise L (tief) pC,peak = 135 dB(C).
Bei der Anwendung der Auslösewerte wird die dämmende Wirkung eines persönlichen Gehörschutzes der Beschäftigten nicht berücksichtigt.


Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn der Arbeitgeber kann (muß) bei auftretendem Lärm,
seinem Personal vorschreiben Gehörschutz zu tragen, wenn der Lärm unvermeidlich ist,
was bei einem Konzert gegeben ist und durch technische und organisatorische Maßnahmen
nicht zu verhindern ist. Behördenvertreter sehen das gerne anders und schreiben die
technische Maßnahme vor. Dann hilft dem Arbeitgeber nur der Schritt vor das Verwaltungsgericht.

Blöde, wer solch eine Location bucht,
noch blöder für die Band, die für das Puplikum als Sündenbock darstehen.
 

Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben