Begleitmusiker für Vorspiel StuVo-Kurs: Was wird erwartet

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Hallo zusammen,

ein befreundeter Pianist plant Musik zu studieren und hat als Zweitinstrument Schlagzeug gewählt. Nächsten Monat hat er ein Schlagzeug-Vorspiel im Rahmen seiner Aufnahmeprüfung für einen studienvorbereitenden Kurs an der Musikschule. Nun hat er mich und einen Saxophonisten gebeten, ihn musikalisch dabei zu begleiten. Gespielt werden soll "Now's the Time" (Charlie Parker). Wie man sieht, geht es um Jazz.

Hat vielleicht jemand von euch Erfahrung mit der Begleitung eines Bewerbers? Was wird von den Begleitmusikern erwartet? Soliert nur der Bewerber oder auch die Begleiter? Was gilt es zu vermeiden, wenn man dem Bewerber die größtmögliche Unterstützung zuteil werden lassen möchte? Natürlich sollte man vorbereitet sein, seinen Kram dabei haben und sich nicht bei jedem dritten Ton verspielen. Aber gibt es darüber hinaus noch etwas zu beachten?
 
Eigenschaft
 
Hab den Drummer meiner Band bei der Übergangsprüfung vom 2. ins 3. Jahr begleitet. (Studiert Drums als Instrument + IGP)
Würde mal sagen, solide Begleitung reicht an sich natürlich. Grundsätzlich wird der Drummer bewertet, aber ein guter Gesamteindruck ist sicher von Vorteil!

Du musst dran denken, dass die Bewertenden üblicherweise den ganzen Tag, ein Trio/eine Combo nach der anderen hören. Meistens sogar die gleichen Nummern. Da ist es natürlich eine willkommene Abwechslung, wenn ein bisschen was geboten wird, also z.B. weitere Soli, paar Trades, ein paar nette musikalische Ideen, ... Ihr müsst das Rad nicht neu erfinden, aber ein paar Extras sind oft ganz gern gesehen.

Da es sich um Jazz handelt (eig. generell bei Musik), ist es auch immer gut, wenn wirklich der Eindruck entsteht, dass ihr nicht so sehr mit dem spielen konzentriert seid, dass ihr nebeneinander statt miteinander spielt. Nicht dauernd aufs Griffbrett/Notenblatt starren ;). Das haben wir zum Beispiel (vor lauter Nervosität, sitzen immerhin einige Leute vor Dir die deine Finger im Blick haben) nicht so gut hinbekommen. Gelegentlicher Blickkontakt, und co. ist sicher eine gute Idee!

Liebe Grüße & viel Erfolg!
 
Vielen Dank für die Tipps. Auswendig spielen sollte bei einem 12-taktigen Stück mir übersichtlichen Harmonien selbstverständlich sein. Blind spielen werde ich noch ein wenig üben müssen. Unzureichender Blickkontakt untereinander und mit dem Publikum war auch einer der Hauptkritikpunkte beim Auftritt mit meiner Jazzband am letzten Wochenende. Daran wird also eh gearbeitet.

Sich in die Lage der Jury zu versetzen, die vielleicht den ganzen Tag Bewerber hört, ist sicher eine gute Idee. Daran hatte ich wegen der Fokussierung auf uns Musiker noch nicht gedacht. "Now's the time" ist ein Standard, den gerade jazzorientierte Lehrer sicher öfter hören. Da werden wir uns mal überlegen, was man damit anstellen kann, um das Stück interessant zu gestalten. 5 1/2 Wochen haben wir ja noch, da sollte was machbar sein.
 
Ist wie bei DSDS (übertrieben gesagt). Im Mittelpunkt steht der Bewerber und sollte dort auch bleiben.
 
Im Mittelpunkt steht der Bewerber und sollte dort auch bleiben.

Genau deshalb ist es mir auch ein Anliegen, ihm die bestmögliche Unterstützung zuteil werden zu lassen, ohne selbst in den Vordergrund zu treten. In der letzten Oktoberwoche treffen wir uns und gehen das Stück mal durch.
 
Ich hab vor 20+x Jahren auch bei Aufnahmeprüfungen ausgeholfen - und war mindestens so aufgeregt wie der jeweilige Kandidat, weil ich Sorge hatte, ihm mit ein paar falschen Tönen die gesamte berufliche Zukunft zu verbaseln.:guilty: Deshalb vielleicht zum Mutmachen eine kleine Geschichte, die mir nun letztes Jahr passiert ist, als ich einen Schlagzeuger bei dessen B.A.-Konzertexamen begleitet habe...

Das Repertoire bestand aus fünf teilweise anspruchsvollen fusion-orientierten Stücken, die natürlich besonders das Können des Schlagzeugers zeigen sollten (und es auch taten). Also typischerweise viele Geschichten mit krummen Formen, krummen Takten, langen dr-solo-Breaks, bei denen man stramm und konzentriert mitzählen mußte, etc.
Wir hatten mit git/p/b/dr bis zum Abwinken geprobt, und die Sachen hatten dort schließlich zum Großteil gut bis sehr gut geklappt. Ich (b) mußte mich damit abfinden, daß ich zwar eines der Stücke (gelinde gesagt) nicht besonders mochte - "Everglades" von Scott Henderson & Co. -, aber das war ja nun mal für die Prüfung egal.

Beim Examen selbst liefen die ersten vier Sachen sogar noch besser, als erwartet - selbst die kleinen Fallen, bei denen einem die Konzentration sonst gern mal einen Streich spielte. Wir spulten die Stücke geradezu runter. Dann kam das fünfte: Everglades.
Für die, die's nicht kennen: eine ziemlich wüste (man kann darüber streiten, ob nicht etwas arg verkopfte :rolleyes:) Mischung aus 6/8-, 7/8- und 8/8-Takten, alles ziemlich dicht gespielt, sodaß man wie ein Schießhund aufpassen mußte, um nicht rauszufliegen.
Es ging dennoch halbwegs, bis hin zum krönenden dr-solo, immer schön über 6/8 - 7/8 - 6/8 - 8/8 :m_drummer:, ich weiß nicht mehr, wieviele Durchgänge, es ging auf Augen-Kontakt.
Dann sollte es rausgehen und in die Coda, die noch ca. eine halbe Minute dauerte: sägende Gitarrenmelodie :m_git1: über sattem Klavier, dr-Gezimmer und fetter Baß-Grundierung (die Stelle war bei den Proben im Gegensatz zu anderen Ecken unproblematisch gelaufen).
Es sollte also rausgehen. Ging aber nicht.
Denn haargenau am Ausstieg des dr-Solos hatte ich - was bislang bei keiner Probe passiert war - den winzigkleinen Blackout. :stars:Auf einmal hing ich "draußen".

Das fühlt sich dann ungefähr so an, wie wenn man mit zusammengebundenen Knien und gefesselten Händen in Schußfahrt eine steile Skipiste runterbrettert, rechts und links stehen Bäume gefährlich dicht neben dem Weg. Und zwischen diesen Bäumen kommt einem 200 Meter weiter unten gerade breit und massig die Pistenraupe entgegen (der Schluß des Stücks und des gesamten Examenskonzerts).:rofl: Ich habe meinen Baß schon in komfortableren Situationen umhängen gehabt.:facepalm1:
Ungefahr eine Viertelminute währte dieses peinliche Chaos - um mich rum enorme Lautstärke, alles auf "Zehn" :embarrassed:, und es wurde nicht besser dadurch, daß ich durch meine falsch plazierten Töne auch noch unseren armen Pianisten mit in den Abgrund gezogen hatte.

Gerettet hat uns dann der Examenskandidat selber: denn unser Schlagzeuger fing irgendwann an, über den allgemeinen Geräuschbrei hinweg genau auf der time aus vollem Halse das Themenmotiv zu grölen. Damit hat er uns ein paar Takte vor Schluß wieder eingefangen. Ich war einfach nur erleichtert - und habe gar nicht mitbekommen, wie die beiden Prüfer unseres Drummers hinten im Auditorium saßen und sich (wohlwollend) wegschmissen vor Lachen. :rofl::cheer:

Im Endeffekt - und deshalb erzähl ich das - hat mein faux pas der master-befähigenden Examensnote des Schlagzeugers nicht geschadet; im Gegenteil wird er vermutlich eindruckvoll demonstriert haben, wie er selbst in schwierigem Umfeld die Versemmeleien eines Bassisten wieder ausgebügelt kriegt...:patpat:

Michael
 
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Das wäre doch der richtige Beitrag für die Nummer 500 gewesen. Immerhin hab ich mich beim Lesen gefühlt wie die Prüfer beim Zuhören. Und da du den Text so schön passend mit Smileys garniert hast: :keks:

Trotz allem bin ich ganz froh, dass es in meinem Fall "nur" um die Aufnahmeprüfung im Nebenfach an der Musikschule geht.
 
Merci :)
Ja, ich muß über die Geschichte auch immer sehr grinsen, wenn ich drüber nachdenke... :D

Michael
 
So, das Vorspiel ist letzten Samstag gelaufen und und unser Pianist/Schlagzeuger ist für die StuVo-Ausbildung aufgenommen worden. Die Prüfer haben sich gefreut, mal eine komplette Band zu hören, denn zumindest das Schlagzeugvorspiel davor war solo. Wir hatten kurzfristig noch ein weitere Saxophon hinzugenommen, auch das hat prima geklappt. Und wie der Zufall will möchte die Schlagzeugerin meiner Jazzband im Januar nach den bisher geplanten Gigs aufhören (leider, denn sie ist richtig gut). Somit hat unser neuer StuVo-Musiker direkt die Chance, in einer Band zu trommeln.
 
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