Blattlesen - Noten oder Intervalle???

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Dudo01
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Hallo Community,

eine Frage zum Blattlesen:
Ist es ratsam, beim Blattlesen wirklich jede Note einzeln zu lesen (und deren Tonhöhe und Notennamen exakt zu erkennen),
oder eher die Intervalle zwischen den Noten zu erkennen (z.B. eine Terz nach oben oder eine Quart nach unten...)???
Mit welcher Lerntechnik macht man langfristig die besseren Fortschritte, um ein Stück von einem Notenblatt, welches man erstmals sieht, flüssig spielen zu können???
Anm.: Mein Instrument ist das Klavier... Ich spiele seit über 30 Jahren, jedoch vorwiegend nach Gehör...

Lieben Dank und Gruß,
Roman
 
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Hallo Roman,

ich (als lausiger vom-Blatt-Spieler ;)) kann Dir auf jeden Fall verschichern, daß es wesentlich ist, Zusammenhänge mit einem Blick zu erfassen - genau wie beim "normalen" Lesen auch. Wenn Du einzeln die Buchstaben zusammensuchst, wirst Du nie flüssig lesen können.
Aber Du kannst auf dem Notenblatt z. B. bald Dreiklänge mit einem Blick an ihrer charakteristischen Form erkennen, man kann (das ist wesentlich!) auch rhythmische Phrasen (zumindest die gängigen) auf einen Schlag erfassen und sofort umsetzen, ohne erst genau "nachrechnen" zu müssen.
Das alles geht zwar nicht immer, aber meistens und schafft freie Kapazität. Vorausschauen, um nicht überrascht zu sein, was im nächsten Takt passiert, ist auch unverzichtbar, um nicht allzu leicht ins Straucheln zu kommen.

Natürlich muß man auch Tonhöhen erkennen, keine Frage, aber wenn man erkennt, daß z. B. ein zweistimmiger Part im Oktavabstand verläuft, hat man schon die halbe Lese-Arbeit gespart.
Tonnamen muß man (meiner Meinung nach) dabei nicht aufsagen können, das liegt außerhalb der Kette Sehen - Umsetzen.

Die praktische Umsetzung (also das tatsächliche Spielen) hängt natürlich auch viel mit Deinem Instrument zusammen (Du erwähnst nicht, welches) und hat dann seine individuellen Besonderheiten.

Das alles ist natürlich ein größeres Thema, aber kurz gesagt läuft da viel mit Mustererkennung.

Viele Grüße
Torsten
 
M.E. solltest du sehr schnell jede Note nach Tonhöhe und Notennamen exakt erkennen können. ABER für das Spiel sind die Intervalle ähnlich wichtig, wenn icht wichtiger. Für die Korrektur des Spiels "da klingt was falsch" wieder erstes.
Wenn du nach Intervallen spielst, musst du aber etwas Theorie drauf haben, um die Vorzeichen schneller zu erdenken.

Ob es ein "besser" oder "richtiger" gibt, wag ich zu bezweifeln. Hängt wahrschenlich auch vom Gesamtumgang mit Musik zusammen - höre ich eher Linien/Melodien oder Harmonien/Gefüge?
 
Ich habe mal in einer Blattspielschule gelesen, dass es langwieriger und mühsamer, aber rentabler wäre, die Noten absolut zu lesen und nicht relativ. Nur so würdest du das andere automatisch mitlernen. Aus eigener Erfahrung stimme ich dem zu. Wenn du dann fit bist, kannst du auf beides gleichzeitig umschwenken.
 
Vielen Dank für Eure Antworten.
Also mein Problem beim Klavierspielen vom Blatt ist im Grunde folgendes:
Ich lese die Noten für gewöhnlich nicht einzeln, sondern bloß die Intervalle von Note zu Note, um die Zusammenhänge schneller zu erfassen und mehr Fluss in das Spiel zu bekommen, so wie man beim Lesen eines Textes nicht jeden Buchstaben einzeln liest, sondern diese automatisch zu Wörtern kombiniert.
Der Nachteil daran ist jedoch: Wenn ich auch nur eine Note falsch spiele, also z.B. eine Terz zu hoch, dann sind automatisch alle weiteren Noten auch eine Terz zu hoch, da ich ja die einzelnen Noten nicht nach ihrer Tonhöhe ausmache, sondern relativ zu den anderen Noten davor.
Lese ich andererseits jede Note bewusst, dann bremst mich das so runter, als würde ich in einem Text jeden Buchstaben einzeln lesen...
Mir ist schleierhaft, wie man den Vorgang des flüssigen Blattspiels bei gleichzeitig garantierter Treffsicherheit aller Noten bestmöglich automatisieren kann...
 
Hallo Roman,

welches Instrument spielst Du denn? Es gibt nämlich instrumentenspezifisch unterschiedliche Ansätze.
Wieviel spielst Du so? Und wieviel Zeit möchtest Du verwenden, um Dein vom Blatt Spiel zu verbessern?

Grundsätzlich (und langfristig am erfolgversprechendsten) ist es, möglichst viele Informationen auf einmal zu erfassen:
- ich spiele nach dem c ein es
- das ist eine kleine Terz rauf
- danch folgt ein g
- das ist eine große terz rauf
- das ergibt einen c-Moll Klang
- da ich mich in g-Moll bewege, ist das der Subdominantklang

Verwirrend? Kompliziert?

Ist es auch;-) Zumindest am Anfang.

Am Anfang würde ich schauen, wie ich am besten mit dem Blattspiel zurecht komme. Vielleicht mit einer der von Dir angesprochenen Wege. Vielleicht denkst und spielst Du auch räumlich. Weißt also beim c-Moll Akkord sofort, dass, am Beispiel Klavier, der erste, dritte und 5. Finger dran sind, und das "es" eine schwarze Taste ist. Wenn das reicht, um gut vom Blatt spielen zu können: PERFEKT! Je einfacher, desto besser.

DANN, wenn Du Stücke richtig übst (ich nehme an, Du wirst nicht den ganzen Tag vom Blatt spielen;)), würde ich soviele Informationen wie möglich mit den Tönen verknüpfen. Das ist erstmal viel Denkarbeit und dauert lange und ist müüüühsam. ABER: diese Informationen stehen Dir im Laufe der Zeit immer mehr und zuverlässiger für das vom Blattspiel zur Verfügung. Wie Du "normal" übst und Dein vom Blatt Spiel beeinflussen sich also gegenseitig.

Ich empfehle auch, diese Dinge ohne Instrument zu üben.

Also:
- visualisieren, wie sich meine Finger bewegen, um die Töne eines Stückes zu spielen
- wissen, welche Noten diese Finger spielen
- die konkreten Fingersätze wissen
- die harmonischen Zusammenhänge wissen-
- zu spüren, wie sich ein Stück/ eine Passage emotional für mich anfühlt
- ...

So lernt man für das vom Blatt Spiel, Abfolgen zu erkennen, statt sich von Ton zu Ton zu hangeln. Die Finger spielen dann nicht mehr c d e f g a h c, sondern `wusch´ eine C-Dur Tonleiter;-)

Aber nochmal: für den Anfang nutze, was Dir am leichtesten fällt:great:
 
Hallo TripleK, danke für Deine Hinweise, ich werde beim Üben darauf achten.

Das Erkennen von harmonischen Zusammenhängen ist für mich zum Glück ein Kinderspiel... (z.B. Subdominant-Mollakkord = IV. Stufe von der Tonika... etc.)
Das Problem ist lediglich, dass ich diese Zusammenhänge mit verbundenen Augen schneller erfasse als mit offenen... Wenn ich auf ein Notenblatt schaue, dann sehe ich im ersten Moment nur viele Kugeln mit Strichen... Wenn ich eine Notenzeile einmal durch habe, dann spiele ich sie beim zweiten mal schon von Gehör, lese jedoch dann nicht mehr jede Note bewusst, sondern erinnere mich eher, wie das Notenbild geklungen hat, und die Finger gehen automatisch auf die richtigen Tasten... Darum fällt es mir auch viel leichter, eine Melodie, die ich im Ohr habe, zu notieren, als eine Melodie, die ich noch nie gehört habe, von Noten zu lesen...
 
Ich bestimme die Noten auch absolut. Nach Intervallen vorgehen ist für mich zu gefährlich, da ich dann nur unsicher bin ob es klein und groß ect ist.

Das Problem beim Absolutismus: Vorzeichen. hast Du da 5 # stehen, muss man erstmal richtig überlegen welcher der Töne da erhöht wird und welche nicht. Das kann bei hoher Geschwindigkeit echt haarig werden.

Es nach Intervallstruktur zu erfassen macht aber auch Sinn, wenn man sich auf Finegrsätze verlassen will. Vor allem wenn alles dann in einer Lage vorkommt- ich weiß bei meinem Dur-Fingersatz immer welcher Finger grade die 5 die gr6 spielt usw...
Problematisch wirds dann wenn man den Fingersatz verlassen muss... was sehr oft der Fall ist.
 
Beim vom-Blatt-Spielen ist sinngemäß richtiges Spielen wichtig, nicht detailliert genaues. Da ist harmonisches Lesen die IMHO einzig sinnvolle Methode. Du solltest aus den Noten möglichst schnell, also innerhalb von Sekundenbruchteilen, die Harmonie erkennen können und diese inhaltlich richtig wiedergeben. Nicht jeder Tön wird dann an der richtigen Stelle sein, aber ist die Trefferquote dann oft hoch, und man begreift musikalische Zusammenhänge schnell.

Das funktioniert eher schlecht bis gar nicht bei barocken Fügen und bei freitonaler bzw. atonaler Musik. Auch bei Hindemith komme ich damit an Grenzen. Aber bei allen gängigen Stücken aus Klassik, Pop und Jazz ist diese Herangehensweise für mein Klavierspiel eine unverzichtbare Grundlage.

Man kann das Erkennen von Harmonien aus Noten trainieren. Falls Du aus Songbooks spielst, lies die Akkordsymbole mit und entwickle ein kritisches Verhältnis dazu: lerne zu erkennen, ob ein Akkordsymbole z.B. unvollständig oder zuviel ist. Die harmonische Realität eines Songs sieht oft anders aus, als die Akkordsymbole es andeuten.

Und dann kannst du das Erkennen von Harmonien trainieren, indem du aus Noten ohne Akkordsymbole spielst und die Akkordsymbole ergänzt. Zunächst schriftlich nach Analyse, später in Echtzeit mündlich während des Spielens: sprich immer den Namen des Akkords aus, den du gerade spielst. Das ist am Anfang hart, aber sowas schafft auf Dauer eine große Souveränität im Umgang mit Harmonien.

Harald
 
Hallo HaraldS, vielen Dank für Deinen Rat, ich werde ihn beherzigen :)
 

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