German Fiddle?

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War gerade mal wieder auf "Fiddling around the world". 24 Fiddlestyles aus unterschiedlichsten Ländern werden da beschrieben, unter anderem Kuba. Aber was ist eigentlich mit der Geige in der traditionellen deutschen Volksmusik? Sie ist vom Namen her sogar im Titel des Standardwerks "Zupfgeigenhansl" vertreten, spielt aber keine Rolle?

Gibt es noch Wissen über die Geige als Instrument der Volksmusik (bitte nicht vermischen mit volkstümlicher Musik) im deutschsprachigen Raum?

Gibt es irgendwelche Sessions, Bands, Festivals zu diesem Thema?

LG
 
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Hallo Stollenfiddler,
schön daß sich jemand für traditionelle Volksmusik interessiert - und auch den Unterschied kennt :D

Im Zupfgeigenhansel war mit "Zupfgeige" die Gitarre oder Laute gemeint. Der Zupfgeigenhansel ist aber bestimmt eines der bekanntesten Werke der Jugendbewegung für Volkslieder.

Die Geige spielt in der hiesigen traditionellen Musik sehr wohl eine Rolle - auch in der Zeit vor der Jugendbewegung.

Interessanterweise kommt die Geige bei Wiki ganz oben

Anhören kann man sich das z.B. beim Volksmusiktag in Neuhausen ob Eck:
http://www.freilichtmuseum-neuhausen.de/mcms.php?_oid=3c83729-588d-e6bc-0bf9-983b98f28741f

Bekannte Gruppen aus meiner Region sind z.B. die Stäffelesgeiger
Bratwurschtmusik
Weiter weg (in Wien) Die Tanzgeiger

Seminare zum Thema Geige in der Volksmusik bietet der Schwäbische Albverein
der AK Volksmusik im Landesmusikrat BW
die Beratungsstelle für Volksmusik in Schwaben

Sowas ähnliches wie Session könnte "Aufspielen beim Wirt" oder das "Stuttgarter Musikantenpicknick" sein

Obiges kann natürlich nur unvollständig sein und sind Bekannte aus meinem Dunstkreis ;)
Gruß,
Jonny
 
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Hi Jonny,
vielen Dank für die tollen Links. Hab mich gerade 2 Stunden durchtelefoniert (blöde Woche dafür, halb D macht Urlaub).
Der Südwesten macht sich ja echt eine Aufgabe aus der Volksmusik. Ich komme aus dem hohen Norden, Bundesland Bremen. Ja, diese Stadt, die für die Bremer Stadtmusikanten bekannt ist. Werde nun auch mal versuchen herauszubekommen, was die so gespielt haben...

Und vor allem die Frage: gibt es "german fiddling" und wenn ja: was macht es aus, woran erkennt man es?
 
Hallo stollenfiddler,

gibt es "german fiddling" und wenn ja: was macht es aus, woran erkennt man es?

Gute Frage, schwierige Frage. Ich habe zwar 11 Jahre in einer Folkgruppe gespielt, aber niemals so richtig darüber nachgedacht.
Mittlerweile habe ich gar keine Kontakte mehr zu der (deutschen) Folk-Szene. Gibts die eigentlich (noch oder wieder)?

Von der Spielweise habe ich das deutsche es etwas gradliniger in Erinnerung, vielleicht etwas weniger Auschmückungen und Verzierungen; aber ob man das schon "german fiddling" nennen kann? :gruebel:
Mir fällt nicht mal ein Titel ein, den man sich als Referenz anhören und analysieren könnte. Selbst dann wäre es die Auffassung des Geigers von diesem Stück.

Hier gabs auch mal einiges Interessantes, geht jetzt in Richtung Weltmusik.
https://rudolstadt-festival.de/de/
 
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Hi alle,

eine tatsächlich spannende Frage, finde ich!

Also, Tanzgeiger trifft es ziemlich genau:
Irish music ist vielfach zum Tanzen gemacht, country-music ebenso, echte bayrische Volksmusik auch.
Die Biermöslblosn haben hier schon lange Jahre den Volkstanz gefördert - die haben da zwar keine
Geige mit dabei, aber die gleiche Musik geht auch mit Streichern, oder gemischten Besetzungen.

Es gibt tatsächlich noch viel erhalten gebliebene Volksmusik, aber die NS-Zeit hat uns Deutsche, gegenüber den
anderen europäischen Staaten, durch das Aufprägen und Überschreiben alter Liedtexte mit nationalistischem
Gedankengut weit zurückgeworfen. Der Schaden ist unermesslich, denn: wer vergisst jemals eine versaute Textzeile.
(denken wir z.B. nur mal kurz an unsere Nationalhymne.. (Josef Haydn - das Kaiserquartett (2 Geigen, Bratsche, Cello)))

Ein typisch 'german fiddling' kann ich mir nicht recht vorstellen, da zwischen den verschiedenen Regionen
doch sehr große Unterschiede herrschen.

cheers, fiddle
 
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in echter bayrischer Volksmusik hab ich Geige oder Bratsche auch schon gehört - da scheint es aber so zu sein, dass die Musik vor dem Instrument kommt - also egal, ob die Stimme vom Streicher oder Bläser gespielt wird.
Kann das sein? Ist das so?

Die Diskussion finde ich interessant!
 
gibt es "german fiddling"

Wenn ich recht verstehe, meinst Du mit "fiddeling" einen eigenen Stil?

Da kann ich ohne viel nachdenken sagen NEIN!
Es gibt ja auch keine DEUTSCHE Volksmusik.
Es gibt bayrische, fränkische, schwäbische, badische, hessische, friesische, heide, sächsische, pfälzer, niederdeutsche, ... (nicht schlagen, da fehlt vieles :igitt:) Volksmusik. Regional eben. Überall ein bischen - oder auch ganz anders.
Volksmusik ist Gebrauchsmusik, hauptsächlich zum tanzen - und so soll sie auch gespielt werden: tanzbar, so daß es einen in den Füßen juckt.
Leider spiel ich noch viel zu kurz Geige, um sagen zu können, was unseren regionalen (BaWü) Stil ausmacht.
Ich würde sagen, er hat "Schmiß" und orientiert sich eher Richtung Österreich.
Hier mal ein Beispiel der Stäffelesgeiger aus Stuttgart:



Und ein Beispiel aus der Schweiz (ist auch deutschsprachig):



Aber es ist natürlich auch so, daß sich alles am vermischen ist. Man kennt sich, man trifft sich (über Ländergrenzen), musiziert zusammen, tauscht sich aus und übernimmt auch mal ein Stilelement. Wie es die fahrenden Musikanten früher auch getan haben.
Gruß,
Jonny
 
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Finde ich ebenso ein sehr interessantes Thema. Aus der Klassik ist (zumindest mir sehr) bekannt, das "Lied" (das wird ja in anderen Ländern gar nicht übersetzt. Und diese Gattung hat natürlich ihre Ursprünge in der Volks(tümlichen) Musik. Schubert und Wolf sind bekannte Vertreter, aber bereits Beethoven hat diese Lieder in eine Art "Kunstform" verpackt. Bekanntestes Beispiel dafür dürfte der Erlkönig sein - Goethe war schon früh Erlebniss(en) von Volkmusik (u.a. im Elsass (damals "deutsch") beeinflusst und hat dann (auf Anregung von Herder (der eine Ballade von "Erlkönigs Tochter" aus dem dänischen übersetzt hat)) gedichtet hat. So also von Ballade zu Gedicht und dann zu Neuvertonung - sehr spannend zu lesen. Ebenfalls sehr bekannt ist "des Knaben Wunderhorn", das so toll von G. Mahler (erneut) vertont wurde.
 
Was bairisches hab ich auch noch gefunden.


Vielleicht kann ja mal jemand ein Beispiel aus anderen Regionen einstellen?
Gruß Jonny
 
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Westfälisch / Altenland (heute Niedersachsen) aus dem 18. Jahrhundert.
 
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Vivien Zeller (bereits im Video über mir zu sehen) wäre wohl die besten Ansprechpartnerin, wenn es um solche Fragen geht, da sie sich um die Aufarbeitung solcher Musik kümmert und tief als Lehrerin für Geige, Volkstanz und Repertoire in der Folkszene drinsteckt.

Hier ist ein Projekt zur Aufarbeitung alter deutscher Tanzmusik inklusive Quellenverzeichnis und ein paar Beispielvideos:
http://tanzmusikarchiv.de/



Um Volksmusik richtig spielen zu können, sollte man allerdings immer auch die Tänze kennen und bestenfalls beherrschen. Wegen des Borduncharakters sollte man auch grundsätzlich von moderner (=gleichschwebender) Skala absehen, viele moderne "Klassiker" sind sich dessen nicht bewusst und wundern sich dann, dass es mit gut gestimmten Sackpfeifen, Drehleiern und anderen Folkinstrumenten zusammen nicht klingt.
 
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