Atemstütze bei Blockflöte

Claus
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Nach meinen Erfahrungen heißt das Zauberwort Atemstütze! Mehr Blasdruck kann das Ansprechen der genannten Töne sogar erschweren. Bei korrekter, ausreichender Stütze brauchst Du verblüffend wenig Blasdruck!
Spannendes Thema! :)
Bedeutet deine Aussage, dass die Atemstütze bei der Blockflöte so ähnlich bis genauso so wie bei den Sängern eingesetzt wird?
Es mag schon sein, dass das schriftlich schwer darstellbar ist, aber wird zur Vermittlung im Unterricht nicht auch mit sprachlich formulierten Vorstellungsbildern und sprachlichen Übungsanweisungen zur Selbstwahrnehmung gearbeitet?

Gruß Claus
 
Eigenschaft
 
Bedeutet deine Aussage, dass die Atemstütze bei der Blockflöte so ähnlich bis genauso so wie bei den Sängern eingesetzt wird?
Im Prinzip JA!
Das Thema Atemstütze ist in der Tat spannend, vor allem weil sie (nach meiner Erfahrung) schwierig zu erlernen und noch schwieriger außerhalb eines guten Unterrichts mit persönlichem Kontakt zu vermitteln ist. Außerdem muss sie ständig mit geübt werden, damit das irgendwann so ist wie beim Autofahren: Da denkt man irgendwann auch nicht mehr bewusst an Kupplung und Bremse wie anfangs.
Aber ich werde versuchen hier etwas dazu zu griffeln, eventuell in mehreren Etappen, je nach verfügbarer Zeit.

Zum Anfang einmal so viel:
Für den Erwerb der Atemstütze ist eine gute Atemführung schon mal Voraussetzung.
Das heißt, man muss zumindest einen schön gleichmäßigen Luftstrom ins Instrument bringen können, der die Töne der unteren - einfacher zu spielenden - Register sauber intoniert.

Die zweite Voraussetzung ist eine korrekte Spielhaltung:
Man steht mit leicht geöffneten Beinen grundsolide auf dem Boden der Tatsachen. Man versucht den Kontakt der Fußsohlen mit dem Boden gut zu spüren, fühlt sich "geerdet", verwurzelt wie ein Baum.
Der Körper bleibt locker, entspannt - insbesondere Arme, Schulterpartien, Hals!

Das nächste Mal gibt es zum besseren Verständnis eine kleine Einführung in anatomische und physiologische Grundlagen der Atmungsmechanik.
Ich hoffe, es wird nicht zu fade und bleibt nachvollziehbar... :D
 
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Ohne Lehrer ein für mich wirklich schwieriges Thema, was aber für mich von Anfang von Interesse war.

Ich bin bei den Recherchen für mich über die offensichtlich 2 Wege der Atmung gestolpert, über die der "Einatmer" (Lunar) und "Ausatmer" (Solar). Ohne das Thema Terlussologie jetzt esoterisch zu beanspruchen, wie es an anderer Stelle z.b. bei den Sängern diskutiert wurde (Thema https://de.wikipedia.org/wiki/Terlusollogie https://www.musiker-board.de/threads/atemtypen-ein-programm-zur-berechnung.442383/) bin ich bei den "Eagle" Flöten von Ardiana Breuking und Geri Bollinger (Blockflötenentwickler von Küng), wie auch aus der Altblockflötenschule von Hintermeier/Baude auf diese Thema gestoßen: http://www.adrianabreukink.com/Inhalers_&_Exhalers.html. Für die Eagle Flöten gibt es 2 unterschiedliche Windkanaltypen, je nach "Atmungstyp".

Ich bin darauf gestoßen, dass ich ein "lunarer Einatmer" bin, also Konzentration auf die Einatmung und das Ausatmen laufen lassen und insgesamt in vielen Dingen dem Stereotyp entspreche (incl. "Geburtsrechner": http://s224198223.online.de/allgemein/allgemein.html); wenn auch ich in einigen Dingen bei Krankengymnastik und Kraftaufbautraining gelernt hatte, bei Belastung vorher auszuatemen (oder auch beim Dartspielen).

..und tatsächlich bevorzugte ich die offeneren Windkanäle bei meinen Flötentests, ohne mir vorher darüber Gedanken gemacht zu haben, also genau die Empfehlung die A. Breuking und G. Bollinger für ihre Eagle Flöten geben. Andererseits habe ich aber den Eindruck, dass genau diese Windkanalform bei hohen Tönen erst einmal etwas schwieriger zu beherrschen ist, als die engeren, gerichteten Windkanäle.


Für mich persönlich als "lunarer Einatmer" bedeutet also Atemstütze die bewusste Kontrolle über das Ausatmen, an der ich von Anfang an unbewusst gearbeitet hatte
 
Was genau ist denn die Atemstütze und wie funktioniert sie?
 

Ich habe mich das auch lange gefragt und oft wird man aus dem gesagten nicht wirklich schlau weil man immer das Gefühl hat, dass da um etwas schwer fassbares herum gesprochen wird.

Folgende Sprüche fand ich recht hilfreich für mein Grundverständniss:

"Die Atemstütze ist mehr ein Körpergefühl und eine innere Einstellung als eine erlernbare Technik. Sie ist kein Zustand, sondern sie beruht auf Aktion."
Werner Richter

"Wie beim Sänger muß die Atmung des Flötisten zwei Bedingungen erfüllen: absolute Regelmäßigkeit des Luftstroms (was man allgemein als Stütze bezeichnet) und ausreichendes Fassungsvermögen."
Rene Leroy
http://www.flutepage.de/deutsch/goodies/physiologie.php#stuetze
 
@Dora Zu den Grundlagen der äußeren Atmung und der Steuerung bei diversen Blasinstrumenten (Atemführung/-stütze) informiert die sehr gute DVD Das Blasinstrumentenspiel.
https://www.helbling-verlag.de/?pagename=product&product=S6780CR



Der Wikipedia Artikel zum Thema Atemstütze informiert ebenfalls zu den Grundlagen, das müssen wir hier deshalb nicht noch mal erzählen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Atemstütze


Im Thread geht es mir vor allem um einen Austausch von persönlichen Ansichten, Erfahrungen und praktisch übenden Aspekten zur Atemstütze beim Spielen der Blockflöte, wie sie von (sehr) fortgeschrittenen und natürlich von professionellen FlötistInnen eingesetzt wird.

Gruß Claus
 
Da ich im Chor singe, kenn ich die Atemstütze. ABER bei der Blockflöte klappt das irgendwie (noch) nicht. Da sind ja noch viele andere Punkte, auf was zu achten ist und da kommt das Achten auf die richtige Atmung zu kurz.

Viele Grüße
Musicanne
 
Atemstütze spüre ich zum Beispiel dann, wenn ich den letzten Ton der bekannten Bachpartita spielen will: Das ganz hohe c (nenne ich das einfach mal): Daumenloch halb plus Zeigefinger und dann "gib ihm". Ohne Atemstütze kommt der Ton nicht. In dem Moment spanne ich mein Zwerchfell an. Wenn man mir bei diesem Ton in den Bauch pieksen würde, wäre er ganz hart.
 
In dem Moment spanne ich mein Zwerchfell an. Wenn man mir bei diesem Ton in den Bauch pieksen würde, wäre er ganz hart.
Der letzte Satz stimmt sicherlich, den davor müsste man genauer formulieren. :)

Also doch ein paar Sätze zu den Grundlagen, die man verstehen sollte:
Das Zwerchfell ist im entspannten Zustand ein relativ kuppelförmiger Muskel, der von der Form her ungefähr dem unteren Rippenbogen folgt.
Wie jeder Muskel kann es sich zusammenziehen (=anspannen), dabei flacht es ab. Diese Kontraktion führt dazu, dass die Lungenflügel nach unten gezogen werden und in ihnen ein Unterdruck entsteht.
Zum Ausgleich strömt durch Nase und Mund Luft aus der Umgebung in die Lungenflügel.
Das Zwerchfell kann sowohl autonom arbeiten als auch bewusst kontrolliert werden. Unterstützend wird dabei wird auch sogenannte Atemhilfsmuskulatur eingesetzt, man spürt sie sofoert beim spontanen Lachen oder Husten.

Was Du beschreibst, nennt man zwar weithin Stütze, es ist aber eigentlich etwas anderes als die Atemstütze, nämlich das "Schieben" der Luft zur Blasdruckerhöhung mit Hilfe der Atemhilfsmuskulatur des Rumpfes.

Die Atemstütze meint dagegen die Tendenz, der Entspannung des Zwerchfells entgegenzusteuern und die Ausatmung damit klangbildend zu beeinflussen.

Gruß Claus
 
Zuletzt bearbeitet:
Aha, hier hat sich schon Einiges zum Thema getan...

Im Thread geht es mir vor allem um einen Austausch von persönlichen Ansichten, Erfahrungen und praktisch übenden Aspekten zur Atemstütze beim Spielen der Blockflöte

Fein, dann kann ich mir ja das ursprünglich geplante Erörtern der Grundlagen ersparen. :great:

Aber ein paar präzisierende Worte muss ich doch los werden:
Es existieren komplexe Verschaltungen mit höheren Zentren, die den Impuls des Atmungszentrums modulieren oder überlagern können.
Wie sonst wäre es möglich, bewusst tief Luft zu holen, die Atmung beim Tauchen anzuhalten, etc.?

Auch das Zwerchfell wird im Rahmen des gesamten Atmungssystems ähnlich komplex angesteuert: an sich unbewusst, aber mit der Möglichkeit zur willentlichen, wenn auch indirekten Einflussnahme. Wäre das Zwerchfell gänzlich dem bewussten Willen entzogen, wäre auch die Atemstütze gar nicht möglich.

Aufgrund dieses komplizierten physiologischen Sachverhalts ist es auch so schwierig, die entsprechende Fertigkeit zu erwerben. Man kann nicht einfach sagen: "Zwerchfell spann dich!"

Nach meiner Erfahrung bedeutet Atemstütze, ein möglichst großes Luft-Volumen tief im Brustkorb verfügbar zu machen und zu halten, wodurch der Ton mit einem gleichmäßigen, kraftvolleren Luftstrom erzeugt wird und daher stabiler und sauberer klingt. (Hier ist NICHT stärkerer Blasdruck gemeint!)

Wie schafft man das?
Ich habe es so verstanden und nachvollziehen können, auch wenn es jetzt paradox klingen mag:
Für die Atemstütze muss das Zwerchfell tief gestellt, also kontrahiert sein wie bei/nach dem Einatmen. Auch mit den Atemhilfsmuskeln des Rumpfes bis zum Halsansatz hinauf spanne ich anfangs an wie beim Einatmen (ohne zu verkrampfen!), während ich GLEICHZEITIG in die Flöte blase-also tatsächlich ausatme. Alles klar? :ugly: (Erbarmen, diese Formulierung hat mich zwei Hände voll Erdnüsse als zerebralen Akutbooster gekostet...)
Dieser Zusammenhang beschreibt mein bisheriges Endergebnis.

Um soweit zu kommen, muss man sich mit Tricks an Zwerchfell und Genossen heranpirschen, weil sie ja direkte Befehle nur widerwillig befolgen wollen:
Am Beginn ist zu erlernen, was da überhaupt zu spannen ist, und zwar durch viel Hineinhorchen und -fühlen in den eigenen Körper während des Übens.
+ Man verlockt die störrischen Atemmuskeln mit ein paar Tricks dazu Farbe zu bekennen:
Am einfachsten ist es, während des Spielens die Hüften hin- und her zu schwingen, dabei leicht in die Knie gehen (Dieses In-die-Knie-gehen bleibt auch später noch wichtig, z.B. bei weiten Sprüngen in die Höhe). Dadurch werden genau die für die Stütze wichtigen Rumpfmuskeln gezwungen, sich zu kontrahieren, weil genau diese auch an der Erhaltung eines sicheren Stands mitwirken müssen. ==> FÜHLEN, was sich da im Innern zusammenzieht, hören, ob der Ton voller und schöner wird. Falls sich etwas geändert hat, immer wieder versuchen, diese Muskeln selbst anzusteuern. Irgendwann klappt es!
Sehr gute Hilfsmittel sind hierbei weiters ein Gymnastikball, auf dem man mehr oder weniger temperamentvoll im Sitzen hin- und herschaukelt, während man spielt, oder ein Wackelbrett, wie es in der Physiotherapie oder allgemein zum Training des Gleichgewichtssinnes verwendet wird.
+ Eine bewährte Hilfsvorstellung verwenden:
Man stelle sich ein Kugelmonster (Details nach persönlichem Geschmack) vor, das im Innern des eigenen Brustkorbes wohnt, aber eines mit ganz vielen Armen und Händen am ganzen Körper. Soll Atemstütze appliziert werden, dann stelle man sich vor, dass das Monster nun all seine Arme streckt und mit den Händen mit aller Kraft von innen gegen den Brustkorb nach außen und in den Bauch hinunter drückt. ==> Tut sich was bei der Tonqualität?
Ja, ich weiß, das hört sich merkwürdig an, aber bei mir hat es gewirkt... mein Barbapapa ist übrigens ganz schwarz und unheimlich haarig.:D

+ Ganz wichtig als Voraussetzung: Tief in den Bauch hinunter einatmen -DER BAUCH MUSS RAUS!
 
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Man stelle sich ein Kugelmonster (Details nach persönlichem Geschmack) vor, das im Innern des eigenen Brustkorbes wohnt, aber eines mit ganz vielen Armen und Händen am ganzen Körper.

:rofl: Macht Spass deine Beschreibungen zu lesen :great:

mein Barbapapa ist übrigens ganz schwarz und unheimlich haarig.:D

4.gif
:D
 
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Noch ein kleiner Nachtrag:

+ Eine sehr hilfreiche Methode zum Erlangen und Training der Atemstütze ist der Flamingo- oder Storchenstand:
Man zieht während des Spielens ein Bein an und hakt dessen Fuß hinter dem zweiten Bein ein, z.B. hinter dem Knie. Im Prinzip funktioniert das genauso wie die genannten Techniken mit Gymnastikball oder Wackelbrett. Die Tonverbesserung per Stütze sollte damit wie "von selbst" hörbar werden.
 
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Jetzt habe ich Die Atemstütze doch tatsächlich mal ausprobiert, so ganz alleine, damit auch bloß keiner anfängt zu lachen ;), und dachte dann: "Das kenne ich doch woher!?".
Klar, vom Singen! Erst als ich bewusst darauf geachtet habe, ist mir aufgefallen, dass ich diese Atemstütze bereits unbewusst an bestimmten Stellen einsetze! Faszinierend.
Gestern habe ich es tatsächlich einen Ton höher geschafft, dann war jedoch wieder Schluss. Mein Flötchen ziert sich wohl ein wenig :embarrassed:.

Vielen lieben Dank Euch allen für die ausführlichen und anschaulichen Erklärung, einzig welche Fellfarbe mein Monster hat, weiß ich nicht. Werden wir wohl auch nie erfahren :nix:.
 
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Hallo Robert!
Etwa so?
2016-03-11 Flötenflamingo mit Stütze 001.jpg
 
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@Barbara27, Klasse:great:

irgendwie erinnert mich das Bild an was... :rolleyes::D

SanJavierIanAnderson2.jpg
 
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....wie Zwillinge, haben sie beide wohl von Robert gelernt!
Barbara
 
"Das kenne ich doch woher!?".
Klar, vom Singen!
Seltsam :gruebel:






;)
Tatsächlich finde ich die Stütze beim Gesang ziemlich ähnlich und profitiere auch bei beiden Sachen vom jeweils anderen Instrument. Synergieeffekt nennt man das glaube ich.
 
@Svalin
Gestern habe ich es tatsächlich einen Ton höher geschafft, dann war jedoch wieder Schluss. Mein Flötchen ziert sich wohl ein wenig :embarrassed:.

Gemach! Gemach! Bedenke: Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut.
Ich habe WOCHEN und ein halbes Dutzend Rückenmassagen wegen Verkrampfungen durch falsches Kontrahieren gebraucht, um eine stabile Atemstütze von Wert hinzukriegen...

@funstrumentalist
Ja, genau! Der Musiker auf dem Bild muss jener legendäre Spitzen-Flötist sein, dessen Markenzeichen der Flamingostand auf der Bühne ist.
Leider ist mir sein Name entfallen.
 

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