Arrangements für Jazz-Chor

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jatzemann
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hallo allerseits,

bin pianist und komponist (beides im bereich jazz studiert) und möchte gerne jazzchor-arrangements schreiben.
da ich in diesem bereich bisher sehr wenig gemacht habe wollte ich mich nach ein paar tipps erkundigen.

zunächst würde ich mich gerne einige der "nachgefragtesten" arrangements anschauen, die auf dem markt sind. an wen sollte ich mich da richten?
hier würden mich auch die verschiedenen levels interessieren.

gibt´s irgendwo einigermaßen taugliche kostenlose arrangements im netz??

gibt´s irgendwelche literatur/links etc. darüber, wie man für jazz-chor schreibt/arrangiert?

wie stehen die aussichten, die arrangements auf den markt zu bringen? welche verlage sind dafür spezialisiert?

... über die beantwortung dieser fragen sowie alle weiteren tipps bin ich sehr dankbar !!
 
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1) Zum einen finde ich es einigermaßen gewagt, in ein und demselben Posting zu fragen "wie schreibt man für Jazzchor ?" und "wie verkauft man die Arrangements ?" ... Vielleicht solltest Du erst mal einige Jahre üben, bevor Du ans Verkaufen denkst ...

2) Es gibt durchaus haufenweise Internetseiten wie diese hier
http://www.ejazzlines.com/c1475/Vocal-Group-Choir-c1289.html

wo es Arrangements zu kaufen gibt. Von namhaften wie namenlosen Arrangeuren. Von "lächerlich einfach" bis "unmöglich für einen Chor zu singen".

Tatsächlich dürfte der Bedarf an "wirklichen" Jazzarrangements für Chöre äußerst beschränkt sein. Sowas will keiner singen.

3) Aber: Das alles hängt sehr (!) davon ab, was Du unter "Jazz-Chor-Arrangement" verstehst:

a) Eine Unisono-Melodie von Gassenhauern wie "All of me", die dann mit Playback oder Liveband zu begleiten ist, oder
b) Ein Chorarrangement, das sich tatsächlich harmonisch und rhythmisch an der Bigband-Tradition orientiert ?
c) Oder etwas dazwischen ? Womöglich gar Acappella ?

Um die Frage "wie schreibt man für Jazz-Chor?" wirklich fundiert beantworten zu können, müßte man zurückfragen "für WELCHEN Jazzchor ?". Denn vieles, was zur typischen musikalischen Ausdrucksweise des Jazz gehört, ist für 95 % (geschätzt) aller Chöre absolut UNMACHBAR. Man muß also Abstriche machen und Kompromisse schließen, in die eine oder andere Richtung, wodurch das "Jazzmäßige" mehr oder minder verschwindet. Je nach Güte und Engagement und Motivation des Chors können die größer oder kleiner sein.

Prinzipiell hast Du folgende grundlegende Möglichkeiten:

- Du überläßt dem Chor möglichst einfache melodische Sequenzen, die auch rhythmisch vereinfacht werden sollten, und überläßt es dem Begleitplayback oder der Begleitband, den jazzmäßigen Touch beizusteuern.

- Du wendest eine vereinfachte Form der Riff-Technik an, wobei man allerdings sehr schnell an die harmonischen Grenzen eines Normalchors stoßen wird.
Das KANN zwar schon recht jazzig klingen, allerdings ist diese Technik alleine nicht wirklich abendfüllend und wirkt recht rasch langweilig.

- Oder Du wagst Dich wirklich an einen tatsächlich jazzigen Sound heran und verwendest im Arrangement die o. g. Techniken plus kontrapunktische Elemente, sowie call+resonse-Elemente, und das ganze in einer einwandfreien rhythmisch harmonischen Jazzsprache ... aber da wird dir der Chor sehr bald die Gefolgschaft verweigern.

- Eine praktikable Möglichkeit ist es noch, ein Bigbandarrangement zu schreiben, und dem Chor dann nur gut singbare Elemente davon zu übertragen, während des Rest der Begleitband/dem Playback zufällt. Das ist relativ (!!) leicht machbar und kann dennoch "wie Jazz" wirken.

Ich selbst befasse mich (und meinen Chor) seit 2 Jahrzehnten mit genau DIESEM Thema. Unterm Strich habe ich viel viel mehr Abstriche machen müssen, als ich geplant hatte und als ich wollte. Vor allem die rhythmische "Schwerfälligkeit" eines Normalchores ist nicht zu unterschätzen ...

LG - Thomas
 
vielen dank für die ausführliche antwort !!!
nun ja, ich habe natürlich in den letzten jahren schon haufenweise zeugs komponiert/arrangiert; und da auch eine relativ große bandbreite abgedeckt, von big band, über streichquartett bis hin zu latin-bands und bläserensembles.
gerade im bereich latin gab´s oft mehrstimmige gesangs-parts bei denen ich mit der zeit schon ein gewisses gespür dafür entwickelt habe, was funktioniert und was weniger gut.

mit "jazz" meinte ich hier eher alles was NICHT klassik ist; sprich: ich beziehe mich damit auch auf pop und gospel... wobei ich gerade vor gospel noch mehr respekt hätte, da ich die eigenheiten der musik recht wenig kenne.

da ich in der vergangenheit auch hin und wieder mal als pianist chöre begleitet habe, habe ich dabei oft festgestellt, dass ein großteil der arrangements sehr langweilig sind. und damit beziehe ich mich weniger auf die komplexität sondern mehr auf einen m.A.n. nicht funktionierenden spannungsverlauf... und diesen kann man durchaus auch mit einfachen mitteln erreichen.

da ich ziemlicher spezialist im bereich lateinamerikanische musik bin dachte ich in diesem genre etwas zu arrangieren - da gibt´s auch einige songs die übersetzte englische texte besitzen.

weder habe ich vor einen gassenhauer unisono singen zu lassen, noch strebe ich an, einen vollständig 4-stimmig-binotal-anmutenden satz zu schreiben... etwas mit anspruch, was dennoch für viele chöre zumutbar ist.
hättest du u.u. sogar ein paar beispiel-arrangements, die noch zumutbar sind und von die von dir erwähnten "techniken" beherbergen?


du sprichst viel von begleitplaybacks. sind diese bei den auf dem markt erhältlichen arrangements immer dabei?
wenn ja, wäre die aus kein großes problem.

produzierst du die begleitplaybacks komplett mit plug-ins selbst... oder holst du dir studiomusiker ins boot ?
wie haltet ihr´s dann bei konzerten? wird dann zu playbacks gesungen?

vielen dank noch mal für diese tollen praxis-tipps !!
 
hättest du u.u. sogar ein paar beispiel-arrangements, die noch zumutbar sind und von die von dir erwähnten "techniken" beherbergen?

Naja ... nur von mir selbst geschriebene. Seit langem mache ich mir einen Spaß daraus, mich gerade an so etwas zu versuchen und dabei weiterzubilden ... denn ich stand für meinen eigenen Chor ja vor den selben Problemen ...

du sprichst viel von begleitplaybacks. sind diese bei den auf dem markt erhältlichen arrangements immer dabei?

Nein, soweit ich weiß, ist das nicht der Fall.

produzierst du die begleitplaybacks komplett mit plug-ins selbst... oder holst du dir studiomusiker ins boot ?
wie haltet ihr´s dann bei konzerten? wird dann zu playbacks gesungen?

Ich bastle mir die Playbacks, die ich brauche, selber ..... natürlich mit Computerunterstützung. Natürlich auch für Konzerte.

LG - Thomas
 
Vielleicht wäre es am einfachsten, mal auf einer Notenausstellung /Chormesse die Verlagsstände abzuklappern? Da kannst du dann auch abklären, was sich ggf. verkauft und welche Verlage auf "moderne" Chormusik spezialisiert sind. Mir kommt (außer den großen USA-Verlagen) spontan Anni Bank in den NL in den Sinn (in den NL sitzen ja viele gute Jazz Chöre, auch Komponisten wie Harold Lenselink), in Deutschland Helbling, Schott, Bosse, Moeseler, Choramo, sogar Carus... Im Netz gibt es wenig, denn viele Laienchöre kaufen eher ungern Noten und kopieren grundsätzlich alles, deshalb sind die Verlage da sehr vorsichtig.

Dieses hier von Carsten Gerlitz ist schon fast ein Klassiker: http://www.greenlandmusic.de/womens-choirbook
Gilt zumindest als "jazzig", wirklich spannende Sätze, aber doch recht anspruchsvoll - Zumindest A-Cappella sind damit 80% der Laienchöre überfordert. Leben kann man von so was wohl auch eher nicht, die meisten Chorkomponisten, die ich kenne, sind hauptberuflich Musiklehrer.

Nicht unbedingt jazzig, eher "modern", teils eher einfach und derzeit recht weit verbreitet sind z.B. auch die Arrangements von Markus Detterbeck, Lorenz Maierhofer, Franz Herzog, Uli Führe, Marcel Dreiling oder Bob Chilcott. Alles aber sehr erfahrene "Chormenschen", die ihre Stücke auch intensiv mit Workshops etc. promoten.
 
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