[Anfängerhilfe] Verhältnis von Lautstärke zu Nachbarn

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Liebe Trommelgemeinschaft,

ich trete an euch heran, weil zwei Faktoren gerade eingetroffen sind.

1) Ich wurde auf Grund einer PN auf einen alten Beitrag von mir aufmerksam gemacht:
https://www.musiker-board.de/threads/gute-dämpfer-zum-spielen-auch-am-sonntag.444042/#post-5439474
2) Wir hatten vor kurzem alle unseren neuen Nachbarn zum Kaffee trinken und zum Kennenlernen eingeladen.

Da kam mir die Idee kritzel doch mal alles zusammen, was man hier im Forum schon über Nachbarn und Lautstärke von Instrumenten gelesen und gelernt hat.


Tipps für eine Beratung hier im Forum:

Liebe Fragensteller, wenn ihr Beratung hinsichtlich der Lautstärkenreduzierung braucht, dann schreibt bitte kurz, wie eure Wohnsituation derzeit aussieht. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten:

· Wohnung im Mehrfamilienhaus
· WG-Zimmer
· Zimmer im Elternhaus
· Freistehendes Einfamilienhaus
· Keller/Raum in irgendeinem Industriegebäude

Darüber hinaus ist es noch interessant wo genau in einem Gebäude spielt. Seid ihr junge Vierzehn und spielt in eurem Zimmer im Elternhaus und eure große Schwester beschwert sich, dass es bei ihr im Raum daneben immer so laut ist. Im Vergleich dazu seid ihr zwanzig und wohnt in eurer ersten eigenen Wohnung und die Oma von unten beschwert sich immer, dass sie um 17:00 Uhr nicht in Ruhe Kaffee trinken kann. Ihr könnte auch einen Kellerraum in eurem Elternhaus haben und die Nachbarn beschweren sich über permanenten Lärm.
Zu jeder dieser Fälle gilt es extra zu beraten.
Kommen wir nun zu generellen Punkten beim Thema Lautstärke:


I. Veränderung der Spielweise

a) leiser Spielen
Generell kann man, um weniger Lautstärke zu erzeugen nur leiser Spielen. Dies gilt für normale A-Drums. Diese Thematik gibt es nicht nur in Verbindung mit den lieben Nachbarn und Familienangehörigen, sondern auch im Bandraum. Darüber gibt es diverse Diskussionen, dass der Schlagzeuger zu laut sei, die Gitarre zu leise oder auch zu laut ist. Hier hilft immer ein gutes Mittelmaß zu finden. D.h. Verstärker leiser machen, wenn man als Schlagzeuger nicht gegenspielen kann. Andersherum, wenn der Gitarrist seinen Verstärker nicht noch weiter aufreißen kann, dann bitte etwas leiser spielen.
Warum fällt vielen Schlagzeugern schwer leiser zu spielen?
Weil es anstrengend ist und viel Übung braucht. Filigrane Jazz-Musiker werden hierbei nicht so die Probleme haben, wie ein aus dem vollen Arm spielender Klischee Rocker. Zudem ist ein kontrollierter Schlag aus den Fingern schwieriger zu lernen, als ein Schlag aus dem Handgelenk/Arm.


II. Modifikation der Sticks

a) Kleine Helferlein
Es gibt für eigentlich alles am Schlagzeug Helfer, die einem bestimmten Effekt hervorrufen soll.
Dieses Produkt hat eine positive Resonanz auf der Thomann-Seite.
Achtung persönliche Meinung: Ich mag diese Dinger nicht, weil sie auf einem A-Drum nicht allzu viel bringen. Crashbecken und HiHat spiele ich mit dem Schaft des Sticks und bis dahin reicht dieser Schutz nicht. Für mich hat dieses Gummi eher Nachteile, da auch das Spielgefühl entscheidend verändert wird. Außerdem hat der Stick durch das zusätzliche Gewicht nicht mehr seinen normalen Schwerpunkt.
Ich bin dennoch der Meinung, für ca. 3,50 EUR sollte man einfach selbst testen, ob dieses Helferlein den gewünschten Erfolg bringt.

b) Rods
Rods sind Sticks, die aus mehreren kleinen Holzsträngen bestehen. Diese federn und absorbieren mehr Schlagenergie und dadurch werden die Geräusche leiser. Trommeln werden weniger leise als angespielt Becken. Der Klang wird nicht nur leiser, sondern verändert sich zusätzlich. Es klingt etwas rauschiger und weniger Attacklastig. Rods sind somit eine Mischung aus Sticks und Besen.
Man muss bei der Verwendung von Rods darauf achten, dass man die Intensität des Tritts der Bass an die leisere Spielweise anpasst. Heißt also, einfach weniger Kraft aufwenden, sonst ist die Bass im Verhältnis zu laut.
Rods sind allerdings nicht dafür da, um fehlendes Feingefühl für leises Spielen zu kompensieren. Wenn man mit Rods spielt und dies auch aus vollem Arm und mit lauter Inbrunst tut, dann wird man nicht lange Freude an heilen Rods haben.


III. Modifikation am Schlagzeug

a) Schlagzeug durch Abkleben leiser machen
Dieser Mythos ein Schlagzeug auf diese Art und Weise leiser zu machen existiert zwar, aber er stimmt nicht. Durch Dämpfung der Toms oder Becken erreicht man nur, dass Obertöne eliminiert werden. Die höheren Töne verschwinden und der Klang hört sich weniger „aggressiv“ für die Ohren an. Dezibel-Reduzierung erreicht man somit nicht.

b) Übungspads / Gummipads
Ich unterscheid nun in Gummi - und Übungspads. Zur kurzen Erklärung mit Gummipads meine ich die meist schwarze Pads zum drauflegen auf Toms, Bass, Snare und den Becken. Mit Übungspads meine ich die Pads, die man sich auf den Schoß legen kann und ohne ein Schlagzeug zu benutzen.

Gummipads:
Thinwood Standard Set Practice Pads
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]
Diese Gummipads sind für das Auflegen auf die Instrumente angefertigt und reduzieren die Lautstärke. Wenn man diese Pads auf eine Trommel legt und bespielt, hört man zwar nur ein „Klack“ ,aber immer noch ein leichtes Hallen der Tom. D.h. zu 100% reduziert wird die Lautstärke nicht, allein schon aus dem Grunde, da das Klackgeräusch im Nebenzimmer zu hören ist.
Wenn man die Bassdrum mit einem Pad ausstattet, dann ist der Trittschall nicht zu vergessen (Punkt VI).

Übungspads:
HQ Percussion RF-12G Übungspad

Übungspads sind eigentlich Pads, die gesondert vom Set gespielt werden. Es gibt diverse Ausführung solcher Übungdspads. Mit Holz, weichem Gummi, hartem Gummi, zum Befestigen auf einem Beckenständer, in verschiedene Größen, Farben und Formen etc… Hier sollte man vorher in den Laden gehen und gucken, welches Pad man am liebsten bespielt, da sie alle ein unterschiedliches Reboundverhalten haben.
Diese Übungshelfer geben, wie auch die Gummipads, nur ein leises Klacken von sich. Dieses Klackgeräusch ist im Gegensatz zum normalen Schlagzeug sehr, sehr leise. Nichts desto trotz hört man dieses Klacken einen Raum weiter. Wenn ihr Streit mit der o.g. Schwester habt oder Vattern liegt, weil er Nachtschicht hat, kann es störend sein. Hier kann ein leichtes Küchentuch helfen. Die Geräuschlautstärke wird minimiert und das Spielgefühl ändert sich nur leicht.


IV. Meshheads

Roland MH-10 Mesh Fell
[/LEFT
]

Meshheads sind gewebeartige Felle, die ein ähnliches Spielverhalten wie normale Felle aufweisen, allerdings keinen richtigen Klang von sich geben. Eigentlich gedacht, um zu „Triggern“, eignen sie sich hervorragend als Übungsfelle. Die Meshheads sind noch geräuschärmer als Gummipads und zudem hört man den Hall der Tom nicht mehr. (Voraussetzung ist die Demontage des Resofells)

Wenn man die Bassdrum mit einem Meshhead ausstattet, dann ist der Trittschall nicht zu vergessen (Punkt VI).


V. E-Drums

E-Drums sind eine herausragende Erfindung um leise Schlagzeug zu spielen und zu üben. Es gibt E-Drums mit Gummipads und mit Meshheads. Gummipads sind etwas lauter als Meshheads, haben allerdings auch unterschiedliches Spielgefühl. Hier gilt es auch vorher zu testen, welches Spielgefühl einem eher liegt. Bei E-Drums ist es außerdem von Vorteil, dass man durch das Drummodul einen „richtigen“ Drumsound bekommt und nicht wie bei Übungspad nur ein Klack zu hören ist. Das steigert den Spielspaß. Durch die Verwendung von Kopfhörern ist man der einzige richtige Zuhörer.

Bei jedem E-Drumset gibt es auch ein oder sogar zwei Bass-Pads. Diese Pads getreten wirken sich wieder auf dem Trittschall aus (Folgepunkt).


VI. Trittschall

Was ist Trittschall? Trittschall ist die Vibration, die übertragen wird, wenn man auf den Boden tritt. Nicht nur beim Schlagzeug, sondern auch bei laufenden Kindern in der Wohnung über einem, gut bekannt.
Dieser Trittschall ist leider ein extrem wichtiger Punkt. Hauptsächlich sind die Räume unterhalb des Schlagzeugs betroffen, aber auch zum Teil die horizontal angrenzenden Räume. Den Trittschall kann man nicht am Schlagzeug selbst eliminieren. Es ist egal, ob nun ein normales Fell oder ein Meshhead auf die Bass aufgezogen ist. Es ist auch egal, ob man an einem E-Drumset sitzt oder den Beater gegen eine Holzkiste tritt - der Trittschall ist da. Dieser Schall kann nur durch ein Podest reduziert werden. Diverse dicke Teppiche können ein wenig Linderung verschaffen, haben aber nie den Erfolg von einem Podest.
Einfache Rohrisolierung oder Tennisbälle (aufgeschnitten) unter eine Sperrholzplatte geschraubt schafft Wunder. Darauf das Set positioniert und schon ist es vom Boden gekoppelt und der Trittschall breitet sich nicht mehr aus.

DrummerinMR hatte mal eine Bauanleitung im Board gepostet, findet diese Anleitung nur leider nicht wieder.


VII. Veränderungen am Raum

a) Verwendung verschiedener Stoffe im Raum
Egal ob schwere Moltonstoffe oder extra für Tonstudio angefertigte Schaumtafeln, dieses ganzen Dinge bringen nur Klangveränderungen im Raum. Sie führen zu keinerlei Dezibelsenkungen.

b) Raum im Raum
Die einzige Möglichkeit ein Schlagzeug „zum Schweigen zu bringen“ ist eine „Raum im Raum“-Lösung. Hier würde im normalen Raum eine Kabine aus mehreren Schichten Holz und Dämmmaterial gebaut, die Instrumente so gut dämmt, dass außerhalb der eigentlichen vier Wände kaum bis gar nichts zu hören ist.
https://www.musiker-board.de/threads/proberaum-ich-bau-mir-eine-schallschutzkabine.94491/
https://www.musiker-board.de/threads/%C3%9Cbungsraum-umbau-vom-keller-zum-%C3%9Cbungs-und-aufnahmeraum.450903/

Zu guter Letzt komme ich auf den Punkt Harmonie zu sprechen:
Die Harmonie in der Familie und mit den Nachbarn hat oberste Priorität. Sprecht mit ihnen eure Spielzeiten ab, haltet Ruhezeiten ein und wenn es auch schwer fällt, übt nicht 24h, wenn es jemanden stört. Solche Dinge können sich schnell potenzieren und es kommt zu Nachbarnschaftsstreits oder zu Auseinandersetzungen in der Familie. Vermeidet dies. Ladet eure Nachbarn auch mal zum Grillen ein oder dankt euren Eltern/Geschwistern mit kleinen Aufmerksamkeiten, dass sie Instrumente im Haus dulden.
Dieser Beitrag ist keine Nun-Plus-Ultra-Facharbeit, er dient lediglich als kleiner Leitfaden für Beratungen rund um das Thema Lautstärke. Jedem dem noch etwas einfällt, der andere Erfahrungen gemacht hat oder irgendwas Falsches korrigieren möchte, ist herzlich dazu eingeladen. :)

Lg
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