Rost auf Nieten

Akkordeonengel
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Guten Tag,

Ich hasse es, ein oft wiederholtes Thema „Rost“ wieder zu eröffnen. Ich möchte nur ein paar Worte über eine meiner sehr interessanten Erfahrungen schreiben. Im 2012 habe ich mein großes Instrument gekauft. Der Preis war günstig, das Instrument gut erhalten, blitzblanke rostfreie Stimmzungen. Doch habe ich einen Fehlerchen gefunden: Die Nietenköpfe und Nietenanschläge waren angerostet. Bemerkenswerte waren einige Fakten:
Im Diskant waren die Nieten der höherwertigen Stimmzungen absolut glänzend, rostfrei und sauber:
Stimmzungen 6.jpg

Oxidierter Oberfläche hatten nur die Nieten im Bass (eine niedrigere Qualität im Vergleich mit Diskant), jedoch nicht im gleichen Maße. Die Kontraoktav war nahezu sauber:
Stimmzungen 4.jpg Stimmzungen 5.jpg

Größere Oxidschichten hatten kleinere Zungennieten an der Außenseite der Stimmstocken (In Richtung des Balges):
Stimmzungen 1.jpg Stimmzungen 2.jpg

Am meisten waren Nieten an der Innenseite des kleineren Stimmstockens oxidiert:
Stimmzungen 3.jpg

Die ersten zwei Jahre war ich darüber sehr nervös. Ich wollte damals den schnellstmöglichen Austausch von Bassstimmplatten. Allerdings werden sieben Jahre vergangen, und die Situation hat sich nicht geändert. Die Korrosion befindet sich immer ausschließlich auf den Nieten. Stimmzungen bleiben erhalten, blank und intakt, haben eine gute Ansprache-Reaktion und perfekte Stimmstabilität. Das Wachs ist in gutem Zustand sowie die Ventile. Nach Rücksprache mit meinem HZIMM habe ich beschlossen, jetzt noch nichts zu ändern, weil dies keinen Einfluss auf die Klangqualität oder die Stabilität der Stimmen hat. Das Experimentieren mit neuen TAM- oder AM-Stimmplatten könnte zu einer Änderung der Klangcharakter führen, an der ich mich schon gewöhnt habe. Und das will ich gerade nicht. Ich frage mich jedoch, wie solch ein besonderer Umstand eingetreten ist. Ich gehe davon aus, dass der Vorbesitzer wahrscheinlich das Instrument unter schlechteren Bedingungen hat. Daraus folgt, dass gerade die "schwächsten" Teile - Nieten - beschädigt wurden. Die Stimmzungen selbst sind wahrscheinlich robust und von guter Qualität. Dies impliziert meine Bemerkung: Bei der Zungenqualität konzentrieren wir uns fast immer darauf, wie viele Schlagspuren hat der Nietenkopf und wie groß die Spalttoleranz ist. Wir wissen fast keine Infos über die Qualität und Eigenschaften dieser Federstahl, aus denen die Stimmzungen ausgeschnitten sind…

Liebe Grüße, Vladimir
 
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ch gehe davon aus, dass der Vorbesitzer wahrscheinlich das Instrument unter schlechteren Bedingungen hat. Daraus folgt, dass gerade die "schwächsten" Teile - Nieten - beschädigt wurden.

Den Rost den ich auf den Bildern erkennen kann, ist nur oberflächlich - also Flugrost. Sowas kann relativ leicht passieren. Solange das aber nur auf den Nietköpfen ist, ist das nicht weiter schlimm. Das stört nicht weiter - außer dass es nicht schön aussieht. Wenn man das nicht abbürsten will, kann man das auch mit einem kleinen Tupfer Klarlack versiegeln ... oder einfach lassen.

Richtig störender Rost wäre z.B. so was:

rostige Zunge1.jpg

Die Stimzunge ist definitiv unrettbar beschädigt.

Solange das Akkordeon weiter gut gelagert wird, dürfte der Rost wohl auch nicht mehr werden. denn zum rosten brauchts Feuchtigkeit - entweder direkt als Flüssigkeit, oder in Form von sehr hoher Luftfeuchtigkeit.


Wir wissen fast keine Infos über die Qualität und Eigenschaften dieser Federstahl, aus denen die Stimmzungen ausgeschnitten sind…

Das ist richtig. Da erzählt fast kein Hersteller was konkretes darüber.

... ist auch eigentlich nicht wirklich sooo wichtig - welcher Autohersteller schreibt denn schon, aus welchem Stahl die Lenkgestänge gefertigt werden - muss ich auch nicht wirklich wissen - Hauptsache das Ding hält!

Bei irgendeinem Hersteller habe ich mal die Angabe C100S gefunden - das wäre Federbandstahl Werkstoff-Nr.1.1274. Das passt auch ganz gut zu den (spärlichen) Angaben von ein paar anderen Herstellern, dass die Stimmzungen auf eine Festigkeit von ca. 2000 N/mm^2 Festigkeit vergütet sind.
Der Werkstoff hat darüberhinaus auch eine hohe Dauerfestigkeit (weswegen er auch gerne in der Technik für Ventilblätter oder Stoßdämpfer eingesetzt wird). Die Festigkeit ist das Eine, die hohe Dauerbelastbarkeit das Andere. Und da wird dann der Markt schnell spärlicher bestückt , wenn beides gleichzeitig verlangt wird.
Und wenn man dann noch dazunimmt, dass die Stimmplattenproduzenten gerne vom schwedischen Hersteller Uddeholm das Federsrtahlband beziehen , weil Uddeholm einer der ganz wenigen ist, die auch in recht kleinem Mengen (ab ca.100 kg) liefert und Uddeholm auch den Federstahl C100S im Programm hat...


Drum glaube ich dass überwiegend dieser Werkstoff verwendet wird. Zumindest heutzutage und für die hochwertigen Stimmplatten.
Für die einfacheren Stimmplatten kann ich mir schon auch vorstellen, dass andere Sorten verwendet werden, die nicht ganz so hoch vergütet sind, weil das ganz einfach die Lebensdauer der Stanzwerkzeuge verlängert.

Neben dem eigentlichen Material und der Vergütungsstufe sind aber auch viele weitere Faktoren für die Gesamtqualität der Stimmzunge mitentscheidend. So z.B. Die Oberfläche: - wie glatt, wie rauh. wie geschliffen...
 
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Hallo maxito,
ich möchte Dir für Deine Beratung und Beurteilung sehr bedanken! Letztes Wochenende habe ich mein Instrument geöffnet und mich neben der Überprüfung der anderen Teile auch auf korrodierte Nieten konzentriert. Ich habe festgestellt, dass es wirklich nur ein oberflächlicher "Rost-Staub" ist, der leicht mit einem gewöhnlichen Wattestäbchen abgewischt werden kann. Das habe ich auch getan. Im Kanzellen-Innenraum habe ich jedoch den Originalzustand aufbewahrt, weil der Zugang dort schwieriger ist und ich keine Beschädigungen riskieren wollte. Innerhalb der Stimmstock-Kanzellen sind aber die Zungen genauso sauber, blank und unbeschädigt, wie außerhalb. Ich kann ruhig spielen und schlafen. Und die Zukunft wird sicher eine "definitive" Lösung dafür bringen.

Nochmals vielen Dank!

Gruß, Vladimir
Abb1.jpg Abb2.jpg Abb3.jpg Abb4.jpg
 
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Guten Tag,

meine frühere Post Nr.3 ist ziemlich oberflächlich, denn ich sofort antwortete, weil ich dem Maxito für seinen tollen Rat und seine Antwort dankbar war. Jetzt möchte ich weitere Informationen hinzufügen, um diesen Thread informativer zu gestalten und nicht nur meine egoistischen Probleme im öffentlichen Forum zu lösen.

Zuerst lege ich ein paar Fotos von bisschen besserer Qualität bei, die viel aussagekräftiger sind:
Bass 1.JPG Bass 2.JPG Bass 3.JPG Bass 4.JPG Bass 5.JPG Bass.JPG
Die Fotos zeigen die Situation nach einer flüchtigen Reinigung der Nieten mit Wattestäbchen und Baumwollgewebe. Alle Stimmzungen sind (auf beiden Seiten) glänzend und sauber und haben eine ausgezeichnete Stimmstabilität. Der Wachs ist, sowie auch die Ventile, in sehr gutem Zustand. So habe ich endlich Ruhe.

Wo der Rost schließlich auftritt, hängt von den thermischen Bedingungen ab, unter denen Wasser auf der Oberfläche kondensiert, und insbesondere von den Oberflächeneigenschaften. Es wäre schade, wenn andere in diesem Forum veröffentlichte Fälle nicht verglichen würden. Also:

1/ Ein gegenteilige Beispiel: glänzende Nieten und Oberflächenrost auf der Seite den Stahlzungen, die geschliffen wurde:
artiste.jpg
(Quelle: https://www.musiker-board.de/threads/morino-iv-m-reparieren-zierstaebe-bassmechanik.599650/ )

2/ Zungenbasis zusammen mit Nieten von massivem Rost betroffen. Mysteriös. Könnte es eine Kombination von Cassotto-Kondensat und gebrauchtem Ventilkleber sein?
Rost vorher.jpg
(Quelle: https://www.musiker-board.de/threads/flugrost-fluchrost-auf-stimmplatten.559075/)

3/ Häufig auftretender Rost. Nichts Besonders.
Rost.JPG
(Quelle: https://www.musiker-board.de/threads/stimmplatten-entrosten-oder-erneuern.616362/ )

4/ Dies ist ein Foto aus einer Internet-Anzeige. Bei unangemessener Blickwinkel oder mangelnder Erfahrung bemerkt man möglicherweise nicht einmal Rost auf den Stimmzungen.
Rost 2.jpg
(Quelle: https://www.musiker-board.de/thread...s-und-unglaubliche-geschichten.269709/page-26 )

Die Gesetze der Physik sind erstaunlich vielfältig...

Schließlich werde ich um scherzen versuchen. Ich bin froh, dass die Nieten in meinem Instrument nicht so geriffelte sind wie die auf Maxitos Foto. Es ist wohl eine "User-Friendly" Strategie der Hersteller. Der ging wahrscheinlich davon aus, dass es auch einige verrückte amateurische Bastler geben würde, die zu Hause Nieten manuell gereinigt und geputzt würden, anstatt das Spielen des Instruments zu genießen. :evil:


Liebe Grüße, Vladimir
 
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