WOLBAI: Have A Nice Day

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Einleitung

Songideen haben oft ihre eigene zeitliche Taktung: beim Herumklimpern auf der Gitarre ergeben sich ein paar gut klingende Akkorde oder ein Riff, das man dann in verschiedenen Varianten ausprobiert. Und plötzlich taucht man in eine Songentwicklung ein, ohne es zunächst als solches zu bemerken. Und so war das bei mir auch wieder bei diesem neuen Song.

Eigene Vokal-Songs sind für mich allerdings immer etwas „Spezielles“: ich habe zwar ein gewisses Gespür für singbare Vokalmelodien und kann diese auch ordentlich instrumentieren. Meinen gesanglichen Fähigkeiten sind jedoch Grenzen gesetzt, da mein Hauptinstrument nun einmal die Gitarre ist.

Da ich für diesen Song jedoch keinen passenden Sänger gewinnen konnte, habe ich ihn eben selbst eingesungen. Denn einer muss den Job ja halt machen ;)

Stilistisch kann man den Song als einen Ritt durch den musikalischen Gemüsegarten der 70er/80er Jahre bezeichnen. Und er reflektiert damit meine eigene musikalische Sozialisation, die dort ihre Wurzeln hat. Daher lässt er sich ziemlich präzise als “Funky-Mowtown-Philly-70s-80s-Pop-Disco“ Songstil einordnen :D Allerdings ist diese Mischung aus diversen Stilrichtungen in einem Song nicht jedermanns/-frau Geschmack. Das verstehe ich und kann damit leben.

Mit Blick auf meinen letzten Instrumental-Song „Driving Back Home“ ist das vorliegende Hörprobenformat diesmal merklich schlanker ausgefallen. Ich habe mich dabei auf ein paar wenige Themen der Songentwicklung in diesem Song konzentriert. Ein „SONG-TALK“ (über Songwriting, Instrumentierung, Akkordprogression, Text, Recording, Mixing-Mastering) kann meinerseits - falls gewünscht - dennoch sehr gerne an dieser Stelle stattfinden. Das hängt jedoch jetzt von Euren konkreten Rückmeldungen (und ggf. Fragen) hierzu ab.

Angesichts der vielfältigen (schwerpunktmäßig an Instrumenten orientierten) Hörprobenrubriken (es sind 24, wenn ich richtig gezählt habe) friste ich als Multi-Instrumentalist im MB-Forum quasi ein „Hörproben-Vagabundendasein“. Damit kann ich jedoch ganz prima leben :)

Auch wenn es sich beim meinem Song um keine kommerzielle Veröffentlichung handelt, schien mir die MB-Rubrik „User-Veröffentlichungen“ noch die Geeignetste dafür zu sein, zumal es in diesem Song auch keinen konkreten Instrumentenschwerpunkt gibt. Und ich hoffe, dass mein Beitrag auch in dieser MB-Rubrik gefunden wird. Denn ohne Eure Wahrnehmung und Rückmeldungen ist halt alles nichts.

Danke auch an MB-User @Ralphgue , der mich im Vorfeld als aufmerksamer und fachkundiger „Vorabhörproben-Sparringspartner“ unterstützt hat :great:

Hier nun als Einstieg zunächst die Audio-Version, die Ihr zum weiteren Lesen gerne schon einmal aufrufen könnt.

https://soundcloud.com/wolbai-music/have-a-nice-day



Songtext

„Have A Nice Day“ ist für mich eine der typischen, bedeutungslosen amerikanischen Floskeln. Sie schien mir für den bitter-süßen Textinhalt als Songtitel besonders geeignet.

Als nunmehr eingebürgerter männlicher Franke, fällt es mir naturgemäß schwer, viele Worte über innere Befindlichkeiten zu machen. Deshalb nur so viel zum Textinhalt:

Im Kern geht es im Songtext um das alte Thema von Fehlern der Vergangenheit, die man, mit einem gewissen zeitlichen Abstand, schmerzlich erkennt und bedauert, sich aber letzten Endes davon nicht unterkriegen lassen sollte und auf seinem Weg weitergehen muss („And I walk on by …"). Autobiografische Züge hat der Textinhalt ausdrücklich nicht:D

Für Interessierte, hier der beigefügte Songtext: Have A Nice Day - Text.pdf



Songstruktur, Instrumentierung, Akkordprogression

Der Song hat die nachfolgende Struktur. Sie hat sich in ähnlicher Form bei vielen guten Songs bekannter Songwriter bewährt:

Intro1 - Strophe 1 - Strophe 2 - Chorus - Strophe 3 (Gitarrensolo) - Strophe 4 - Chorus - Bridge - Intro2 - Chorus - Outro


Instrumentierung

Die Drumspuren wurden mit Toontrack EZ Drummer 2 erstellt. Der Crossgrade zu Superior 3 steht bei mir weiterhin noch aus.

Der Basspart wurde von mir nun erstmalig mit einem echten Sire Marcus Miller V7 E-Bass eingespielt. Im Gegensatz zu meinen bisher erzeugten Bassspuren mit einem Midi-Keyboard klingt das schon deutlich besser. Mit einem Midi-Keyboard kann man auch nicht so gut die typische Art des Bassspiels abbilden. Ich bin - wie gesagt - ziemlich positiv überrascht über den merklichen Beitrag zum Gesamtklang des Songs.

In diesem Song habe ich mehr mit - teilweise mehrstimmigen - Bläsern gearbeitet. Das schien mir einfach passend. Gute Bläser-Plugins sind meines Erachtens aber nicht so einfach zu bekommen wie für andere Instrumente. Aktuell benutze ich dafür noch Cubase Halion-Plugins. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass es noch bessere (authentisch klingendere) Bläser-Plugins gibt. Hat hier jemand konkrete Erfahrungen?

Da die Gitarre mein Hauptinstrument ist, sind meine Songs häufig auch mit etwas längeren Soloparts gespickt. Das ist bei diesem Song nicht der Fall: in diesem Songarrangement haben die Gitarrenparts primär einen rhythmisches Element.

Die Ausnahme stellt ein Strophen-Solo über 8 Takte dar. Ich bin der Meinung, dass ein 8-taktiges Solo mitunter eine größere Herausforderung darstellt, als ein episches Gitarrensolo über 2 ½ Minuten. Man muss sich bei 8 Takten (und 91 bpm) schon ganz gut und strukturiert vorab überlegen, was man da an Essenz hineinpackt. Da zählt im Prinzip jede Note. Ein großartiges Ausholen, Storyboard, etc. ist da ja auch nicht möglich.

Da der Groove in Richtung „funky“ geht, wurden von mir typische funky Gitarrenspuren aufgenommen. Das wäre zum einen ein Akkordrhythmuspart (Triads auf den hohen Gitarrensaiten). Zum anderen habe ich eine doppelt eingespielte Single-Noten Rhythmusgitarre (links/rechts hart gepanned) verwendet. Im Outroteil findet sich zur Steigerung dann noch eine Rhythmusgitarre, die Oktaven spielt.

Den Gesang habe ich im Chorus mehrstimmig ausgelegt und mich bemüht, ihn passend im Stereopanorama anzuordnen. Insbesondere in den Strophen ist ein Delay in den Pausen zu hören, das ich über Parallel-Kompression steuere.


Akkordprogression

Bei der „harmonischen Autobahn“ lasse ich mir immer viel Zeit, um diese abwechslungsreich und stimmig auszugestalten. Als ambitionierter Hobby-Musiker und Autodidakt durchlaufe ich dabei auch immer wieder neue Lernkurven. Aktuell haben es mir verminderte Akkorde sehr angetan. Mit ihnen lässt sich eine ansonsten langweilige Akkordabfolge mit einfachen Stufenakkorden einer Tonleiter interessanter ausgestalten, Spannungsbögen erzeugen und harmonische Hinführungen bilden.

Ich gehe auch gerne einmal aus der Tonleiter raus und setze bewusst ein paar tonleiterfremde Akkorde zur Abwechslung ein. Das schafft dann - hoffentlich - wieder für mehr bewusste Aufmerksamkeit beim Zuhörer.

Womit ich mich zukünftig noch etwas genauer beschäftigen möchte sind „übermäßige Akkorde“ (augmented chords). Sie gehören für mich ebenfalls im Wesentlichen zur Kategorie der Akkorde, die dissonante Spannungen erzeugen und i.d.R. zu einem Stufenakkord (meisten I oder V) hinführen und auflösen.

Die Akkordabfolge mündet im Outroteil schließlich in eine II-V-I-Progression und klingt in einem jazzy Vibe aus. Wer Interesse hat, kann gerne einmal etwas detaillierter in die beiliegende Akkordprogression reinschauen:

Have A Nice Day - Akkordprogression.pdf



Recording-Umgebung Gitarre, E-Bass, Keys und Gesang

Das Recording meiner E-Gitarrenspuren mache ich seit längerem mit einem Marshall JVM410 Röhrenamp, einem Rivera Rockcrusher (Leistungsreduzierer) und der BLUBOX von BluGuitar (Speaker-Emulation). Alle Spuren sind diesmal mit meiner umgebauten James Tyler Variax JTV69 (Warmoth-Hals und Kinman/Doug Aldrich Pickups) eingespielt.

Das Recording der E-Bassspur habe ich ebenfalls mit dem Marshall-Gitarrenröhrenamp vorgenommen. Das ist im Prinzip gar kein Problem, sondern klingt vielmehr ziemlich gut. Der cleane Ampkanal (Green Mode), mit dem EQ-Setting alles auf 12 Uhr, funktioniert dafür ganz prima. Auf dem Marcus Miller V7 Bass habe ich den aktiven Modus ausgewählt und alles auf Mittenstellung belassen. Mit diesem schönen Teilchen werde ich mich in der Zukunft noch etwas näher befassen müssen.

Die Keyboardspuren spiele ich weiterhin über ein Midi-Keyboard (49 Tasten) und entsprechenden Plugins ein.

Meine Vocals sind - wie bisher auch - mit dem RODE NT1-A aufgenommen. Das reicht für meine Zwecke bzw. ich vermisse da nix. Ich nehme in einem relativ kleineren Raum (ca. 10 qm) auf. Die Wände sind in Teilen mit Bücherregalen vollgestellt. Ich finde diese Raumumgebung für Home Recording Vokalaufnahmen eigentlich ganz passabel.

Als Audiointerface kommt beim mir das Audient iD14 zum Einsatz. Es stellt für mich ein hörbares Upgrade zu meinen vormaligen Yamaha- und Behringer Audiointerfaces dar.



Mixing / Mastering

Als DAW nutze ich seit längerer Zeit Cubase (Artist 10). Beim Mixing, Mastering und bei Reverb-Effekten verwende ich überwiegend izotope-Produkte.



Videoaufnahme

Abschließend hier noch die Videoaufnahme zum Song. Neben den eigenen Videoaufnahmen verwende ich noch weitere lizenzfreie Videoteile aus anderen YouTube-Videos.

Für umsonst und drinnen - viel Spaß beim Anhören / Ansehen:




Über Eure Feedbacks zum Song und einen eventuellen „Songwriting-Crosstalk“ freue ich mich.


Grüsse aus Franken - wolbai :great:
 
Eigenschaft
 

Anhänge

  • Have A Nice Day - Text.pdf
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  • Have A Nice Day - Akkordprogression.pdf
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Ein schöner Song :great:
ist nicht meine Musik aber auch so etwas höre ich gerne
Es beruhigt mich
 
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Hallo @Rostl ,

Danke für Dein schönes Feedback und dass Du zwischen Musikgeschmack und musikalischer Machart unterscheidest.

Das weiß ich zu schätzen:great:


Grüße - wolbai
 
Hai,

ist jetzt auch so gar nicht meine Musik. Gefällt mir trotzdem. Auch dein Gesang!

Hast du mal die Telefonnummer von der Dame vor der Brücke für mich? :D
 
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@punkadiddle : Danke für Deine schön differenzierte und in gewisser Weise auch ein wenig eigennützige Rückmeldung ;)


Das mit der Telefonnummer habe ich leider auch schon erfolglos versucht. Wenn Du möchtest könnte ich Ihr allerdings ja 'mal Dein Avatorbild aus dem MB-Forum schicken. Vielleicht spricht Sie so was ja an :D


Morgendliche Grüße aus Franken - wolbai:great:
 
Wieder sehr nice geworden! Das Video gefällt mir ebenfalls. :great:

LG Robert
 
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Hallo Robert,


Dein Feedback freut mich - Danke!


Bei der ein Songprojekt abschließenden Videoerstellung, ist bei mir gelegentlich schon 'mal die Luft raus und ich gehe mitunter etwas unlustig bzw. uninspiriert an das Video ran.

Jedoch bei diesem hat es mir wieder richtig Spaß gemacht, weil sich gleich zu Beginn eine gute Stimmigkeit zwischen Audio und Video bei mir eingestellt hat.

Wann immer ich den Nerv dazu habe, finde ich Videoaufnahmen vom eigenen Spiel in derartigen Songprojekten, die auch auf Videokanälen laufen sollen, wichtig. Sie erhalten dadurch eben eine noch größere persönliche Note.

Die Mischung anderer Videos ohne Copyright mit dem eigenen Videomaterial eröffnet hierbei viele Ausgestaltungsformen. Da ist im Prinzip genauso viel Kreativität möglich beziehungsweise gefragt wie beim eigentlichen Songwriting.

Und gut aufeinander abgestimmtes Audio- und Videomaterial ist manchmal mehr als die Summe der beiden Einzelteile. Aber diese Erkenntnis ist natürlich nichts Neues, da die Erfinder des MTVs diese ja schon vor Urzeiten zu einer eigenen "Vermarktungs-Kunstform" erhoben haben.


Morgendliche Grüße aus Franken an den Alpenrand - wolbai :great:
 
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Lieber wolbai,

Ich bewundere immer, mit welcher Energie und Hingabe Du die Songs produzierst und präsentierst.

Auch dieser Song ist Dir wieder gut gelungen. Ich sage das als Zuhörer, nicht als Analytiker.

Die Analyse ist zwar manchmal interessant, aber oft nicht zielführend in der Musik. Letztlich zählt ja das akustische Erlebnis (wieviele Hits haben wir mit 1-3 Akkorden).

Sehr schön. Ich kann auch gut nachvollziehen, dass zum Video die Kraft manchmal fehlt. Das geht mir in der Regel auch immer so. Deshalb braucht man dazu „Zuarbeiter“, die das übernehmen. Nur, wer hat das schon als home-made Musiker.

Dein Song gefällt mir, auch ohne in die Tiefe der Akkordprogression zu gehen.
 
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Hallo @Stratomano :

Für das Home Recording braucht es erst einmal eine gehörige Portion Lust, Durchhaltevermögen und Eigenmotivation, um sich in der erforderlichen Breite und Tiefe dort hinein zu begeben. Aber auch konstruktive und positive Feedbacks wie von Dir, freuen und motivieren mich sehr, an weiteren Songprojekten (und gelgentlich auch mit anderen) zu arbeiten :great:


Letztlich zählt ja das akustische Erlebnis (wieviele Hits haben wir mit 1-3 Akkorden).

Zu meinen Hörproben erwarte ich keine tiefsinnigen und musikalisch besonders klugen Rückmeldungen. Und Dein Feedback, dass Dir der Song in der Rolle als Zuhörer gefällt, ist am Ende das Wichtigste. Denn ein Song wird erst einmal nicht dadurch stimmig und gefällig, in dem man eine möglichst ausgfeilte Akkorprogression, etc. entwickelt. (Schaden muss das allerdings auch nicht).

Das mit den erfolgreichen 1-3 Akkord-Songs kann ich daher gut nachvollziehen. Aber irgendwie scheint es unter uns Musikern so eine Neigung zur "Flucht in die Komplexität" zu geben.
Möglicherweise, weil man sich nicht nur in den ausgetretenen Pfaden anderer bewegen will. Fatalerweise sind diese aber eben oft bewährt und führen zu guten Ergebnissen.

Das gleiche gilt auch für die Verwendung von Tonleitern: nicht wenige erfolgreiche Bands beschränken sich auf eine Tonleiterart (z.B. Moll Pentatonik) und produzieren damit großartige Alben. Ausgefeilte modale Formen braucht es dazu nicht.

Und wenn ich mir dann gelgentlich alte Songs wie "Lady in Black" oder "Horse with no Name" (zwei Beispiele erfolgreicher 2-Akkordsongs) anhöre, dann erinnert mich die Einfachheit ihrer Akkordprogression auch wieder daran, dass gute Musik eben einfach auch sehr viel mit Gefühl, Emotionen und Ausdruck zu tun hat. Ein guter Song muss keine "Doktorarbeit" sein :)


Morgendliche Grüße aus Franken - wolbai
 
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