Frequenzauslöschungen bei 2 Spulen, Wellenlängen und Co

Ray
Ray
Mod Emeritus
Ex-Moderator
HCA
Zuletzt hier
02.02.24
Registriert
22.08.03
Beiträge
13.292
Kekse
8.824
Ort
Frankfurt
Hab mal zwei Fragen zu dem thema:

1. Es wird ja bei Humbuckern, neben dem höheren Widerstand und der Kapzität, auch gerne das breitere Abtastfeld der Saite als Grund angegeben, warum der Sound meist höhenloser ist. Wegen der Frequenzauslöschungen (Wellenberg trifft Wellental auf selber Abtastfläche).

Aber irgendwie kommt das doch nicht so ganz hin. Das Pole-Spacing beträgt so um die 1,7 - 2cm. Also wären die ersten (Teil)Töne, die gelöscht würden, die auf 3,4 - 4 cm Wellenlänge.

Bei Lambda = c/f und ner Schallgeschwindigkeit von 340m/s wären das bei 3,4 cm Wellenlänge genau 10 khz.

Aber welcher Humbucker überträgt bitte bei 10 khz?? Selbst bei einem seeehr höhenreichen HB mit ner Resonanzfrequnez zwischen 4 und 5 khz fällt der Frequenzgang hinter der Resonanzfrequenz ja steilflankig ab, bei 10 khz ist da absolut essig, da wird ja schon massiv gedämpft, de facto also mehr oder weniger abgeschnitten.

Wieso sollte es dann ne Rolle spielen, wenn 3,4cm Wellen sich auslöschen? Incl aller noch kürzeren Wellen, die ebenfalls Berge und Täler im Abtastfeld haben, aber noch stärker jenseits sämtlicher Übertragungswerte bzw. schon jenseits der Hörschwelle liegen...

Oder spielt auch schon eine Teil-Auslöschung bei längerwelligen Frequenzen eine Rolle, wo es zwar keine komplette Löschung gibt, aber zumindest Teilstücke von Wellenbergen und -Tälern, die sich gegenseitig beeinflussen?

bei ner Tele und Hals-Steg-Stellung kann ich mir das ja noch gut vorstellen, bei nem Pole-Spacing von 11 bis 12 cm dürfte hier schon pi mal Daumen bei 2,5 khz der erste Teilton gekillt werden. Aber bei nen normalen Humbucker mit unter 2 cm.....ist das wirklich hörbar?


2. Im E-Gitarren (Physik)Buch von Meinel wird das Thema am Rande angesprochen, allerdings steht da im Zusammenhang mit der Abtastbreite von PUs der für mich unverständliche Satz

"[...] denn immerhin beträgt die Wellenlänge bei 10khz noch 4,3 cm bei der e1-Saite und etwa 1 cm bei der E-Saite [...]"

Wie kann sich die Wellenlänge bei gleicher Frequenz (10khz) und gleicher Schallgeschwindigkeit ändern? Es muss doch völlig egal sein, ob die 10 khz auf der tiefen E-Saite oder der hohen E-Saite erzeugt werden. Der einzige Unterschied wäre da, welcher Teilton es ist. Bei E (Grundfrequenz ca 80 hz) wäre es halt irgendwo um den 120. Teilton rum, bei e1 (ca 320 hz) wäre es halt irgendwo um den 30. Teilton rum. Aber Wellenlänge bleibt doch wellenlänge. Wie kommt der hier auf Wellenlängen bei 10 khz, die zwischen 4,3 und 1 cm liegen? :screwy:



Später im Zusammenhang mit einem Pole-Spacing von 18mm beschreibt er dann die Auslöschung von 36mm Wellen, wobei er aber für verschiedene Saiten verschiedene Frequenzen angibt, bei denen gelöscht wird.

Bin ich jetzt blöd oder ist der blöd? :)

Wie kann bei einer vorgegebenen Wellenlänge (hier 36 mm) die Frequenz unterschiedlich sein? Bei gleicher Schallgeschwindigkeit und Wellenlänge ergibt doch die Formel Lambda =c/F immer die gleiche Frequenz. Völlig wurscht, auf welcher Saite nun erzeugt. Aber 36mm bleiben 36mm, also bei 340m/s Schallgeschwindigkeit immer 10 khz.
 
Eigenschaft
 
Auf die Gefahr hin, dass ich jetzt was ganz blödes sage, aber muss man nicht mit der Schallgeschwindigkeit im Material der Saite rechnen?
 
1. Phasengeschwindigkeit

Es gilt:

f0=c/(2*L0)

Wobei L0 die Mensur und ihr doppelter Wert folglich die Wellenlänge der Grundschwingung ist.

Die Herleitung der Wellengleichung lieferte leider keine Aussage über die Phasengeschwindigkeit c und den Zusammenhang mit den Eigenschaften des schwingenden Mediums. Betrachtet man die Verhältnisse bei einer Gitarre, so ist festzustellen, daß bei gleicher Mensur L0 auf verschiedenen Saiten unterschiedliche Frequenzen entstehen. Die daraus zu ziehende Schlußfolgerung liegt auf der Hand:
Die verschiedenen Saiten müsen den Grund für eine unterschiedliche Phasengeschwindigkeit liefern! Andernfalls muß, bei gleicher Mensur (und damit Wellenlänge), auch immer die gleiche Frequenz entstehen!
Möchte man den entsprechenden Zusammenhang berechnen, so muß die Wellengleichung als Differentialgleichung hergeleitet werden (Au weia!).

Dabei gilt: Die Phasengeschwindigkeit einer elastischen Querwellen ist von der Dichte und Fläche des Mediums und der Spannkraft abhängig.

c=wurzel(F0/(Rho*A))

Darin ist F0 die sogenannte Zugspannung oder Spannkraft. Bei ausreichend kleinen Amplituden ist die Phasengeschwindigkeit elastischer Wellen nur von den Eigenschaften des schwingenden Mediums abhängig.

Der Term Rho*A läßt sich auch umdeuten als Masse pro Länge und wird als Massenbelegung µ bezeichnet. Sie ist eine sehr wichtige Kenngröße für eine Saite und wird von einigen Herstellern auch angegeben.

2. Wirkung des Pol-Abstandes:

Durch den Abstand der beiden Spulen ergibt sich ein Kammfiltereffekt, der nichts mit den elektrischen Eigenschaften der Spulen zu tun hat (Siehe Guitar-Letter II, Kap. 1.6).

Die Lage der Kammfrequenzen ist vom Polabstand (bP), der Mensur (L0) und der Grundfrequenz (f0) der Saite abhängig. Es gilt dann:

G(f)=si(pi/2*b'*f')​

Wobei die relativen Größen b'=bP/L0 und f'=f/f0 sind.

Hinweis zur si-funktion: si(x):=sin(x)/x, si(0)=1!

Die erste Auslöschung findet sich dann bei

fk=2*L0/bP*f0​


oder normiert auf f0:

fk'=2*L0/bP​


Für die Gibson-Mensur (628,65mm) ergibt sich dann​
Standard-Gibson (Abstand 18,26mm): fk'=68,8.

Für die tiefe(/hohe) E-Saite folgt dann entnormiert: fk=5,673kHz/22,693kHz
Das ganze Übertragungsverhalten ist hier zu sehen:

xgblhz.gif


Blau ist der Standard-Gibson, Rot ein schmaler Humbucker im P-90-Format.

Der beschriebene Kammfiltereffekt kommt bei der Unterscheidung Single-Coil-Humbucker durchaus noch bei den tiefen Saiten zum tragen. Bei den hohen Saiten ist der Effekt teilweise schon außerhalb des Hörbereiches!

Darüber hinaus sorgt die elektrische Tiefpaßcharakteristik (L, R, C) eines normalen Humbuckers dafür, daß kaum Frequenzen über 4kHz überhaupt übertragen werden.

Wenn also ein Unterschied wahrnehmbar sein sollte, dann als leichter Lautstärkeunterschied bei irgendwelchen Obertönen.

Aus dem gleichen Grund klingen die Cool-Rails (parallele Humbucker im Strat-Format) (fast) genauso wie ein echter Strat-PU, denn der Polabstand ist so gering, daß die Kammfrequenzen jenseits von Gut und Böse liegen.

In Kapitel 1.6 von Guitar-Letter II findet sich ein schöner Vergleich von SC vs Humbucker an Hals- und Steg-Position.

Ray schrieb:
Wie kann bei einer vorgegebenen Wellenlänge (hier 36 mm) die Frequenz unterschiedlich sein? Bei gleicher Schallgeschwindigkeit und Wellenlänge ergibt doch die Formel Lambda =c/F immer die gleiche Frequenz. Völlig wurscht, auf welcher Saite nun erzeugt. Aber 36mm bleiben 36mm, also bei 340m/s Schallgeschwindigkeit immer 10 khz.
Sie kann, denn jede Saite hat ihre eigene Phasengeschwindigkeit.

Ray schrieb:
Aber welcher Humbucker überträgt bitte bei 10 khz?? Selbst bei einem seeehr höhenreichen HB mit ner Resonanzfrequnez zwischen 4 und 5 khz fällt der Frequenzgang hinter der Resonanzfrequenz ja steilflankig ab, bei 10 khz ist da absolut essig, da wird ja schon massiv gedämpft, de facto also mehr oder weniger abgeschnitten.
Genau das ist der Punkt. Der Unterschied zwischen einem Single-Coil und einem parallelen Humbucker wird in erster Linie nicht durch diesem Kammfiltereffekt, sondern durch die elektrischen Daten (L, R und C) und dem daraus resultierenden Tiefpaß bestimmt.

Physik ist schöön ;)

Ulf

BTW: Wie sich die Themen in den verschiedenen Boards doch gleichen. :D


 
Irgendwie hab ich nur Bahnhof verstanden :D

DerOnkel schrieb:
Sie kann, denn jede Saite hat ihre eigene Phasengeschwindigkeit.

Ersetzt diese Phasengeschwindigkeit hier die Schallgeschwindigkeit in meiner schönen Formel Lambda = C/F? Oder wie hab ich mir das vorzustellen? Oder hat diese Formel hier gar nix zu suchen und gilt nur für Schallwellen in der Luft?

Ich krieg das sonst nicht in den Kopf, dass ein und dieselbe Wellenlänge verschiedene Frequenzen haben kann.
 
Ray schrieb:
Ersetzt diese Phasengeschwindigkeit hier die Schallgeschwindigkeit in meiner schönen Formel Lambda = C/F? Oder wie hab ich mir das vorzustellen? Oder hat diese Formel hier gar nix zu suchen und gilt nur für Schallwellen in der Luft?
Diese Formel gilt für sich ausbreitende Wellen. Die Welle der Gitarrensaite ist ja eine stehende Welle, sprich die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist null.
Außerdem ist die Schwingungslänge, also das lambda, durch die Mensur von außen aufgeprägt.
 
schmoemi? schrieb:
Diese Formel gilt für sich ausbreitende Wellen. Die Welle der Gitarrensaite ist ja eine stehende Welle, sprich die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist null.
Außerdem ist die Schwingungslänge, also das lambda, durch die Mensur von außen aufgeprägt.

Dann werd ich wohl damit leben müssen, dass ein- und dieselbe Frequenz unterschiedliche Wellenlängen haben kann ;)

Warum hat der Dödel das in seinem Physikbuch nicht so dazugeschrieben :D
 
DerOnkel schrieb:
Physik ist schöön
Ja, besonders, wenn man es versteht. Das kann ich zwar in Moment gerade noch nicht behaupten, aber wenn wir das Thema in der Schule durchhaben(ist gerade dran), werde ich mir den Thread sicher noch mal zu Gemüte führen.
Ray schrieb:
Warum hat der Dödel das in seinem Physikbuch nicht so dazugeschrieben
Vielleicht meinte er, man würde es nicht verstehen. Aber so was ist schon blöd, nichts nervt mehr als unklare oder sich wiedersprechende Quellen.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben