Analyse einer Akkordfolge. Was macht der G-Dur Akkord in einem Stück in g-moll?

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omled
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Sehr geehrtes Forum,
ich habe ein paar Probleme bei der Analyse folgender Akkordfolge: Song ist in g-moll:

G - Cm - Gm/D - C/D - B♭ - Am - Gm - C/D - D/C - G

Erste Frage: Der Song ist in g-moll und beginnt mit G-Dur - wie kommt das? Wieso passt der Akkord zur Grundtonart? Wie ist der Akkord einzuordnen bzw. steckt dahinter eigentlich etwas ganz anderes?


G - Cm - Gm/D - C/D (= D7sus4, können im diatonischen Kontext als Subdominantfunktionen aufgefasst werden) - B♭ - Am - Gm - C/D - D/C (= D7) - G

I ? - IV - I - IV - III - II - I - IV - V - I

Die ersten vier Akkorde stehen im unmittelbaren Quintverhältnis (plagale Kadenz)
Ab dem vierten Akkord im Song (C/D) folgt eine Fallbewegung zum tonalen Zentrum (IV III II I). Gibt es für solch einen Akkordverlauf einen Namen?
Darauf folgt die erweiterte Kadenz I IV V I, bei welcher sich der sus4-Akkord (C/D) in den dazugehörigen Septakkord auflöst (D/C bzw. D7).

Ich bin relativer Neuling, was die Analyse von solchen Funktionen und was Harmonielehre generell angeht, deswegen nehmt mir meine Fehler nicht übel und nehmt meine Fragen mit Verständnis auf. Es ist ein Lernprozess... Ich hoffe ich habe keine Begriffe durcheinander geworfen...
Gibt es Fehler in meiner Analyse? Betrachte ich die Funktionen korrekt? Könnt ihr mir die einzelnen Fragezeichen beantworten?
Beste Grüße
KRS
 
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"Erste Frage: Der Song ist in g-moll und beginnt mit G-Dur - wie kommt das? Wieso passt der Akkord zur Grundtonart? Wie ist der Akkord einzuordnen bzw. steckt dahinter eigentlich etwas ganz anderes?"

Wie kommst du darauf, dass der Song in G-Moll ist? Das ist hier m.E. "auf der Kippe." Kannst du uns seinen Namen nennen und ob die von dir notierte Akkordfolge den ganzen Song abbildet, sprich beim letzten Akkord Schluss ist? Auch die metrischen Positionen der Akkorde sind wichtig. Außerdem: Sicher, dass es Am ist und nicht etwas vermindertes?

Für mich sieht es nach folgendem aus. Ich mache es mal Zeile für Zeile.
G: I
Cm: iv
Gm/D: V64
C/D: Kadenzabbruch. Ich höre ihn am ehesten als eine erweiterte II. in Bb-Dur oder so, wie du ihn am Schluss dargestellt hast, also als IV mit Vorausnahme des D, welches Teil des folgenden Akkords ist.
Bb: Ausweichung in die Durparallele, also III bzw. I auf einer neuen harmonischen "Schiene"
Am: Abbruch der Ausweichung, weil Am mit einer reinen Quinte statt einer verminderten erscheint, wie es der Tonvorrat von Gm eigentlich nahelegen würde. Statt dessen deutet der Akkord am ehesten eine II. in G-Dur an.
C/D: Wie oben.
D/C: V7
G: I

Die G-Moll- bzw. Bb-Dur-Anteile beschränken sich auf die Akkorde Cm, Gm/D, Bb, Gm, D/C und evtl. noch C/D (der passt zu G-Dur und -Moll). Alles andere ist G-Dur. Es ist also ein Zwitter.

D7sus4 bezeichnet eigentlich <D G A C>, wir haben hier aber noch ein E drin, also die None. Also D9sus4.

 
Zuletzt bearbeitet:
Der Song pendelt zwischen G-Dur, G-Moll und G-dorisch, wobei G-Dur sowohl als Zwischendominante für die Subdominante fungiert, als auch als Picardische Terz. G-dorisch überwiegt aber. G - Cm - Gm tendiert sowohl nach C-Moll als auch nach G-Moll, doch der folgende C/D hebt die Erwartung von C-Moll wieder auf und lässt den Cm rückwirkend als vermollte Subdominante im Kontext G-dorisch erscheinen. Ich interpretiere den C/D als D9sus4 Akkord ohne Quinte. Er ist harmonisch mehrdeutig und enthält die dorische 6. Stufe für G. Der D9 wird von einem Gegenklang gefolgt , der zugleich als die Durparallele von G-dorisch fungiert.

Bb - Am - Gm : das ist auf jeden Fall eine Akkordfolge aus G-dorisch.

Die eigentliche Dominante kommt erst spät als D(dur), und nun müsste Gm folgen - es folgt aber (picardisch) G. Wieder folgt Cm und das picardische G wird rückwirkend erneut Zwischendominante.
 
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Wieso sollte der Anfang des Songs eine Zwischendominante darstellen? Es beginnt mit einer Kadenz in c-Moll. Im Bass ist sogar der Quintfall. Es pendelt also zwischen c-Moll und g-Moll. Außerdem ist der angegebene a-Moll Akkord nicht haltbar. Ohne die Quinte kann es genauso gut a-vermindert sein. Vermutlich würde das Ohr auch genau das hören im g-Moll Umfeld.
 
Wieso sollte der Anfang des Songs eine Zwischendominante darstellen? Es beginnt mit einer Kadenz in c-Moll. Im Bass ist sogar der Quintfall. Es pendelt also zwischen c-Moll und g-Moll. Außerdem ist der angegebene a-Moll Akkord nicht haltbar. Ohne die Quinte kann es genauso gut a-vermindert sein. Vermutlich würde das Ohr auch genau das hören im g-Moll Umfeld.

Keine Kadenz im Sinn einer vorläufigen Schlussbildung; der Quintfall kommt als Quartanstieg daher, und Cm erscheint in Quintlage. Entweder ist G(Dur) als Tonika zu verstehen, dann fungiert es als (D) zur s . Oder aber C(Moll) ist Tonika : Dann fängt der Song mit der Dominante an!
Für eine Kadenz, die auf Cm zielt ,wäre auch mehr als nur eine (Zwischen)Dominante vonnöten. Es sollten (inkl. der Tonika) schon ingesamt 3 Akkorde sein.

Für G(Dorisch) spricht, dass die VI. Stufe nur im Cm als Es, erscheint, aber sofort folgend im C/D herausgenommen wird: E gehört nun mal zu C(Dorisch), und ich höre dort keinen Verminderten, genausowenig wie ich bei der Terz A - C einen Verminderten erahnen kann. Wenn schon, dann vervollständige ich die Terz zum Am , indem ich das vorher gehörte E mit einbeziehe. Wo sollte ich denn ein Es hernehmen?

Für C(Moll) fehlt das bestätigende As. Der Song pendelt also zwischen G(Dorisch) und C(Dorisch) mit einer kurzzeitigen Anmutung von G(Moll), da C(Dorisch) ebenso kurzzeitig eine kleine VI.Stufe mit dem Es liefert. Aber das wird im Folgeakkord mit dem E wieder zur großen VI, also ingesamt G(Dorisch).

Bemerkenswert ist, dass beide Tonstufen G und C über ihre resp. Dominanten in Dur angesteuert werden - was eine eindeutige Festlegung auf die Tonart erschwert.

Interessant auch der Dominante D(Dur), welche eine Hörerwartung zu einem Gm schafft - aber dann doch in G mündet. Deswegen, auch wenn der Vergleich historisch vllt. nicht genau ist, nenne ich das "Picardische Terz".
 
Für eine Kadenz ist eine D-T Folge ausreichend (sonst wären beispielsweise in der Barock Musik und der Wiener Klassik ungefähr 50 Prozent aller Kadenzen gar nicht existent) und, ob Quartanstieg, oder Quintfall, es ist lediglich das Komplementärintervall. Der Effekt bleibt der Gleiche.
Außerdem: Der Tonvorrat. Die Melodie enthält deutlich, mehr als einmal, das F. Wenn man das spielt, hört man deutlich eine Kadenz in c-Moll. Und warum sollte ein Stück nicht mit einer Dominante beginnen? Macht Beethovens erste Sinfonie doch auch.

Hier wird wieder eindeutig ein recht einfacher Beginn eines Songs unnötig verkompliziert.
http://www.youtube.com/watch?v=yAEkGbGiv7I

Übrigens, die Letterman-Performance gibt es auch ohne Rauschen. Da hört man's deutlicher.
 
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Die Gesangsmelodie besteht am Anfang ausschließlich aus der g-moll-Pentatonik. Eindeutiger läßt sich g-moll doch nicht etablieren. In den Aufnahmen, wo direkt mit G begonnen wird, klang es für mich bluesig.
(hier ein Link mit weniger Krach:http://www.youtube.com/watch?v=WN7RGIzqcJE)

In der Letterman-Fassung klingt statt dem einfachen G ein G7b9 (bei 1:37), allerdings ist da auch schon G-moll als Tonart gefestigt. Daher würde ich ihn hier eindeutig als Zwischendominante bezeichnen.
 
Vereinfacht dargestellt:

||: G7 | Cm |Gm/D | D7sus :||

Das ist eine einfache IVm V7 Kadenz in G Moll. Wobei die IVm durch V/IVm vorbereitet wird und der Quartsextakkord Gm/D als Vorhalt zur Dominante agiert.
 
MaBa hat mit "bluesig" das entscheidende Stichwort gegeben, mit dem eine Reihe der aufgeworfenen Fragen beantworten können:

Erste Frage: Der Song ist in g-moll und beginnt mit G-Dur - wie kommt das? Wieso passt der Akkord zur Grundtonart? Wie ist der Akkord einzuordnen bzw. steckt dahinter eigentlich etwas ganz anderes?

Der Background-Sänger ("hmmm..") singt ausschließlich eine bluesige G-Moll-Pentatonik (im Link von MaBa).
Unterstellt man dem Song eine Beeinflussung durch den Blues, so verwundert es nicht, daß u.U. die Mollterz zum Dur-Akkord gesungen wird.

Die Melodie hat im Blues eben eine höhere Eigenständigkeit gegenüber den Begleitakkorden als es in populären Liedern der europäischen Tradition üblich ist.

Zum Blues heisst es z.B. hier:
It is very important to note that, whilst this scale contains the minor 3rd, these are performed against major chords in the accompaniment. (Often with added 7ths - see later.) So the minor 3rd (Eb here) sounds against the major 3rd (E) in the accompaniment. This clash between the major and minor thirds is central to the sound of the blues. Without this the music is not blues but modal.
http://www.harmony.org.uk/book/pop_and_rock_music_blues_progression.htm

Teilweise passt sich die Melodie dem Begleitakkord (mit der Dur-Terz) an, oft aber auch nicht - bzw. mit einem Slide werden beide Noten abgedeckt.

Im o.g. Sheet verwendet die Melodie auf der ersten Seite die Dur-Terz, im Link von MaBa wird hingegegen die Moll-Terz gesungen.


Anerkennt man im Song den Einfluss des Blues, so verwundert es nicht, daß Akkorde verwendet wurden, die zur bluesigen Moll-Pentatonik passen. Denn nicht nur die Dur-Begleitakkorde können die Melodie beeinflussen, sondern oft wird auch versucht, die Bluestonleiter zu harmonisieren. Dies wurde populär mit den Beatles, Rolling Stones, The Who etc. und ist bis heute aktuell.

Sicher, dass es Am ist und nicht etwas vermindertes?

Inzwischen hat sich das wohl geklärt. Der Tritonus a-eb wäre in einem Blues in G nicht üblich, außerdem wäre an dieser Stelle die sehr konsonante Harmonisierung gestört (d-c-bb mit Bb-Am-Gm).
Damit wäre auch der Grund für diese Akkordfolge klar.

Wie oben schon einmal erwähnt wurde, pendelt der Song zwischen Dur und Moll. Das dürfte seinen Grund in der Beeinflussung durch den Blues haben.

Der Song gehorcht der von Cudo dargestellten vereinfachten Kadenz, wobei ich G7 als Blues-Tonika hören würde.
Die Verwendung des Moll-Akkordes als Subdominante ist allgemein in der Dur--tonalen Musik ziemlich verbreitet. (Die Dominante wird wegen des Leittones hingegen praktisch nie vermollt).

Fazit: Wie bei vielen Songs in der derzeitigen populären Musik lässt sich die Harmonik hier nicht nur auf Basis der Dur-Moll-Tonaltität erklären. Vielmehr ist in Harmonik und Melodik oft ein Einfluss des Blues zu unterstellen.

Viele Grüße

Klaus
 
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Danke für die Hilfe!
In Kombination mit "Frank Sikora's" Harmonielehre und dem Blues Kapitel konnte ich der Diskussion folgen und einiges mitnehmen. Danke dafür.
Viele Grüße
KRS
 

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