Generalbass aussetzen

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Hallo,

ich muss Generalbässe aussetzen. Da stellt sich bei mir die Frage bei JS Bachs liebster Immanuel eine Frage. Im ersten Takt habe ich im Prinzip drei Formen von dmoll. Einmal muss ich es mit einem d' aussetzen, mit einem d und mit einem f (als jeweilige basstöne). kann ich tenor, alt und sopran einfach liegen lassen? Mir erscheint das recht logisch, dass es so wäre.. aber man weiß ja nie..
 
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Hallo wiesenforce,

ich war zunächst einigermaßen verwirrt, weil ich nur die Kantate BWV 123 gefunden habe, die eher in h-Moll gehalten ist... ;)
Wahrscheinlich meinst Du aber Schemellis Gesangbuch-Variante BWV 485 "Liebster Immanuel, Herzog der Frommen"...? - das paßt auch zu d-Moll.

Ich würde beim f im Baß die Terz in der rechten Hand weglassen und stattdessen aufs d wechseln:

immanuel.png

Vielleicht kann auch noch ein in diesem Gebiet Erfahrener etwas dazu sagen.

Viele Grüße
Torsten
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde beim f im Baß die Terz in der rechten Hand weglassen und stattdessen aufs d wechseln:

jo, ist zünftig. Man kann auch das f' über e' im mittleren Akkord zum d' führen. Bei Bach ist ja immer Bewegung. Außerdem war Bach auch zünftig.
 
Na, an das Dogma mit der Terzverdopplung muss man sich nicht mehr halten. Dutzende Bachchoräle beweisen das Gegenteil.

Die Terz kann verdoppelt werden, in dem Fall die Oberstimmen liegen gelassen werden. Bei Leittönen ist das nicht so ratsam, da sie ja oft in die gleiche Richtung ziehen. Allerdings ist es manches mal sehr praktisch, die Terz nicht zu verdoppeln, wegen der weiteren Stimmführung. Es wäre also gut zu sehen, wie es weitergeht.
 
naja, muss man sich "nicht mehr" halten, klingt so wie überholt. Als Dogma ist es eh unbrauchbar. Aber die Verdopplungsregeln haben ja einen Sinn und den zu verstehen ist nicht falsch. Dafür ist die Anwendung mal als Einstieg nicht schlecht. Gerade im obigen Fall mit stehenden Akkorden. Und der Reiz des f im Baß geht reichlich verloren, wenn man oben alles so läßt.

Und damit kommt man zu den Chorälen: da gibt's jede Menge verdoppelte Terzen. Wenn man aber genau hinsieht haben die mit der Stimmführung zu tun. Und wenn eine Stimme logisch weitergeht, "überschreibt" sie sozusagen den Akkordklang. Schönberg hat das schön formuliert. So sinngemäß: "eine Regel ist solange gültig, bis sie von einer stärkeren Notwendigkeit überschrieben wird". Das ist doch was ganz Anderes als: "Regeln gehn mir am Arsch vorbei".
 
Manche Regeln sind überholt. Riemann, Grabner und Konsorten haben einige Dinge zu ihrer Zeit gesagt, die heute wiederlegt sind. Das betrifft zum Beispiel so Zeug wie die Naturtonreihe als Begründung für naturgegebene Tonalität, die Systematik an sich und natürlich kleinere Dinge, wie Terzverdopplungsverbot.

Nun kommt es, wie gesagt, immer noch auf die ganze Aufgabe an und nicht diesen kleinen Ausschnitt.
 
die Naturtonreihe als Begründung für naturgegebene Tonalität,

naja, danach wäre die "natürlichste" Tonalität ja mixolydisch.


Terzverdopplungsverbot

es gibt kein "Terzverdopplungsverbot". Genausowenig, wie ein "Verbot" von Quintparallelen oder daß die Dominante nicht in die Subdominante gehen darf. Das ist genau das Problem, wenn man Regeln als Dogma auffaßt, statt sie zu verstehen und Tonsatz an der Hochschule als prüfbares Pflichtfach unterrichtet. Die Regel des angblichen Verdopplungsverbots sagt etwas ganz anderes als "verboten, verboten".

Sie sagt: ein möglichst ausgeglichener und unauffälliger Satz ensteht, wenn man die unauffälligen Töne verdoppelt, statt der Auffälligen. Und die Auffälligkeit der Töne läßt sich leicht sortieren. Von unauffällig nach auffällig sind das: Grundton, Quint, Terz, Septim.

Jetzt ist es natürlich jedem überlassen, einen auffälligen und unausgeglichenen Satz zu schreiben. Aber solche Abweichungen vom Mittelmaß klingen erst dann überzeugend, wenn man weiß, was man tut. Zufall ist da kein guter Berater.
 
Hallo nochmal,

ich habe gerade mal im IMSLP geschaut und die mutmaßliche Arbeitsgrundlage gefunden: Lieder und Arien (Seite 298 bzw. PDF-Seite 22, Nummer 49).

Man kann auch das f' über e' im mittleren Akkord zum d' führen. Bei Bach ist ja immer Bewegung.
Auch 'ne Idee - in Bachs Vorlagen (das oben verlinkte Schemelli-Gesangbuch und auch die entsprechende Kantate BWV 123) sind ja reichlich Achtelbewegungen im Baß. Mir lag zur Zeit aber nur wiesenforces rudimentäre Beschreibung des ersten Taktes vor, da schien es ratsam einen ebenso schlichten Vorschlag als Alternative zum Liegenlassen zu machen. :)

Und der Reiz des f im Baß geht reichlich verloren, wenn man oben alles so läßt.
Genau das war meine Motivation, ich habe nichts von "Regel" oder gar "Dogma" erwähnt (das war der Lord). Außerdem handelt es sich ja um einen aus dem Zusammenhang gerissenen winzigen Ausschnitt (eben den ersten Takt), es gibt im folgenden also noch ausreichend Gelegenheit, Terzen zu verdoppeln, wenn's gelegen kommt. :)

Schönberg hat das schön formuliert. So sinngemäß: "eine Regel ist solange gültig, bis sie von einer stärkeren Notwendigkeit überschrieben wird". Das ist doch was ganz Anderes als: "Regeln gehn mir am Arsch vorbei".
Musik ist in dieser Hinsicht wohl wie Sprache: Über allem steht das ästhetische Empfinden, das durchaus einem zeitlichen Wandel unterworfen ist. Regeln sind übertrieben gesagt mehr oder weniger hilflose Versuche, eine gewisse Ordnung, Systematik und somit Erklärbarkeit einzuführen. Eine gute Richtschnur sind sie allemal, bewußte Abweichungen sind gang und gäbe.

Manche Regeln sind überholt.
... zum Beispiel auch das "Äqualverbot" beim Orgel-Registrieren, das wohl nur daher rührte, daß den Orgeln sonst "die Puste ausging". :D

Nun kommt es, wie gesagt, immer noch auf die ganze Aufgabe an und nicht diesen kleinen Ausschnitt.
Du sagst es. Vielleicht wäre es ganz interessant, hier ein paar Takte verschiedener "Lösungsmöglichkeiten" von mehreren Benutzer(innen) - auch dem Threadersteller - nebeneinanderzustellen...?

Viele Grüße
Torsten
 
erstmal fände ich es interessant, wenn der Threadersteller seine Originalaufgabe hier zeigt. Du musst vom suchen ja schon wunde Finger haben ;)
 
Sorry, ich war etwas eingespannt. Also der Ausschnitt war schon richtig und ich hab aber die Klausur schon geschrieben (die war natürlich mit etwas anderen).

Nach meinem Theoruielehrer wäre die Terzverdopplung auch okay gewesen, soweit sie natürlich kein Leitton ist.
 
"ich hab die Klausur schon geschrieben"
wenn das Dein einziges Problem war....
 

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