Sollte diese Quintparallele vermieden werden? Männerchor vierstimmig.

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Hallo zusammen,

in einem Chorsatz für vierstimmigen Männerchor, den ich gerade geschrieben habe, habe ich eine Quintparallele entdeckt.

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Nach den Regeln des vierstimmigen Satzes sind die ja verboten. Andererseits finde ich diese Regeln auch beengend, gerade wenn es sich um zeitgenössisches handelt. So erlaube ich mir in bestimmten Fällen auch mal Terzverdopplungen, solange sie nicht in Dominanten vorkommen.

Was meint Ihr zu der Quintparallele von Bass1 und Bass2 in diesem Beispiel?

Klar, man könnte entweder im Bass 1 das "es" in ein "as" ändern, das gefiel mir aber nicht.
Ebenso hatte ich probiert den Bass 2 im Takt zwölf auf "as" zu lassen. Dieser B-m7 klingt auf dem Klavier super, aber gesungen ist mir das etwas zu doll, zumal das "as" dann ja auch vom Tenor 2 kommt.

Bin auf Eure Meinungen gespannt....
 
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a) Ob man soll oder nicht, hängt von der "Tonsprache" ab (mein Wort; gibt's ein besseres?): Eine Komposition oder ein Arrangement (oder, genereller, ein Genre) hat eine Menge von "typischen" Klängen, Stimmfortschreitungen, Rhythmen usw., die miteinander zusammenhängen. Wenn "Deine" Sprache das Muster "Quintparallelen" oder "Quintparallelen in tiefen Stimmen" oder "Quintparallelen von I nach II" oder was immer enthält, dann ist das ok; wenn nicht, dann nicht.
Damit man etwas in eine Sprache einführt, muss es aber "System haben": Nur einmal an einer Stelle reicht nicht; und dann würde man normalerweise meinen, dass die "Geschichte gegen Dich gewinnt": Wenn Du keine Tonsprache schaffst, wo (solche) Quintenparalellen "dazugehören", dann bewegst Du Dich - vor allem auch aus Sicht aller Zuhörer - im "Bereich der klassischen Tonsprache", und dort ist das eben ungern gesehen, um's einmal so zu sagen.

b) Tiefe Männerstimmen sind obertonreich, daher klingen dort die Quinten sowieso schon immer mit. Und insofern werden Deine höheren Quinten in den Bässen etwas oder ziemlich untergehen, sodass man sie nicht als Quintparallelen hört; ich denke, das ist der Grund, wieso's für Dich "ok" klingt. Anders gesagt, hast Du in den ersten zwei Takten praktisch einen dreistimmigen Satz mit "sonorem Bass"; oder - orgeltechnisch ausgedrückt - 2 Takte lang einen "akustischen 16'-Bass" ergänzt, den Du dann im Takt drei rausnimmst = Registerwechsel mitten in der Phrase = prinzipiell nicht gut. Andererseits willst Du dort das "lei-se" im Text vielleicht extrem betonen (was heißt sp? - kenne ich nicht) -> dann ist vielleicht genau dieser Registerwechsel, was Du willst. Und dann sind die Quinten ok, wenn sie so gesungen werden, dass sie nicht als "Eigenstimmquinten", sondern als "Registerquinten" gehört werden; also B1 eher zurückgenommen ...

c) Meine Alternative wäre g als letzter Ton im T.1 im B1 - Parallele ist weg; und es führt in die Tonsprache hier schon einen "klassisch dissonanten" Klang (Maj7) ein, der vorbereitet (oder "erklärt"), dass weitere "klassisch dissonante Akkorde" zu erwarten sind - wie der V-Ersatz im T.3.
Außerdem wäre dann ein g als erster Ton im T.2 auch zu überlegen, was das "Glück" betonen würde (die Triole nimmt man ja, denke ich, nicht exakt gleichverteilt, sondern mit einer leichten Verzögerung auf dem ersten Ton, die das Glück auch noch einmal betont).

(Viel) schlechter finde ich übrigens die Oktavparallele zum Schluss. Reparatur? - nunja, hängt eben wieder von der Tonsprache ab - im T2 am g liegen bleiben? im T2 zum f? T2 2-Vorhalt (also Viertel b, dann Halbe as; bereitet ganz schön den Lauf im B2 vor ...).

H.M.
 
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Hallo hmmueller, vielen Dank für Deine sehr ausführliche Antwort. Da ich heute erst wieder zuhause Sein werde, melde ich mich morgen noch Mal ausführlicher. Habe dann auch wieder eine richtige Tastatur, hier nur Handy. Stelle dann den gesamten Satz rein, zur besseren Übersicht. Danke und viele Grüße.
 
Hi hmmueller, hier nach etwas längerer Zeit meine ausführlichere Antwort:

Wenn Du keine Tonsprache schaffst, wo (solche) Quintenparalellen "dazugehören", dann bewegst Du Dich - vor allem auch aus Sicht aller Zuhörer - im "Bereich der klassischen Tonsprache", und dort ist das eben ungern gesehen, um's einmal so zu sagen.

Das ist ein guter Hinweis. Die Sache mit der Tonsprache leuchtet mir ein. Es handelt sich hier um eine Bearbeitung eines Schlagers aus den 60er Jahren: "Abends kommen die Sterne". Die tiefen Männerstimmen haben hier fast den ganzen Satz über nur Begleitfunktion. Im ersten Teil sogar nur auf Ah gesungen. Also lasse ich die Quintparallelen so, weil ich sie in dieser Tonsprache passend finde.

c) Meine Alternative wäre g als letzter Ton im T.1 im B1 - Parallele ist weg; und es führt in die Tonsprache hier schon einen "klassisch dissonanten" Klang (Maj7) ein, der vorbereitet (oder "erklärt"), dass weitere "klassisch dissonante Akkorde" zu erwarten sind - wie der V-Ersatz im T.3.
Außerdem wäre dann ein g als erster Ton im T.2 auch zu überlegen, was das "Glück" betonen würde (die Triole nimmt man ja, denke ich, nicht exakt gleichverteilt, sondern mit einer leichten Verzögerung auf dem ersten Ton, die das Glück auch noch einmal betont).

Deine Vorschläge habe ich ausprobiert und auf Klavier oder Orgel klingen sie echt gut. Aber hier geht es mir um einen eher einfachen Chorsatz nach dem Motto weniger ist mehr. Ich darf den chor auch nicht überfordern. Insofern bleibe ich lieber dabei.

(Viel) schlechter finde ich übrigens die Oktavparallele zum Schluss. Reparatur? - nunja, hängt eben wieder von der Tonsprache ab - im T2 am g liegen bleiben? im T2 zum f? T2 2-Vorhalt (also Viertel b, dann Halbe as; bereitet ganz schön den Lauf im B2 vor ...).

Ja diese Parallele ist mir bei der letzten Änderung durchgegangen. Man wird ja ziemlich Betriebsblind, wenn man sich das dauernd anguckt. Danke für den Hinweis.
Nach der Maßgabe "lieber etwas einfacher" setze ich den vorletzten Ton vom Tenor II - also das g - einfach auf b.

Andererseits willst Du dort das "lei-se" im Text vielleicht extrem betonen (was heißt sp? - kenne ich nicht) -> dann ist vielleicht genau dieser Registerwechsel, was Du willst.

sp kenne ich als "plötzlich leise", wird aber anscheinend so gut wie nie verwendet, vielleicht ändere ich das noch.
Aber in der Tat: Hier wird beim Wort "leise" plötzlich leise gesungen und da zu kommt noch ein verminderter Akkord. Das ganze als Registerwechsel aufzufassen, wäre mir nicht in den Sinn gekommen aber vielen Dank für diesen Denkansatz. Da ich eher noch am Anfang stehe, was Chorsätze angeht, werde ich mich da nochmal genauer einlesen, was dieses Registrierungsthema bei Orgeln angeht.
 
Ja - klingt alles vernünftig; hatte auch grad gestern einen Chorsatz - den ich auf der Orgel gespielt hab -, der parallele Quinten verwendet, ohne dass es groß auffällt, aber eben doch auch mit Maj7 usw. ein wenig "moderner" klingt - ist definitiv heutzutage auch eine "erwartete Sprache".
Viel Glück mit Deinem Chor :)
H.M.
 

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