hallo SmallPianomann
Das Phänomen welches du beschreibst ist der Unterschied zwischen Voicing und Akkord. Gleiche Akkorde, verschiedene Voicings.
Definition:
Akkord: mehrere Töne erklingen zusammen in einem mehr oder weniger sinnvollen harmonischen Kontext.
Voicing:
Ein Akkord definiert das Tonmaterial, ein Voicing die genaue Platzierung dieser Töne auf der Tastatur. Es gibt also für einen Akkord immer viele verschiedene Voicingmoglichkeiten.
Verschiedene Voicings für C-Dur
Der Begriff Akkord (im Unterschied zum Begriff Voicing) beschreibt erst einmal
nur ein bestimmtes Tonmaterial. So besteht der von dir erwähnte F-Dur Akkord z.B. aus den
Tonen:
f, a, c
Es ist aber nicht angegeben, wie diese Tone auf der Tastatur verteilt werden.
Wie du schon selber schreibst, existieren die Umkehrungen.
Im Jazz/Rock/Pop werden Umkehrungen oft nicht im Akkordsymbole kodiert. Zumindest nicht wenn der Bassist den Grundton spielt.
Beispiel
Hier ist für den zweiten Akkord angegeben, dass die Terz im Bass liegen soll. (in diesem Fall wird dadurch eine flüssigere/melodischere Basslinie erreicht.)
Akkordsymbole sind ja eine Abkürzung und du hast als Pianist/Keyboarder die freie Wahl ein schönes Voicings aus deinem Repertoire auszuwählen. Dies ist ja auch Teil des kreativen Prozesses.
Denke mal an Künstler wie Jamie Cullum. Z.B. Sein Ed Sheran Cover von Shape of you oder Don´t stop the music. Wäre doch nur halb so schön ohne die anderen Akkorde, Reharmonisationen, Voicings?
Anderes (Extrem)-Beispiel: Dirty Loops
Findest du sicher bei Spotify/Youtube....
Manchmal verbindet man mit einem bestimmten Stück ein bestimmtes Voicing. Ich denke hier z.b. an das Intro von
JUMP (Van Halen), der Jazzstandard
So-What (Miles Davis) oder Intro von
Feel (Robbie Williams)
Spielt man hier nicht die Originalvoicings, bekommt man wahrscheinlich skeptische Blicke von den Bandkollegen und Zuhörern.
Die Toleranzgrenze ist individuell. Bei einer Top40 Stadtfest-Combo sind andere Maßstäbe anzulegen, als bei einem Tributeprojekt. Da geht es ja nicht nur um die richtigen Voicings sondern zusätzlich um genau die richtigen Soli und Sounds. Frag mal Martmann welchen Aufwand der betreibt um Songs so nahe wie möglich an die originale Vorlage zu bekommen.
Auf der anderen Seite wäre es falsch alle Akkorde und Voicings 100% von einem Jazzstandard rauszuhören und dann auf der nächsten Session diese haargenau so nachzuspielen, ohne auf das gerade gespielte Solo zu achten.
Ansonsten hat McCoy schon vieles gesagt. Die Wahl des richtigen Voicings hängt von verschiedenen Faktoren ab. (Stimmführung, low-intervall-limit)...
In diesem Beispiel ist die Stimmführung deutlich flüssiger. Erreicht wird dies durch die Wahl von Umkehrungen. Die Bassline wurde so gesetzt das Gegenbewegungen zur rechten Hand entstehen, was die Sache nochmal verbessert.
In diesem Beispiel ist die Stimmführung deutlich flüssiger. Erreicht wird dies durch die Wahl von Umkehrungen. Die Bassline wurde so gesetzt das Gegenbewegungen zur rechten Hand entstehen, was die Sache nochmal verbessert.
Genauso richtig wäre aber auch:
Ein weiteres Entscheidungskriterium kann die
Melodie sein. Bei Dreiklängen ist das noch nicht so wild. Bei Septakkorden schon. Typisches Beispiel am Ende von Songs.
Die Melodie endet auf dem Grundton. Der Schlussakkord ist ein Maj7-Klang auf der I-Stufe.
Singe erst einmal nur die Melodie. Dann spiele die Klavierstimme. Jetzt probiere beides zusammen. Ganz schön schwierig, oder? Die Sekunde zwischen h und c klingt dissonant. (wenn man als Pianist die Sängerin ärgern will, ein fieser Trick).
Eine Umkehrung kann hier helfen.
Noch besser, schmeiße die Major7 aus deinem Voicing raus und ersetze sie durch die 6. Wenn du schon dabei bist, Grundton ebenfalls raus, durch die 9 ersetzen.
Dritte Lösungsmöglichkeit. Ändere die Melodie. Sing und spiele das Beispiel. Hier hab ich einfach den Ton d zweimal verwendet. Die Melodie endet jetzt auf der None. Machen Jazz/Soulsänger ständig. Gib ihnen ein Bier aus und du kannst dein Cmaj7-Voicings unbesorgt spielen.
Viel Spaß beim Musik machen.
Gruss aus Darmstadt
Mark
Auf meiner Seite habe ich ein Skripte zu dem Thema Akkorde und Voicings:
http://klavierunterricht-bergstrasse.de/category/harmonielehre/voicings/
Wenn du Lust hast, kannst du ja mal reinschauen. Gibt auch Videotutorials.