Welches Instrument für 10jährigen Schüler?

Colorido
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Hallo liebe Saitenexperten,

wie das Leben manchmal so spielt, bin ich als ausgebildeter Tasteninstrukteur auf einmal an einen zehnjährigen Gitarrenschüler gekommen. Im Haus ist eine Dreadnought, und so kam der Junge zur Gitarre. Die Eltern haben mich deshalb gefragt ob ich auch Gitarre unterrichte und nach einigen Gesprächen und längerem Überlegen habe ich zugesagt, da mir die Basics vertraut sind und bestimmtes pädagogisches und physiologisches Grundwissen instrumentenübergreifende Gültigkeit hat.

Nun ist eine Dreadnought für einen Zehnjährigen natürlich ein bisschen groß, besonders mit Blick auf den Korpus. Mit den Eltern stimme ich auch überein, dass ein passenderes Instrument her muss. Nun aber kommt noch eine Sache hinzu: Der Junge ist Linkshänder, was er mir erst letzte Stunde mitteilte. (Das war die insgesamt dritte Stunde, in der Stunde zuvor haben wir extra frische Saiten aufgezogen, weil die alten eher als dunkelgrün zu bezeichnen waren...)

Nun gibt es drei Fragen bezüglich des neuen Instruments:
  1. Lefty oder »normal«?
    - Besonders bei den Streicherkollegen gehen die Meinungen darüber, ob Linkshänder tatsächlich seitenverkehrte Instrumente brauchen, weit auseinander. Und dann gibt es da noch Laufbahnen wie die von Gary Moore, der als Linkshänder mit Rechtshänderinstrumenten begann und heute beides kann.
  2. Stahl oder Nylon?
    - Das hängt natürlich ganz stark davon ab, was der Junge später spielen will, aber einen entsprechend ausgeprägten Geschmack scheint er noch nicht entwickelt zu haben. Mit Stahlsaitengitarren kenne ich mich allerdings deutlich besser aus.
  3. Volle Mensur oder kürzer?
    - Mit der normalen Mensur scheint er keine Probleme zu haben, aber da möchte ich als »Fachfremder« lieber Erfahrenere fragen, ob das so ok ist.
Vielen Dank schon einmal im Voraus für Eure Hilfe!

Gruß, Sebastian
 
Eigenschaft
 
Das sind alles recht individuelle Entscheidungen..

1) Ich kenne Linkshänder die links spielen und welche die rechts spielen. Manche von denen die rechts spielen meinen sogar, dass wir Rechtshänder eigentlich alle falschrum spielen ;-) Und das sind studierte Gitarristen und unterrichten an der Uni..
Genauso kenne ich Linkshänder, die sagen, dass sie niemals rechtsrum spielen könnten.
Der einzige Tipp der mir deswegen einfällt: Nimm den Jungen mit in den Laden (sollte man sowieso machen) und drück ihm beides in die Hand und lass ihn selbst entscheiden, was ihm angenehmer vorkommt.

2) Kommt wie gesagt extrem drauf an, wo die Reise hingehen soll. Viele Kinder empfinden Nylonsaiten erstmal als angenehmer. Es gibt auch für klassisches Spiel mMn etwas mehr Anfängerliteratur für Kinder.
Es spricht aber generell eigentlich auch nix gegen Stahlsaiten, außer vllt Punkt 3

3) 10jährige sind im Allgemeinen nicht so sonderlich groß. Wenn er also nicht wirklich lange Arme hat, dürfte eine normalgroße Gitarre eher zu groß sein. Hier spielen aber auch Faktoren wie Griffbrettbreite (grad bei Klassik sind 52mm viel für einen 10jährigen) und Halsdicke eine Rolle.
Das wäre im Prinzip dein Job zu gucken, ob beim Aussuchen eine korrekte Handhaltung möglich ist, ohne dass da Gelenke schräg abkippen. Klassische Haltung, Fingerhaltung, Spreizfähigkeit der Finger etc. Man kann teilweise mit einem Kapo tricksen, aber ich bin da kein sonderlicher Freund von, aber manchmal ergibt es Sinn selbst bei einer 3/4-Gitarre noch die Mensur so künstlich zu verkürzen.
Und da wären wir beim Thema: Im Klassikbereich gibt es viele 3/4 Gitarren die für Kinder gedacht sind. Dieser Bereich ist bei Westerngitarren eher spärlich besetzt, bei lefty-Modellen hab ich keine Ahnung ob es da überhaupt irgendwas gibt.
D.h. es mag durchaus recht kompliziert sein eine kleine Steelstring für Linkshänder zu finden, die preislich akzeptabel liegt, in Hinblick darauf, dass man in 3-5 Jahren vmtl ein normalgroßes Modell kauft. Müsste man vllt Richtung Parlor gucken, aber ein schneller Blick bei Thomann listet da absolut gar nichts. Das Einzige was noch unter ner normalen 000 liegt ist die Baby-Taylor für 350€, aber das ist nicht wirklich ne 3/4 Gitarre, sonder eher ein Spielzeug..
Da ist es auf jeden Fall einfacher eine klassische Gitarre zu finden.
 
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Gary Moore, der als Linkshänder mit Rechtshänderinstrumenten begann und heute beides kann
Mittlerweile spielt er wohl eher die Harfe ;) ... scnr :redface:

drück ihm beides in die Hand
Das wäre auch mein Vorschlag. Gib ihm beide Arten mal in die Hand und beobachte, was ihm spontan näher liegt, wie rum er die Gitarre hält oder lass ihn mal
"Luftgitarre" spielen ... mit welcher Hand "greift" er und mit welcher "schlägt" er dabei?

Was man noch bedenken sollte: als Rechtshänder hat er eine wesentlich größere und bessere Auswahl an Instrumenten ... auch wenn sich das Angebot in den letzten Jahrzehnten
deutlich verbessert hat.
 
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als Rechtshänder hat er eine wesentlich größere und bessere Auswahl an Instrumenten

Ich hab überlegt, ob ich das schreiben sollte, aber es ist mMn so eine dämliche Argumentation, die mMn nicht die Entscheidung ob links oder rechts beeinflussen darf.
Wenn ihm links mehr liegt, soll er links lernen und nicht wegen "Hey, da kriegt man leichter und günstiger ne Gitarre" auf rechts umschwenken.
Ebenso sehe ich das mit "Ich kenn mich mit Steelstrings besser aus".. Ist für mich kein Argument ihn Richtung Steelstring zu pushen.
Der Schüler steht im Mittelpunkt und der Lehrer muss sich anpassen (oder angepasst aka ausgewechselt werden).
Dafür ist das einfach zuviel Geld, was da im Jahresverlauf draufgeht, als dass man da irgendwelche faulen Kompromisse eingehen sollte.
 
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dämliche Argumentation
Danke ;)

Natürlich ist der Schüler derjenige, der im Endeffekt entscheidet. Wenn er aber einer der seltenen Begabungen ist, denen es am Anfang wirklich egal ist, wie rum
er spielt, ist die bessere Verfügbarkeit durchaus ein Argument ...
 
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Wenn ihm links mehr liegt, soll er links lernen

Danke! Bin in dieser Beziehung zu früh geboren und wurde als Linkshänder in meiner Grundschule zum Rechtsschreiben gezwungen. Schreiben ist so geblieben, zeichne und unterstreiche aber immer noch linkshändig. Instrumente spiele ich (freiwillig!!) rechts. Ansonsten alles links. Deshalb meine Bitte, lasst den Jungen probieren und selber entscheiden. Das Umlernen ist kein Spaß.

Gruß Hermanson
 
... wobei die Streicher im Vergleich zu den Gitarristen recht schmerzfrei sind, was "Linkshänderinstrumente" angeht. Für unseren Sohn und seine Lehrerinnen war eine "Linkshändergeige" nie ein Thema. Soll nicht heißen, das so etwas Quatsch ist, aber dass man sich möglicherweise gar nicht so viel Gedanken darum machen muss.
 
:) Die leidige Linkshänder-Diskussion. Nach all den Jahren, die ich hier dabei bin, wohl echt ein schwieriges Thema.
Es gibt so viele Vorteile, die das rechtshändige Spielen befürworten... Es ist auch nicht DIE Lösung, dem Spund eine Gitarre in die Hand zu drücken mit den Worten "Probier mal!".
Ich hab das schon gefühlte 100 mal erzählt, hätte man mich damals gelassen, würde ich heute linksrum spielen als Rechtshänder.
Mein Fazit: ganz schwierig hier einen Rat zu geben.
Ich möchte hier wirklich nur mal die Pianisten, Streicher usw ins Rennen werfen. Dort gibt es wohl kaum eine Wahl und man kommt auch zurecht.
 
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Ob rinks oder lechts ist wohl bei vielen Instrumenten egal. Bei der Gitarre sind beide Hände komplex, sei es nun die Greif- oder die Zupfhand. Ist ja nicht wie bem Schreiben, wo eine Hand alles macht, die andere nichts. "Schlimm" ist nur, wenn's denn einmal so eingeübt ist. Wenn im Hirn "linksrum" oder "rechtsrum" verdrahtet und gelernt wurde, dann wird's schwer mit dem umlernen.
Ich denke auch, dass "Luftgitarre" einen deutlichen Hinweis gibt, wie "händisch" der Schüler ist.
Dreads sind fett, ja, aber OM oder 0000 (GA/GC bei Taylor) sind oft die bessere Alternative. Und es geht auch, daß man eine OM/0000/GA/GC mit Nylon bespannt. Ich empfehle da die Darco mit Ballends. Meist braucht man noch nicht mal was an der Gitarre ändern, denn die Nylons liegen dann passend auf dem Sattel auf und nicht im Satel drin.
 
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Darco... muss ich mir merken. Die Dean Markley Kügelchen sind mir um die Ohren geflogen. :D
 
Hi,

Tatsache ist doch, dass fast die Hälfte der Rechtshänder eine Gitarre intuitiv zuerst falsch herum halten würden, ist schon so, daß die Haptik da bei jedem Rechtshänder anders ist. Das hat aber recht wenig damit zu tun, daß Rechts- und Linkshändergitarren sehr viel Sinn machen, da nämlich unsere "Innere Programmierung" in dieser Sache nicht nur mit spontaner Haptik zu tun hat.
In der Praxis ist es so, daß bei einem Rechtshänder die Rechte die Führhand ist-sie sollte den Takt schlagen (also die Saiten rhytmisch anschlagen), während die Linke ihr arhytmisch (Greifen) zuarbeiten muss.
Das wird in der Konstellation bei Rechtshändern immer deutlich besser funktionieren als andersrum und ist natürlich bei Linkshändern genau umgedreht.
So einfach ist das eigentlich.

Das Argument, daß es genug gute Gitarristen gab und gibt die für "ihre Natur" eigentlich falsch rum spielen ist keins, denn es gibt dafür sicherlich um so mehr die "falsch herum" nie soweit gekommen wären oder es schwerer gehabt hätten. Gary Moore wäre sicherlich auch mit Linkshändergitarre Gary Moore geworden-andererseits hätte er dann nie Peter Green`s berühmte Paula kaufen können...!
Warum also ignorieren daß ein Einsteiger Linkshänder ist nur weil er rein intuitiv die Gitarre zuerst wie ein Rechtshänder hält?-ich halte das für sehr kurzsichtig!
Und andersherum wäre es schlicht Blödsinn, weil für einen Rechtshänder zuerst eine Linkshändergitarre besorgt werden müsste-mit allen Problemen die das Thema diesbezüglich in der Zukunft noch für denjenigen macht-davon können viele Linkshänder ihr Lied singen!

So what?

Bernie
 
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Wenn man nur Akkorde schrammelt und nicht mehr will, dann könnte man da der Argumentation der "Führhand" folgen, aber beim Fingerpicking ist das nicht mehr so einfach. Da gibt es meiner Meinung nach wenig Unterschiede in der Komplexität.
 
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L
  • Gelöscht von hack_meck
Hey Leute,

sorry, dass ich mich erst so spät wieder melde!

Erstmal vielen Dank für Eure tollen Anregungen! Als Tastendrücker (vor allem als Rechtshänder) hat man in der Tat gar nicht so sehr das Gespür für solch ausgeprägt asymmetrische Instrumente wie Gitarre. (Es gibt übrigens tatsächlich Linkshänder-Klaviere, aber da Klaviere in der Regel Möbelstücke sind und die Spieler deswegen häufig auf unterschiedlichen Instrumenten spielen müssen, je nachdem, welches wo steht, halte ich das für einen Irrweg.)

Was das Argument mit dem Rhythmus angeht, so ist es beim Klavier tatsächlich häufig andersherum: Die linke Hand spielt oft ein rhythmisch konsistentes Pattern und die rechte dazu eine rhythmisch freiere Melodie.

Ich werde den Tipp mit der Luftgitarre mal ausprobieren. Ein Besuch im großen Laden zusammen mit dem Schüler ist aber ganz fest eingeplant.
 
Zum Thema Lefty oder nicht stehe ich immer noch hierzu: https://www.musiker-board.de/thread...ls-linkshaender-lh-gitarre-oder-nicht.399161/

Meine Frage ist - wenn er auf der Dreadnought schon klampft oder klimpert, dann wird er die doch schonmal halten? Wie rum denn? Und tendenziell ab da weiter, Luftgitarrentest, etc.

Zur Gitarre: Ich hatte am Wochenende die Taylor GS Mini am Wickel, hat durchaus Freude gemacht... aber ist halt schon son Winzding. Ich wuerde eher gleich auf was "richtiges" gehen.

Eine "ernsthafte" Gitarre ist hingegen meine Sigma 000M-15L (gibt es als dedizierte Lefty-Gitarre). Kostet um die 300 EUR (billig: https://www.musicstore.de/en_RS/EUR/Sigma-Guitars-000M-15L-Lefthand-Natural/art-GIT0031654-000) und kann was! Gut eingestellt kaufen kann man sie beispielsweise hier: http://lefthandgear.de/linkshaender-gitarren/_sigma/ooom-15l_lefthand.htm
 
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Danke für die Anregungen, Deinen FAQ-Artikel werde ich mal an die Eltern weiterleiten. :great:

Gestern war wieder eine Stunde, da habe ich mal meine E-Gitarre (eine Ibanez RGA320) mitgebracht. Ohne Verstärker ist die natürlich sehr leise, aber da ging es ja erst einmal um andere Dinge. Insgesamt war das Spielgefühl für den Jungen deutlich angenehmer, nicht nur des kleineren Korpus wegen, sondern auch aufgrund der deutlich niedrigeren Saitenlage, wodurch es sich viel leichter greifen ließ - obwohl ich auf die E-Gitarre recht dicke Drähte (11-52) gespannt habe und die auf der Dreadnought dünner (10-47) sind. Wenig überraschend war der Kommentar, dass die E-Gitarre cooler aussieht. :D

Was das LR-Thema angeht, so fühlte er sich nach eigener Aussage mit der Rechtshänderhaltung wohler, wobei wir vor Ort natürlich nur probieren konnten, die vorhandenen Rechtshänderinstrumente umzudrehen. Sicher spielt dabei auch die Gewöhnung eine Rolle, da er ja nun schon einige Wochen auf der RH-Dreadnought gespielt hat.

Zum Thema Mensur: Wir arbeiten momentan nur an einfachsten Griffen (Em, E, Am - die Klassiker halt) und an Melodien auf einer Saite (mit Rutschen dazwischen, damit er die Tonleiterstruktur mit den Ganz- und Halbtonschritten erfasst). Da spielt die Mensur noch nicht so die große Rolle. Als nächstes möchte ich langsam zum Melodiespiel mit mehreren Fingern und Saiten übergehen, das werde ich aber in den höheren Lagen (ab dem 7. Bund) machen. Auf der Gitarre funktioniert es ja zum Glück in allen Lagen gleich, so lange man keine leeren Saiten dabei benutzt. Das Erfassen der Melodien nach Gehör (auch in verschiedenen Tonarten) ist mir dabei erst einmal viel wichtiger als das Lernen der absoluten Töne.

Ich habe ihm jetzt fürs Erste meine E-Gitarre ausgeliehen, da ich sie momentan nicht brauche und das Üben so für ihn deutlich angenehmer ist. Ein Besuch in einem größeren Laden in der Region ist aber ganz fest eingeplant.
 

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