Große Bitte an CudoII + PVaults

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WilliamBasie
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Hallo Ihr beiden, ich verfolge gerne die Threads hier bei der Harmonielehre, wenn ihr beide da sehr fachkundig in die Tiefe der Materie eintaucht.

Vieles verstehe ich nicht wirklich, besonders dann, wenn es zu sehr ins Detail geht. Zumal meine eigenen Ambitionen in diese Richtung fast 40 Jahre zurückliegen und nur auf dem Nötigsten basiert, das man als Schlagwerker (und gescheiterter Klavierschüler) gebraucht hat. Aber Systematiken haben es mir immer angetan und Zusammenhänge erkenne ich ab und an dann doch...

Was mir aber jetzt in den letzten Wochen hier aufgefallen ist, ihr beide CudoII + PVaults, ihr geht von verschiedenen Seiten, Systemen, Betrachtungsweisen an die Sachen ran - oftmals führt das natürlich zum gleichen Ergebnis, gelegentlich klaffen die Meinungen aber doch deutlich auseinander.

Ich habe deshalb die Bitte an Euch beide (vielleicht interessiert das ja auch noch andere, die hier mitlesen...?), könnt ihr mal auf einfache Weise erklären, wie euere Anschauungen aufbauen, wie die Zusammenhänge sind, wo Gemeinsamheiten sind, wo Eure Sichtweisen deutlich auseinandergehen.
...wenn möglich ohne Wertung, einfach zur Information...

DANKE !!
 
Eigenschaft
 
Ich schätze CudoII eher aus der Jazzrichtung kommend ein, aber vielleicht kann er das mal näher erläutern, denn für einen Jazzer weiß er zuviel (auch wenn das jetzt irgendwie gemein klingt :D ).

Würde mich auch mal interessieren.
 
Hallo Lord, ich interessiere mich jetzt eher nicht für die Personalien, sondern ich würde gern was über das Systemische erfahren.
was die beiden verbindet bzw. unterscheidet.
 
Das meine ich auch.
 
Hi,

wenn das so einfach wäre. :)

Ich schätze PVaults Meinung sehr, da sie mich oft inspiriert Sachen von anderen Blickwinkeln her zu betrachten.

Ich glaube, dass meine Schreibe eher darauf abzielt praktikable Techniken für den Improvisierenden und Arrangierenden zu vermittlen wogegen PVaults mehr das übergeordnete universale Prinzip der Musik zu vertreten scheint.

Hinzu kommt die Prägung. Ich habe die Klassik bis zu meinem achzehnten Lebensjahr verfolgt. Danach gab es für mich nur noch Jazz und Latin. Erst in den letzten 10 Jahren komme ich mehr und mehr wieder zur Klassik zurück.

PVaults, so scheint mir, hat da bestimmt andere Schwerpunkte.

Also jetzt die verschiedenen Ansichten im Detail abzugleichen ist schier unmöglich. Ich finde es gut, so wie es ist. Schlußendlich wird es ja so sein, dass nicht nur PVault und ich verschieden denken, sondern auch der Leser, der sich ratsamerweise auf jeden Fall seine eigene Meinung bilden sollte.
 
Danke schon mal!

Ich bin eigentlich über eine "vertikale" bzw. "horinzontale" Sicht der Dinge gestolpert - damit konnte ich rein gar nichts anfangen..., weshalb ich letztendlich auch die Anfrage formuliert habe.



Edit:
ausgelöst wurde meine Frage eigentlich durch folgenende Ausführung von CudoII im Thread "Avoid notes + primary dissonances", entstanden ist sie schon vorher durch diverse Beiträge, auch um die Blues-Geschichte letzt.

... ich verstehe, wenn Du immer wieder die auch in der Jazz- und Popularmusik vorhandene Linearität ansprichst. Trotzdem kommt das Chord-Scale Prinzip gerade bei Improvisiertem sehr stark zum tragen. Das vertikale Denken hat seinen Ursprung im Horizontalen, das sehe ich so. Deshalb verlieren aber Regeln über Klangcharakteristiken nicht ihre Gültigkeit. Einzig stilistisch kann man sich natürlich darüber hinwegsetzen und atonale Gefilde beschreiten. Steht das aber hier zur Debatte? ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist wirklich schwer, die Verschiedenheiten der Blickwinkel klar zu machen. Das Problem ist auch, daß die Harmonielehreansätze sich meist auf ein ganz begrenztes stilistisches Umfeld beziehen, und sogar innerhalb einer Theorie gibt es verschiedene Sichtweisen - jeder Harmonielehrer hat zudem eigene Schwerpunkte...

Grundsätzlich kann man aber sagen, daß sich Cudos Theorieansätze auf Tonleitern beziehen, d.h. daß Tonleitern die Akkorde bedingen oder gegebene Akkorde die Tonleiter bestimmen.

Mein Ansatz geht von der Leitwirkung (oder nicht vorhandenen) der Akkorde aus, was ein völlig anderer Weg ist und der eher der Funktionstheorie nahekommt.

Die Leitwirkung der Akkorde hat zunächst einmal rein gar nichts mit der Tonleiter zu tun, sondern die Akkorde und deren Zusammenstellung sind für die Färbung verantwortlich, was extreme Freiheiten bei der Skalenwahl zuläßt.

Ähnliche Ansätze findet man bei Pöhlert und bei Haunschild, wobei ersterer den Quintfall als übergeordnete Einheit ansieht, mit Umdeutungen arbeitet, während Haunschild von einem vernetzten diatonischen Akkordnetzwerk argumentiert.

Vielleicht nochmal ein Kurzabriß meines Theorieansatzes:
Harmonik schlägt Melodik.
Als Beweis hierfür mag man eine II-V-Progression spielen - egal, welche Skala man darüber spielt, bleibt der Eindruck dieser Kleinkadenz...

Ich gehe davon aus, daß harmonische Bewegungen sich in einem (erweiterten) diatonischen Umfeld im Quintfall abspielen (VIIm7/b5 - IIIm7 - VIm7 - IIm7 - V7 - Ij7 - IVj7).
Als Systemton definiere ich die I.

Veränderungen dieser Akkordkette kann man durch eine Änderung des Systemtons vornehmen, wenn beispielsweise in C-Dur ein Gm7 erscheint, hat sich der Systemton von C nach F bewegt...

Ist der Systemton beispielsweise C, die Tonika jedoch Dm, spielen wir also dorisch, wenn die Tonika Em ist, spielen wir phrygisch usw...

Darüber hinaus werte ich die Dominanten in einer Extraklasse, d.h. sie bilden einen Dominantring, der dem Quintenzirkel entspricht, denn sie bilden strukturell eine Ausnahme, weil eine Dominante der einzige diatonische Dur-Akkord mit kleiner Septime ist und andererseits das Wurmloch darstellen, über den ein Tongeschlechtswechsel möglich ist und Dominanten deshalb überall vorangestellt werden können. Somit kann man auch wunderbar den Blues erklären, denn er bewegt sich harmonisch ganz einfach nur im Dominantring, wohl das theoretisch einfachste Erklärungsmodell für diesen Musikstil.

Weiterhin gibt es verschiedene Umdeutungsmöglichkeiten und Substitutionsmöglichkeiten, die sich auch im Quintenzirkel ablesen lassen, z.B. die Tritonussubstitution (Db7 ersetzt G7), die für mich einen verdeckten Quintfall darstellt wie auch eine bVII-Substitution (Bb7 ersetzt die Dominante G7). Diese Substitutionsarten sind natürlich nicht nur auf die Dominante beschränkt, sondern gibt es auch für andere Fälle, auch kann man die Großterz- bzw. Kleinterzmediantik klar dazuzählen. Es gibt beispielsweise auch Dominantsubstitutionen und Subdominantsubstitutionen, erstere kennen wir auch aus der Spielpraxis, wenn eine In/out-Situation dadurch hergestellt wird, wenn der Solist Ghost-Changes spielt und dabei auf die Dominante wechselt, gilt natürlich auch für deren "Stellvertreterakkorde". Skalen benötigt man für dieses Modell kaum.

Eine Subdominantsubstitution wäre beispielsweise der Gospellick Bb-F in C-Dur, wo die einfache Subdominante durch einer weitere erweitert bzw. ausgetauscht wird.

Auch komplexere Akkordverbindungen lassen sich mit dem Modell erklären. Allerdings muß dazu das Modell etwas erweitert werden, was ich hier aber nicht gerne zeigen möchte, da ich für diese Sache eine lange Zeit gebraucht habe, um das zu entwickeln und es mir auch nicht bekannt ist, daß ein ähnliches Wissen irgendwo schriftlich niedergelegt ist.

Um die Harmonik des Klassik-Rock-Pop-Bereichs und weite Teile des Jazz zu verstehen, reicht jedoch das Grundmodell meist völlig aus. Die verschiedenen möglichen Tonleitern sollten sich dann von ganz alleine ergeben, teilweise benötigt man auch gar keine festen Skalen mehr.

Vor allen Dingen aber schult dieses System ungemein das Gehör...
 
pffff - Hot Stuff für mich, das muß ich mir erstmal grundsätzlich zu Gemüte führen...!!

schon gar, da meine Basis eher auf der von Cudo vertretenen Linie liegt, und auch noch mehr als bescheiden ist.

Auf jeden Fall vielen Dank für die umfassende Darstellung!
 
Hallo PVaults und interessierte Mitleser!

PVaults, da ich Deinen Abriss nur anflugsweise verstehe, würde ich gern wissen, ob ich Deinen Theorieansatz irgendwo voraussetzungsloser nachlesen kann?

Besonders interessiert mich Deine Vorstellung vom "Dominantring" und wie Du damit den Blues erklären kannst - würdest Du das ein bißchen ausführen?

Was ist unter dem "Systemton" zu verstehen und bezeichnest Du als Tonika auch die "Zwischentonikas"?

Gruuuß,
Heiner
 
Sinngemäß; Irgendwo mal auf"gelesen"...
"The more ways you can to think about one thing, the more things you can play in your solos."
 
Hallo PVaults und interessierte Mitleser!

PVaults, da ich Deinen Abriss nur anflugsweise verstehe, würde ich gern wissen, ob ich Deinen Theorieansatz irgendwo voraussetzungsloser nachlesen kann?

Besonders interessiert mich Deine Vorstellung vom "Dominantring" und wie Du damit den Blues erklären kannst - würdest Du das ein bißchen ausführen?

Was ist unter dem "Systemton" zu verstehen und bezeichnest Du als Tonika auch die "Zwischentonikas"?

Gruuuß,
Heiner

https://www.musiker-board.de/vb/har...ntfall-zum-tritonusvertreter.html#post4273392

Der Systemton in deinen im anderen Thread erwähnten Beispiele ist stets C, die Tonika - also das musikalische Zentrum, kann ganz woanders sein.

In dem Thread zeigst du aber, daß du schon ziemlich genau mein System verstanden hast, wahrscheinlich hörst du es ähnlich oder bist relativ "unversaut" von weiter verbreiteter Harmonielehreansätze - ich war schon etwas baff, wie weit du mit den wenigen Angaben gekommen bist, hatte ich bisher noch nicht so erlebt...:great:
 

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