[Review] TDR Nova Gentleman’s Edition

Laguna
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TDR ist bekannt durch verschiedene hochwertige Audio-Plugins. In diesem Review möchte ich den NOVA vorstellen und genauer auf den Zahn fühlen.

nova-GE-1.png


Der Nova ist ein paralleler dynamischer Equalizer, bei dessen Entwicklung an etlichen Punkten sehr gut mitgedacht wurde. Es gibt ihn in der kostenlosen normalen Version und in der Gentleman's Edition (im weiteren mit GE abgekürzt), die es für 40€ zu kaufen gibt. Der Funktionsumfang beider Versionen unterscheidet sich leicht, so sind in der GE steilere Cuts, größere Wertebereiche beim Ratio und ein Equal Loudness Modus enthalten. Die grundlegende Funktionalität ist aber auch mit der normalen Version vorhanden. Für mich fühlen sich die 40€ hauptsächlich als gut investierter Support für den Entwickler an, man schaue sich mal die anderen TDR Plugins an.

Das Plugin ist als VST, AAX, AU für Mac und Win in 64 und 32 bit verfügbar. Leider gibt es keine VST3 Version und leider gibt es unter VST32bit zumindest in Cubase keine Sidechain Funktion.

Doch was kann der Nova denn jetzt eigentlich und was ist ein paralleler dynamischer EQ?

Funktion und Benutzeroberfläche
Ein parallerer EQ bearbeitet die einzelnen EQ Bänder parallel. "Dynamisch" bezieht sich darauf, dass jedes einzelne Band noch eine eingebaute Dynamik-Sektion hat. Somit ist der Nova ein EQ, Kompressor, Multiband-Kompressor und Deesser und noch einiges mehr. Zusätzlich kommt noch ein Analyzer hinzu. Also ein sehr vielseitiges Werkzeug! :great:

Die Benutzeroberfläche ist TDR-typisch gestaltet und in neutralem grau/blau/weiß gehalten. Es wird hier klar auf die digitale Welt gezählt (kein "hey, das schaut genau so aus wie die teueren analogen Gerätschaften"), und das Design ist in meinen Augen zeitlos, schlicht und sehr funktional. Sehr gut gemacht, TDR.
Vornweg: Die Buttons und Regler machen alle genau das, was sie angeben, die angezeigten Werte und das Spektrum deckt sich 1:1 mit dem, was im VST Plungin Analyzer gemessen wird. Auch hier ein großes Lob, da das bei einigen Plugins nicht der Fall ist und der Benutzer oftmals mit falschen Angaben zu einer falschen Einschätzung der Einstellungen verleitet wird.


Die obere Hälfte des Fensters wird vom Analyzer eingenommen. Dieser ist standardmäßig ausgeschaltet (man soll ja hören und nicht schauen) und kann auf Wunsch das Eingangs- Ausgangs- oder SideChain-Signal anzeigen. Die helle gelbe Linie gibt den statischen Frequenzverlauf des EQ an. Die helle blaue Linie gibt den eingestellten Threshold als Funktion der Frequenz wieder. Die dunklere blaue Fläche zeigt den Analyzer, die dunklere gelbe Fläche die Kompression. Das klingt zunächst unübersichtlich, ist aber genau das Gegenteil. Man hat sämtliche interessierende Größen mit einem Blick erfasst.

Direkt unter dem Analyzer kommt die Auswahl der Bänder. Mit der GE hat man hier zwei zusätzliche Bänderim Vergleich zur normalen Version. Diese können einzeln über einen großen Button angewählt werden und mit dem On/Off Button darunter gebypassed werden. Jedes Band kann Low-/High-Shelf oder Peak sein und kann im kompletten Frequenzbereich von 10Hz bis 40kHz verschoben werden. Somit gibt es kein störendes "mist, jetzt kann ich mit dem Band nicht höher". Praktischerweise gibt es einen "order by freq" button, der die Bänder automatisch nach der Frequenz sortiert. Sehr praktisch. Daneben gibt es natürlich einen Regler für Q und Gain. Ein Hinweis zum Gain: Der Nova arbeitet normal im Equal-Loudness Modus (durch den Button "EQ-Gain" angezeigt). Das bedeutet, dass die Lautstärke des gesamten Signals so geändert wird, dass die Änderung in einem Band keine absolute Lautstärkeänderung bewirkt. Dreht man also einen Peak rein, wird das Gesamte Signal etwas leiser gefahren. Das ist sehr nützlich, um die Änderung des Materials bei gleicher Lautstärke zu beurteilen. Im Mix entspricht das jedoch oftmals nicht dem, was ich möchte (oder erwarte), weswegen ich die Funktion meistens ausschalte.

Links neben den EQ Einstellungen eines Bandes gibt es High- und Low-Pass, beide mit wählbarer Frequenz und Slope (bei der GE bis zu einer Slope von 120dB/oct :eek:). Rechts von den EQ Einstellungen gibt es die Dynamiksektion des gerade ausgewählten Bandes. Diese ist standardmäßig deaktiviert und wird durch einen Klick auf "Threshold" aktiviert.
Dann lässt sich selbiger, die Ratio und natürlich Attack und Release auswählen. Ratio ist sowohl für Kompressio als auch Expansion im Bereich von 0.5:1 bis zu 10:1 wählbar.
Es gibt für den Release noch einen zusätzlichen "alpha" Schalter, zu dessen genauer Funktionsweise sich aber auch das sonst sehr gute Handbuch ausschweigt. Meine persönliche Einschätzung ist, dass der Compressor mit deaktivierten Alpha eher das pumpen anfängt. Ebenfalls ist es möglich, die Dynamik im Split Modus für jeden Kanal extra zu regeln oder eine gemeinsame Kompression zu nutzen. Hier beeinflussen sich dann die Bänder gegenseitig.

Es gibt dann noch den obligatorischen Output-Gain, sowie einen EL-Trim Button. Der prüft anhand des Eingangssignals und der gewählten Dynamikbearbeitung die Lautstärkeänderung der Kompression oder Exansion und passt die Ausgangslautstärke dann hier an. Ebenfalls sehr praktisch ist die Funktion GR-Delta, mit der nur die von der Kompression beeinflussten Teile wiedergegeben werden. So kann man sehr gut hören, in welchen Frequenzen der Kompressor arbeitet.


Benutzung und Sound
Die Benutzung geht leicht von der Hand, Regler finden sich schnell und die Rasterung ist sinnvoll gewählt. Es gibt eine Reihe an Presets, diese sind jedoch nicht wie meist üblich salbungsvoll "Rock Drums" oder "Female Vocals" betitelt, sondern haben tatsächlich nützliche Namen, wie "Wideband Dynamics" oder "Deess Split". Somit sind es sicherlich keine Fire-And-Forget Presets, sondern nützliche Startpunkte, quasi Templates, um bei der Arbeit echt Zeit zu sparen. Der User muss so natürlich selber wissen, was er will und ein "durch die Presets durchklicken" gibt es hier nicht. Das finde ich aber nicht schlimm, da es meinem Workflow sehr zugute kommt.

Der Sound ist sicherlich eher als neutral zu bezeichnen, eine "Charaktersau" ist der Nova sicherlich nicht.
Bei verschiedenen Anwendungen konnte der Nova bei mir seine Funktion unter Beweis stellen. Dabei entpuppt er sich als wahrer Alleskönner. Statische EQ-Bearbeitung auf Vocals, Gitarre oder Synthies meistert er ohne Probleme. Bei ungezähmten Bass-Sounds ermöglicht er die dynamische Kompression von Tiefbass-Anteilen bei gleicher dynamischer Anhebung des Gliss.
Sehr gut funktioniert die dynamische Bearbeitung auch auf nasalen Vocals. Zunächst sweept man mit dem normalen EQ durch das Spektrum, bis man die entsprechenden nasalen Frequenzen gefunden hat, dann stellt man den Gain auf einen leicht positiven Wert (so um +1dB) und stellt den Threshold so ein, dass die nasalen Anteile gdeckelt werden, wenn sie zu laut werden. Das funktioniert besonders dann sehr gut, wenn ein reiner EQ an der Stelle die ganze Stimme zu dünn wirken lassen würde.

Die Dynamiksektionen fangen sehr spät das zerren an. Sie sind zwar nicht ganz so "clean" wie beispielsweise der Cubase-Kompressor, erlauben hingegen aber auch deutlich kürzere Attack und Release Zeiten.


Nach all der Lobhudelei hat der Nova aber auch einige Nachteile, auf die ich kurz eingehen möchte:

  • Kein Input Gain Regler: Das ist insofern ein Nachteil, falls man die Dynamik am Nova einstellt, sich dann aber entschliesst, ein anderes Plugin vor dem Nova in der Kette zu positionieren, dass die Lautstärke des Materials ändert. Dann muss man umständlich die einzelnen Thresholds wieder anpassen. Ein Input-Gain hätte hier Abhilfe geschaffen.
  • Performance: Die Performance ist mittelmäßig hoch. Klar, das Plugin macht und kann viel. Allerdings wird er so nur bedingt der Butter-und-Brot-EQ in einem Arbeitsfluss. Ein Paar Tipps zum "flüssigeren" arbeiten: 1) Analyzer ausschalten, 2) Quality auf Insane und Precise macht fast keinen Unterschied, sehr wohl aber auf Eco. Dann sind aber nur flache Filter möglich :|
  • Die Ratio bei Expansion ist "nur" 0.5:1. Klar, braucht man selten, ist aber dennoch eine Einschränkung.
  • Das SC unter Cubase. Das ist der wohl größte Kritikpunkt. Ich weis aber, wie aufwendig es ist, Code Projekte auf andere Plattformen (z.B. VST3) zu portieren. Deshalb kann ich zumindest teilweise verstehen, warum nicht alle Plattformen unterstützt werden.
  • EQ Gain nicht direkt intuitiv. Normalerweise erwartet man, dass das Signal lauter wird, wenn man bei 1kHz 12dB boostet. Mit Equal Loudness bleibt der Pegel aber gleich und nur die relative Gewichtung der Frequenzen ändert sich. Daran muss man sich erst mal gewöhnen.
  • Ein M/S Switch wäre noch nett gewesen. Den kann man sich ja aber notfalls selber mit DAW-Hausmitteln basteln.

Fazit

Der Nova ist ein richtig tolles schweizer Taschenmesser, das bis jetzt auf jeder Aufgabe wunderbar funktioniert hat. Preislich finde ich die 40€ für die GE absolut gerechtfertigt. Bei der normalen Version sehe ich keinen Grund, warum man das Plugin nicht benutzen sollte. :D

So Far...
Laguna
 
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Schöne Besprechung, herzlichen Dank! :great:
 
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Ja, schöne Besprechung. Ich bedanke mich gleichfalls. - Ich habe die "normale" (seinerzeit freeware) Version, aber bei all den Tools und spezifischen Funktionen wird einem auch schwindelig und so beschränke ich mich heute hinsichtlich der Übermacht virtueller Werkzeuge und kaufe mir lieber neue Instrumente :D. Außerdem kristallisiert sich immer ein "Lieblings-Tool" (bei mir) heraus, mit dem ich meistens/fast durchgängig arbeite.

Ich finde es aber sehr löblich und in diesem Forum sinnvoll, auch Software mit dem nötigen Respekt zu besprechen, so wie Du das tust, weil das oft fehlt, aber jeder damit arbeitet. Vielleicht liegt das daran, dass Software eben vergleichsweise billig ist im Verhältnis zu Hardware und sie mehr oder minder schnell austauschbar ist? - Deshalb kriegst Du von mir auch ein paar Kekse.
:prost:
 
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Hallo Laguna

Vielen Dank, für das hilfreiche Review.
Zumal ich den TDR vor ca. 8 Wochen auch für mich entdeckt habe (allerdings erstmal die Free Version).

Vielen Dank :great:
 
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Danke für das Feedback. :)
 

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