Der Alltag eines Musiktexters - ein Workshop

  • Ersteller Jongleur
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Kurz, in meinen Vorstellungen geht es um Texte, die Komponisten anregen sollen! Das setzt voraus, dass der Texter ständig atmosphärischer Raum für Musik einplant! Dass er nicht alles zutextet! Dass er in der Dramaturgie beachtet, dass sie Rückbezüge vermeidet.... Auch Tempo spielt eine grosse Rolle. Der Dichter sollte sich den Text laut vorlesen. Laut und hinreichend schnell, damit auch bei einer schnelleren Vertonung der Text verständlich bleibt.

Danke, verstehe. Könnte ein wirklich interessantes Projekt werden. Auf diese Art habe ich persönlich noch nie (erfolgreich) Texte geschrieben. Ich BRAUCHE normalerweise zwingend eine Musik dafür - diese muss nicht fertig sein, aber eine ungefähre musikalische Skizze ist schon extrem wichtig.
 
Ikone schrieb:
Zielst du dabei auf Melodien ab,

Ja. auch... Ich experimentiere gern mit den verschiedenen Modi einer Tonart, um Spannung zu fühlen. Manchmal entstehen so die ersten Strophenverse, manchmal eine Hook. Was daraus wird, entscheidet zunächst meine Kondition. Im Allgemeinen misstraue ich den ersten Einfällen. Bezweifle, dass sie bereits die gewünschte Tragfähigkeit besitzen. Überarbeite lieber einen Tag später noch mal alles.

Neuerdings kontrolliere ich nach herein, ob sich Klischees eingeschlichen haben. Dieses haben zwar den Vorteil, dass sie sofort verständlich sind - aber sie wirken zu schwach .
 
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Interessant. Zielst du dabei auf Melodien ab, auf die sich Text-Hooks formen lassen? Spielst du dann bei Texten mit dem Tonfall der Tonskizze? Entstehen hier manchmal schon emotional berührende Texthooks/fetzen? Ist es ratsam auf diesen Texthook/-fetzen aufzubauen, oder beläßt du die Emotion bei der Melodie und gibts diesen Hook/Fetzen wenn überhaupt ganz kleinen Raum?

...auch wenn die Frage eigentlich an @Jongleur ging.....

Ich persönlich suche am Anfang immer nach irgendeinem Hook.
So fange ich derzeit jeden Tag an meinem Schreibtisch/Musiktisch an.
Auf Gitarre oder Bass klimpern, einen Drumloop suchen oder programmieren, irgendeinen inspirierenden Sound einstellen, ein wenig Keyboard klimpern etc.

Einfach spielen! Spielen!

Und zwar so lange, bis es "Klick" macht. Open End!

Der "Klick" ist dann so gut wie immer ein kombinierter Melodie-/Textfetzen und somit ein erstes Thema, eine erste Atmosphäre. Ein (noch abstraktes) musikalisches Gefühl, dass irgendwie *stimmig* erscheint.
In den allermeisten Fällen ergibt sich daraus bis spätestens Mittags ein neues Stück Musik.
Manchmal nur ein paar Takte, aber manchmal steht auch das komplette Song-Gerüst - außer dem vollständigen Text natürlich.

Nicht, dass es immer gut wäre (schön wärs), aber so - und nur so - kann ich üblicherweise neue Songs schreiben.

No Hook, no song!
 
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Christof Berlin schrieb:
No Hook, no song!

Das greift mir zu kurz. Ich kenne viel mehr gute Hooks als gute Songtexte!!! Oft feiern alle die Hook und übersehen den Schwachsinn in den Strophen.

Auch ich schreibe automatisch wie du auf den Chorus. Aber ich frage mich gleichzeitig, ob ich den Chorus bereits lebendig in Strophen umsetzen kann. Wenn ich das nicht kann, lasse ich mir notgedrungen eine neue Hook einfallen. Das entscheide ich sofort. Denn sonst bastle ich vergeblich 6 Stunden an den Strophen, weil mir meine Hock noch gar nicht klar war.

Klar scheint mir eine Strophe, wenn ich nicht nur eine Meinung texte, sondern Bilder, die automatisch bei anderen Emotionen wecken.Die richtige Meinung hat jeder, die richtigen Emotionen können nur wenige wecken. :D

Und hier wären wir wieder bei in medias res: Erst wenn ich den richtigen Einstieg habe und der Chorus ideal dazu passt, dann wähne ich mich auf dem richtigen Weg.


@x-Riff , Auf eine Musik verschiedene Texte zu schreiben, sprengt mE die Möglichkeit eines Online-WSs.
Dann müsste man jeden Text sehr differenziert analysieren. Wenn man nur EINEN Aspekt ansteuert, kann man den Rest tolerieren.

Wenn man fordert, erzeuge sehr bewusst Emotionen, verzichte auf geschlossene Darstellungen, die nur noch ein Ja oder Nein verlangen, dann kann man die Fakten austauschen... und nur die Tonlage studieren. Verstehst, was ich meine?
 
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Das greift mir zu kurz. Ich kenne viel mehr gute Hooks als gute Songtexte!!! Oft feiern alle die Hook und übersehen den Schwachsinn in den Strophen.

Ich sehe der Beginn einer tiefen Freundschaft. :D

Wer sagt denn, dass der Hook der Refrain sein muss? Und wer sagt, dass es nur einen Hook in einem Song gibt?
 
Christof Berlin schrieb:
Ich sehe der Beginn einer tiefen Freundschaft. :D

Da isses schon wieder. :D Ich meine übrigens den Haken, mit dem der Text nach dem Hörer angelt. Du auch?
 
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Nö, einen Haken via Text meinte ich in der Tat nicht unbedingt. Musik funktioniert ja auf so vielen Ebenen, da kann der Text nur eine Komponente darstellen, oder eben auch die eine entscheidende.
 
Christof Berlin schrieb:
Nö, einen Haken via Text meinte ich in der Tat nicht unbedingt. Musik funktioniert ja auf so vielen Ebenen, da kann der Text nur eine Komponente darstellen, oder eben auch die eine entscheidende.

Danke! Überzeugender und knapper kann man den Konflikt zwischen Komposition und Text nicht schildern! :D

Weitere Fragen? ;-)

lg
 
Danke! Überzeugender und knapper kann man den Konflikt zwischen Komposition und Text nicht schildern! :D

Haha. Das ist doch *EXAKT* der Kampf. So meinte ich das auch.... :D Gibt viel zu lernen - jeden Tag.
 
@x-Riff , Auf eine Musik verschiedene Texte zu schreiben, sprengt mE die Möglichkeit eines Online-WSs.
Dann müsste man jeden Text sehr differenziert analysieren. Wenn man nur EINEN Aspekt ansteuert, kann man den Rest tolerieren.

Wenn man fordert, erzeuge sehr bewusst Emotionen, verzichte auf geschlossene Darstellungen, die nur noch ein Ja oder Nein verlangen, dann kann man die Fakten austauschen... und nur die Tonlage studieren. Verstehst, was ich meine?
Ich gesstehe, dass ich eher den hohen Aufwand sehe, eine vorgegebene Musik zu finden bzw. zu erstellen, die zu den Anforderungen, dazu einen songtext zu schreiben, paßt.
Denn ich sehe das ähnlich wie hier schon gepostet, dass es eher eine Musikskizze als ein playback ist - eine Musikskizze, die schon Atmosphäre schafft, ein Tempo hat, vielleicht eine Grundmelodie, eine gewisse Struktur - die aber auch noch offen ist für unterschiedliche Längen von Strophe, Refrain und Bridge, für dynamische Gestaltung bzw. Ausfüllungen und ähnliches. Mehr Anregung und Orientierung als fertiger backing-Track.

Möglicherweise läuft einem so etwas in die Arme, wenn man dieselben aufmacht oder es findet sich jemand, der so etwas hat und Spaß und Interesse an einem songwriter-contest
3. Ein anderes Thema könnte "stabil oder instabil" sein. Hier geht es darum, allein durch die Form des Textes einen von beiden Zuständen erreichen.

4. Ein weiteres Thema könnte Limericks und Haikus sei. Und somit der Trick, allein mit der Form witzige bzw. sehr realistisches Texte zu "erzwingen"!.
Also entweder Aufgabe 3 oder 4 - das, zusammen mit der musikalischen Skizze, kann ich mir schon als ausreichende Grundlage vorstellen. Wenn man will, kann man ein Thema vorgeben oder den Titel des songs (ich glaube, es gab mal einen songwriter-contest-Ansatz mit dem Titel "love lies in a cage"), falls die Aufgabe 3 oder 4 zu viele Optionen offen läßt, um konkretes Feedback und schlüssige Vergleiche der verschiedenen textlichen Ansätze oder Umsetzungen zu ermöglichen.

Ich fände es sogar sehr spannend, zu schauen, wie breit oder wenig breit die textlichen Varianten eigentlich sind, wenn eine musikalische Skizze vorliegt. Gehe ich nach einigen posts hier, liegt die Vermutung nahe, die songtexte müßten sich ziemlich ähneln. Ich wäre mir da gar nicht so sicher. Spannend fände ich auf jeden Fall, herauszufinden, was tatsächlich am Ende dabei rauskommt, wenn sich fünf bis acht Schreibende daran machen, zu einer musikalischen Skizze und einer Aufgabenstellung einen songtext zu entwerfen.

Allerdings kann ich mir auch vorstellen, dass Dir, @Jongleur, in Deinem workshop eine Aufgabenstellung - und vor allem nachherige Betrachtung und Wirkungsforschung (nebst Verbesserungspotenzialen bzw. Anregungen für eine weitere Bearbeitung) der erstellten songtexte - vorschwebt, zu der die Idee mit der musikalischen Skizze aus den ein oder anderen Gründen nicht zweckdienlich ist.
Die je nachdem größere Differenziertheit oder die Konzentration auf einen bestimmten Aspekt (siehe Deine Aufgabenstellung 3 und 4) kann ich mir sehr gut vorstellen - bereichert um die Vorstellung, wie dieser Text (auch im Vergleich zu den anderen erstellten songtexten) zu der musikalischen Skizze paßt.

Herzliche Grüße

x-Riff
 
Geht's hier weiter?
 
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Es tut mir wirklich leid! Familiäre Probleme reduzieren momentan meine Online-zeiten sehr stark. - Ich bin noch immer an meinem Vorhaben interessiert und bitte deshalb um etwas Verständnis und Geduld.
 
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Kein Thema! Ich fand das Thema einfach spannend, darum habe ich nachgefragt.
 
Ähem. Besser zu spät als nie. 😀
Deshalb möchte ich mich hier doch mal kurz zu Wort melden. Ich war ja länger nicht so ganz frisch in der Birne und längere Dialoge, gerade schriftlich, fand ich sehr anstrengend.
Ich finde den Thread sehr, sehr spannend.
Danke für diesen Impuls, lieber @Jongleur!
Ich denke darüber nach, wie ein solcher Workshop spielerisch funktionieren könnte.
Der Schütterreimthread wäre eine Orientierung. Es ist schier unglaublich, wie toll der funktioniert. Über Jahre! Und er war ja nicht als Workshop geplant, oder? Die Verbesserung der Schüttelfähigkeit bei regelmäßig teilnehmenden ist verblüffend.Auf vielen handwerklichen Ebenen. Was mich ollen Antipädagogen besonders freut: Es geschieht by the way.
Das war tatsächlich mein Motto in der Arbeit mit „ schwer erziehbaren „ Kinder und Jugendlichen.
Mir haben diese jungen Menschen oft grundsätzlich imponiert. Durch ihre Verweigerung, sich erziehen zu lassen. Als Objekte behandelt zu werden. Genau so war ich auch als Kind. Wer sich mir aber zeigte als Mensch mit Herz und Hirn, dem schenkte ich Vertrauen.
Ziemlich spät in meinem beruflichen Leben erlebte ich dann Heinrich Fallner, ein begnadeter Coach. Der mit seinem Satz „ Erst Arbeit an der Beziehung, dann Arbeit in der Beziehung „
eine sehr wichtige Hook für mein Leben formuliert hat.
Warum schreibe ich jetzt doch ziemlich viel?
Weil das, so glaube ich, Schlüssel für einen guten Workshop sein können. In dem an einem Thema zusammen gespielt und damit eben auch gearbeitet wird. By the way. Und die beteiligten Menschen an ihren und den Beiträgen der anderen Freude haben.
Das kann, auch virtuell, Resonanz und eine gewisse Beziehung, Verbundenheit untereinander herstellen.
Wie das genau aussehen soll, dazu fehlt mir noch eine Idee.
Aber ich bin angetriggert. Klar wäre für mich, das es nach einer Zeit ein Selbstläufer sein sollte. Denn eine längere Betreuung eines Fadens ist mir und sicher auch anderen zu aufwändig. An der Stelle auch mal ein Riesendankeschön an @Katz23 für den Schüttelreimthread!


Ich denke nicht.
Ich spiele.
So wie viele.
 
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Hab das gerade erst entdeckt.
Also, in medias res:


Kein Text
noch nicht mal ein Wort
Warum?
Ich denk zu verbohrt

Kein Start
und auch kein Beginn
Wieso?
Ich find keinen Sinn

das ist die Angst
des Texters vor dem Schreiben


mir mir mir mir fällt nichts ein
mir mir mir mir fällt nichts ein
das darf, das soll, das kann nicht sein!


Kein Schluss
und kein Mittelstück
was fehlt?
Muss zum Anfang zurück

das ist die Angst
des Texters vor dem Schreiben


mir mir mir mir fällt nichts ein
mir mir mir mir fällt nichts ein

das darf, das soll, das kann nicht sein!

dann man daran weitergefeilt :)
 
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@Frank_de_Blijen

Ich habe gerade einen Erinnerungsflash. Vor gut 10 Jahren habe ich mit einem jungen Mann angefangen zu texten. Und ganz am Anfang unseres Schreibens stand bei hm eine Schreibblockade.
Bei einer Assoziationsübung bat ich ihn, das aufzuschreiben, was ihm durch den Kopf ging. Und dann stand da nachher nur „ Mir fehlt der allererste Satz “.
Ja, und das ist daraus geworden… Nachdem wir sehr lange einfach gesprochen hatten. Und dann ging es plötzlich ziemlich schnell.


View: https://youtu.be/ahetd1AJ3TI?si=vThJ4UiZ8pKrGRrA



Ich finde den Gedanken immer reizvoll, mit einer Schreibblockade anzufangen. Gibt übrigens auch zig Texte, die mit dem leeren Blatt Papier beginnen.
Ich würde dann zunächst assoziativ weitermachen. Gedanken laufen lassen . Und dabei den inneren Voicerecorder einschalten. Aufschreiben. Nicht sortieren oder bewerten! Wenn es zufällig Metrik oder Reime beim Schreiben gibt , aufschreiben. Aber zunächst nicht daran feilen.
Das würde ich bei deinem Text auch als nächstes machen. Ich nenne das die Wortsteinbruchphase..😀
Gedanken behauen. Wie ein Steinmetz. So viel mal als erste Gedankensplitter..

Übrigens habe ich dann mit Justus alias Clou Brio noch viele Jahre weite geschrieben..
Am Anfang stand eine Schreibblockade. Ähnliches habe ich übrigens öfter bei anderen erlebt. Ich selbst hatte das , zum Glück, so wirklich noch nicht.
 
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Klasse! Toller Text, schöner Song ... ein beeindruckendes Beispiel, welche Bedeutung die erste Zeile haben kann. Wortsteinbruchphase gefällt mir auch sehr gut!

Mit meinem Text wollte ich die @Jongleur -Vorgabe "2 Strophen - Bridge - Refrain - Strophe - Bridge - Refrain" so knapp wie möglich und passend zum Thema (und beeinflusst vom just zuvor gesehenen Pattinson-Ausschnitt) erfüllen und nun schauen, ob dieses 2019 gestartete Experiment plötzlich wieer neuen Schwung bekommt :)
 
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2 Strophen - Bridge - Refrain - Strophe - Bridge - Refrain

Kein Wort schreit mich an
Kein Atem gefriert
Stumm schau ich mich um
und seh nur mich selbst

Kein Satz reißt mich mit
Kein Feuer entfacht
die leblose Glut
ich bleib ungeküßt


Inmitten vom Sturm
bleibt das Herz
mir so stumm

Gestern noch wußt ich
heute wird´s laut
Voll Vorfreude hab ich
so an mich geglaubt
Voll Vorfreude hab ich
so an mich geglaubt


Kein Buch schlägt mich auf
und sieht in mir nach
Es fliegt Blatt um Blatt
leer und ruhmlos herum


Inmitten vom Regen
wird mein Auge
nicht nass

Gestern noch wußt ich
heute wird´s laut
Heute erst weiß ich
morgen wird´s laut
Heute erst weiß ich
morgen wird´s laut

Im Wesentlichen einfach so runtergeschrieben.
Tatsächlich fielen mir gleiche mehrere Metaphern, Bilder, Vergleiche oder was auch immer rund um das Inmitten-vom-Regen-Stehen ein, die alle etwas hatten. Ungewöhnlich fruchtbare Stelle, aus der ich vielleicht noch mal was extra mache. Und dann habe ich gemerkt, dass mir eine Strophe fehlt und bin noch mal dran gegangen. Und lasse es jetzt so stehen.

Dieser thread bekommt einen Extra-Orden für gleich mehrere Wiedergeburten. Don´t raise the dead, heißt es gerne - hier zu Unrecht!

x-Riff
 
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