Die ANDERE Gehörschulung ...

turko
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Mein "Problem" ist:

Ich habe ein recht talentiertes und auch gut geschultes musikalisches Ohr ... was harmonische Zusammenhänge betrifft.

Ich höre einer Bigband zu und weiß sofort, das war jetzt ein 7#9-Akkord, oder ein 7#11-Akkord ... "sogar" sus-Akkorde, die ja oft in sehr versteckter Form auftauchen, habe ich zu hören und identifizieren gelerntm und ich kann dim-Akkorde klar von "halbverminderten" oder von umgedrehten Sextakkorden (= Grundton ungleich Basston) unterscheiden.

Was ich furchtbar schlecht kann, ist, aus einem Gesamtklang (Bigband Blocksatz ...) heraushören, WELCHES INSTRUMENT denn nun gerade z. B. die #9, oder die #11 spielt. Ich höre nur sehr ungenügend heraus, WER WAS spielt, wo hingegen mir der GESAMTKLANG meistens in der Identifikation keine Probleme bereitet.
Genauso geht es mir mit Chören ... es ist furchtbar leicht, zu bestimmen, was der CHOR als GANZES da (harmonisch) tut ... aber die ALT-Stimme z. B. gehörmäßig zu verfolgen, fällt mir unheimlich schwer.

Wie kann man SOWAS trainieren (außer, es immer wieder zu versuchen, was ich aber sowiewo zeitlebens tue ...) ?

Für Hinweise oder Erfahrungen wäre ich dankbar.

LG-Thomas
 
Eigenschaft
 
blos noch mal zur Verdeutlichung...?

Du kannst Dir problemlos das harmonische Gerüst raushören (und somit auch aufschreiben), aber hinterher nicht einem einzelnen Instrument folgen, was es im Zusammenhang tut?


Ich bin ja Schlagwerker und meistens nicht so sehr in diese Zusammenhänge involviert, aber wenn, dann suche mir einen "Angelpunkt", für die Big Band ist das meist das Klavier und verfolge dann die Einzelstimmen im Verhältnis dazu, bei kleinen Besetzung (im Jazzbereich) wähle ich meistens den Baß, da laufen die Rhythmik und die Harmonik am ehesten nachvollziehbar zusammen.
Mir fällt es relativ (mehr oder weniger :)) ) leicht dann den einzelnen Stimmen zu folgen.
Nur bin ich harmonisch etwas unterentwickelt und habe eher Probleme das wieder in ein großes Ganzes zu fügen...

Z.B. wenn ich irgendwo einen Einsatz brauche, dann lese ich keine 37,5 Take Pausen, sondern hol mir den Kick bei einem Instrument, das kann dann auch irgendeine Nebenmelodie vom 2. Alt sein. Und wehe, der Sack hat gerade seinen Einsatz verpaßt...:eek::D
 
Du kannst Dir problemlos das harmonische Gerüst raushören (und somit auch aufschreiben), aber hinterher nicht einem einzelnen Instrument folgen, was es im Zusammenhang tut?

Genau! Wobei die Fähigkeit der Verfolgung einer Einzelstimme natürlich mir der "Präzenz" dieser Stimme und mir der "melodischen Sinnhaftigkeit oder Wichtigkeit" zusammenhängt: Kein Problem bei Klavier, Single-Line-Gitarre, Bass, oder auch bei einer Posaunenstimme in einem polyphonen (!) Jazz-Arrangement. Aber aus einem Streicher-Blocksatz die Viola-Stimme verfolgen oder aus einem T6-Arrangement die 2. Tenorstimme (Du weißt, wovon ich rede ... ?) ... DAS fällt mir so schwer .
 
...aus einem T6-Arrangement die 2. Tenorstimme (Du weißt, wovon ich rede ... ?) ... DAS fällt mir so schwer .
Ok! bei reinen Vokal-Arrangements hat ich das noch nie probiert, ich kann eher nur rhythmisch singen mit einem sehr eingeschränkten Tonumfang und hochgradig intonationsunsicher...

...ich bin das schwarze Schaf in der Familie, meine Geschwister sind/waren Berufsmusiker mit "Hauptinstrument" Gesang und meine Eltern waren auch sehr gute Sänger, bei mir hat das Talent völlig ausgesetzt...
 
... :) ... und deswegen haben sie Dich hinters Schlagzeug verbannt ? ... Nach dem Motto "Naja, da kann er wenigstens nicht viel anrichten ... " ? :)

Undduckundweg ...

PS: Nicht bös´ sein bitte ! :)
 
:D:D:D
ich hatte ja (trotzdem) einige Jahre Klavierunterricht, war aber nur eine lästige Pflicht, ebenso wie später beim Studium die Mallets. Meine Marimba hab ich einen Tag nach dem Diplomkonzert verkauft...
 
Hm ... das erinnert mich jetzt an die Diskussion Grundtonhörer/Obertonhörer. Einer der beiden Hörtypen hört eher Gesamtklänge als Klangfarbe, der andere kann eher die einzelnen Stimmen heraushören. Ich weiß leider gerade nicht genau wie rum es genau ist.

Edit: Mir fällt gerade was ein. Mir hat mal jemand was gezeigt. Wenn der Sound lange genug steht, kann man ihn abscannen. Man fängt zum Beispiel vom Grundton an und geht den Klang stufenweise aufwärts um zB zu hören ob die jeweilige Tension vorhanden ist. Interessanterweise ist das wie eine Lupe, mir scheint der jeweilige Ton lauter zu werden. Warscheinlich ist das selektives Hören, so wie wir im Alltag ein Gespräch aus Nebengeräuschen filtern können.
 
Als Big-Band-Leiter kenne ich das Problem gut...
Es ist ja so: es gibt musikalische Situationen, in denen es das Ziel ist, dass einzelne Instrumente sich zu einem Gesamtklang organisieren, den der Hörer als Gesamtheit wahrnehmen soll. Wenn ich Posaune in einem Big-Band-Posaunensatz spiele, ist Integration der bestimmende Faktor. Spiele ich die gleiche Posaune in einer Combo mit polyphonen Linien, ist viel mehr Individualität und Personalstil gefragt. Es gibt also die musikalisch wünschenswerten Tendenzen der Integration und der Individualität. Musik für größere Ensembles spielt immer wieder mit diesen Polen, und als Spieler stimmt man ja seine Instrumentaltechnik auch daraufhin ab.

Von daher: kein Wunder, wenn du die einzelnen Linien nicht heraushören kannst. Ich könnte es auch nicht. Zumindest nicht bei so einem Kunstprodukt wie einer Tonaufnahme, deren Technik nochmal daraufhin angelegt ist, einen gleichmäßigen und homogenen Klang zu erzeugen, der ja so in der Realität selten da ist.

Ich habe auch früher versucht, orchestrale Situationen stimmengetreu zu transkribieren. Aussichtslos, in der Regel, würde ich sagen. Und vor allem: auch selten wünschenswert. Ich transkribiere in solchen Fällen mittlerweile die Stimmführung, die mir arrangiertechnisch am sinnvollsten, plausibelsten und am logischsten erscheint. Wenn wir (ich meine jetzt mal dich und mich), die wir seit Jahrzehnten uns intensiv mit der Thematik (vermutlich mit professionellem Background) beschäftigen es nicht heraushören können, dann:
- kann's nicht so wichtig sein
- ist es eh egal
- hört es auch kein durchschnittlicher Musikhörer
- kann uns sowieso keiner einen Fehler nachweisen
- ist der Gesamtsound eher eine tontechnische Finesse als eine arrangiertechnische
- verbringe ich meine Zeit lieber damit, Gründe dafür zu finden, warum ich es nicht heraushören kann :D

Harald
 
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...Von daher: kein Wunder, wenn du die einzelnen Linien nicht heraushören kannst. Ich könnte es auch nicht. Zumindest nicht bei so einem Kunstprodukt wie einer Tonaufnahme, deren Technik nochmal daraufhin angelegt ist, einen gleichmäßigen und homogenen Klang zu erzeugen, der ja so in der Realität selten da ist. ...
Kann ich so bestätigen!!
Live ist es deutlich einfacher, wahrscheinlich weil (unbewußt??) auch noch der visuelle Gesichtspunkt dazukommt, aber ich kann meist auch auf Aufnahmen Bläserstimmen verfolgen. Wahrscheinlich aber auch deshalb, weil ich viele Arrangements live kenne, viele auch wieder selber gespielt habe?!

Zugegeben, bei den drei Posaunen ist es am schwierigsten, beim Föhn gehts meistens, die Saxe sind für mich relativ einfach zu hören.
 
Wenn wir (ich meine jetzt mal dich und mich), die wir seit Jahrzehnten uns intensiv mit der Thematik (vermutlich mit professionellem Background) beschäftigen es nicht heraushören können, dann:
- kann's nicht so wichtig sein
- ist es eh egal
- hört es auch kein durchschnittlicher Musikhörer
- kann uns sowieso keiner einen Fehler nachweisen
- ist der Gesamtsound eher eine tontechnische Finesse als eine arrangiertechnische
- verbringe ich meine Zeit lieber damit, Gründe dafür zu finden, warum ich es nicht heraushören kann :D

Das kann ich im Prinzip alles unterschreiben. Es ist halt nur eben so, daß ich mein Leben lang versucht und daran gearbeitet habe, mein (musikalisches) Gehör immer mehr zu verbessern. Das ist mir im Bereich Funktionsharmonik, mit allem, was da dazuhört, leidlich gelungen. Ich bin endlich auf einem Level angelangt, mit dem ich selber gut leben kann. Nicht, daß da nicht noch immer Berge von Situationen wären, die ich NICHT erhöre ... aber die wird´s wohl immer geben. Aber ich finde meine Fähigkeiten auf diesem Gebiet jetzt zufriedenstellend.

Ganz im Gegensatz zu meinen Fähigkeiten auf dem oben thematisierten Felde ... da finde ich mich reichlich unterentwickelt ... und das wurmt mich ein bisschen. Ich würde mich halt gerne noch auch hier verbessern. Obwohl ich selber der Meinung bin und immer war, daß diese Art des Hörens für jede Art der Musikausübung eher irrelevant ist. Genauso, wie ein absolutes Gehör.

Wahrscheinlich ist es also pure Eitelkeit, die mich unzufrieden sein läßt ... im echten (Musik-)Leben habe ich diese fraglichen Fähigkeiten eigentlich noch recht selten vermißt ... :), außer eventuell, wie schon gesagt, bei der Transkription von Take6-Arrangements. Aber da habe ich mir stets so weitergeholfen, wie Du: Die Eckpfeiler (etwa der wichtigste Akkord im Takt-Abstand) habe ich mir, teils unter unendlichen Mühen, herausgehört. Und das dazwischen, habe ich dann so geschrieben, wie ich es schreiben würde ... um am Ende oft draufzukommen, daß die anderen (die zu transkribierende Vorlage) es ohnehin auch genauso gemacht haben ...

Take 6 z. B. verwendet oft einen Dur-add9-Akkord als Schlußakkord, oder als Akkord für den Abschluß einzelner Songteile. Daß es ein add-9-Akkord ist, war mir schon beim ersten Anhören einer solchen fraglichen Stelle klar. Aber ich war nicht im Stande zu hören, WO der 9-er liegt, ... in welcher Lage. Erst nach Jahren kam ich endlich dahinter, wie die so einen Akkord voicen. Das nur als Beispiel ...

Lg - Thomas
 
Hm ... das erinnert mich jetzt an die Diskussion Grundtonhörer/Obertonhörer. Einer der beiden Hörtypen hört eher Gesamtklänge als Klangfarbe, der andere kann eher die einzelnen Stimmen heraushören. Ich weiß leider gerade nicht genau wie rum es genau ist.

Um das zu klären:

Grundtonhörer: Akkordstruktur der Jazzakkorde (Voicings) verschmelzen eher zu einer "Klangmasse".
Obertonhörer: nehmen die Akkordstruktur der Jazzakkorde (Voicings) analytisch wahr
Quelle: Maria Hörl: Eine Hörertypologie der anderen Art
Entscheidet das Phänomen Oberton- oder Grundtonhören über Aufnahmeprüfungen?

Ich hatte die Auswertung des Tests (http://hoertyp.de) in diesem Post kürzlich rekonstruiert.

Mir geht es ähnlich wie es turko und anderen im Thread. Vermutlich ist turko Grundtonhörer, oder?

Viele Grüße
Klaus
 
Mir geht es ähnlich wie es turko und anderen im Thread. Vermutlich ist turko Grundtonhörer, oder?

Keine Ahnung. Ich hatte diesen Begriff vorher noch nie gehört ... aber in der Tat ist der Grundton - sollte der Begriff wörtlich zu verstehen sein - bei mir das Maß aller Dinge. Ich tue mich auch schwer beim Hören Bi-tonaler Situationen ...

LG - Thomas
 

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