Muss man sich immer an die Regeln halten?

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Christian_Hofmann
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Ja ein vielleicht etwas seltsamer Titel ;) aber er sagt eigentlich schon um was es geht.

Ich übe mich ja an diversen Tasteninstrumenten wie Orgel und Harmonium. Das klappt schon alles ganz gut und so langsam beschäftige ich mich auch mit dem freien Spiel.
Am meisten spiele ich jedoch noch nach Noten, natürlich am Anfang akkurat wie es auf dem Notenzettel steht, keine Abweichung (sofern Hände und Füße mitmachen). Seit einiger Zeit experimentiere ich jedoch gerne. Bedeutet ich nehme auch mal ein Stück und ignoriere Notenlängen, Takt und so weiter, nur die Töne die dort stehen bleiben gleich. Bedeutet aus einer verkürzten Note kann auch mal eine Ganze Note werden oder umgekehrt. Dann wird eben auch ein Takt mal länger oder kürzer. Ich finde es erstaunlich wie man mit solchen Veränderungen die Wirkung eines Stücks verändern kann.

Nun ist die Sache aber folgende, Personen die Ahnung haben von Musik und den Titeln beklagen sich dann natürlich das es total falsch gespielt ist. Da spielt es auch keine Rolle das es Solo von mir eben interpretiert wurde, es ist grundsätzlich falsch und darf so nicht sein. Aber ist das so? Muss man wirklich fertige Lieder genau so spielen wie sie notiert sind, oder ist es erlaubt auch mal die Regeln von Takt und so weiter einfach mal beiseite zu lassen? Wie denkt ihr darüber? Wie gesagt ich kann Noten genau wie notiert meist spielen, aber experimentiere auch sehr gerne was sich in meinen Ohren oft auch nicht schlecht anhört.
 
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Regeln im künstlerischen Bereich sind dazu da, um sie zu brechen. Kann mir nicht vorstellen, dass die großen Jungs nicht auf Konventionen geschissen haben. In der Philosophie weiß man längst, dass Ordnung ohne Chaos nicht möglich ist und das auch aus dem Chaos Schönes entstehen kann.
 
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Nun, du musst dir halt überlegen, was du willst.

Wenn du das Original-Stück spielen willst, musst du dich sehr wohl an die Regeln wie ausnotiert halten.
Wenn du nur eine persönliche Variation von oder nach dem Original-Stück spielen willst, kannst du machen, was du willst.
Wenn du die Stücke vorträgst, muss das aber eben entsprechend kommuniziert werden, ob du das Original-Stück spielst oder nur eine Variation.

Personen die Ahnung haben von Musik und den Titeln beklagen sich dann natürlich das es total falsch gespielt ist.
Dieser Meinung ist vollkommen richtig, wenn du nur kommuniziert hast, ein entsprechendes Stück zu spielen. Es wird immer davon ausgegangen, dass du das Stück im Original meinst.

Ich empfehle aber unbedingt, vor der Variation das Stück sauber nach Noten wie notiert spielen zu können. Zum Einen übt das und du lernst das Stück kennen,
und du sparst dir den Vorwurf nur eine persönliche Variation zu spielen, weil du das Original nicht sauber hinbekommst.

Andere Frage: Wozu brauchst du überhaupt irgendwelche Originalstücke, wenn du eh frei spielen willst?
 
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Natürlich darf man Stücke variieren, indem man Tonhöhen, Melodien, Harmonien oder Rhythmik ändert. Wenn dadurch aber jeder Takt eine andere Länge bekommt, oder kein tonaler bzw. Harmonischer Rahmen mehr erkennbar ist, wird es aber für den Zuhörer schwer. Ungefähr so, also wenn Du beim Sprechen bewusst jeden Halbsatz in einer anderen Sprache, mit beliebiger Zeichensetzung, verschobener Betonung und unerwarteten Dehnungen und Verkürzungen sprichst. Kann man mit gutem Willen vielleicht verstehen, aber ob man da lange Spaß dran hat?!
 
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Bei ("fertigen") Stücken mit Variationen wird normalerweise (oder zumindest meistens) zuerst das Thema vorgestellt und danach variiert. Das wäre doch auch eine Möglichkeit für dich: zuerst einmal spielen, wie es notiert ist - dann weiß der Zuhörer a) was gemeint ist und b) der Spieler kann es :-D Erst dann beginnen zu variieren.
 
Mach doch einfach was dir Spaß macht. Solange du damit nicht deine Brütchen verdienen musst. Mit deiner Art zu spielen bist du in der Improvisation, ist doch was schönes...
 
@InterGeek

Manchmal ist das sich an die Regeln halten eher kontraproduktiv.

Ich denke an eine Bekannte, die gerne Pop-Stücke auf ihrer Querflöte spielt. Und sie spielt immer genau das, was in ihren Noten steht.
Leider kenne ich die meisten Stücke im Original - und typischerweise klingen diese in der Rhythmik anders. Ihrem Spiel wäre es sehr zugetan sich mal die Stücke im Original anzuhören und ihr Spiel (und ggfs. die Noten) dem anzupassen.

Mein Rat wäre somit sich viel von arrivierten Künstlern anzuhören - und auch selber von sich Aufnahmen zu machen. Und dann das eigene Spiel möglichst Deinem Ideal anzupassen.

Denn es gibt natürlich auch eine Falle: man spielt und denkt es klingt geil - aber tatsächlich klingt es eher bescheiden - deshalb ist Aufnehmen und mit einem gewissen zeitlichen Abstand anhören und die Korrektur des Spiels auch sinnvoll.

Ciao,
Stefan
 
Nun ist die Sache aber folgende, Personen die Ahnung haben von Musik und den Titeln beklagen sich dann natürlich das es total falsch gespielt ist.
Ja klar, hier ein Veranstaltungshinweis vom 07.02. an der Musikhochschule Würzburg:
Beethoven in progress
Gemeinschaftskonzert der Bayerischen Hochschulen für Musik |
Beethoven im Original, bearbeitet, jazzig und im Spiegel neuer Kompositionen
Entrada für Beethoven
Improvisation an der Klais-Orgel
Christoph Preiß, Orgel | HfM Würzburg
Grußworte
Prof. Dr. Christoph Wünsch
Bürgermeister Dr. Adolf Bauer
https://www.hfm-wuerzburg.de/verans...ail/2020-02-07_1800/beethoven-in-progress-241

Diesen Leuten "mit Ahnung von Musik" ist offenbar entgangen, dass große Komponisten nachweislich allesamt für ihre virtuosen Improvisationen berühmt waren (u.a. Bach, Mozart, Beethoven, Chopin usw.) und sich dabei auch bekannte Themen vorgenommen.
Entgangen ist ihnen wohl auch, dass bei Orgel die Improvisation zur Ausbildung gehört.

Gruß Claus
 
Erlaubt ist, was gefällt. Wobei ich die Tempovariation als die am muskalischen wenigsten Anspruchsvoll erachte. Ich persönlich bevorzuge harmonische, kontextuelle oder komplett dekontruktivistische Variation, wobei immer der Charakter des Stücks erhalten und erkennbar bleiben sollte..
Was ich nicht gut finde ist, wenn schlechter Musiker ihr schlechtes Spiel als Variation "verkaufen".
 
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ich finde, solange man hört, dass es sich um eine Variation handeln soll, es also erkennbar ist, dass der Interpret weiß, was er gerade tut, ist alles erlaubt, was Spaß macht.
Ansonsten kann es passieren, dass die Zuhörer den Eindruck bekommen, dass der Interpret einfach nur falsch spielt.
 
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Dann wird eben auch ein Takt mal länger oder kürzer.
Die Frage ist, was passiert dann mit dem Metrum oder dem Tempo des Stücks. Wenn du nach Belieben mit den Notenlängen umgehst, ohne auf Takt und Tempo zu achten, ist das Ergebnis vielleicht eher zur eigenen Erbauung als für den Vortrag geeignet. ;)
 
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ich finde, solange man hört, dass es sich um eine Variation handeln soll, es also erkennbar ist, dass der Interpret weiß, was er gerade tut, ist alles erlaubt, was Spaß macht.
Ansonsten kann es passieren, dass die Zuhörer den Eindruck bekommen, dass der Interpret einfach nur falsch spielt.

Gerade bei Kirchenorganisten ist manchmal scheinbar mehr erlaubt, als der Gemeinde tatsächlich Spaß macht. Dass ein Intro melodisch kaum erkennbar in keinerlei Metrum gespielt wird, mag ja noch angehen. Spätestens im Lied sollte es dann aber bitte passen. Aber die Gemeinde gewöhnt sich halt eher und passt sich an den Organisten an, als dass es eine Beschwerde gibt. Die Orgel muss sich also nach niemandem richten, kann also vermeintlich frei spielen. Da ich selten in die Kirche gehen, dann aber meist in verschiedene, fällt mir das schon extrem auf. Zumal ich als Kind oft auf der Orgelbank meines Opas sitzen und register ziehen durfte, von daher also ungefähr im Ohr habe, wie es klingen sollte oder könnte.

Bitte versteht mich nicht falsch. Ich liebe gute Improvisationen und Soli. Aber die Kunst der Improvisation fängt für mich da an, wo die Möglichkeiten und Freiheiten eines vorgegebenen Rahmens kreativ und am besten auf neue Art und Weise ausgenutzt werden. Sich um nur keine Regeln zu scheren, hat für mich dagegen wenig mit Improvisation zu tun.

Seit einiger Zeit experimentiere ich jedoch gerne. Bedeutet ich nehme auch mal ein Stück und ignoriere Notenlängen, Takt und so weiter, nur die Töne die dort stehen bleiben gleich. Bedeutet aus einer verkürzten Note kann auch mal eine Ganze Note werden oder umgekehrt. Dann wird eben auch ein Takt mal länger oder kürzer.

Zumal ein erkennbarer Rhythmus für mich essentiell ist. Natürlich darf hier und da ein bewusster Metrumwechsel oder auch eine Tempovariation einfließen, aber ohne erkennbaren Rhythmus gibt es für mich auch keinen Groove...

Gruß,
glombi
 
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.

Nun ist die Sache aber folgende, Personen die Ahnung haben von Musik und den Titeln beklagen sich dann natürlich das es total falsch gespielt ist..

Schlechte und unkreative Musiker sollten sich schon besser ans Original halten.

Kreative Musiker machen ihr eigenes Ding drAUS:

Wenn du mutig und gut bist mach es einfach wie die Familie Popolski.
ab 2.20
Behaupte einfach du spielst das einzig echte Original:cool:
 
Ist halt ein bisschen wie mit der Etikette, man muss nicht höflich und nett sein, obwohl das beim Empfänger einfach besser ankommt...
 
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Gerade beim Thema "Muss man sich an Regeln halten?" ist es ja Ironie für die Götter, die Nichtbeachtung von Umgangsformen zu beklagen. :ugly:
 
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Man könnte auch einwerfen: Wer schon fragt, ob er die Regeln verletzen darf ...

Mir ist viel wichtiger, das sls einen Lernprozess zu begreifen; Bei der Einhaltung von Regeln kann ich etwas über die Wirkung und deren Hervorrufung lernen und bei der Regelverletzung genau so.
Das bedeutet: Hinhören, darauf achten, was passiert wenn ich dieses und jenes mache oder nicht mache, nachzuvollziehen was da passiert, auch mal gezielt mit Änderungen zu experimentieren, sich in eine Labor-Situation zu begeben und zu reflektieren, was da passiert (ist) ...

Ohne den Willen und den Wunsch zu lernen, zu verstehen und anzuwenden ist es egal, ob ich Regeln befolge oder nicht.

x-Riff
 
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Hier kommt allerdings auch noch ein unerkannter Denkfehler mit hinein:
Ein Stück nach Noten nachzuspielen hat nichts damit zu tun, sich an musikalische 'Regeln' oder Gesetzmäßigkeiten zu halten. Da folgt man höchstens der Regel, dass ein Stück eben so geschrieben ist, wie es geschrieben ist, vom Publikum auf eine bestimmte Weise erwartet wird, und nebenbei dem Urheberrecht, wonach alles andere eben eine Bearbeitung und bei öffentlicher Aufführung (und fehlender Gemeinfreiheit des Werkes) die Genehmigung des Urhebers erfordert.
Das hat allerdings nichts mit musikalischen 'Regeln' zu tun. Der Urheber kann diese ja bereits in seiner Komposition selbst 'gebrochen' haben.

Deshalb würde ich mir eher die Frage stellen, welchen Stellenwert musikalische Gesetzmäßigkeiten für das eigene freie Spiel haben. Bleibe ich bei einer Improvisation in der einen Tonart? Variiere ich durch andere Leittöne? Variiere ich durch Modulation? Wechsle ich in eine andere Kirchentonart, in eine Pentatonik, Ganztonleiter, verminderte Skala etc.? Variiere ich durch Rhythmik oder Metrum? Es kann nämlich schon schnell 'falsch' klingen, wenn man sich an garkeine Konventionen hält und nicht das 'Falsche' souverän und bewusst einsetzt. Statt reiner Quinten permanent verminderte Quinten zu spielen, kann man wahrscheinlich als 'Regelbruch' verstehen, aber vor allem wird es zu den meisten Gelegenheiten eher schwerlich das mitteleuropäisch geprägte Ohr erfreuen.

In Improvisation ersteinmal das musikalische Grundgerüst verstehen und einüben, ist allerdings in meinen Augen das non-plus-ultra für den selbstgewählten Ausbruch daraus. Wenn ich mehrfach das Feedback bekomme, dass meine Improvisation vor allem als 'falsch' wahrgenommen werden, würde ich mich auch ersteinmal in das sichere Gewässer der musikalischen Konvention begeben und dort verbleiben, bis ich herausfinde, welche Sprünge daraus heraus ich mir leisten kann. Denn im besten Fall ist jede klingende Abweichung vom musiktheoretischen Grundgerüst eine Abweichung von der Regel und kein Zufall aus dem Willkürlichen.
 
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Ich danke euch für die unterschiedlichen Sichtweisen. Es ist sehr spannend zu lesen wie ihr dazu steht. Vielleicht habe ich mich in einigen Dingen etwas undeutlich ausgedrückt. Ich halte mich natürlich beim spielen an Regeln, wenn ich alles ignoriere dann hört sich ein Lied ja irgendwie falsch und unzusammenhängend an. Klar beim experimentieren an einem Stück ist es am Anfang total wirr, nach einiger Zeit entwickelt sich aber ein neuer Rhythmus mit neuen Betonungen und Zusammenhängen. Ich glaube wenn man diese Grundstruktur nicht einhält, dann wirkt es eher wie Töne in einer Abfolge, aber nicht wie Musik. Wie in der Sprache unzusammenhängende Satzteile auch keinen Sinn ergeben.

Vielleicht ist das auch eine recht eigene Art der Improvisation. Ich habe es oft das ich mir denke an dieser Stelle könnte noch ein Zwischenton dazu, oder hier im Anschluss schiebe ich eine Stelle aus einem anderen Stück mit ein weil es passt.

Ich spiele ja meist Zuhause, in Gottesdiensten muss ich natürlich genau spielen, wobei das auch wieder falsch ist. Gerade in Gottesdiensten muss ich Dinge machen die sich für mich grausam anhören und auch falsch sind. Aber was soll ich machen wenn die Gemeinde ihre eigene Art hat wie sie singt. Natürlich könnte ich sturr nach Vorgabe aus dem Gesangsbuch spielen, aber die Gemeinde singt dann trotzdem so falsch wie sie es seit Ewigkeiten tut. Da muss man sich eben anpassen, oder lernen das man als Orgelspieler der zweitkritisierteste in der Gemeinde ist neben dem Pfarrer ;)

Auch der rechtliche Aspekt macht natürlich Sinn. Lieder nachzuspielen ist die eine Sache wenn man sie abwandelt dann eine andere. Wobei die Wahrscheinlichkeit eher gering ist das eine Klage folgt wenn ich mich mal zu den Öffnungszeiten in die Kirche setze und dort Musik auf meine Art spiele. Wobei wenn die Noten ja identisch sind könnte man ja einfach sagen vor Gericht das man das mit dem Takt und Betonung noch nicht verstanden hat ;)
 

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