Approach Notes and Enclosures

  • Ersteller Gast220218
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Hehe....das ist ja quasi schon Unterricht in Sachen Harmonielehre! :great: Ich ziehe mir das gerne rein und setze es manchmal um ( bin ein absoluter Theoriemuffel, wobei das ja schon in die Praxis geht) und wollte mal Danke sagen :)
 
Ich wollte nur mal kurz Bescheid sagen, weil ich mich jetzt tagelang nicht gemeldet habe. Ich habe mir einen richtig fiesen grippalen Infekt mit Fieber etc. eingefangen und habe ein paar Tage nur im Bett gelegen, konnte natürlich auch nicht üben. Heute geht es wieder ein wenig besser, auch wenn mir noch die Ohren und der Kopf wehtun, der Hals auch, also hoffe ich, dass ich vielleicht morgen wieder üben kann oder spätestens übermorgen.
 
Gute Besserung!
Schön, dass Du noch an Board bist. Ich habe noch einmal nachgedacht und etwas mehr Konzept in das Vorhaben gebracht.
Wenn du magst, kannst Du einfach die vorgeschlagenen Übungen spielen und Fragen oder deine Erfahrungen damit rückmelden, dann geht es weiter im Stoff.

Das Ziel ist, im Lauf eines Jahres zu einem Großteil der Standards improvisieren zu können und das auf passablem Hobby-Jazzer Niveau und mit den typischen Stilmerkmalen des "modernen Mainstream Jazz". Amerikanische Authoren nennen das häufig Bebop, auch wenn zeitlich neuere Elemente einfließen können wie z.B. inside-outside oder die solistische Reharmonisation freier ist als das bei Charlie Parker und Gefährten seinerzeit üblich war.

Bis zur Beherrschung ist eine wichtige tägliche Übung das Hörenlernen der Intervalle innerhalb einer Oktav.
Mein Übungsbeispiel ist dazu der Interval Song von Django Bates, weil immer zwischen Grundton und dem im Text beschriebenen Intervall ges(pr)ungen wird, das auf- wie abwärts sehr ökonomisch geübt wird.
Einfach jeden Tag eine Runde mitsingen, bis das im Schlaf beherrscht wird.
youtube.com/watch?v=nl2d4zS56cY


Der erste Schritt auf dem Instrument ist der "Grundtonbezug", mindestens den sollte man bei tonaler (funktionharmonischer oder modaler) Musik in Akkorden hören können.
Es gibt mehrere Möglichkeiten für die Akkordfolge, die wichtigste sind "fallende Quinten", also Quintenzirkel "rückwärts" oder "links herum" gespielt.
Am Rande, natürlich ergibt das einen Quartenzirkel, aber die harmonische Verbdinung sind eigentlch fallende Quinten, was man unbedingt verinnerlichen sollte - deshalb drücke ich das so umständlich aus. Wie man leicht erkennen kann, entspricht ein beliebiger Auschnitt von 2 (oder 3) aufeinanderfolgenden Akkorden dieses Zirkels den Grundtönen der allgegenwärtigen II V (I) Verbindung.

1. Die Abfolge der Grundtöne auswendig spielen können, dabei die Bezeichnung denken. Ich habe einfach nur "Dur" als Akkordsymbol gewählt.
Je nach Play-Along oder in BIAB den Einstellungen zum Akkordsymbol und Style hört man bezogen auf Grundton C einen Dreiklang, C6, Cmaj7, C6/9 Cmaj9 und ein paar Voicings mehr.

Ich würde eine Runde Swing und eine Runde Latin üben, das sind für unser Ziel die wichtigen Spielweisen.
Auch strunzeinfache Übungen wie die zu Grundtönen dürfen musikalisch klingen, Voraussetzung dafür ist eine Klangvorstellung (innerliches Singen).
In den Noten steht dazu bestenfalls nur ein Teil (Tonhöhe, Notenwert, Artikulationszeichen, Dynamikangaben, evtl. Phrasierungsbögen), in Jazz-Noten oft auch wenig bis nichts.
Für Stile wie Old Time, Swing, Modern Jazz, Ballad und Latin wird eine "wissende" Interpretation der Noten erwartet, weil Jazzer die Aufnahmen ihrer Vorbilder sehr genau hören.
Musik entsteht also zuerst im Kopf und nicht in Ausatmung, Lippen und Fingern.

Rein praktisch gesehen hast Du mit der folgenden Übung mehrere Möglichkeiten. Du kannst beim Üben auf dem Tenorsax immer einen Ganzton höher denken, also das transponierte Spielen zum "Concert Key" bzw. klingender Notation üben.
Play-Along beginnt dann mit dem ersten C Akkord und Du spielst auf dem Tenorsax ein D.
Wenn dir das zu schwer erscheint, schreibe dir die Noten ab oder drucke sie aus und fange auf dem vorletzten Takt an, also auf dem D.
Das Play-Along bleibt wie es ist, was ich grundsätzlich empfehle. Transponiert man die Play-Alongs nimmt man sich einen Nutzen der Übung, denn andere (Hobby-)Musiker oder praktisch alle Sänger/innen halten sich gern an Stücke in der Tonart, wie sie gelernt wurden.
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Komplette Übung: Grundtöne im Quintenzirkel

Erst nur Teil 1 üben - schlichte Grundtöne. Luft holen je nach Leistungsfähigkeit auf der "vier" und für diese Übung möglichst in einem Schema, z.B. viertaktig.
Wenn das flüssig im mittlerem Swing Tempo (ca 150) auswendig klappt, kommt die untere Variante zum Zug.
Ich hoffe, der Unterschied im Empfinden wird deutlich. Der Akkordwechsel wird nun vorbereitet und der jeweils neue Akkord eher wie eine neue Tonart empfunden.

Wenn auch das locker geht kann man sich ein paar rhythmische Figuren angewöhnen. So etwas zu üben vergessen Hobby-Jazzer allzu gerne und das hört man vielen Solos dann auch an.
Nach Gehör einüben und wenn eine Figur beherrscht wird überlegen, auf welchse Zählzeiten die Töne fallen, also welche auf die Downbeats 1 bis 4 und welche auf die Offbeats , den "und"-ten.
Gönnt man sich diese Mühe per eigenem Transkript, dann wächst auch die Blattlesefähigkeit deutlich an.
Dazu braucht man nicht einmal Notenpapier. Weil es nur um die Platzierung geht genügt ein waagrechter Strich plus Takteinteilung für die Eintragung der Notenwerte.
Eigenes Beispiel:
upload_2019-7-3_15-50-23.png


Praktische Übungsbeispiele, beim Üben nach Gehör spielen und nicht die Notation ablesen:
https://www.jazzguitar.be/blog/jazz-guitar-chord-rhythms/

Überflüssig zu sagen, wie leicht man sich eigene Übungen erstellen kann, z.B. nur die Notenwerte eines Standards in den ersten zwei oder vier Takten heraushören und nur Notenwerte auf einer einzigen Notenhöhe aufschreiben.

Die Methode ist die Gleiche wie immer: erst diese zwei oder vier Takte mehrfach hören, dann mitsingen bis man es auch unbegleitet sicher singen kann.
Dann die Viertel tappen (Fußballen-Boden) oder sachte klatschen, Vorzähler geben und wieder singen. Wenn sich das natürlich anfühlt kann man beobachten, welche Töne auf Downbeats fallen und welche dazwischen. Zuerst würde ich einfache Themen wählen wie Summertime, das Prinzip gilt aber auch für den modernen Klassiker Some Skunk Funk usw.

Ich schreibe wieder einmal mehr, als ich eigentlich wollte. Das sind natürlich mehr Übungen und Schwierigkeitsgrade als im Augenblick notwendig ist - wichtig für die nächste Aufgabe sind nur der Interval Song und die Zirkelübungen zum Grundton aus dem PDF.

Gruß Claus
 

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Mein Übungsbeispiel ist dazu der Interval Song von Django Bates
Der ist ja vielleicht cool, der Song! :D Der ging mir schon nach dem ersten Hören überhaupt nicht mehr aus dem Kopf. Ein richtiger Ohrwurm. So dass man die Intervalle dann wirklich "automatisch" im Ohr hat, wenn man das oft genug hört.

Wie man leicht erkennen kann, entspricht ein beliebiger Ausschnitt von 2 (oder 3) aufeinanderfolgenden Akkorden dieses Zirkels den Grundtönen der allgegenwärtigen II V (I) Verbindung.
Das ist mir noch nie aufgefallen. Ich habe einfach zu wenig über die Zusammenhänge nachgedacht. Aber stimmt. Wenn der Grundton Bb ist, ist C die II und F die V. Und da das immer im selben Abstand weitergeht, trifft das dann natürlich für alle Akkorde zu.

Ich würde eine Runde Swing und eine Runde Latin üben, das sind für unser Ziel die wichtigen Spielweisen.
Aber ich spiele ja immer nur einen Ton, den Grundton. Da ist es eigentlich egal, ob im Hintergrund Swing oder Latin läuft, der Ton bleibt ja immer gleich. Selbst wenn man den Tonartwechsel vorbereitet, ist es ja keine Melodie. Oder meinst Du jetzt, dass man währenddessen Swing oder Latin im Ohr hat und es deshalb anders empfindet?

Praktische Übungsbeispiele, beim Üben nach Gehör spielen und nicht die Notation ablesen:
https://www.jazzguitar.be/blog/jazz-guitar-chord-rhythms/
Das ist an manchen Stellen wirklich tricky. Ich bin ja nicht schlecht mit Rhythmus, aber diese Synkopen, wenn man da nicht genau aufpasst ... Sehr tolle Übungen. Ich wäre auch nie auf die Idee gekommen, einfach einen Backing Track von Autumn Leaves oder so zu nehmen und nur den Rhythmus dieser Übungen zu spielen. Man spielt doch immer die Melodie und denkt gar nicht drüber nach.

Ich versuche bei meinen Improvisationen schon ein bisschen was mit Rhythmus zu machen, aber man muss das richtig üben, sonst ist auch der Rhythmus, den man benutzt, fast immer derselbe und wird langweilig. Schon allein, wenn man die Rhythmen aus diesen Übungen nimmt und die kombiniert, klingt das ganz anders.

Echt toll, Claus! :D Das ist wirklich sehr lehrreich.
 
Da ist es eigentlich egal, ob im Hintergrund Swing oder Latin läuft, der Ton bleibt ja immer gleich.
Ja, Du hast da vollkommen recht. :)
Wenn demnächst Achtelfiguren usw. dazukommen macht es mehr Sinn, beim Üben auch mal ein Rock, ein Funk oder Latin Feel dazwischen zu streuen. Die Abwechslung tut außerdem auch ganz gut.

Ich sage es immer gern, die total wichtige Aufgabe ist zum Playalong Grundtöne singen und spüren, was das bedeutet. So entwickelt man sich viel, viel schneller, auch wenn man denkt, das wäre zu leicht.

Nachdem das mit den Grundtönen klappt, probiere mal die Quinten und wenn das klappt, nur die Terzen (meinetwegen nur Dur). Wieder mit dem (fallenden Quinten-)Zirkel anfangen und dann auf ein- oder zwei einfache Stücke anwenden.

Erst, wenn das funktioniert macht es Sinn, das Instrument zum Improvisieren in die Hand zu nehmen.
Die "richtigen" Jazzer klingen selbst bei einfachsten Tönen deshalb so gut, weil sie mit Klangvorstellung spielen und diese "Grundübung" hilft bei der Ausbildung der Klangvorstellung.

Für den Interval Song gilt, dass er nicht nur gehört, sondern auch gesungen werden will, am Ende möglichst genau und unbegleitet. Dann reicht natürlich eine Strophe.
Das ist der Punkt, an dem die Intervalle des Oktavraums beherrscht werden - das istdoch etwas.
Du wirst dabei Stück für Stück eine bessere Musikerin, weil sich musikalisches Hören und Spielen annähern.

Die Bedeutung des rhythmischen Repertoires erkennst Du sehr genau, so eine "One Note" Übung mal dazwischen schieben macht jedes Improvisieren mit der Zeit besser.
Es ist so banal: man kann eigentlich immer nur spielen, was man auch geübt hat.

Frage am Rande, Du hast auch ein Omnibook? Wenn ja, in C, Eb oder Bb?

Gruß Claus
 
Ich habe ein Omnibook in Bb, für Tenor, ich kann es nur nicht spielen. :)
 
Hintergrund meiner Frage ist Folgender: wenn Du den Startschuss gibst, wie die zuletzt angesprochenen Übungen für dich gelaufen sind (zumindest die Grundtöne zu Play-Along Akkorden singen, ggf. auch eine Runde Quinten und schließlich eine Runde nur Terzen), dann komme ich der nächsten Übungseinheit auf das Omnibook zurück.
Es geht wie gesagt auf jeden Fall um das Gefühl für Grundtöne und deren Bewegung, also das Voraushören des gleich eintretenden nächsten Akkords.

Ich stelle mir dann Übungen zu Approach Notes und Enclosures so vor, dass ich eigene Übungen aufschreibe und dabei verweise, wo Du vergleichbare Stellen z.B. bei Charlie Parker nachlesen und natürlich möglich auch anhören kannst.

Je nachdem, wie lange Du Spaß daran hast wirst Du feststellen, dass es tatsächlich die seit Jahrhunderten aus der klassischen Musik bekannten Bausteine Akkordbrechungen, Tonleiterausschnitte und einige "Verzierungen" sind, mit denen man ein Rüstzeug für die Improvisation aufbauen kann.

Wie weit das geht, werden wir sehen, der Thread kann natürlich auch nach Unterbrechungen irgendwann später wieder aufgenommen werden.
Jedenfalls: mit einem Baustein allein wird das nix, man braucht schon ein paar Pfeile im Köcher.
Deshalb kann man als Jazzschüler/in beim Üben von Tonleitern oder was auch immer auch so leicht die Lust verlieren. Für Viele sind es zu große Happen und zu wenig musikalischer Zusammenhang.

Ich kann mir daher vorstellen, dass Übungen mit kleineren Häppchen samt musikalisch sinnvollen Zusammenhängen mehr Spaß machen. Du weißt sicher selbst, wann es Sinn macht, einen Übungsteil (z.B. Akkordbrechung, Tonleiterfragment) zu vertiefen. Das machst Du dann eben oder fragst nach, wenn Du dazu mehr Input möchtest.

Im 1:1 Unterricht und bei entsprechender Motivation könnte man das Alles über das Hören, Vorspielen/Nachspielen und Analysieren der Originalstellen entwickeln, aber das ist zeitaufwendig und ohne direkte Kommunikation Frage/Antwort zumindest für mich unvorstellbar.

Andererseits, wenn Du dir immer die Runde "Singen der Übung" gönnst anstatt gleich ins Sax zu tönen, dann kannst Du m.E. trotz unserer didaktischen Abkürzung gute Fortschritte machen.
Schaung mar amoi, na seng ma ’s scho.

Viele Charlie Parker Stücke stehen auf Youtube, aber es gibt auch immer wieder CD Zusammenstellungen mit allen wesentlichen Aufnahmen im Handel.

Gruß Claus
 
Mit dem Singen hat es jetzt nicht ganz so gut geklappt, wie das normalerweise der Fall gewesen wäre, denn ich hatte jetzt fast für eine ganze Woche meine Stimme verloren, weil ich so erkältet war. Normalerweise kann ich allerdings gut singen, also ab jetzt sollte es dann kein Problem sein. ;)

Das mit dem Voraushören klappt bei vielen Sachen schon ganz gut. Ich habe ja schon viel Musik in meinem Leben gehört und auch gemacht. Aber Jazz eben nicht so, und hören heißt noch lange nicht, dass ich das spielen kann. Mal angenommen, es kommt eine Abfolge C-F-G, nur ganz einfach, dann höre ich das und erwarte den nächsten Akkord bzw. Ton oder kann das sogar singen, aber ich weiß nicht, welcher Ton es ist, kann es also nicht auf dem Saxophon spielen. Oder konnte es bisher nicht.

Mit den Quinten jetzt ist das jedoch wirklich sehr unterstützend. Terzen sind eigentlich auch kein Problem (ich habe auch schon in Terzen mit anderen Leuten gesungen, z.B. im Chor). Trotzdem muss ich das jetzt noch üben, denn da ich jetzt so krank war, konnte ich das nicht richtig tun.
 
Ich schreibe nur den Anfang auf und notiere es ab jetzt immer in Bb, wenn nichts anderes besprochen wird. Ein Anfangston D würde daher als C klingen und so kannst Du ein nicht transponiertes Play-Along laufen lassen, das mit C (oder Dm7 - G7) anfängt.
Ich empfehle "auswendig spielen", damit das Hören gefordert wird. Band In A Box verführt dazu, es bequem zu gestalten und immer mit dem Blick auf die Akkordsymbole und Takte samt der Orientierungshilfe des Progamms zu spielen, das bringt aber nicht so viel.
Wie wir alle wissen, ist eine echte Solosituation in der Band weniger gemütlich. Da gibt es eine klingende Tonart des Stücks statt eines passend transponierten Play-Alongs und keine taktweise markierten Akkordsymbole wie in BIAB.
Also sollte man lieber einfache Sachen üben, die aber aus dem Kopf und nach Gehör.

Es geht wie schon oft gesagt nicht um das Wissen, dass man zu einem A Dur oder A Dominantakkord das C# auf die Eins spielen kann und auf den folgenden D Akkord ein F#, sondern um das Einlassen auf musikalisches Hören.

Wenn das in der Vorstellung gut klappt (singen, zum Play-Along aufsagen, denken) sollte das Spielen dann auch kein Problem sein, es ist ja nur eine "Warm Up" Übung, um sich angenehm in die Arbeitsweise einzufinden.

Mehr als ein paar Minuten brauchst Du vermutlich auch nicht dafür, deine anderen Techniken und Stücke aus Unterricht und Band wollen schließlich auch weiterhin geübt werden.

Ich schreibe immer nur die ersten Takte, bis die Übung m.E. verständlich wird, auf Nachfrage halt auch mal etwas mehr.
Selbst erstellte Noten sind wie gesagt in unserem Zusammenhang ebenso ungünstig, wie meine Notation eine Krücke der Diskussion über das Board ist. Noten sind oft von Nutzen, aber beim Üben der Improvisation führen sie leicht weg vom Ziel. Deshalb ist es besser, wenn Du nichts aufschreibst, sondern dir ggf. nur vorher Gedanken machst und eine knifflige Übung in kleinere Teile/Abschnitte aufteilst.
Du würdest dann bald in der Lage sein, auch mit größeren Brocken umzugehen.

Das Einzige, was ich zum "Festhalten" vorschlage - wenn Du da etwas möchtest - ist eine aufgeschriebene Reihenfolge der Harmonien (Quintenzirkel, Lead Sheet).
Wenn dir die Abfolge im Quintenzirkel zu einfach bzw. langweilig wird kannst Du Aebersolds Reihenfolge nehmen, also chromatisch oder eine Ganztonfolge (mit einem Shift durch Halbtonschritt nach der Hälfte), oder Zirkel aus kleinen Terzen mit Shift oder Zirkel aus großen Terzen mit Shift an den passenden Stellen.

Oder Du gehst nach dem Quintenzirkel zur praktischen Anwendung über und nimmst Akkordfolgen von Standards, die Du lernen willst.
Die zunächst in BIAB einzugeben macht Sinn, weil man dann leicht in verschiedenen Tonarten üben kann und das ist wirklich wichtig. Natürlich nicht Alles in allen zwölf Tonarten, sondern ein paar die dir wichtig sind (z.B. Concert Key, Eb und Bb - aber das dann Alles auf dem Tenor Sax).

Ich kann auch nur Anregungen geben. Wenn sich also dein Blick und Gehör schärfen, dann nimm dir jederzeit gerne ein selbst entdecktes Element vor, dass Du durch Üben in deinen Werkzeugkasten packen kannst.

Zum Eingewöhnen Übung 1, chromatische Annäherung mit Auftakt und Zielton.
basics for improvisation.jpg


Es gibt hier offensichtlich zwei Figuren über einer II V Verbindung in Dur.
Das Em7 Lick kommt so ähnlich in Takt 1 von Confirmation vor und nach ein paar Tonschritten aufwärts folgt - immer gerne - ein Arpeggio abwärts.

Das A7 Lick wäre als Tonleiter nicht gut zu deuten, als "Technik" ist das aber kein Problem.
Zunächst die Fehldeutung: das Bb könnte man als vorgezogene b9 von A7 auffassen, aber eine passende Dominantskala zu diesem b9 (HM5, Dim b9, Alt) zeigt sich in Takt 3 leider nicht und es gibt auch keine Bebop Scale, wie die Tonfolge am Taktanfang (A, G#, G) andeuten könnte.

Es ist einfach die versprochene Übung "chromatische Annäherung": auf den Downbeats stehen Akkordtöne und auf den Offbeats jeweils ein chromatischer Annäherungston.

Selbst dieses triviale Vorgehen kriegt noch die Kurve, denn die zweite Takthälfte von Takt 3 lässt sich zu A7 gehörig, aber auch als melodisch bzw. arpeggierend vorgezogenes Dmaj7 deuten (E=9, D=8 bzw. Grundton, C#=maj7, F#=3 und in Takt 4 das A=5).
So ein "Diplacement" gibt es also nicht nur rhythmisch durch Vorziehen oder Verzögern einzelner Töne, sondern auch melodisch.
Das ist übrigens eine beliebte Bebop-Improvisationstechnik und hat man davon noch nie gehört, dann kann das Analysieren von Charlie Parker an vergleichbaren Stellen schwierig werden.
Weil man bei Charlie Parker unglaublich viel lernen kann weise ich öfter auf Stellen im Ominbook hin - höre dir möglichst die entsprechende Aufnahme ein paar Mal mit Beachtung der Spielweise an, wenn Du dich ans Üben machst.

Falls es interessiert: in Confirmation geht das (für Tenor Sax) über F#ø - B7 nach Em. Wir haben eine übliche E Moll-Kadenz und E Moll ist die Paralleltonart des Stücks (G Dur).
Ein Blick auf die Grundtöne der Akkordsequenz in den ersten Takten von Confirmation wird dir auch bekannt vorkommen: nach dem Anfang mit G geht es ab Takt 2 über F# B - E# A - D G zu Takt 4 mit C, fallende Quinten in der musikalischen Praxis des Genies Charlie Parker.

Die mehrschrittige chromatische Annäherung ist in jeder Stilistik sehr nützlich. Deshalb sollte man sie nicht nur wie oben als Achteltriole üben.
Einfach zu üben und muskalisch funktionierend ist auch eine chromatische Figur mit 4 Achtel und Zielton auf der folgenden 1.
Du findest so etwas u.a. in Moose the Mooche, Zeile (sic!) 11, Takt 3.
Mein notiertes Bespiel ist auf die bereits bestehende Übung angepasst, ich hatte in Gedanken aber die Tonart von der Stelle übernommen, das wäre dann noch eine kleine Transpositionsaufgabe.
basics for improvisation2.jpg

Ach so, ein Tip zum Transponieren/Memorieren: ich sehe den Zielton Terz von Dm und die Figur davor geht chromatisch fallend von der Quinte des Zielakkords, das ist auch schon alles.

Gruß Claus
 
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Das passt hier gerade gut rein: im folgenden Video zeigt Oliver Prehn in den ersten 9 Minuten, wie man bei genügend Übung mit den im Thread angesprochenen Werkzeugen Akkordbrechung und Chromatik eine Improvisation gestalten kann.

Er benutzt im weiteren Verlauf noch weitere probate Mittel, die auch für reine Hobby-Jazzer/innen mit etwas Übung gut verwendbar sind.
Interessant finde ich in diesem Video den Übergang von der spieltechnischen Übung zur Improvisation.

Wenn man sich das Video ein paar Mal anschaut - oder besser: so etwas übt - wird sicher klar, wie entscheidend die rhythmische Platzierung und Artikulation der Töne ist.
Man kann aus diesen 8 Takten noch eine weitere nützliche Übung machen, indem man sich Guide Tone Lines bastelt und die angesprochenen Techniken darauf anwendet.



Gruß Claus
 
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Sehr viel drin in dem Video. :) Was ich jetzt allerdings schon mehrmals gesehen habe und nicht verstehe, ist, wie kann ein Akkord gleichzeitig Minor und Major sein? Hier auch wieder. Der letzte Akkord ist, so wie er es schreibt, EmiMa7. Also E moll Dur 7? Was ist die 7 dann? Die #7 vom Dur-Akkord oder die b7 vom Moll? Und der Akkord? E-G-B, also Minor, und dann die Major 7 dazu, also D#? Ist das damit gemeint?
 
Alle Werkzeuge aus dem Video sind vermutlich zuviel Stoff auf einmal, wenn das alles auch geübt und zu eigenen Werkzeugen werden soll. Einfacher geht es durch Konzentration auf die ersten 9 Minuten.
Dort kannst Du sehen und hören, wie weit man mit Arpeggios und chromatischer An- oder Umspielung kommen kann.
Diese Technien sind megawichtig, ultranützlich und werden von den Großen des Modern Jazz offenbar ständig verwendet. :)

Das vorausgehende Video von Oliver Prehn geht ausdrücklich auf Arpeggios ein.
youtube.com/watch?v=7gEylGkD5ik

Zur Erläuterung der Akkordfolge, den ersten 8 Takten von Autumn Leaves.
Takt 1 bis 3 ist die II V I Verbindung in Dur, dann folgt in Takt 4 der Akkord der IV.Stufe und weiter geht es ab Takt 5 mit der II V I im parallelen Moll, dabei wurden die V und die I in Moll angepasst.
Der letzte Akkord ist... E-G-B, also Minor, und dann die Major 7 dazu, also D#? Ist das damit gemeint?
Ja, genau so ist es, Emmaj7. :great:
Den Hintergrund dafür liefert die Jazz Theory, ich erkläre das nachfolgend kurz und bündig.

Wie kommt man zu einer II V Verbindung im (hier parallelen) Moll?
Zunächst ein Blick auf die Stufenakkorde in Dur, wegen der puren Theorie mal in "Concert Key" notiert:
Stufenakkorde Dur.jpg

Schaut man sich nur die Grundtöne der Stufenakkorde an, dann sieht man natürlich die C Dur Tonleiter, was auch sonst.
Fängt man nun auf einer der weiteren Stufe (hier Dm7) an, so bildet sich aus den vorhandenen Tönen die Tonleiter D E F G A B C (B=dt H).
Nach gleichem Muster kann man für jeden Stufenakkord seine eigene Akkordskala bilden.
Diese Akkordskalen von Dur haben ihre eigenen Namen, es sind die Major Modes (Major bedeutet hier Dur), auf deutsch oft Kirchentonleitern genannt. Ich schreibe solche Bezeichnungen mal klein und mal groß, genauso wie dur und moll, da kann ich mich einfach nicht so recht festlegen.

Nun fällt auf, dass es verschieden gebaute Durakkorde und deren Akkordskalen sowie verschieden gebaute Molllakkorde und deren Akkordskalen und einen ganz speziellen Akkord auf der VII. Stufe gibt.


Die Namen der Akkordskalen (Major Modes) schreibe ich jetzt hinter die Stufenbezeichnungen.
I ionisch, Halbtonschritt 3/4. Ton, 1-3 bildet große Terz, Halbtonschritt 7/8. Ton, große Septime (maj7): C D E F G A B C
I dorisch, Halbtonschritt 2/3. Ton, 1-3 bildet kleine Terz, Halbtonschritt 6/7. Ton, große Sexte: D E F G A B C
III phrygisch, Halbtonschritt zwischen 1/2. Ton, 1-3 bildet kleine Terz, kleine Septim (b7):E F G A B C D E
Allgemeiner Hinweis, in Akkordsymbolen wird nur die große Septime ausführlich bezeichnet: maj7; bei der kleinen Septime schreibt man zwar für die Intervallbezeichnung b7, im Symbol aber einfach nur 7.​
IV lydisch, Halbtonschritt 4/5. Ton, 1-3 bildet große Terz, übermäßige Quart (#11), Halbtonschritt 7/8. Ton, große Septime (maj7): F G A B C D E F
V mixolydisch, Halbtonschritt 3/4. Ton, 1-3 bildet große Terz, kleine Septime (dominant 7): G A B C D E F G
Ein Dominantakkord im Jazz ist durch den Tritonus von Durterz und kleiner Septime erkennbar.
Tritonus bedeutet drei Ganztonschritte, ein Tritonus vom Grundton aus teilt eine Oktav in gleiche Hälften.​
VI äolisch, 1-3 bildet kleine Terz, kleine Sexte, kleine Septime: A B C D E F G A
VII lokrisch, Halbtonschritt zwischen 1/2, 1-3 bildet kleine Terz, 1-5 bildet verminderte Quinte, durch zusätzliche kleine Septime wird aus dem verminderten Deitklang ein halbverminderter Akkord: B C D E F G A B
Die Bezeichnungen und vor allem die Klänge der Akkordskalen sind sehr wichtig, auf sie wird künftig noch oft Bezug genommen.

Zurück zur II V in Moll:
Die Akkorde, die man für eine Jazzkadenz in Moll brauchen kann, sind zunächst das Am7 auf der 6.Stufe und das Bm7b5 (m7b5 = halbvermindert) auf der 7.Stufe, fehlt noch ein geeigneter Akkord für die V.Stufe, also eine Dominante.

Wie hört sich das an, wenn man das Em7b9 von der III. Stufe als Dominante nimmt? Es fehlt am Halbtonschritt, der für Spannung im Akkord und für ein Auflösungsbestreben sorgt.
II V Moll Stufenakkorde.jpg

Also formt man mit nur einer kleinen Tonänderung (hier: G zu G#) aus dem Mollakkord eine Dominante (hier: E7). Das bildet jetzt die Akkordskala E F G# A B C D E und hat zur Folge, dass auch das A moll einen Leitton auf der 7.Stufe bekommt, sehr praktisch!
Das ausführliche Akkordsymbol ist E7b9

Die Bezeichnung für das Moll ändert sich allerdings durch den Eingriff, aus dem ehemals "natürlich Moll" oder hier A äolisch wird nun ein "harmonisch Moll".
Mit den Tönen von harmonisch Moll kann man Stufenakkorde und Akkordskalen bilden, ich zeige nur den Anfang:
A harmonisch Moll: A B C D E F G# A, das Intervall zwischen F und G# ist sehr charakteristisch und heißt Hiatus
Die Stufenakkorde überlasse ich vorerst als Fleißarbeit, die Dominante (Akkord oder Akkordskala) wird oft kurz als HM5 bezeichnet.

Ebenso kann man mit der weiteren bekannten Moll-Tonalität "melodisch Moll" verfahren, die den Hiatus aufhebt.
A melodisch Moll: A B C D E F# G# A
Stufenakkorde und Akkordskalen sind wieder Fleißarbeit.

Jetzt klärt sich die Akkordfolge im Video sicher auf. Für eine "schönere Dominante" wurde der Mollseptakkord "verdurt". Dessen Terz löst sich druch Halbtonschritt in den Grundton der Tonika auf und wird bei Übernahme des geänderten Tons zur großen Septime der Tonika. Die Leittonbildung gefällt dem Ohr.
Der Mollakkord der ersten Stufe und seine Akkordskala sind jetzt aber nicht mehr äolisch, sondern harmonisch Moll: A C E G# = Am(maj7)
autumn hm5.jpg


Im Jazz haben wir es mit Molltonalität (Moll Tonika) in folgenden Formen zu tun:
  • Äolisch (natürlich Moll), ableitbar aus der VI.Stufe des verwandeten Dur
  • Dorisch, ableitbar aus der II.Stufe des verwandten Dur.
    Dorisch spielt auch in der anglo/schottisch/irischen Folk Music und mittelalterlichen Stilen eine Rolle. Im Jazz ist es natürlich aus So What (Miles Davis) und Impressions (John Coltrane) sehr bekannt sowie in weiteren Kompoitionen zumindest teilweise verwendet worden.​
  • Harmonisch Moll, Erhöhung der 7. Stufe, Ableitung siehe oben
  • Melodisch Moll, ableitbar durch eine Erhöhung 6. und 7. Stufe und im Jazz zuerst als "jazz melodic minor" mit den Erhöhungen aufwärts wie abwärts gleich gespielt.
    Vermutlich infolge der fortschreitenden Akademisierung der Jazzmusiker kommt auch die klassische Spielweise mit Erhöhung von 6. und 7. Stufe aufwärts und Aufhebung der Erhöhung in der Abwärtsbewegung vor, durch die Aufhebung erhält man wieder die Töne wie in Natürlich Moll.

Gruß Claus
 
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Ja, genau so ist es, Emmaj7
Hab ich das endlich mal begriffen! :) Ich habe das jetzt wirklich schon öfter gesehen und mich immer gefragt, was das ist.

die Dominante (Akkord oder Akkordskala) wird oft kurz als HM5 bezeichnet.
Da fehlt mir jetzt wieder was. Was heißt das? Ich dachte zuerst, das wäre H moll, aber das kann es ja nicht sein, weil wir B statt H sagen.

Grundsätzlich ist mir das jetzt klar geworden. Theoretisch. Ich habe das mal am Klavier nachvollzogen, und wenn man C-Dur nimmt, bedeutet das einfach nur, dass man bei den weißen Tasten bleibt und immer die Töne von C-Dur spielt, nur angefangen vom 2., 3., 4. Ton usw. Das ergibt akkordmäßig Cmaj, Dm, Em, Fmaj, Gmaj, Am und auf der 7. Stufe B-D-F, also beim Dreiklang zwei kleine Terzen übereinander. Die 7 ist dann aber das A, also eine große Terz vom F. Bei den verschiedenen Moll-Arten (ich dachte lange Zeit, es gibt nur eine) hört man den Unterschied am Klavier auch sehr gut.

Das Problem bei diesen ganzen Sachen ist, dass das für Leute, die sich nicht ständig und intensiv damit beschäftigen, meist doch sehr verwirrend ist. Bei transponierenden Instrumenten kommt dann noch dazu, dass man das auch noch in anderen Tönen spielen soll, als es geschrieben steht. Mir raucht echt der Kopf. ;) Auf dem Klavier geht es leichter. Da ist ein C ein C, und da kann man dann auch die Akkorde besser ableiten. Die sieht man ja quasi vor sich.

Aber mit dem Saxophon ... Ich kann die Sachen zwar wirklich ganz gut singen zum Backingtrack, ich höre die Töne, die Akkorde, die Harmonien, aber dann versuche ich das aufs Saxophon zu übertragen, und nichts geht mehr. Weil ich natürlich nicht einfach den Ton greifen kann, den ich gerade gesungen habe. Das dauert wohl noch eine Weile. Gestern wollte ich das mal mit dem Backingtrack aufnehmen und habe dann frustriert aufgegeben, weil die meisten Töne völlig falsch klangen. Ich sah den Akkord Dm, spielte die II, E, und das klang falsch. Dann fiel mir ein, dass das auf dem Tenorsaxophon ja gar nicht Dm ist, sondern einen Ton höher oder tiefer (kann ich mir nie merken), und schon war ich verwirrt. Dann habe ich zur Beruhigung das RealBook genommen und ein paar Songs nach Noten mit dem entsprechenden Backingrack gespielt, damit ich nicht ganz das Gefühl hatte, ich bin zu blöd dazu, überhaupt zu spielen.
 
Ich glaube gern, dass das für dich eine Menge Stoff ist, möchte aber trotzdem noch ein Kapitelchen hinzufügen, die Guide Tones.
Nimm meine Beiträge einfach als Nachschlagemöglichkeit. Eine Beschreibung im Zusammenhang meiner Gedanken ist für mich einfacher als in einer Diskussion weit ausholen zu müssen, um erst einmal Grundlagenwissen zu vermitteln. Dabei passieren noch leichter Denk-, Flüchtigkeitsfehler oder copy&paste-Irrtümer. All das ist mir sowieso schon unterlaufen und ich wurde von den lieben Board-Kollegen McCoy und Hermanson darauf aufmerksam gemacht - danke! :great:
Insofern kann es gut sein, dass auch ein bereits Tage alter Beitrag noch Korrekturen erfährt und man sollte immer kritisch lesen.

Wenn Du willst, schlage ich dir nach deiner nächsten Antwort einen kleinen Übungsplan vor, der ungefähr 15 Minuten Improvisation pro Übungseinheit bedeutet und schnelle Fortschritte praktisch garantiert.
Du könntest dann eine kurze Rückmeldung zu deinen Fortschritten geben oder weitere Aufgaben anfordern und ich würde neue Vorschläge machen oder auf Fragen eingehen.
Ich denke, schon bald würdest Du damit merken, wie sich die Nebel auflösen und wie man Akkordfolgen bzw. bekannte Standards auch mit einfachen Mitteln zur Improvisation nutzen kann.
Außerdem könnte man dann noch ein paar Dinge diskutieren, z.B. Blues.

Zum Rätsel um HM5, das oben nachlesbar eigentlich gar keines mehr ist. :)
A harmonisch Moll: A B C D E F G# A, das Intervall zwischen F und G# ist sehr charakteristisch und heißt Hiatus
Die Stufenakkorde überlasse ich vorerst als Fleißarbeit, die Dominante (Akkord oder Akkordskala) wird oft kurz als HM5 bezeichnet.
HM5 meint den Akkord und die Akkordskala des "5.Modus von Harmonisch Moll".
In A Moll (I) ist das also E7b9(V).
Die Akkordskala A harm. moll auf E umsortiert: E F G# A B C D E

Eine kleine Schwierigkeit am Video von Oliver Prehn könnte sein, dass seine Kadenz in Moll auf dem Tenor Sax die Beschäftigung mit A Dur samt seiner Modes (Paralleltonart F# moll) sowie F# harm. moll voraussetzt, aber das ist dann ja nur noch ein ein geändertes Tönchen:

| G#m7b5 ./. | C#7b9 ./. | F#mmaj7 ./. | F#mmaj7 ./. ||

G# lokrisch steht auf der 7.Stufe von A Dur: G# A B C# D E F# G#
Da das "parallele Moll" auf F# startet, wird dieses G# lokrisch die II Stufe in der F# moll II V

C#m7 in A Dur = C# phrygisch: C# D E F# G# A B C#
Der phrygische Mollakkord aus A Dur hat in Moll nicht genug Auflösungsbestreben zur nachfolgenden I
Also macht man einen Dominantakkord daraus:
C#7b9 = C#7 als HM5, einfach eine Durterz bilden: C# D E# F# G# A B C#
Damit liegt der HM5 vor, für die Bildung der Tonika umsortiert zu F# harmonisch moll: F# G# A B C# D E# F#
Das E# ist (auf dem Klavier bzw. in gleichtstufiger Stimmung) natürlich der gleiche Ton wie ein F, man nennt das enharmonische Verwechslung.
Enharmonisch verwechselte Schreibweise ist im Jazz gang und gebe, erschwert aber Anfängern die Analyse.
f, die Töne b9und b13 bleiben im Unterschied zur V in Dur (mixolydisch) aber erhalten.
Die allermeisten "schrägen" Akkorde im Jazz mit kompliziert erscheinenden Akkordsymbolen lassen sich aus den Modes von Dur, aber besonders aus Harmonisch Moll und Melodisch Moll herleiten, was eine eigene Diskussion wert wäre.

Jetzt also noch ein weiteres nützliches Werkzeug.
Welche Töne sind in der harmonischen Abfolge eines Stücks besonders interessant für die Improvisation? Natürlich die Guide Tones, aber was sind Guide Tones?
Guide Tones sind jene Töne, die einen Zuhörer besonders gut durch eine Akkordfolge führen.
Dafür eignen sich verschiedene Töne, aber zuerst ist dabei ein Blick auf die Terz und die Septime der Akkorde sinnvoll.

Warum? Das ergibt sich aus der Jazz Theory: Grundform eines Akkords ist im Jazz der Vierklang, das sind Grundton, Terz, Quinte und Septime.
Solange Quinten nicht alteriert sind (b/#), tragen sie allerdings nichts zur Akkorddefinition bei und fallen deshalb in der Begleitung gerne weg.
Zu den genannten Akkordtönen kommen die Erweiterungen, im Jazz "Tensions" genannt von englisch extensions. Diese ergeben sich im Prinzip aus der weiteren Terzschichtung und bilden zusammen mit den Akkordtönen (meistens) die Akkordskala, ein Beispiel wäre Cmaj7: E D G B, Cmaj9: C E G B D, Cmaj7#11: C E G B D F#
Soweit die Theorie. Bei der "praktischen Formulierung" von Voicings (tatsächlich gespielte Töne eines Akkords) sind ein paar Dinge zu beachten, was aber eine eigene Diskussion ergeben würde.
Zur Vertiefung verweise ich deshalb bei Interesse auf zwei Bücher, die beide die Jazz Harmonik gründlich erörtern und alle Fragen kompetent beantworten.
Matthias Löffler, Rock & Jazz Harmony
Frank Sikora, Neue Jazz Harmonielehre

Als kleines Beispiel ein Blick auf Guide Tones als Terz und Septime in zwei Akkordfolgen.
Das Beispiel ist für Tenor Sax notiert, also in Bb bzw. ein Ganzton höher aufgeschrieben als es tatsächlich klingt.

basics for improvisation guide tones.jpg


Es liegt auf der Hand, dass man mit diesen Guide Tones sehr leicht aufsteigende oder fallende Linien bilden kann, die sich dank der großen harmonischen Bedeutung von Terz und Septime in der Regel gut anhören werden.

Es gibt eine weitere Möglichkeit für Guide Tones, wenn man Tensions einbezieht: Common Tones, auf deutsch "gemeinsame Töne". Bekannte Beispiele dafür liefern das Thema des C Jam Blues oder das Thema des One Note Samba, für die ersten 4 Takte des Autumn Leaves Beipiels oben kann man ein E, F# oder das B (dt H) ausprobieren.
basics for improvisation common tones.jpg


Gruß Claus
 
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So ganz, ganz langsam wird mir das eine oder andere klar, aber wirklich Tröpfchen für Tröpfchen, habe ich das Gefühl. Die Groschen fallen sehr verzögert. :) Irgendwie habe ich da wie eine Sperre im Kopf. Ich weiß aber nicht, warum.

Die Guide Tones sind jetzt aber ein großer Schritt. Leider hatte ich mich zu früh gefreut und bin statt gesund zu werden dann noch mal richtig krankgeworden, was mich jetzt geradezu wütend gemacht hat, denn das hat mich nun noch wieder Zeit gekostet. Eine Grippe lässt sich einfach nicht überlisten, aber musste das ausgerechnet jetzt sein?

Wenn ich jetzt also auf ganz einfachem Niveau improvisieren wollte, nehme ich nur die Guide Tones und mache damit eine Linie mit z.B. nur halben oder Viertelnoten? Das kommt mir wie ein guter erster Schritt vor. Und dann umspiele ich diese Guide Tones mit vielleicht einem Ton nach oben oder unten, ändere den Rhythmus und habe dann schon etwas, das zumindest halbwegs gut klingt und den Akkorden entspricht. Habe ich das jetzt richtig verstanden?
 
Ich denke schon, dass du das richtig verstanden hast. Ich lese mir das ja auch "aufsaugend" gerne durch. Fange teilweise auf die Art auch an, habe da auch entsprechendes Übungsmaterial, aber bin da oft auch liebend gerne ganz frei unterwegs, was immer das heissen soll und muss auch nicht supertoll klingen. So über die Zeit nähern sich aber beide Herangehensweisen etwas an und es macht mir Spass, das zu beobachten. Ich habe bei manchen Sachen auch ne Sperre im Kopf und suche den Schlüssel :)
 
Du spielst allerdings schon auf einem ganz anderen Niveau als ich. Das ist der Unterschied. Da muss ich erstmal hinkommen. :) Vorhin habe ich nur mal versucht, die ersten fünf Töne der Tonleiter jeweils auf den Akkord des Songs zu spielen. Und das auswendig. Wenn man das übt, geht das natürlich besser, aber für mich als Anfängerin jetzt ... Puh! Schon allein mir die paar Töne zu merken (die ersten Töne der jeweiligen Tonleiter wohlgemerkt, also nichts Kompliziertes) ging gar nicht so einfach. Aber es ist alles Übungssache, das ist mir schon klar. Wenn ich die letzten Wochen hätte üben können statt krank im Bett zu liegen, wäre ich jetzt sicher schon ein Stück weiter. Was mich ärgert. Aber ich kann es ja nicht ändern.

Dieses Umdenken im Kopf - warum ist das so schwer? Ich habe eine Akkordfolge D-7, G-7, E-7(b5), A7(b9), D-6. Das sind die ersten 8 Takte. Also spiele ich im 1. Takt D-E-F-G-A, im 2. Takt dasselbe, im 3. Takt G-A-Bb-C-D, im 4. Takt dasselbe, im 5. Takt E-F-G-A-Bb, im 6. Takt A-Bb-C#-D-E und in den letzten beiden Takten dann wieder dasselbe wie in den ersten beiden Takten. Insgesamt habe ich also 4 Takte, die völlig identisch sind und nur 4 Takte, wo sich etwas ändert, davon wieder zwei Takte dasselbe. Also zum Schluss gerade einmal 4 verschiedene Anfängstöne, von denen ich dann aufwärts die ersten 5 Töne der Tonleiter spiele. Klingt so was von einfach. Und ich komme immer wieder durcheinander. Ich muss endlich mal diese Tonleitern (die ich ja im Prinzip kenne) so in meinen Kopf bekommen, dass ich sie ohne zu überlegen abrufen kann. Da ist bei mir die Sperre. Wenn Du mich fragst, wie D- geht oder G-, das kann ich aufsagen. Wenn ich aber das Akkordsymbol sehe, muss ich viel zu lange überlegen, was ich da spielen muss.
 
Naja....ich bin musiktheoretisch ne absolute Null und gehe da ganz anders ran. Versuche aber trotzdem ein wenig, mit der Theorie weiter zu kommen. Wenn ich zu songs soliere, denke ich eigentlich gar nicht an Akkorde, schaue aber schon gelegentlich darauf) und was damit alles zusammenhängt. Denke, das hört man auch. Ich versuche, mir im Kopf was zurecht zu legen, was ich spielen kann und mache das dann. Geht auch regelmässig schief, aber ich komme da trotzdem weiter und manchmal klappts. Ich bin da ganz fürchterlich auf dem Kriegsfuss mit der Harmonielehre und der Theorie. Einerseits finde ich das mega interessant und wichtig, andererseits ist es ein Korsett für mich und geht mir eichlich auf den Keks Was ich auf jeden Fall aber übe, sind einfach Akkorde in allen Tonarten. Dazu die Penta und Bluestonleiter.
C ist simpel, Cm auch, C+ nicht so oft, Co auch nicht. C6 interessant, Cm6 für mich schon selten, C7 bekannt, Cm7 dito, usw... reicht ja erstmal. Also das in allen Tonarten zu kennen ist schon ganz schön viel, aber ich übe das regelmässig, aber nicht immer und nicht komplett, das würde mir einfach keinen Spass mehr machen. Das sind oft so Übungen, die ich gerne mache, wenn ich etwas lustlos/einfallslos bin, aber trotzdem spielen möchte....dann passt das ganz gut. Ich glaube, es braucht etwas Zeit, aber irgendwann lichtet sich das Dunkel darum etwas.....zumindest ansatzweise so bei mir. Ansatzweise, im Grunde habe ich null Ahnung und das kann von mir aus auch erstmal so bleiben. Ich komme ja in bands klar und bin weiter, als ich mir gedacht habe, also alles gut.
Ich habe so Lehrbücher, die ein Thema vorgeben und wo dann mit Dur 7 Akkorden soliert wird. Das geht eigentlich ganz gut und ist einfach, wenn man es vor Augen hat und sich einfach mal an die 4 Noten pro Akkord hält.
Ist doch klasse, so ein Hobby zu haben:) Ich beschäftige mich sehr gerne damit.
 
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Ich ja auch. Deshalb ärgert es mich so, dass ich das immer noch nicht kann. :) Aber mit den Guide Tones, das ist wirklich ein großer Schritt. Sich nur an die zu halten und gar nicht so sehr über die anderen Töne nachzudenken, nur an eine kleine Melodie aus Guide Tones. Und manchmal auch Pentatonik. Ich muss auch lernen, mich zu beschränken, nur auf so ein paar Töne. Nicht gleich immer zu viel wollen. Am liebsten würde ich alles auf einmal machen. Und das geht in die Hose. Mit nur wenigen Tönen anfangen, das ist viel besser. Und das machen wir hier ja jetzt. Weshalb ich mich auch freue, dass ich das jetzt hier so Stück für Stück lernen kann.
 
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Wenn ich jetzt also auf ganz einfachem Niveau improvisieren wollte, nehme ich nur die Guide Tones und mache damit eine Linie mit z.B. nur halben oder Viertelnoten?
Ok, bei Bedarf kann ich gerne noch ein bißchen mehr mit notierten Übungen assistieren.
Das Gefühl einer Blockade kenne ich und genau für diesen Fall schafft man sich am besten beim normalen Üben in den 20 Minuten zur Improvisation ein paar "tricks & licks" drauf, mit denen man ganz gut über gängige Akkordfolgen spielen kann.
So siehst Du in der Blues Etude des PDF ab Takt 9 eine II V Verbindung. Was liegt da näher, als für diese Stelle ein Lick deiner Wahl aus deiner Aebersold Band 3 Ausgabe auszuwählen und einzuüben.
Besteht beim Spielen der Form und dem Ansteuern der wichtigen Töne erst genügend Sicherheit, dann kommt man durch das Variieren und neue Ideen immer mehr zum eigenen Ausdruck.

Die kleine Blues Etude im Anhang ist nicht gerade authentisches Jazz Blues Idiom, sondern eher ein aktives Gehörtraining zum Umgang mit den Werkzeugen, die wir hier diskutieren.
Am besten macht man sich einen BIAB Jazz Blues in F (klingend), dann kann es anhand des PDF auf dem Tenor Sax direkt losgehen.
Ich weiß, das man BIAB für transponierende Instrumente einfach umstellen kann, aber es ist nicht so "pädagogisch wertvoll", dann mit dem Blick auf die Akkordfortschreitung zu spielen. Besser ist es, z.B. die 3 Chorusse klingend notiert laufen zu lassen und gar nicht auf dem Bildschirm zu schauen, sondern sich am Klang zu orientieren, denn das entspricht dann schon eher der Situation in einer Band.
Man kann mit Band In A Box auch ohne Instrument üben, einfach laufen lassen und Akkorde arpeggiert mitsingen oder Akkordskalen oder Pentatonik singen. Gute Ideen kann man aufnehmen (Digitalrecorder oder DAW/Notebook), aufschreiben und aufs Instrument übertragen.


Vermutlich ist die Etude selbsterklärend, aber für alle Fälle: es geht um Guide Tones im einfacher Form und im dritten Chorus um mehrere Annäherungstöne zur Note auf der nächsten Zählzeit 1. Weil ich für die Anfängerübung keine rhythmischen Anforderungen wollte wurde das zwangsläufig eine Art Walking Bass Line.

Selbstverständlich soll das nur eine kleine Anregung sein, die zum Ausprobieren weiterer Möglichkeiten einladen soll (Synkopen, Triolen, Pausen oder Töne einfügen).
Die erste und einfachste Veränderung betrifft m.E. also die rhythmische Gliederung, in den ersten beiden Takten habe ich das beispielhaft skizziert.
Genauso kann man die Pausen mit Tönen der Akkordtonleiter auffüllen oder sich andere Guide Tones und Common Tones für die "Ankerpunkte" der zu spielenden Linien suchen.
Dieses An- und Umspielen von Akkordtönen ist die grundlegendste Improvisationstechnik, die ich kenne.

Wenn man sich einige Zeit damit beschäftigt entdeckt man die Anwendung dieser Technik auch beim Hören von Solos bekannter Musiker.
Das ist ein wichtiger Punkt, denn ab diesem Moment wird ein Solo von z.B. Sonny Rollins an einer bestimmten Stelle gut nachvollziebar und man kann solche Stellen samt der Phrasierung nachspielen lernen.
Durch so ein Vorgehen wird man dann beim Improvisieren immer besser.
Diese Methode lässt sich natürlich auch auf das Üben von Akkordbrechungen und Skalen übertragen, es ist aber einfacher, eine Sache nach der anderen zu lernen.

Blues Etude
willlies.jpg


Gute Besserung, Gruß Claus
 

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