Legendary Rhythm & Blues Cuise #27

JoeBeaulais
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Mein bisher größtes Erlebnis in Sachen Musik – LRBC #27

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An alle Blues-Freunde – oder die es werden wollen…


Ich habe schon ab und an daran gedacht, meine persönlichen (den Blues betreffenden) Erlebnisse hier zu posten – wie sagt man: „geteilte Freude…“. Meistens ist es dann beim Vorsatz geblieben, leider zu wenig Zeit für die Musik, zu wenig Zeit für solche Erfahrungsberichte… Aber weder ist die Erinnerung schon verblasst (wie soll sie auch, siehe später…), noch will ich es mir dieses Mal erlauben, einen weiteren Vorsatz zu kippen. Also ran an die Buletten (wieder Berliner zu sagen pflegt):


Als Vorspann vielleicht eine kleine Einordnung, was ich sonst so treibe – keine Intimitäten ;-) sondern nur meine Beziehung zum Blues. Ich bin hier eigentlich nur im Bereich „Blues Jam von "Einsteigerbereich: An alle Blueser hier im Forum: Zeigt was Ihr fühlt!" unterwegs. Eine Art „Fernbeziehung“ zwischen Musikern – man sieht sich fast gar nicht persönlich (mit einigen dann doch manchmal!), sondern tauscht sich nur über das Internet aus.


Vor dem Jam im Board habe ich mit meinen diversen Gitarren nur auf dem Sofa oder im Arbeitszimmer zu Backings gedoodelt (leider verhält sich das Wachstum meines persönlichen Gitarrenbestandes über die Zeitachse nicht proportional zur Entwicklung meiner spielerischen Fähigkeiten – aber die Industrie will auch leben…).


Während der in knapp 5 Jahrzehnten besuchter Konzerte gab es durchaus einige Highlights, einige davon will ich gerne nennen:


  • Ich glaube, der Blues packte mich Ende der 60er Jahre mit einem Clip im Radio von Alexis Corner an, was sich durch die Tournee des American Folk Blues Festivals fortsetzte, die auch mal in Bremen vorbeikam (man, ist das lang her…)
  • Eine kleine Erinnerung der damaligen live Konzerte: es war üblich, dass die Musiker ihre persönlichen Türme (meist Marshall) hinter sich aufbauten und die PA nur für den „Rest“ zuständig war – tja, wie sich die Zeit ändert…
  • Ein ganz großes Highlight war sicher das letzte Konzert von Jimi Hendrix, das „Love-and-Peace-Festival“ 1970 auf Fehmarn (der komplett leider verunglückte Versuch, Woodstock an der Ostsee nachzubauen)
  • Es folgten unzählige Konzertbesuche bei allen „Wilden“ (Deep Purple, Ten Years After…), aber auch immer öfter von E.C. – hier war es ein besonderes Highlight, sich in seinem Wohnzimmer im roten Plüschsessel der RAH zurückzulehnen und zu genießen
  • John Mayall mit seinen diversen Guitar-Heroes habe ich mind. 30 Mal erlebt
  • Dass ich die Gelegenheit hatte (natürlich noch viel früher) auch Rory Gallagher (sogar noch als Taste) und auch SRV zu erleben, werde ich sicher nie vergessen
  • Ja, dann gab es zwischen drin dann überraschend auch aktive Sessions mit lieben Bluesern hier aus dem Forum :)
  • Es schien einige Zeit so, dass der Höhepunkt all meiner Konzerterlebnisse Crossroads Guitar Festival 2013 in NY war und bleiben sollte – wohl auch, weil es wohl das letzte seiner Art gewesen ist :redface:
  • Aber, man sollte niemals „nie“ sagen… Irgendwann in 2015 – zufällig beim Surfen im Internet entdeckt – wurde ich extrem kribbelig, als ich von der Legendary Rhythm & Blues Cruise erfuhr:
  • Eine erfahrende Blues-Gemeinde chartert ein
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    Kreuzfahrtschifft (klar geht es auch um Geld)
  • 2 dutzend Top Blues Musiker werden engagiert
  • Und ab geht es eine Woche durch die Karibik!
Das habe ich nun hinter mir und möchte Euch ein wenig davon berichten!

DAS war nicht unser Schiff (lag aber irgendwo vor dem Hafen):
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Aber das hier:

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Eigentlich bin ich schon fertig damit, wenn ich sage: das ist nicht zu toppen, das war das Höchste, das Beste und die schönste Erinnerung – es kann nur wiederholt werden, nicht noch mehr gesteigert!

Es gibt bei Youtube dermaßen viele Fotos und Videos (sucht nach „LRBC“ o.ä.), dass meine persönlichen Erinnerungsstücke da kaum heranreichen; ein paar werde ich hier in den Text streuen oder als Appetizer für neue Erfahrungen vorsehen. Hier ist ein kleiner Querschnitt (nicht von mir), in 12 Minuten einmal durch eine Woche voller Konzerte – vielleicht macht das schon Appetit…



Wie ging das ganze los?

Nun ja, die Legendary Rhythm & Blues Cruise sticht 2x pro Jahr in See – im Frühjahr i.d.R. von Fort Lauderdale aus, im Herbst häufig von Puerto Rico aus (wo Pina Colada „erfunden“ wurde…).

Check-In direkt am Kai in einer Halle – und schon laufen mehrere Menschen mit Gitarren herum (Gäste? Künstler? Kenne ich die?). Alles läuft easy und gut organisiert ab – Check-In-Counter sind mit Notebook-Koffern ausgestattet und es geht sogleich aufs Schiff und ab in die Kabine (was immer man gebucht hatte).

Die Musiker hatten an Bord auch normale Kabinen (O.K., vielleicht Buddy Guy und Taj Mahal nicht…) und liefen einem auch überall über den Weg, saßen am Frühstück mit am Tisch und jeder konnte jeden ansprechen – keine Kult-Distanz!

Ich hatte meine Hohner-G3T-Headless dabei (war nicht sicher, wie das mit dem Transport als Handgepäck geht) und wurde angesprochen, ob ich eine Maximal-Ausstattung von Blues-Harps dabei hätte :)

Als wir an Board kamen, wurde noch der Pool direkt vor der Bühne (trocken war er schon) mit einer Plattform ausgestattet – als erweiterte Tanzfläche:

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Die Ruhe vor dem Sturm:

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Wie allgemein bekannt sein dürfte, gibt es – weltweit – nahezu unendlich viele, sehr gute Musiker, die einen immer wieder in Erstaunen bringen.

Top Acts und Headliner waren natürlich Buddy Guy, Taj Mahal, Keb‘ Mo‘, Los Lobos und Tommy Castro, aber all die anderen waren sorgfältig ausgewählt und allesamt super Performer!

Ich werde zu einigen der Künstler ein paar Worte verlieren und muss zu allererst gestehen: es ist mir nicht möglich gewesen, tatsächlich alle live zu erleben.

Es waren ca. 15 bis 20 Konzerte pro Tag, die Top Acts jeweils mindestens 1x auf der Hauptbühne am Pooldeck (außen) und noch 2x zu anderen Zeiten an anderer Stelle, so dass man zumindest diese auch alle erleben konnte. Daneben gab es indoor 3 komplett ausgestattete Bühnen mit komfortabler Bestuhlung und Bar sowie 2 weitere Bars, in denen es ebenso ständig live Musik gab – bis zum Frühstück.

Man musste sich schon richtig einen Stundenplan basteln, um möglichst viel „inhalieren“ zu können…
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Normalerweise startete das Programm um 16h am Nachmittag – außer an den Tagen auf See, da ging es im Prinzip nach dem Frühstück los.

Apropos „Frühstück“ – oder besser „Essen & Trinken“: Das Buffet startete im Prinzip direkt im Anschluss an das Frühstück und war bis 4:00 morgens zugänglich (meine Waage konnte das nach der Rückkehr bestätigen).

Vielleicht hätte ich das am Anfang schreiben sollen, aber egal – hier ein paar Hinweise für potenziell Interessierte, vielleicht ist es auch nicht etwas für jedermann (von Geld sprechen wir hier nicht, das kann man ergoogeln oder mich per PN anfragen):
  • Es ist uns nicht gelungen, die Reise von einem deutschen Reisebüro aus zu buchen – es geht nur direkt und online bei der Blues Cruise.
  • Das Schiff ist in US-amerikanischer „Hand“ (ich schätze zu 90%)
  • Entsprechend kommt man nur englischsprachig durch – was aber kein Problem ist, wenn man schon mal erlebt hat, wie tolerant die US-Bürger ggü. non-native-Speakern sind.
  • Man sollte – s.o. – auch kein Problem damit haben, pro Tag gefühlte 173,5 Mal mit "how you're doin“ angesprochen zu werden :tongue:
  • In unserem Fall waren Gäste aus 18 unterschiedlichen Nationen an Bord; am vorletzten Tag tragen wir dann sogar noch Fans aus Hannover!
  • Wenn der dresscode auf typischen Kreuzfahrten schon locker ist, dann gilt das doppelt für diese Blues Cruise (und amerikanische wohl sowieso). No Captain’s Dinner ;)
  • Das Durchschnittsalter an Board war sichtbar höher, als auf Deutschen Cruises – was aber nicht im Mindesten vergleichbar damit ist! Als wären alle Gäste ehem. Woodstock-Besucher und/oder eben Alt-Hippies und jung gebliebene Rocker :great: Da tanzen und lachen durchaus ca. 75 jährige Paare mit Cocktail durch die Nacht und alle sind gut drauf (natürlich waren nicht alle so alt!)
  • Das ist eigentlich die wichtigste Botschaft, die ich hier vermitteln möchte:
  • Alle sind gut drauf
  • Es ist eine total angenehme und freundliche Community
  • Jeder wird sofort und von jedem angesprochen und – im positiven Sinne – vereinnahmt! Ich habe in der Tat so etwas noch nicht erlebt und das machte für mich etwa die Hälfte des positiven Erlebnisses aus.
Zum Cruise Programm (kann man nachlesen:
  • 2 Tage auf See (noch mehr Musik)
  • 1 Tag Beach Party im Harbour Lights auf Barbados; 2 Bands sind mitgefahren, Bühne im Biergarten, der Strand direkt daneben – allein das war eine Reise wert!
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  • Die Inseln Domenica, Guadeloupe und Grenada wurden auch angelaufen mit Gelegenheiten für Ausflüge
Einige Highlights
  • Waren ohne Zweifel die ProJams; nach dem 2. Haupt-Act am Abend, so ab ca. 0:15-01:00 startete auf dem Pool-Deck stets eine andere Formation und holte sich nach und nach weitere Musiker (Professionals) anderer Gruppen mit auf die Bühne – eigentlich ein Jam.
  • Aber solche Konzerte gibt es in dieser Form einfach nicht, das war einfach irre! Da gab es dann schon mal 4 Bläser, 3 Gitarren, 2 Keyboarder, 2 Harp Spieler und mehr…
  • (Leider) Parallel zu den anderen Konzerten hab es noch die ProAms – steht für Professional & Amateur (die Golfer wissen das sicher ;)). Auf einer gut ausgestatteten indoor Bühne dirigierte immer ein Professional das Lineup – meistens 2 Gitarristen und alles, was man sonst noch braucht. Ich hatte das große Vergnügen, mit zitternden Knien 2x mit jammen zu dürfen – hat sich insgesamt über 3 Stunden hingezogen und man verpasst leider immer etwas. Aber selbst die Jungs (und Mädels), die da auf die Bühne gegangen sind, waren aus meiner Sicht Profis und spielen durchweg seit Jahrzehnten in unterschiedlichen Bands mit Veröffentlichungen, Tourneen etc.; aber auch hier gilt: alle sind totally entspannt und freundlich – hat Spaß gemacht.
  • Ein kleines Intermezzo an Rande, was immer mal drin ist:
  • Auf Grenada sind wir mit einem Wassertaxi zum Badestrand geschippert – das Boot musste erst voll besetzt werden, bis es losging. Da quatscht man natürlich – wo kommt Ihr her? Oh really? Germany, Berlin – I like the Quasimodo! Echt komisch: das ist UNSER Lieblings-Jazz/Blues Club :great: Erst 2 Tage später habe ich ihn spielen sehen: Albert Castiglia aus New York – eine Hammer Show!
  • Halloween – unter Amerikanern… ein einzigartiges Erlebnis! Vielleicht poste ich noch ein paar Bilder von Kostümen.
Meine besondere Empfehlung (auch Bands dabei, die ich noch gar nicht oder nur wenig kannte):
  • Buddy Guy – habe ich auch schon ein paar Mal live erlebt und hatte nicht so sehr viel erwartet (er ist einer der letzten großen Alten!), aber er hat eine super Show abgeliefert und mit 80 Jahren das komplette Konzert stehend durchgezogen (das konnte B.B. King schon lange nicht mehr!). Nicht nur das – er ist sogar von der Bühne und spielenderweise über das ganze Deck spaziert! Bis auf den Sound seiner Gitarre (ca. 200% Gain) hat er mich total mit einem Top-Act überrascht! Die Stimmung war natürlich sowieso der Hammer.
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BTW: Sein Zögling Quinn Sullivan, kann Gitarre spielen – aber er war der einzige, der seine Konzerte für sich gespielt hat (seine Songs, seine CD promoted) – alle anderen haben für das Publikum und für Stimmung gespielt; im Jam war er dagegen immer richtig gut!
  • Taj Mahal – auf den habe ich echt gewartet und der fing doch tatsächlich mit „Strut“ an (lade ich noch hoch…). Aber… er wurde auf die Bühne getragen, fuhr im Schiff (wie manch Gäste auch) mit einem Elektro-Car herum. Er saß inmitten seiner Instrumente und schaffe es kaum, das Handtuch auf dem Hocker zugreifen… Das war schon ein wenig traurig.
  • Tommy Castro – einfach ein Party-Mensch! Es lohnt sich unbedingt, den mal zu erleben oder von ihm einiges zu konsumieren
  • Los Lobos – die sind dermaßen vielseitig und haben hier total unterschiedliche Konzerte abgeliefert
  • Trampled Unterfoot – benannt nach einem Zepplin-Titel, 3 Geschwister, die sich schon getrennt hatten und hier als Reunion wieder auftraten; eine absolute Empfehlung!.
    • Danielle Schnebelen – Bassist und Sängerin. Ich behaupte: sogar noch etwas besser als Beth Hart (und genauso sexy)
    • Nick Schnebelen –Gitarrist, der alles von der Bühne fegt, einfach genial!
  • Super Chikan – baut seine Gitarren selbst und macht Party ohne Ende! Lala, die Keyboarderin saß mit uns mehrere Abende zusammen – aber da wussten wir gar nicht, wer das ist…
  • Lil‘ Ed - The Blues Imperials – 150% Fröhlichkeit und gute Stimmung
  • Victor Wainwright (von Southern Hospitality) – die totale Spielfreude, kann alles und ist immer und überall dabei
Hier ein Beispiel, was so alles passieren kann auf dem Schiff – und auch passierte: bis auf das Plappern der Zuhörer eine selten geile Interpretation des Klassikers (z.B. ab 7:25 – so „nah“ war man dabei)


  • Der „Augenschmaus“ von Ruf-Records: Ana Popovic – spielt nicht ganz so heiß, wie sie aussieht…, aber sie hat super Show – u.a. auch mit anderen Ladies gemeinsam auf der Bühne – abgeliefert.
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So, jetzt noch'n paar Bilder und das muss erstmal reichen - da kommt vielleicht noch was, wenn mir noch etwas einfällt.
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Also ist die Idee einen alten Bauernhof als Blues Altenheim umzufunktionieren doch nicht so verkehrt. Nach dem Frühstück werden alle in den Innenhof gerollt und legen einen Jam auf ..

Schöner Bericht - und Eindrücke hinterlässt so was auf jeden Fall :great:

Gruß
Martin
 
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Habe noch nie von einer solchen Reise gehört und finde es daher super, dass hier so schön darüber berichtet wird!
 
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