Warum ist es so schwer, sich von Gitarren zu trennen?

  • Ersteller ijumitzu
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Die Gründe, warum mir Dinge ansammeln, sind vielfältig.

Es gibt natürlich das exzessive Horten, dass sich oft mit traumatischen oder belastenden Lebenserfahrungen verbinden lässt (Existenzängste, Verlusterfahrungen).

Es gibt genauso schlicht Sammler, die losgelöst von einem tatsächlichen musikalischen Nutzen einfach Freude an ihrem Kram haben.

An einzelnen Stücken hängt man natürlich auch, weil man ganz bestimmte emotionale Momente damit verbindet oder weil sie für etwas stehen, was man sich für die Zukunft ersehnt.

Die einzige Frage die wichtig ist: Habe ich daran Freude oder belastet es mich (Emotional, Platzmäßig, wirtschaftlich, organisatorisch)? Wenn man feststellt, dass der Besitz einem keine Freude bringt und man sich trotzdem nicht lösen kann, dann sollte man exakt daran - möglicherweise mit fremder Hilfe - arbeiten.
 
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Ich habe auch noch nie erlebt, dass ich einer Gitarre hinter getrauert habe. Hab neulich 'ne Les Paul Tribute verkauft. Die hatte ich komplett neu verkabelt, PCB Board raus, Coil Split rein, Treble Bleed, wirklich top Klang. Hab sie in einem Anflug von "brauche keine Les Paul, gibt bessere Single Cuts" verkauft. Im Nachhinein denke ich mir, die war eigentlich gut. Trotzdem würde ich sie nicht mehr haben wollen. Weg ist weg, wie Barney Stinson sagen würde: "Neu ist immer besser" ;).

Auf kurz oder lang ist das Ziel, auch nur noch ein oder zwei Gitarren zu haben. Weiß nur nicht, wie das mit meiner Vorliebe für "One Trick Ponys" in Einklang zu kriegen ist :). Ne Strat ist ne Strat, HSS mag ich nicht. Ne Tele ist ne Tele, will keinen Humbucker im Neck oder wilde Schaltungen etc. Deshalb derzeit 5 Gitarren, weniger hab ich noch nicht geschafft ;).
 
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Auf kurz oder lang ist das Ziel, auch nur noch ein oder zwei Gitarren zu haben. Weiß nur nicht, wie das mit meiner Vorliebe für "One Trick Ponys" in Einklang zu kriegen ist :).

Warum? Wenn Du alle 5 tatsächlich spielst und Spaß daran hast?
 
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Ich habe keinerlei Probleme damit Gitarren zu verkaufen und habe auch schon einige durch die Tür getreten. Aber zwei Stück bleiben wohl ewig, da sie einen emotionalen Wert für mich haben. Hätte ich diesen Bezug nicht, wären sie schon lange weg.
 
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Warum? Wenn Du alle 5 tatsächlich spielst und Spaß daran hast?

Klar, noch sehe ich das auch so, und ich bin auch noch nicht so weit :). Aber die Erfahrung zeigt: Lieber wenig richtig Gutes, als viel Halbgares. Als sich mir die ganzen Gitarrenformen und -arten durch die Harley Bentons mit einem Mal auftaten, dachte ich: Jawoll, endlich kannste alle haben. Ergebnis: Keine davon war wirklich die Gitarre, die sie sein wollte. Keine hatte Mojo. Habe keine einzige Harley Benton mehr. Ist mir einfach zuviel Wert auf Masse und zu wenig Detail im Instrument.
 
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One-Trick-Pony ist auch mein Ding un
Warum? Wenn Du alle 5 tatsächlich spielst und Spaß daran hast?
Sehe ich auch so, vor allem wenn alle fünf ein One-Trick-Pony in einem verschiedenen Bereich sind. Und dann gibt es noch die Bereiche die einem besonders liegen. Ich habe z.B. eine Tele mit der ich super zufrieden bin. Sie klingt nach Tele und deckt für mich auch den typischen Bereich ab. Dennoch hätte ich nichts dagegen, eine zweite Tele zu haben die richtig rotzig klingt.
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Lieber wenig richtig Gutes, als viel Halbgares
Hier liegt für mich auch ein ganz großes (Trennungs-)Potential. Beispiel: Bevor ich meinen HX Stomp gekauft habe, habe ich alles was irgendwie in diese Richtung ging verkauft (mehrer einfachere Multi-FX, Boss BR800, Mooer Radar usw...).
 
- mit wenigen Ausnahmen habe ich es schwer bereut, die Instrumente verkauft zu haben; manchmal schon nach wenigen Wochen hätte ich sie gerne wieder gehabt, sie fehl(t)en mir.
Bei mir ist es andersherum. Wenn ich in mein Excel Spreadsheet reinschaue und die Liste an Verflossenen mit Gesamtzahl 57 ganz grob in "egal" und "bereue ich" einteile, stelle ich fest, dass es mir bei 52 davon egal ist, ich 3 davon gerne zurückhätte und ich mich bei 2 davon wirklich intensiv in den Allerwertesten beiße, dass ich sie jemals in einem Anfall geistiger Umnachtung hergegeben habe. :weep:

- einige meiner Ehemaligen habe ich später wieder mal gesehen - ungepflegt, abgerotzt, beschädigt: Sowas tut mir weh
Das ist mir auch schon einige Male passiert und es tut mir dann auch immer in der Seele weh - was aber nicht dazu führt, dass ich mir die verletzte Gitarre heulend in meine offenen Arme zurückrennen wünsche.
 
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2 davon wirklich intensiv in den Allerwertesten beiße, dass ich sie jemals in einem Anfall geistiger Umnachtung hergegeben habe. :weep:

Bei mir sind es ebenfalls (nur) 2 von sicher 40. Und die habe ich verkauft, weil ich musste, als ich als Student im Examen nicht arbeiten konnte.
 
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Aber klar, bevor man zig mittelprächtige Gitarren anhäuft, sind ein bis zwei sehr gute vorzugswürdig.
..mh, für mich zerfällt die Gitarrenwelt nicht in "gut, halbgar, schlecht" oder ähnliche Kategorien.
Wenn ich ein Instrument anschaffe, dann, weil es irgendeinen Aspekt in sich trägt, den ich interessant finde. Und Interesse habe ich an Gitarren, die entweder klingen, und reagieren, wie ich es mag, oder Ideen bei der Bauweise oder im Design verfolgen, die ich reizvoll finde (und die musikalisch nutzbar sind, reine Wandhänger habe ich eher nicht). Anders gesagt: no limits :D, aber keineswegs wahllos. Wer sich bei mir mal umgeschaut hat, wird verstehen, was ich meine und worauf ich Wert lege. Ich nenne es das Gewürzregal-Konzept. Allerdings ist Curry. der 10 Jahre unsachgemäß gelagert steht, in der Regel auch zum Kochen nicht mehr so richtig geeignet (vielleicht aber trotzdem noch zum Färben, man weiß ja nie ...;) ), von daher muss da schon gelegentlich Luft durch und Bewegung. Ob die aber in Verkauf mündet hängt eher von der Einschätzung ab, ob ich die Idee noch gebrauchen will oder sie durch ein anderes Instrument vielleicht tatsächlich "besser" dargestellt wird. Das "Problem": je genauer ich weiß, was ich tue, desto geringer wird die Chance, dass ich in meinem Sinne Unbrauchbares erwerbe.
 
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..mh, für mich zerfällt die Gitarrenwelt nicht in "gut, halbgar, schlecht" oder ähnliche Kategorien.
Wenn ich ein Instrument anschaffe, dann, weil es irgendeinen Aspekt in sich trägt, den ich interessant finde.

Volle Zustimmung. Ich habe deswegen auch nicht definiert, was gut oder mittelprächtig bedeutet.

Auch eine günstige, handwerklich minderwertige Gitarre kann durchaus für bestimmte Sounds sehr gut sein.

Aber Gitarren, die man selbst durchgängig als mittelprächtig empfindet, sollte man eher nicht anhäufen.
 
Wenn ich ein Instrument anschaffe, dann, weil es irgendeinen Aspekt in sich trägt, den ich interessant finde.
Bei der Anschaffung ist das wohl immer so. Die Frage ist jedoch, ob der interessante Aspekt auch von Dauer ist. Dinge ändern sich nun mal oder es kommen Gitarre dazu, die genau diesen Aspekt noch besser abdecken.

Dennoch kann ich gut nachvollziehen was du schreibst: Habe vor kurzem meine Ibanez Talman verkauft. Sie war gut aber ich dachte ich könnte den Bereich mit der bestehenden Tele und Strat abdecken. Rein vom Spielen her ist das auch so. Erst beim letzten Recording-Versuch ist mir aufgefallen, dass mir die Talman fehlt. Mit ihr konnte man sehr gut Gitarrenspuren schichten und sie blieb dabei immer klar im Ausdruck. Das kann keine andere SC Gitarre hier so gut, außer vielleicht meine Gretsch. Aus heutiger Sicht würde ich sie daher nicht mehr verkaufen, bereuen tue ich es dennoch nicht da der Käufer lange und nachhaltig bei mir gebohrt hat um sie zu bekommen. Er ist damit auch sehr zufrieden. Damit kann ich leben. Dumm ist nur, dass man heute kaum eine der aktuelleren Talmans bekommt.

War insofern für mich als Home-Player auch eine neue Erkenntnis, dass eine Gitarre erst im Kontext gut werden kann obwohl sie erstmal für sich alleine unspektakulär wirkt. Würde ich in einer Band spielen, hätte ich es womöglich vorher bemerkt (habe ja nicht so viel recordet).
 
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Ein Sammler kumuliert die Dinge um sich herum aus Liebe zu diesen Dingen.
.. das halte ich durchaus für möglich, dürfte aber eben letztlich nicht ganz so klar zu trennen sein von einer inneren Notwendigkeit, und ist keineswegs selten eine "Ich hab's voll im Griff"-Aussage eines Betroffenen. Ich komme viel rum bei Sammlern, Hortern und eben auch Messies, ich halte inzwischen den Versuch, ein Verhalten als pathologisch abzugrenzen, für keineswegs objektiv abgesichert, es ist im Kern eine soziale-definierte Einstufung. Keine Frage, das macht auch durchaus Sinn in einer Gesellschaft unserer Größe, bedeutet aber nicht, dass damit alles gelöst ist, was sich hinter einem Verhalten an Ursachen, Problematiken und Potenzialen verbirgt.
(als Indiz dafür, dass "psychisch gesund" in unserer Gesellschaft keineswegs an objektiven Erkenntnissen orientiert ist, dürfte schnell auffallen, dass die meisten von uns in krankmachenden Zusammenhängen entfremdet arbeiten, und das keinen kümmert, bis es zum burnout kommt ... aber das führt jetzt sicher zu weit)
 
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Sehr spannende Diskussion bislang. Ich kenne als Psychiater und Psychotherapeut sowohl leidenschaftliche Sammler, als auch Menschen mit Messie-Syndrom.

.. das halte ich durchaus für möglich, dürfte aber eben letztlich nicht ganz so klar zu trennen sein von einer inneren Notwendigkeit, und ist keineswegs selten eine "Ich hab's voll im Griff"-Aussage eines Betroffenen. Ich komme viel rum bei Sammlern, Hortern und eben auch Messies, ich halte inzwischen den Versuch, ein Verhalten als pathologisch abzugrenzen, für keineswegs objektiv abgesichert, es ist im Kern eine soziale-definierte Einstufung. Keine Frage, das macht auch durchaus Sinn in einer Gesellschaft unserer Größe, bedeutet aber nicht, dass damit alles gelöst ist, was sich hinter einem Verhalten an Ursachen, Problematiken und Potenzialen verbirgt.

Die Frage, wo Krankheit beginnt und wo sich jemand im fließenden Übergang zwischen "Eigenart" oder "Leidenschaft" und "Krankheit" bewegt ist oft für Außenstehende schwer zu beantworten. Ein exzessiver Sammler ohne Probleme finanzieller, gesundheitlicher oder sozialer Art ist aus psychotherapeutischer Sicht nicht krank. Erst wenn für ihn oder sein Umfeld (Ehefrau) ein massiver Leidensdruck (durch Verschuldung, drohende Trennung, massive Konflikte) entsteht, beginnt Krankheit.

Ich hab sehr aufmerksam gelesen, was es so schwierig macht, sich von Gitarren zu trennen. Wenn Interesse besteht, kann ich nochmal etwas nachlesen, aber ich glaube zu Mensch-Objekt-Beziehungen gibt es in der Psychotherapie sehr viele spannende Ideen. Wenn der Zauber einer Gitarre in ihrer Funktionalität oder ihrer Optik läge, müsste es ja leicht fallen, sie einzutauschen für eine Gitarre, die ihre Vorgängerin in allen Belangen übertrifft. Aber das scheint ja nicht so zu sein.
 
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Ich hab sehr aufmerksam gelesen, was es so schwierig macht, sich von Gitarren zu trennen. Wenn Interesse besteht, kann ich nochmal etwas nachlesen, aber ich glaube zu Mensch-Objekt-Beziehungen gibt es in der Psychotherapie sehr viele spannende Ideen. Wenn der Zauber einer Gitarre in ihrer Funktionalität oder ihrer Optik läge, müsste es ja leicht fallen, sie einzutauschen für eine Gitarre, die ihre Vorgängerin in allen Belangen übertrifft. Aber das scheint ja nicht so zu sein.

Also bei mir kann ich ganz klar sagen, dass es Erinnerungen und Emotionen sind. Songs die damit geschrieben wurden, Festivals, Touren, Gigs. Ich hatte auch schon "zweckmäßige" Gitarren und da ist mir das dann leicht gefallen, das war eine Art Werkzeug. Mir wurden mal auf Tour 3 Gitarren gestohlen, zwei davon hatten für mich auch einen großen emotionalen Wert und da werde ich immer noch manchmal wehmütig.
 
Ich habe vor zwei Jahren das erste und bisher einzige Instrument verkauft:
Einen 77er Ibanez EB3 Bass in der etwas selteneren Longscale Ausführung, den ich einschl. Koffer ca. 1987 für 100 DM einem unter chronischem Geldmangel leidenden Mit-Zivi abgekauft hatte.
Ich hätte ihn auch behalten, aber ein semiprofessioneller Bassist hatte großes Interesse daran und nun wird er sowohl im Studio als auch auf der Bühne wieder gespielt.
Damit bin ich sehr zufrieden, denn auch dieser Bass wurde gebaut, um Musik damit zu machen, und bei mir lag er über 30 Jahre nur rum.

Aber generell ist es bei mir eher so, dass das, was da ist, auch bleibt.
 
Die Frage, wo Krankheit beginnt und wo sich jemand im fließenden Übergang zwischen "Eigenart" oder "Leidenschaft" und "Krankheit" bewegt ist oft für Außenstehende schwer zu beantworten. Ein exzessiver Sammler ohne Probleme finanzieller, gesundheitlicher oder sozialer Art ist aus psychotherapeutischer Sicht nicht krank. Erst wenn für ihn oder sein Umfeld (Ehefrau) ein massiver Leidensdruck (durch Verschuldung, drohende Trennung, massive Konflikte) entsteht, beginnt Krankheit.

Diese Definition dürfte jeder psychiatrischen Krankheitsdefinition entgegenstehen.

Ob daraus negative Auswirkungen hervorgehen, hat nichts mit der Frage einer Erkrankung zu tun. Auch wer Platz und Geld für eine Sammlung hat, kann einem pathologischen Zwang unterliegen.

Die Krankheit wird nur als solche erkennbar, wenn darauf unmittelbar gravierende Nachteile entstehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, versuche ich mal eine Deutung aus psychotherapeutischer Sicht.

Die Gitarre ist wie kaum ein Instrument beladen mit Implikationen, Wünschen, Träumen und Selbstdarstellung im positiven Sinne. Der Gitarrist einer Band ist in der Regel mehr Frontmann als es Bassist oder Drummer sind. Er gleich damit dem Sänger in den Erwartungen des Publikums an Ausdruck, Emotionalität und allgemeiner Performance. Aber in der Wahrnehmung des Publikums ist ein Gitarrist dabei mehr ein Techniker/Handwerker, während der Sänger eher eine Gabe hat und Singen kann. Und mir ist klar, dass das nicht unbedingt der Wahrheit entspricht und Sänger durchaus enorm in Technik usw. investieren.

Damit ist die Gitarre in der Außenwahrnehmung bei Rockstars, SingerSongwritern, Flamencovirtuosen etc. ein mediales Ereignis. Das dürfte in vielen Fällen ein Beweggrund sein, sich für die Gitarre zu entscheiden und dient im Grund der Regulation des eigenen Selbstwertes, d.h. des narzisstischen Gleichgewichts. Und das ist nicht im mindesten abwertend gemeint, jeder Mensch braucht eine solche narzisstische Homöostase und es bedeutet nicht, dass Gitarristen irgendwie alle narzisstisch (i.S. von Störung) wären. Aber ich glaube ein Alphorn oder ein Xylophon (so virtuos das manche Menschen spielen können), sind hier ein denkbar ungeeignetes Objekt, wenn es um Selbstwert geht.

In der Psychotherapie gibt es den Ausdruck des Selbstobjekts. Es bezeichnet ein Objekt, in welchem wir unseren Wert bzw. unser Streben nach Vollkommenheit als Mensch erkennen können. Wir alle sind auf solche Dinge angewiesen. So wie wir - im guten Sinne - darauf stolz sind in irgendwas gut zu sein, so ist ein Pokal (der Regionalliga im Fußball) das zugehörige Selbstobjekt. Ich habe also einen Teil meines Selbstwertes auf der materiellen Ebene ausgelagert und darauf bin ich als Mensch fast immer angewiesen. Selbstobjekte können auch schöne Partner, tolle Freunde, ein schnelles Auto, ein selbstgeschnitzter Schlüsselanhänger oder die Erlangung einer Berufsausbildung sein.

Wenn man sich die Gitarre als Selbstobjekt vorstellt, funktioniert sie retrospektiv, spiegelnd und idealisierend also einfach gesagt in Richtung Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Und ich würde mal vermuten, das genau das die Trennung von Gitarren so schwierig macht. Aber der Reihe nach:

Retrospektives Selbstobjekt
Wie @Navar schon sagte, sie ist aufgeladen mit emotionalem Wert und Erinnerungen. Von schönem Spiel, ersten Erfolgen (auf der ersten Mumpfelgrumf Supercaster von 89) und vielen Stunden des harten Übens. Die Gitarre erinnert uns an Glück, schöne Momente oder auch an die Disziplin, die wir aufgebracht haben, zu dem Gitarristen zu werden, der wir heute sind.

Spiegelndes Selbstobjekt
Spiegelnd meint hier, dass die Gitarre selbst ihren Wert in Punkto Seltenheit, handwerklicher/klanglicher/optischer Perfektion oder eben auf finanzieller Ebene mitbringt. Das heißt, wenn ich diese Gitarre besitze, bin ich jemand, der eine solche Gitarre besitzt und das macht mich stolz/glücklich und im besten Fall zufrieden. Oder wie bei Signature-Modellen, meinem Idol komme ich damit einen Schritt näher und freue mich über ein Stück, das irgendwie zu einem von mir bewunderten Gitarristen gehört.

Idealisiertes Selbstobjekt
Sehr häufig idealisieren wir Objekte, in dem wir sie mit unseren Wünschen und Erwartungen aufladen und ihren Wert damit erheblich steigern. Wieso habe ich eine Gibson ES-335 hier stehen, wenn ich doch erst seit kurzer Zeit Gitarre spiele? Weil ich zu jemandem werden möchte, der diese Gitarre zu Recht spielen darf. Ich idealisiere die Gitarre als ein Vehikel, das mir die Entwicklung vom Anfänger zum Gitarristen ermöglicht. Wieso schwört jemand auf eine Gitarre aus dem Jahrgang XY, wenn kaum jemand einen Unterschied nach durchlaufender Signalkette noch hören kann außer ihm? Und auch das ist nicht abwertend gemeint (im Sinne "alles Spinnerei"), sondern als ganz normaler menschlicher Vorgang. Eine Gitarre im Sinne des idealisierten Selbstobjekts ist das Versprechen etwas zu werden oder etwas zu erreichen. Und garnichtmal auf rein technischer Ebene. Meine Gibson ist das Versprechen die Lässigkeit, die ich persönlich damit verbinde, zu entwickeln. Kurzum: dem idealisierten Selbstobjekt wohnen unsere Idealisierungen inne und das beschreibt den Wert des Objekts.

Ich behaupte also, eine Gitarre ohne den Charakter eines Selbstobjektes, ist nur ein Werkzeug zum Musikmachen und lässt sich sehr leicht verkaufen. Sobald ich aber eine gewisse Zeit mit dem Instrument (spielend oder auch nur als Sammelobjekt) verbracht habe, geschieht sehr oft eine Aufladung im Sinne unseres Selbstwertes. Und wenn ich es weggebe, gebe ich einen Teil meiner Selbstwertregulation auf, die ich dann anderweitig bzw. in andere Objekte besetzen muss.
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Diese Definition dürfte jeder psychiatrischen Krankheitsdefinition entgegenstehen.

Das ist die gängige Definition nach dem aktuellen Klassifikationsmanual psychischer Erkrankungen (ICD10) aus der Kategorie F für psychische Erkrankungen im Bereich von Zwangs- und Persönlichkeitsstörungen. Es ist ein Kernkriterium, dass Erkrankung erst dort beginnt, wo der Betroffene oder sein soziales Umfeld leidet. Im Übrigen eine sehr menschliche und ethische Sicht auf psychische Erkrankungen.
 
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Das ist die gängige Definition nach dem aktuellen Klassifikationsmanual psychischer Erkrankungen (ICD10) aus der Kategorie F für psychische Erkrankungen im Bereich von Zwangs- und Persönlichkeitsstörungen.

Kannst Du mir noch kurz genauer sagen, wie sich dort die Definition finden lässt? Würde man demnach zwischen Störung und Krankheit differenzieren?#

Ich hätte erwartet, dass hier lediglich auf der Ebene des Behandlungsbedarfes zu differenzieren ist.

Würde man demnach jemand, der mit ausreichend Lagerfläche und Geld ausgestattet zwanghaft Gitarren (Waschmaschinen, Badeutensilien whatever) sammelt, nicht als krankt bezeichnen? Reicht nicht alleine die Tatsache, dass er dieses Verhalten nicht mehr selbst steuern kann, für die Annahme einer Erkrankung?
 

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