Wieso heißt Bass-Zerre eigentlich: Bffffff

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mal so gefragt.
wenn ich eine e-gitarre, tiefer gestimmt, mit einem entsprechenden fuzz oder ähnlichem verzerre, kommt ein recht brachialer bass sound von der gitarre.

mache ich das gleiche mit einem bass, und nutze dafür einen bassverzerrer, wie zb. einen B7K, erhält man eher so eine art BFFFFF sound.

ich habe auch synthesizer. wenn ich einen synthesizer bass durch einen verzerrer jage, dann klingt das meist auch fetziger, als das BFFFFF.

kann mir das jemand erklären, was hier anders ist?
 
Eigenschaft
 
Bei einer tiefer gestimmten Gitarre geht es weniger um die eigentliche Frequenz des Tones. Was man hört sind vor allem die Obertonharmonien. Ein Bass (auch bei exakt gleichem Ton) bewegt sich vom Klang eher da, wo der Ton auch wirklich hingehört. Da wundert es mich nicht, wenn es rumpelt und dröhnt. Wenn ich einen Bass verzerre, tue ich das nur beim mittleren oder "hohem" Frequenzband, die Bässe bleiben unverzerrt.
 
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Wie du als Synthesizer-Nutzer wahrscheinlich intuitiv weißt, besteht jedes Audio-Signal fundamental aus einer riesen Menge von Sinus-Wellen. Jeder Ton, den du spielst ist also durch den Grundton geprägt, wird aber durch höhere Frequenzen verändert, die 'mitklingen' (Modulation ist das Stichwort). Bei der Gitarre wird das sehr deutlich beim Flageolett-Spiel, da du damit quasi bestimmte Grundfrequenzen Dämpfst - aber höhere weiterhin zulässt. Daher werden solche und ähnliche Techniken im Englischen auch (natural / pinch / etc) harmonics genannt.


Bass-Synthesizer haben oft auch prominente höhere Frequenzen. Da greift die Zerre oft deutlich besser. Nutzt du im Synthesizer sogar Sägezahn-, Treppen- (Square-) oder gar noch komplexere Grundfrequenzen, entstehen viele Überlagerungen die sich dazu noch auch weiter gegenseitig beeinflussen. Dadurch entsteht beim Synth oft ein sehr komplexer Klang, bei dem die Zerre dann auch gut greifen kann.

Die Zerre ist (sehr vereinfacht gesprochen) das 'Abschneiden' des Signals, sobald sie einen bestimmten Pegel erreicht.


Clipping waveform [CC BY 3.0
GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], by Clipping_compared_to_limiting.svg: Iainf
derivative work: Mikhail Ryazanov, from Wikimedia Commons


(Beachte, dass die Auslenkung der Wellen beim Bild nicht heißen, dass die Töne 'höher' sind, sondern lauter.)



Dadurch entstehen neue Klänge im Signal, weil dieses 'Limitieren' (mag es künstlich geschehen oder dadurch, dass das Gerät bis zum Ausreizen der sauberen Tonweitergabe aufgedreht wird) all die sauberen Wellen staucht. Beim Hard-Clipping z.B. sind die Spitzen der Welle ja deutlich flach. Das ist unglaublich unnatürlich, wenn man von Sinuswellen ausgeht. Und wenn sich viele Frequenzen, die so abgeschnitten sind, überlagern - dann wird zusammengesetzte Signal natürlich noch viel komplizierter! :redface:



Beim Bass sind die Höhen deutlich anders Verteilt als bei der Gitarre:

Als Beispiel betrachte mal eine 7-Saiter Gitarre im Drop-A Tuning. Die tiefe A-Saite klingt nicht wie derselbe Ton auf dem Bass. Obwohl beides der Ton A1 ist.

Was ändert also das Frequenz-Spektrum? Die Bass-Saite ist deutlich dicker [Citation needed ]. Daher kannst du dir quasi vorstellen, dass die 'kräftigen, tiefen Schwingungen' auf der Saite prominenter sind als die höheren Anteile. Im Gegensatz dazu klingt die dünnere E-Gitarrensaite heller. Auch sind u.U. die Basssaiten deutlich anders gewickelt - sie sind massiger und damit 'träger'.

(Halbwissen: An)
Gerade bei höheren Frequenzen scheint das Gehör Veränderungen besser zu hören. Ebenso benötigst du bei größeren Wellenlängen mehr 'Energie' um sie so zu verzerren wie du es von der Gitarre her kennst. Daher 'vermatscht' das Basssignal meist, wenn man keine extra Bass-Zerre benutzt. (Daher der Blend-Regler bei eben genannten Tretern, damit ein ungematschtes Signal mit dem gematschten Signal vermischt wird.)

Allgemein kannst du dazu auch noch sagen: Schneidest du von einer sehr tiefen Frequenz oben was ab, wird das die Modulation des Gesamtsignals weniger beeinflussen. Schau dir das folgende Diagramm an (dickes Sorry wegen meiner MATLAB-Grafik-Fähigkeiten):

modulation.jpg

Das passiert quasi im Normalfall, wenn keine Zerre da ist.



modulation2.jpg


Dies ist der Fall, wenn der Grundton (Bass) gezerrt ist.


modulation3.jpg

Im Fall von gezerrten höheren Tönen sieht die Kurve, die unten rauskommt schon ganz schön anders aus. Daher klingt sie auch anders. Deutlich.


(Halbwissen: Aus)
 
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super erklärung. vielen dank!
also hängt es mit dem oberwellenarmen bass ton der gitarre zusammen.
und der verzerrer hat dann mühe diesem ton verzerrte obertöne beizufügen?

ist das so richtig übersetzt, weshalb das so ein BFFFFF ergibt?
 
Es ist nah genug dran :)

Das Signal vom Bass ist deutlich anders als das der Gitarre. Daher verhält sich die Zerre u.U. schon sehr anders.

Aber es ist nicht unmöglich, einen Gitarren-ähnlichen Klang zu bekommen. Das kann jedoch dazu führen, dass der 'Druck' vom Bass verschwindet. (Siehe einen anderen Thread von heute hier im Unterforum.)
 
das heißt da quasi bi amping wäre ein weg?
einen amp für das cleane signal, einen für das verzerrte?
 
Dafür hat man normalerweise nen Blender an der Zerre, mit dem man das cleane Signal dem verzerrten beimischen kann.
 
Dafür hat man normalerweise nen Blender an der Zerre, mit dem man das cleane Signal dem verzerrten beimischen kann.

Das ist üblicherweise das Vorgehen, damit der Bass wieder 'Wumms' bekommt. Dazu musst du wirklich nur Clean + Zerre mischen. Das funktioniert meistens sehr gut.

Aber Bi-Amping oder das Aufteilen des Signalwegs ist dann notwendig, wenn du Zerr-Signal und sauberes Signal einzeln bearbeiten will (z.B. unterschiedliche EQ, Kompressor, etc). Die Möglichkeiten sind da ziemlich vielfältig.
 
Weitere Variante: ich experimentiere bei meinem Multieffekt ganz gerne damit herum, eine Frequenzaufteilung vorzunehmen und dem Bassfundament, wenn überhaupt, nur eine leichte Zerre mitzugeben und den mittleren und höheren Frequenzen zerrmäßig ordentlich eins auf die Nuss zu geben. Echt interessante Ergebnisse, da viele Blend-Regler "nur" zwischen cleanem Gesamt-Signal und verzerrtem Gesamt-Signal unterscheiden. Das Ganze noch einmal frequenzmäßig zu trennen, ist zwar ohne Multieffekt ein ziemlicher Aufwand, kann aber sehr gut den "Matsch" im Gesamtsound vermeiden. So zumindest meine Erfahrung.

Und wenn man's auf die Spitze treiben möchte, gehen die aufgeteilten Signale dann noch durch unterschiedliche Amps und Boxen ...
 

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